OGH vom 27.01.2016, 9Ob82/15x

OGH vom 27.01.2016, 9Ob82/15x

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Tarmann Prentner und Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Weixelbraun Mohr in der Pflegschaftssache der 1. mj J***** P*****, geboren am ***** Mai 2001, *****, vertreten durch Dr. Thomas Würzl, Rechtsanwalt in Wien, 2. mj C***** P*****, geboren am ***** Juni 2002, *****, im Verfahren über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Mutter M***** W*****, vertreten durch Dr. Romana Zeh-Gindl, Rechtsanwältin in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 42 R 329/15s 344, womit den Rekursen der Mutter und des Vaters J***** P*****, vertreten durch Dr. Harald Hauer, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom , GZ 2 PS 86/09y-300 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses ON 304, teilweise Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Mit dem verfahrensgegenständlichen Beschluss vom (ON 300 idF ON 304) sprach das Erstgericht aus, dass die Obsorge für die am ***** 5. 2001 geborene, beim Vater in K***** lebende mj J***** und für ihre am ***** 6. 2002 geborene, bei der Mutter in W***** lebende Schwester mj C***** den Eltern gemeinsam zukomme und der Antrag der Mutter, sie mit der alleinigen Obsorge für die Töchter zu betrauen, abgewiesen werde. Das Erstgericht legte weiter Kontaktrechte fest, wies den Antrag des Vaters bezüglich eines Urlaubsbesuchsrechts ab, den Antrag der Mutter auf Aussetzung des Kontaktsrechts zwischen der mj C***** und dem Vater ab, ihren Antrag auf Bestellung eines Kinderbeistands zurück, den Antrag des Vaters, die der Mutter gewährte Verfahrenshilfe für erloschen zu erklären, ab und trug den Eltern auf, sich auf einen neuen Erziehungsberater zu einigen.

Der Beschluss wurde den jeweiligen Rechtsvertretern der Eltern zugestellt.

Die Eltern erhoben dagegen jeweils Rekurs (ON 306, 308) und erstatteten Rekursbeantwortungen (ON 309, 316), die jeweils dem Rechtsvertreter des anderen Elternteils zugestellt wurden.

Mit Schriftsatz vom (ON 318) gab die mj J***** bekannt, nach Vollendung ihres 14. Lebensjahres dem Rechtsvertreter ihres Vaters Vollmacht erteilt zu haben, und beantragte die Aussetzung des persönlichen Kontakts zur Mutter.

Mit Schriftsatz vom (ON 319 = ON 321) gab sie einen Vollmachtswechsel betreffend den Aussetzungsantrag bekannt.

Das Rekursgericht (ON 344) gab den Rekursen der Eltern teilweise Folge. Der Beschluss wurde jeweils den Rechtsvertretern der Eltern zugestellt (ON 346).

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Mutter.

Rechtliche Beurteilung

Die Aktenvorlage ist verfrüht:

Gemäß § 104 Abs 1 AußStrG können Minderjährige, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, in Verfahren über Pflege und Erziehung oder über die persönlichen Kontakte selbständig vor Gericht handeln. Die eigenständige Verfahrensfähigkeit in diesen Bereichen kommt dem Minderjährigen ab Vollendung des 14. Lebensjahres uneingeschränkt zu und ermöglicht ihm, im Verfahren selbständig zu handeln. Der Minderjährige ist daher antragslegitimiert, kann zu Begehren der anderen Parteien oder zu den Verfahrensergebnissen Stellung nehmen und Rechtsmittel erheben oder Rekursbeantwortungen erstatten ( Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG § 104 Rz 23 mwN). Vollendet das Kind das 14. Lebensjahr während des Verfahrens, stehen ihm ab diesem Zeitpunkt die Verfahrensrechte gemäß § 104 AußStrG zu (4 Ob 2/07h; s auch 7 Ob 106/99k; Gitschthaler/Höllwerth aaO Rz 12).

Die mj J***** hat am ***** 5. 2015 das 14. Lebensjahr vollendet. Sie ist seither iSd § 104 Abs 1 AußStrG selbständig verfahrensfähig und kann auch selbst Rechtsmittel einbringen. Ihr ist daher zunächst die Rekursentscheidung samt Rechtsmittelbelehrung (s auch § 104 Abs 3 AußStrG) zuzustellen. Nach Ablauf der Frist zur Einbringung eines außerordentlichen Revisionsrekurses wird der Akt erneut dem Obersten Gerichtshof vorzulegen sein (vgl 3 Ob 3/11d). Die dem Erstgericht bekannt gegebenen Bevollmächtigungen (ON 318, 319, 321) ändern daran nichts, weil sie der Zustellung der Rekursentscheidung nicht gleichzuhalten sind.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:0090OB00082.15X.0127.000