VfGH vom 26.06.2014, B212/2014 ua
19891
Leitsatz
Keine Verletzung im Gleichheitsrecht durch Berichtigung von Eintragungen im Ehe- bzw Geburtenbuch durch Löschung des Adelsprädikates "von"; kein Erwerb von Adelsbezeichnungen durch Eheschließung oder Abstammung; Weiterführung des nach ausländischem Recht erworbenen Adelszeichens im Namen nach Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft auf Grund des AdelsaufhebungsG verboten; kein unzulässiger Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben
Spruch
Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerden werden abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Der Beschwerdeführer zu B213/2014 wurde am als reichsdeutscher Staatsangehöriger im heutigen Ostrava, Tschechien, geboren. Zusätzlich zur deutschen Staatsangehörigkeit erwarb der Beschwerdeführer zu B213/2014 am die österreichische Staatsbürgerschaft. Den Namen des Beschwerdeführers zu B213/2014, den dieser – im Verfahren unbestritten – nach deutschem Zivilrecht durch Abstammung von seinem Vater erworben hat und der laut ebenso unbestrittenen Angaben des Beschwerdeführers zu B213/2014 im deutschen Geburtenbuch als "von W" eingetragen wurde, haben die österreichischen Behörden in der von ihnen ausgestellten Staatsbürgerschaftsurkunde des Beschwerdeführers zu B213/2014 ebenfalls als "von W" eingetragen. Am heiratete der Beschwerdeführer zu B213/2014 die Beschwerdeführerin zu B214/2014, eine österreichische Staatsbürgerin. Aus Anlass der Eintragung der Eheschließung im Ehebuch wurde der Familienname des Beschwerdeführers zu B213/2014 und der Beschwerdeführerin zu B214/2014 als "von W" eingetragen.
Die Beschwerdeführerin zu B212/2014 und die Beschwerdeführerin zu B215/2014 wurden als eheliche Kinder des Beschwerdeführers zu B213/2014 und der Beschwerdeführerin zu B214/2014 geboren. Die Beschwerdeführerinnen zu B212/2014 und B215/2014 haben sowohl die österreichische Staatsbürgerschaft als auch die deutsche Staatsangehörigkeit. Im Geburtenbuch wurde der Name der Beschwerdeführerinnen zu B212/2014 und B215/2014 jeweils als "von W" eingetragen.
Am 6. bzw. berichtigte der Magistrat der Stadt Wien, der aus Anlass der Behandlung des Antrages der Beschwerdeführerin zu B215/2014 auf Ausstellung eines Staatsbürgerschaftsnachweises auf den in den Personenstandsbüchern eingetragenen Zusatz "von" bei den Namen der Beschwerdeführer aufmerksam geworden war, die Eintragung über die Eheschließung des Beschwerdeführers zu B213/2014 und der Beschwerdeführerin zu B214/2014 im Ehebuch und die Eintragungen bezüglich der Beschwerdeführerinnen zu B212/2014 und B215/2014 im Geburtenbuch gemäß § 15 Abs 3 Bundesgesetz vom über die Regelung der Personenstandsangelegenheiten einschließlich des Matrikenwesens (Personenstandsgesetz – PStG), BGBl 60/1983 idF BGBl I 16/2013, dahingehend, dass der jeweilige Familienname "W" laute.
