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OGH vom 03.08.2005, 9Ob81/04h

OGH vom 03.08.2005, 9Ob81/04h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** OEG, *****, vertreten durch Dr. Ingrid Stöger und Dr. Roger Reyman, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1. L***** KEG, *****, und 2. Mag. *****, Kaufmann, *****, beide vertreten durch Dr. Clemens Thiele, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen EUR 33.189,72 sA über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 58/04h-25, womit über Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom , GZ 6 Cg 127/02h-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Zweitbeklagte ist Sportwissenschafter und Trainingstherapeut. Er ist persönlich haftender Gesellschafter der Erstbeklagten, die er zur effizienteren Vermarktung seiner Trainingsmethoden gegründet hat. Die Beklagten sind sowohl auf dem Gebiet der Rehabilitation als auch im Bereich des Leistungssports tätig. Sie richten sich mit ihren Aktivitäten vor allem an niedergelassene Ärzte und Therapeuten, welche die vom Zweitbeklagten entwickelten Trainingsmethoden zur Betreuung ihrer Patienten einsetzen.

Im Mai 2001 gab es erste Gespräche zwischen dem Zweitbeklagten und einem persönlich haftenden Gesellschafter der Klägerin über die Umsetzung einer Software für Physio- und Trainingstherapie. Die Beklagten beauftragten die Klägerin mündlich, eine in Österreich bislang einzigartige Software zu entwickeln, die es den mit den Beklagten kooperierenden Therapeuten ermöglichen sollte, qualitätsstandardisierte, aber dennoch auf den einzelnen Patienten zugeschnittene Therapien durchzuführen. Die Zusammenarbeit wurde als eine Art Testprojekt angesehen, weil ein derartiges System noch nicht am österreichischen Markt war. Es war ins Auge gefasst, das Programm - sollte die Umsetzung in eine Individualsoftware funktionieren - an in- und ausländische Ärzte und Sportwissenschafter zu verkaufen bzw zu lizenzieren.

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage den Zuspruch von EUR 33.189,72 sA. Sie habe die ihr aufgetragenen Arbeiten vereinbarungsgemäß und mängelfrei erbracht. Die Software funktioniere und werde in den Fitnessstudios der Beklagten eingesetzt. Die Klägerin habe mehrere Rechnungen gelegt, die sämtlich unberichtigt aushafteten.

Die Beklagten beantragten, das Klagebegehren abzuweisen. Für die Erstellung der Software sei ein Betrag von S 150.000 zuzüglich 20 % USt vereinbart worden, sodass die Rechnung Nr 2001/16 überhöht sei. Die mit neun weiteren Rechnungen geltend gemachten Leistungen seien von den Beklagten teilweise gar nicht in Auftrag gegeben worden; ein Teil der Leistungen sei bereits bezahlt. Die von der Klägerin verrechneten Updates seien nicht gesondert zu vergüten, weil es sich dabei nicht um Erweiterungen des Leistungsumfangs sondern um die Nachlieferung beauftragter Funktionen gehandelt habe. Im Übrigen weise die Software zahlreiche Mängel auf (siehe im Detail das Vorbringen ON 7), die der Klägerin mitgeteilt, aber von ihr nie behoben worden seien. Die Software sei nie abgenommen worden, sodass die Klageforderung nicht fällig sei.

Im Übrigen seien die von der Klägerin gelegten Rechnungen überhöht. Vereinbarte Rabatte seien nicht eingehalten worden. Die Klägerin habe auch Leistungen in Rechnung gestellt, die sie nicht hätte in Rechnung stellen dürfen. Sie habe bereits geleistete Zahlungen nicht berücksichtigt.

Ein von der Beklagten bereits gezahlter Betrag von EUR 20.246,32 werde aus dem Titel des Schadenersatzes bzw der irrtümlichen Zahlung einer Nichtschuld sowie auf Grund von „Rückforderungsansprüchen" kompensando eingewendet.

Beim mit der Klägerin geschlossenen Vertrag handle es sich um einen Werkvertrag, aus dem die Beklagten Anspruch auf Ausfolgung des Quellcodes hätten.

