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VfGH vom 26.11.1996, b2144/96

VfGH vom 26.11.1996, b2144/96

Sammlungsnummer

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Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch die Versagung der Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung; objektive Willkür durch Außerachtlassung des konkreten Sachverhaltes bei Annahme des durch das Arbeitslosengeld der Mutter der Beschwerdeführerin nicht ausreichend gesicherten Unterhalts einer dreiköpfigen Familie

Spruch

Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig der Beschwerdeführerin zuhanden ihre Rechtsvertreters die mit S 18.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die 14-jährige Beschwerdeführerin wurde - den unwidersprochen gebliebenen Beschwerdeausführungen zufolge - in Österreich geboren und ist seit ihrer Geburt durchgehend hier aufhältig; ihre Eltern leben seit 24 Jahren in Österreich; die Mutter der Beschwerdeführerin ist nach kurzer Arbeitslosigkeit seit wieder berufstätig, ihr Einkommen beträgt monatlich S 12.552,--; davor bezog sie ein Arbeitslosengeld von

S 8.280,-- pro Monat.

Rechtzeitig vor Ablauf der Geltungsdauer stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung; dieser wurde mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres unter Berufung auf § 5 Abs 1 AufG mit der Begründung abgewiesen, daß das Arbeitslosengeld der Mutter in der Höhe von S 8.280,-- nicht ausreiche, um den Unterhalt einer dreiköpfigen Familie zu sichern, und daher eine Aufenthaltsbewilligung nicht erteilt werden könne.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, mit der die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.

3. Der Bundesminister für Inneres als belangte Behörde wurde unter Hinweis auf die Säumnisfolgen aufgefordert, die Verwaltungsakten vorzulegen und eine Gegenschrift zu erstatten. Dies ist nicht geschehen. Der Verfassungsgerichtshof erkennt daher gemäß § 20 Abs 2 VerfGG auf Grund der Behauptungen der Beschwerdeführerin.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen.

1. Der Verfassungsgerichtshof vertritt in seiner neueren Judikatur (, B2318/94, B1691/95, B434/94) die Meinung, daß ArtI Abs 1 des BVG zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens Aber die Beseitigung aller Formen rassischer Dis kriminierung, BGBl. 390/1973, (auch) das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot enthält, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Die Verfassungsnorm enthält ein - auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes - Gebot der Gleicbehandlung von Fremden; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Eine Verletzung des durch dieses Bundesverfassungsgesetz verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander liegt auch dann vor, wenn die Behörde Willkür geübt hat.

2. Daher ist zu untersuchen, ob die Behörde gegenüber der Beschwerdeführerin willkürlich vorgegangen ist.

Dies ist zu bejahen:

Der angefochtene, die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung versagende Bescheid wird damit begründet, daß das Arbeitslosengeld der Mutter der Beschwerdeführerin in Höhe von S 8.280,-- nicht ausreiche, den Unterhalt einer dreiköpfigen Familie zu sichern.

Ausgehend von den Behauptungen der Beschwerdeführerin (vgl. § 20 Abs 2 VerfGG) ging die Mutter der Beschwerdeführerin aber schon zu einem Zeitpunkt, der vor der Ausfertigung des angefochtenen Bescheides lag, wieder einer Beschäftigung nach und bezog dafür ein monatliches Einkommen von S 12.552,--.

Die Behörde hat diesen konkreten Sachverhalt bei ihrer Entscheidung außer Acht gelassen.

Dieser der Behörde unterlaufene Fehler ist derart gravierend, daß er als (objektive) Willkür beurteilt werden muß.

Die Beschwerdeführerin wurde also im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt. Der Bescheid war mithin aufzuheben.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 88 VerfGG.

In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 3.000;-- enthalten.