2. Die dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufungen der Beschwerdeführer wurden mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom gemäß § 66 Abs 4 AVG als unbegründet abgewiesen und die erstinstanzlichen Bescheide mit der Maßgabe bestätigt, dass sich diese auf § 15 Abs 1 und 3 PStG, BGBl 60/1983 idF BGBl I 135/2009, stützen. In seinem Bescheid führt der Landeshauptmann von Wien begründend zusammengefasst aus, dass nach §§9 iVm 13 Bundesgesetz vom über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz), BGBl 304/1978 idF BGBl I 158/2013 (im Folgenden: IPRG), der Name einer Person, die die österreichische Staatsbürgerschaft und eine fremde Staatsangehörigkeit besitzt, nach österreichischem Recht zu beurteilen sei. Das im Verfassungsrang stehende und den Gleichheitssatz ausführende Gesetz vom über die Aufhebung des Adels, der weltlichen Ritter- und Damenorden und gewisser Titel und Würden, StGBl. 211/1919 idF BGBl I 2/2008 (im Folgenden: AdelsaufhebungsG), iVm der Vollzugsanweisung des Staatsamtes für Inneres und Unterricht und des Staatsamtes für Justiz, im Einvernehmen mit den beteiligten Staatsämtern vom , über die Aufhebung des Adels und gewisser Titel und Würden, StGBl. 237/1919 idF BGBl 50/1948 (im Folgenden: Vollzugsanweisung), verbiete das Führen des Adelszeichens "von". Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer habe sich die höchstgerichtliche Rechtsprechung in Bezug auf die Anwendbarkeit des AdelsaufhebungsG geändert: Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 17.060/2003 ausgeführt habe, sei es nach dem AdelsaufhebungsG unzulässig, ein (ehemaliges) Adelsprädikat im Wege der Adoption durch eine deutsche Staatsangehörige, die das Adelsprädikat nach deutschem Recht zulässigerweise als Teil ihres bürgerlichen Namens trage, an einen österreichischen Staatsbürger weiterzugeben. Auch Adelstitel ausländischen Ursprungs dürften nach österreichischem Recht nicht geführt werden. In seinem Erkenntnis vom , 2008/17/0114, habe sich der Verwaltungsgerichtshof dieser Rechtsprechung angeschlossen. Auch aus dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union in der Rechtssache Sayn Wittgenstein (, Sayn Wittgenstein , Slg. 2010, I 13693) ergebe sich, dass ein Verbot des Führens von Adelstiteln oder von Bezeichnungen, die glaubhaft machen könnten, dass derjenige, der den Namen führt, einen solchen Rang innehabe, nicht unverhältnismäßig sei.
Aus den genannten Erkenntnissen der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts gehe hervor, dass die Führung der in der Vollzugsanweisung zum AdelsaufhebungsG angeführten Adelsprädikate und Adelszeichen unabhängig davon, ob solche Bezeichnungen in Deutschland auf Grund der dortigen Rechtslage zulässigerweise als Bestandteil des bürgerlichen Namens geführt werden dürften, nach der österreichischen Rechtslage für österreichische Staatsbürger unzulässig sei. Der im Ehebuch bzw. im Geburtenbuch unrichtig mit dem Adelsprädikat "von" eingetragene Name der Beschwerdeführer sei daher rückwirkend zu berichtigen gewesen.
3. Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden, auf Art 144 B–VG gestützten Beschwerden, in denen jeweils die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere im Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und im Recht auf Privat- und Familienleben, behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
Begründend führen die Beschwerdeführer dazu im Wesentlichen aus:
Der Beschwerdeführer zu B213/2014 habe seinen Namen nach deutschem Zivilrecht als eheliches Kind seines Vaters durch Abstammung erworben. Der Zusatz "von" in dessen Namen sei kein Adelsprädikat, sondern durch Art 109 der Weimarer Reichsverfassung zum Teil des bürgerlichen Namens erklärt worden. Diesen Namen würden die Beschwerdeführerinnen zu B212/2014, B214/2014 und B215/2014 von ihrem Ehemann bzw. Vater ableiten.
Der Name stelle einen wesentlichen Teil der persönlichen Identität eines Menschen dar, weshalb die Berichtigung der Eintragungen im Ehebuch einen Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben nach Art 8 EMRK darstelle. Der Eingriff sei besonders schwer, weil durch die Berichtigung der vom Beschwerdeführer zu B213/2014 sowie von den Beschwerdeführerinnen zu B212/2014 und B215/2014 seit ihrer Geburt und von der Beschwerdeführerin zu B214/2014 seit ihrer Eheschließung geführte, in allen Dokumenten ersichtliche Familienname geändert werde. Die Behörde habe es unterlassen, eine nach Art 8 Abs 2 EMRK gebotene Interessenabwägung durchzuführen, in deren Rahmen auch zu beachten sei, wie lange jemand einen bestimmten Namen bereits geführt habe, und unterstelle § 15 PStG daher einen verfassungswidrigen Inhalt.