Die Klägerin hielt dem entgegen, dass für die Entwicklung der Software ein Entgelt von S 200.000,- vereinbart worden sei. Die Beklagte habe gegen die ihr gelegten Rechnungen nie Einwände erhoben, sondern wiederholt - ohne Mängel zu behaupten - Zahlung zugesagt. Die Lieferung einer Benutzerdokumentation sei vereinbarungsgemäß nicht vorgesehen gewesen. Die Schulung der Mitarbeiter der Erstbeklagten habe ausschließlich durch jene (eigene) Mitarbeiterin erfolgen sollen, die an der Entwicklung des Programms beteiligt gewesen sei. Das Programm funktioniere einwandfrei. Die Herausgabe des Quellcodes sei nicht vereinbart worden.

Das Erstgericht stellte die Klageforderung als zu Recht bestehend und die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend und gab dem Klagebegehren statt. Über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus traf es folgende Feststellungen:

Zwischen den Parteien wurden lediglich mündliche Vereinbarungen getroffen. Für die Programmierleistungen vereinbarten die Parteien einen Pauschalpreis von S 199.909,64. Über vereinbarte Leistungen gelegte Rechnungen wurden dem Zweitbeklagten persönlich übergeben, der nichts von irgendwelchen Mängeln erwähnte, sondern Zahlung zusagte. Die Rechnung Nr. 2001/18 über EUR 174,00 brutto betrifft die Lieferung von 500 PVC-Rohkarten mit Magnetstreifen, die Rechnung 2001/19 über EUR 2.481,00 brutto eine auftragsgemäß gelieferte und installierte PC-Computerkomplettanlage und Installationsarbeiten. Es war nicht vereinbart, dass die Installation dieser Anlage in die vereinbarte Pauschale fallen sollten. Die Rechnung 2001/21 betraf einen Rechner, Drucker, Office-Programme und das Einrichten vor Ort. Auch dabei handelte es sich um vereinbarungsgemäß erbrachte Leistungen. Weitere Rechnungen betrafen - ebenfalls vereinbarte - Reisekosten sowie Kosten für diverse EDV-Dienstleistungen (siehe im Detail S 12 bis 14 des Ersturteils).

Der Zweitbeklagte sicherte im Dezember 2001 und im Jänner 2002 mehrmals Zahlung zu und erklärte sogar, die Zahlung sei bereits erfolgt. Von der Beklagten bereits geleistete Zahlungen betreffen jedoch nicht die klagegegenständlichen Leistungen.

Die Klägerin hat die in Rechnung gestellten Leistungen erbracht. Die Beklagten haben mit der ihnen gelieferten Hard- und Software gearbeitet.

Mag. K*****, eine Angestellte der Beklagten, war von Juni bis September 2001 an der Entwicklung der Software intensiv beteiligt. Sie sollte auf diese Weise eingeschult werden und sodann die mit den Beklagten kooperierenden Therapeuten in einem dreimonatigen Ausbildungslehrgang in der Anwendung der Software einschulen. Die Klägerin sollte zu den Franchisenehmern der Beklagten keinen Kontakt haben.

Die Software war zuerst in einer offline-Version konzipiert (dezentrale Anwendung in den jeweiligen Instituten) und sollte in der Folge von einer Online-Version (Zugriff der Anwender auf einen Zentralrechner) abgelöst werden. Für die offline-Version wurde auf die Erstellung eines Benutzerhandbuches verzichtet, obgleich die Klägerin angeboten hat, eine solche Programmdokumentation zu erstellen.

Es war nicht vereinbart, dass die Klägerin den Sourcecode (Quellcode) an die Beklagten übergibt.

Die Beklagten trugen niemals Mängel der Hard- und Software an die Klägerin heran. Soweit sich Dritte an die Klägerin um Hilfe wendeten, wurden die gewünschten Hilfeleistungen erbracht. Es ging dabei aber nie um Mängel der gelieferten Software.

Auf dieser Grundlage vertrat das Erstgericht folgende Rechtsauffassung:

Die Klägerin habe alle vereinbarten Leistungen erbracht. Auf eine Einschulung der Mitarbeiter und auf die Erstellung eines Benutzerhandbuchs sei verzichtet worden, die Übergabe des Quellcodes hätten die Parteien nicht vereinbart.