Der durch Abstammung bzw. Eheschließung erworbene Name "von W" sei ein bürgerlicher Name und falle damit nicht unter das AdelsaufhebungsG. Die belangte Behörde behandle hingegen den Zusatz "von" nicht als Teil des Familiennamens, sondern als Adelsprädikat. Dabei verkenne sie, dass nach bis heute aufrechterhaltener Rechtsauffassung der Höchstgerichte das "von" bei Personen wie den Beschwerdeführern auch in Österreich einen Bestandteil des bürgerlichen Namens und keine Adelsbezeichnung darstelle. Bereits im Jahr 1954 habe sich der Verwaltungsgerichtshof damit auseinandergesetzt, wie mit den Namen der ab 1945 nach Österreich emigrierten ehemals adeligen Sudetendeutschen umzugehen sei. In seiner Leitentscheidung VwSlg. 3476 A/1954 sei der Verwaltungsgerichtshof zu dem Schluss gekommen, dass die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft den Namen dieser Personen nicht verändert habe. Das Wort "von" sei bei solchen Personen nach der weiterhin anwendbaren Weimarer Reichsverfassung Bestandteil ihres bürgerlichen Namens und kein vom AdelsaufhebungsG verbotenes Adelsprädikat. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde halte der Verwaltungsgerichtshof in seiner jüngeren Rechtsprechung an dieser Auslegung fest, beziehe sich die neuere Rechtsprechung doch lediglich auf den Namenserwerb durch Adoption oder auf Namensänderungen, nicht jedoch auf den Namenserwerb durch Abstammung. Auch der Verfassungsgerichtshof grenze die seinem Erkenntnis VfSlg 17.060/2003 zugrunde liegende Sachverhaltskonstellation explizit von jener ab, die dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes VwSlg. 3476 A/1954 zugrunde gelegen sei. Selbst wenn sich die höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Auslegung des AdelsaufhebungsG wirklich maßgeblich geändert haben sollte, dürfe sich dies nicht rückwirkend auf den Fall der Beschwerdeführer auswirken.
Der Beschwerdeführer zu B213/2014 sowie die Beschwerdeführerinnen zu B212/2014 und B215/2014 seien auch deutsche Staatsangehörige und nach deutschem Recht zur Führung des Namens "von W" berechtigt und verpflichtet, was zu Verwirrungen führen könne. Das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union in der Rechtssache Sayn Wittgenstein (, Sayn Wittgenstein , Slg. 2010, I 13693), das einen Fall des Namenserwerbs durch Adoption betroffen habe, könne nicht dahingehend verallgemeinert werden, dass es ebenso verhältnismäßig sei, den Namenserwerb durch Abstammung unter Berufung auf das AdelsaufhebungsG zu unterbinden. Nach Ansicht des Beschwerdeführers zu B213/2014 sowie der Beschwerdeführerinnen zu B212/2014 und B215/2014 falle der vorliegende Sachverhalt außerdem nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts, da sie deutsche und österreichische Doppelstaatsbürger seien, in Österreich leben und von ihrem Recht auf Freizügigkeit keinen Gebrauch machen würden.
Die Behörde habe weiters dadurch Willkür geübt, dass sie die Berufungen der vier Beschwerdeführer mit einem gemeinsamen Bescheid erledigte.
4. Der Landeshauptmann von Wien legte die Verwaltungsakten vor, sah jedoch – ebenso wie das Verwaltungsgericht Wien – von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
II. Rechtslage
Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
1. Mit Ablauf des ist das Bundesgesetz vom über die Regelung der Personenstandsangelegenheiten einschließlich des Matrikenwesens (Personenstandsgesetz – PStG) außer Kraft getreten und mit 1. November – abgesehen von den in § 72 Abs 1 PStG 2013 geregelten Ausnahmen – das Bundesgesetz über die Regelung des Personenstandswesens (Personenstandsgesetz 2013 – PStG 2013), BGBl I 16/2013 in Kraft getreten. Gemäß § 61 Abs 4 PStG 2013 iVm § 37 der Verordnung der Bundesministerin für Inneres über die Durchführung des Personenstandsgesetzes 2013 (Personenstandsgesetz-Durchführungsverordnung 2013 – PStG-DV 2013), BGBl II 324/2013, sind die Personenstandsbücher bis zum weiterhin nach dem PStG, BGBl 60/1983 idF BGBl I 135/2009, zu führen. Die §§1 und 15 PStG idF BGBl I 135/2009 lauten:
"Personenstandsbücher
Zweck
§1. (1) Die Personenstandsbücher dienen der Beurkundung der Geburt, der Eheschließung, der Begründung einer eingetragenen Partnerschaft und des Todes von Personen und ihres Personenstandes.
(2) Personenstand im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die sich aus den Merkmalen des Familienrechts ergebende Stellung einer Person innerhalb der Rechtsordnung einschließlich ihres Namens.
[…]
Berichtigung
§15. (1) Eine Beurkundung ist zu berichtigen, wenn sie bereits zur Zeit der Eintragung unrichtig gewesen ist.
(2) Die Personenstandsbehörde hat selbst zu berichtigen
1. offenkundige Schreibfehler;
2. Angaben, die auf einer Eintragung in einem inländischen Personenstandsbuch beruhen, die berichtigt worden ist;
3. Angaben, deren Unrichtigkeit durch inländische Personenstandsurkunden nachgewiesen ist;
4. im Geburtenbuch die Angaben über den Wohnort, den Tag, den Ort und die Eintragung der Geburt der Eltern sowie über ihre Zugehörigkeit zu einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft;
5. im Ehebuch die Angaben über den Wohnort, den Tag, den Ort und die Eintragung der Geburt der Verlobten sowie über ihre Zugehörigkeit zu einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft; die Angaben über die Zeugen;
5a. im Partnerschaftsbuch die Angaben über den Wohnort, den Tag, den Ort und die Eintragung der Geburt der Partnerschaftswerber sowie ihre Zugehörigkeit zu einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft;
6. im Sterbebuch und im Buch für Todeserklärungen die Angaben über den letzten Wohnort, den Tag, den Ort und die Eintragung der Geburt des Verstorbenen sowie über seine Zugehörigkeit zu einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft; bei Totgeburten alle Angaben.
(3) Kann eine Beurkundung nicht nach Abs 2 berichtigt werden, hat über die Berichtigung die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag einer Partei (Abs7) oder von Amts wegen zu entscheiden.
(4) Die Personenstandsbehörde hat Zweifel an der Richtigkeit einer Beurkundung, die sie nicht selbst berichtigen kann, der Bezirksverwaltungsbehörde schriftlich mitzuteilen.
(5) Hat außer der Personenstandsbehörde niemand Parteistellung (Abs7), kann die Berichtigung ohne weiteres Verfahren angeordnet werden.
(6) Ebenso ist vorzugehen, wenn die Partei die Berichtigung selbst beantragt hat oder gegen die beabsichtigte Berichtigung keine Einwendungen erhebt. Die durchgeführte Berichtigung ist der Partei mitzuteilen.
(7) Parteien sind
1. die Person, auf die sich die Eintragung bezieht;
2. sonstige Personen, deren Personenstand durch die Eintragung berührt wird;
3. die Personenstandsbehörde, die die Berichtigung einzutragen hat.
[…]"
2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes vom über die Aufhebung des Adels, der weltlichen Ritter- und Damenorden und gewisser Titel und Würden, StGBl. 211/1919 idF BGBl I 2/2008 lauten:
"§1. Der Adel, seine äußeren Ehrenvorzüge sowie bloß zur Auszeichnung verliehene, mit einer amtlichen Stellung, dem Beruf oder einer wissenschaftlichen oder künstlerischen Befähigung nicht im Zusammenhange stehenden Titel und Würden und die damit verbundenen Ehrenvorzüge österreichischer Staatsbürger werden aufgehoben.
§2. Die Führung dieser Adelsbezeichnungen, Titel und Würden ist untersagt. Übertretungen werden von den politischen Behörden mit Geld bis zu 20.000 K oder Arrest bis zu sechs Monaten bestraft.
§3. Das Erfordernis des Adels als Bedingung für den Genuß von Stiftungen entfällt.
§4. Die Entscheidung darüber, welche Titel und Würden nach § 1 als aufgehoben anzusehen sind, steht dem Staatssekretär für Inneres und Unterricht zu.
§5. Die in Österreich bestehenden weltlichen Ritter- und Damenorden werden aufgehoben. (Anm.: Der zweite Satz wurde durch Art 2 § 1 Abs 3 Z 1, BGBl I Nr 2/2008, als nicht mehr geltend festgestellt)
[…]"
3. Die maßgeblichen Bestimmungen der Vollzugsanweisung des Staatsamtes für Inneres und Unterricht und des Staatsamtes für Justiz, im Einvernehmen mit den beteiligten Staatsämtern vom , über die Aufhebung des Adels und gewisser Titel und Würden, StGBl. 237/1919 idF BGBl 50/1948 lauten:
"§1. Die Aufhebung des Adels, seiner äußeren Ehrenvorzüge, weiters der bloß zur Auszeichnung verliehenen, mit einer amtlichen Stellung, dem Berufe oder einer wissenschaftlichen oder künstlerischen Befähigung nicht im Zusammenhange stehenden Titel und Würden und der damit verbundenen Ehrenvorzüge trifft alle österreichischen Staatsbürger, und zwar, gleichviel, ob es sich um im Inlande erworbene, oder um ausländische Vorzüge handelt.
§2. Durch § 1 des Gesetzes vom , St. G. Bl. Nr 211, sind aufgehoben:
1. das Recht zur Führung des Adelszeichens 'von';
2. das Recht zur Führung von Prädikaten, zu welchen neben den zugestandenen die Familien unterscheidenden Adelsprädikaten im engeren Sinne auch das Ehrenwort Edler sowie die Prädikate Erlaucht, Durchlaucht und Hoheit gezählt wurden;
3. das Recht zur Führung hergebrachter Wappennamen und adeliger Beinamen;
4. das Recht zur Führung der adeligen Standesbezeichnungen, wie z. B. Ritter, Freiherr, Graf und Fürst, dann des Würdetitels Herzog, sowie anderer einschlägiger in- und ausländischer Standesbezeichnungen;
5. das Recht zur Führung von Familienwappen, insbesondere auch der fälschlich 'bürgerlich' genannten Wappen, sowie das Recht zur Führung gewisser ausländischer, an sich nicht immer mit einem Adelsvorzuge verbundener Titel, wie z. B. Conte, Conta Palatino, Marchese, Marchio Romanus, Comes Romanus, Baro Romanus ec., selbst wenn es nichtadeligen Familien zukam."
4. Die §§9, 13 und 50 Bundesgesetz vom über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz), BGBl 304/1978 idF BGBl I 158/2013, lauten:
"Personalstatut einer natürlichen Person
§9. (1) Das Personalstatut einer natürlichen Person ist das Recht des Staates, dem die Person angehört. Hat eine Person neben einer fremden Staatsangehörigkeit auch die österreichische Staatsbürgerschaft, so ist diese maßgebend. Für andere Mehrstaater ist die Staatsangehörigkeit des Staates maßgebend, zu dem die stärkste Beziehung besteht.
[…]
[…]
Name
§13. (1) Die Führung des Namens einer Person ist nach deren jeweiligem Personalstatut zu beurteilen, auf welchem Grund auch immer der Namenserwerb beruht.
(2) Der Schutz des Namens ist nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem die Verletzungshandlung gesetzt wird.
[…]
§50. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit in Kraft."
III. Erwägungen
A. Die Beschwerden sind zulässig:
Die Beschwerde des Beschwerdeführers zu B213/2014 wendet sich ausschließlich gegen Spruchpunkt I., jene der Beschwerdeführerin zu B214/2014 ausschließlich gegen Spruchpunkt II., jene der Beschwerdeführerin zu B212/2014 ausschließlich gegen Spruchpunkt III. und jene der Beschwerdeführerin zu B215/2014 ausschließlich gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides, mit dem im Hinblick auf den Beschwerdeführer zu B213/2014 und die Beschwerdeführerin zu B214/2014 deren jeweiliger Familienname im Ehebuch ("der Familienname des Mannes lautet: W" bzw. "der Familienname der Frau lautet: W") und im Hinblick auf die Beschwerdeführerinnen zu B212/2014 und B215/2014 deren jeweiliger Familienname im Geburtenbuch (jeweils: "der Familienname des Kindes lautet: W") berichtigt wird. Die einzelnen Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides – sie betreffen, wie ausgeführt, unter Spruchpunkt I. den Familiennamen des Beschwerdeführers zu B213/2014, unter Spruchpunkt II. denjenigen der Beschwerdeführerin zu B214/2014 und unter den Spruchpunkten III. und IV. die Familiennamen der (volljährigen) Beschwerdeführerinnen zu B212/2014 und B215/2014 – kommt jeweils selbständige normative Bedeutung zu. Sie sind daher auch einer getrennten Anfechtung vor dem Verfassungsgerichtshof zugänglich (vgl. VfSlg 14.864/1997, 17.698/2005, 19.262/2010). Im Hinblick auf das insoweit eindeutige Beschwerdevorbringen und den Umstand, dass die Beschwerdeführer getrennt gegen die jeweils sie betreffenden Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof erhoben haben, erachtet der Verfassungsgerichtshof die vorliegenden Beschwerden als auf Bekämpfung und Aufhebung des jeweils sie betreffenden Spruchpunktes des angefochtenen Bescheides gerichtet, sodass die – gemäß § 187 und § 404 ZPO iVm § 35 VfGG zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen – Beschwerden zulässig sind.
B. Die Beschwerden sind aber nicht begründet:
1. Gemäß § 1 des in Verfassungsrang stehenden und den Gleichheitsgrundsatz des Art 7 Abs 1 B-VG diesbezüglich ausführenden AdelsaufhebungsG wird "[d]er Adel [...] österreichischer Staatsbürger […] aufgehoben". § 1 der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vollzugsanweisung präzisiert diese Bestimmung dahingehend, dass die Aufhebung des Adels alle österreichischen Staatsbürger, "und zwar, gleichviel, ob es sich um im Inlande erworbene, oder um ausländische Vorzüge handelt", trifft. Der Zusatz "von" stellt ein gemäß § 2 Z 1 der Vollzugsanweisung aufgehobenes Adelszeichen dar.
In VfSlg 17.060/2003 hat der Verfassungsgerichtshof – anlässlich der Beurteilung der Frage der Namensführung eines österreichischen Staatsbürgers nach Adoption durch eine deutsche Staatsangehörige, die einen ehemaligen Adelstitel als Familiennamen führte – ausgesprochen, dass es nach den Bestimmungen des AdelsaufhebungsG unzulässig ist, ein (ehemaliges) Adelsprädikat im Wege der Adoption durch eine deutsche Staatsangehörige, die das Adelsprädikat zulässigerweise als Teil des Namens trägt, einem österreichischen Staatsbürger als Name weiterzugeben (dem ist auch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gefolgt, siehe ). Der Verfassungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis im Hinblick auf die besondere Funktion des AdelsaufhebungsG zur Herstellung demokratischer Gleichheit (vgl. Kolonovits , in: Korinek/Holoubek [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Vorbemerkungen zum AdelsaufhebungsG, Rz 8) auch festgehalten, dass österreichische Staatsbürger nach diesem Verfassungsgesetz allgemein nicht berechtigt sind, Adelstitel ausländischen Ursprungs zu führen.
Der Verfassungsgerichtshof hält an dieser Auffassung fest. Es ist das aus seinem historischen Entstehungszusammenhang begründete Normprogramm des AdelsaufhebungsG, die in Art 7 Abs 1 Satz 2 B-VG festgeschriebene Grundaussage der Verfassung der demokratischen Republik Österreich, dass für alle Staatsbürger Vorrechte der Geburt oder des Standes ausgeschlossen sind, dahingehend zu konkretisieren, dass der Adel und seine äußeren Ehrenvorzüge für österreichische Staatsbürger ausnahmslos aufgehoben werden (§1 AdelsaufhebungsG). Kein österreichischer Staatsbürger soll also einen Namen (Namensbestandteil oder Namenszusatz) führen oder erwerben können, der im Sinne des AdelsaufhebungsG Adelsbezeichnungen enthält und somit den Eindruck erwecken könnte, für seinen Träger bestünden Vorrechte der Geburt oder des Standes.
Das AdelsaufhebungsG schließt demnach für österreichische Staatsbürger sowohl den Erwerb von Namensbestandteilen oder zusätzen, die im Sinne des AdelsaufhebungsG und der dazu ergangenen Vollzugsanweisung Adelsbezeichnungen darstellen, aus als auch, dass eine Person, für die eine solche Adelsbezeichnung nach anderem als österreichischem Recht Bestandteil ihres Namens ist, diese nach Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft weiterführt (so VfSlg 17.060/2003).
2.1. Der Landeshauptmann von Wien ist daher im angefochtenen Bescheid zu Recht davon ausgegangen, dass die Beschwerdeführerin zu B214/2014 mit der Eheschließung und die Beschwerdeführerinnen zu B212/2014 und B215/2014 durch Abstammung den Namen "W", also den Namen ihres Mannes bzw. ihres Vaters, ohne das Adelszeichen "von" erworben haben. Dass es sich bei diesem Zusatz im Hinblick auf den Beschwerdeführer zu B213/2014 um einen im Sinne des Art 109 Abs 3 der Weimarer Reichsverfassung – der in Deutschland nach wie vor als einfaches Bundesrecht in Geltung steht (vgl. Ellenberger , in: Palandt [Hrsg.], Bürgerliches Gesetzbuch 73 , 2014, § 12 BGB, Rz 6) – gegebenenfalls nach deutschem Recht zulässigen Bestandteil seines Namens handelt, ändert nichts daran, dass für die Beschwerdeführerinnen zu B212/2014, B214/2014 und B215/2014 als österreichische Staatsbürgerinnen dieser Zusatz nach den Bestimmungen des AdelsaufhebungsG und der dazu ergangenen Vollzugsanweisung eine unzulässige Adelsbezeichnung darstellt, die auf die Beschwerdeführerinnen im Lichte des AdelsaufhebungsG verfassungskonform durch die jeweils zum Zeitpunkt des Namenserwerbs anzuwendenden einschlägigen zivilrechtlichen Bestimmungen (§92 AGBG idF BGBl 122/1967, § 146 ABGB idF BGBl 122/1967 bzw. idF BGBl 108/1973) nicht weitergegeben werden konnte. Dies gilt unabhängig von der Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers zu B213/2014.
2.2. Der Landeshauptmann von Wien ist ebenfalls zu Recht davon ausgegangen, dass auch der Familienname des Beschwerdeführers zu B213/2014 im Ehebuch als "W" einzutragen ist. Zum Zeitpunkt der Berichtigung der den Beschwerdeführer zu B213/2014 betreffenden Eintragung im österreichischen Ehebuch war das Personalstatut des Beschwerdeführers zu B213/2014, der zu diesem Zeitpunkt sowohl die österreichische Staatsbürgerschaft als auch die deutsche Staatsangehörigkeit besaß, gemäß § 9 IPRG das österreichische. Zum Zeitpunkt seiner Geburt war der Beschwerdeführer zu B213/2014 hingegen ausschließlich deutscher Staatsangehöriger und erwarb seinen Namen nach deutschen zivilrechtlichen Bestimmungen durch Abstammung. Mit dem Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft erlangte nun für den Beschwerdeführer zu B213/2014 das im AdelsaufhebungsG und der dazu ergangenen Vollzugsanweisung festgelegte Verbot, das Adelszeichen "von" im Namen zu führen, unmittelbar Geltung. Sein Familienname lautet daher nach österreichischem Recht ab diesem Zeitpunkt "W". Der Landeshauptmann von Wien hat daher die insoweit unrichtige Eintragung im Ehebuch – dazu, dass die Eintragungen in den Personenstandsbüchern nur eine beurkundende, aber keine rechtsbegründende Wirkung haben, VfSlg 9729/1983 – zu Recht und in Anwendung der Anordnungen des AdelsaufhebungsG berichtigt.
3. Das AdelsaufhebungsG bewirkt für die Beschwerdeführer auch – unter konventionsrechtlichen Gesichtspunkten – keinen unzulässigen Eingriff in ihr Recht aus Art 8 EMRK, weil es zur Aufrechterhaltung der Ordnung in einer demokratischen Gesellschaft verhältnismäßig ist, Vorrechte der Geburt oder des Standes zum Ausdruck bringende Namensbestandteile bzw. deren Weitergabe als Ausdruck des Grundsatzes, dass allen Staatsbürgern gleiche Rechte zukommen, zu unterbinden (zu dem den Mitgliedstaaten nach der Rechtsprechung des EGMR im Bereich des Namensrechts zukommenden weiten Gestaltungsspielraum EGMR , Fall Bulgakov , Appl. 59894/00 [Z43] mwH; zu vergleichbaren Verhältnismäßigkeitserwägungen , Sayn-Wittgenstein , Slg. 2010, I 13693).
Wenn die Beschwerdeführer dem angefochtenen Bescheid schließlich die (frühere) Rechtsprechung des VwGH (VwSlg. 3476 A/1954, weiters ; , 1645/57; , 960/58, JBl 1959, 642), die insoweit mit älterer Rechtsprechung des OGH (SZ 147/1952) übereinstimmt, entgegenhalten, sind sie auf die im Anschluss an VfSlg 17.060/2003 ergangene jüngere Rechtsprechung des VwGH () hinzuweisen.
4. Die Beschwerdeführer sind daher nicht im Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden. Auch eine Verletzung in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder in Rechten wegen Anwendung verfassungswidriger Rechtsvorschriften ist nicht hervorgekommen.
IV. Ergebnis
1. Die Beschwerden sind abzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:VFGH:2014:B213.2014