Die Vereinbarung der Parteien sei als Werklieferungsvertrag zu qualifizieren, der nach § 381 Abs 2 HGB den Sonderregeln für den Handelskauf unterstehe. Die Beklagten seien daher nach § 377 HGB zur unverzüglichen Rüge allfälliger Mängel verpflichtet gewesen. Mangels einer solchen Rüge haben sie ihre Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche verloren.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.

Die von den Beklagten bekämpfte Feststellung, dass niemals Mängel geltend gemacht worden seien, könne nicht übernommen werden, weil die Beklagten zumindest im Prozess Mängel eingewendet haben. Im Übrigen sei die bekämpfte Feststellung nicht entscheidungswesentlich.

Mit der zu beurteilenden Vereinbarung habe sich die Klägerin zur Herstellung einer nicht vertretbaren Sache aus einem von ihr selbst zu beschaffenden Stoff und zur Übertragung des Werks an die Beklagten verpflichtet, sodass ein Kauf oder ein Werklieferungsvertrag vorliege. Damit sei die Rechtsauffassung des Erstgerichts zu teilen, dass die Beklagten zur unverzüglichen Untersuchung und Rüge allfälliger Mängel verpflichtet gewesen seien. Diesem Erfordernis habe die Rüge während des Prozesses nicht entsprochen. Auch sonst sei im Verfahren eine den Anforderungen an eine Mängelrüge entsprechende Erklärung der Beklagten nicht hervorgekommen.

Die Abnahme einer Leistung sei nur für den Fall vorgesehen, dass die Parteien ein derartiges Verfahren vereinbart haben. Dies sei hier nicht einmal behauptet worden.

Die Auffassung des Erstgerichtes, die Beklagten haben auf ein Benutzerhandbuch verzichtet, sei im Hinblick auf das Schreiben der Klägerin vom zu billigen. Darin habe die Klägerin angefragt, ob sie eine Art „vereinfachtes Benutzerhandbuch" erstellen solle oder ob das den Aufwand nicht wert sei. Unter den hier gegebenen Umständen hätten die Beklagten - hätten sie auf ein Benutzerhandbuch bestehen wollen - auf diese Anfrage antworten müssen.

Über die Einschulung der Angestellten Mag. K***** hinausgehende Schulungsmaßnahmen seien nicht vereinbart worden.

Dass die Herausgabe des Sourcecodes (des Quellprogramms) zwingender Bestandteil des Softwareerstellungsvertrages sei, treffe nicht zu. Zudem falle auch die Unvollständigkeit einer Lieferung unter die kaufmännische Rügeobliegenheit des § 377 HGB.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil hinreichende Rechtsprechung zur schuldrechtlichen Qualifikation von Softwareverträgen, zum Inhaltserfordernis der Mängelanzeige bei Softwaremängeln und zur Frage, ob der Anspruch auf Herausgabe des Quellcodes zwingendes Recht sei, fehle.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten.

Die Klägerin beantragte, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision ist zulässig und im Sinne des darin enthaltenen Aufhebungsantrags auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg ist zu prüfen, ob es sich bei den zu unterschiedlichen Zeitpunkten abgeschlossenen Vereinbarungen über die Erstellung der Software und über die Lieferung von verschiedenen Hardwarecomponenten um einen einheitliches Rechtsgeschäft handelt und ob die zu erbringende Leistung als untrennbar anzusehen ist.

Die Klägerin hat im Verfahren immer den Standpunkt vertreten, dass es sich um voneinander unabhängige Verträge handelt und dass demgemäß von vornherein kein Grund bestehen könne, das Entgelt für die völlig eigenständig zu beurteilende Lieferung der Hardwareausstattung zurückzubehalten, zumal die Beklagten nicht einmal im Prozess Mängel der Hardware behauptet haben. Die Beklagte vertrat zunächst ebenfalls die Auffassung, dass kein einheitlicher Vertrag vorliege und kein unteilbarer Erfüllungsanspruch begründet worden sei (S 9 in ON 7). Erst unmittelbar vor Schluss der mündlichen Streitverhandlung änderte sie ihren Standpunkt und brachte nunmehr vor, dass als Gegenstand des Geschäftes eine ihren individuellen Bedürfnissen entsprechende „Gesamtlösung" geschuldet gewesen sei. Zwar sei zunächst nur die Individualsoftware in Auftrag gegeben worden; in weiterer Folge habe aber die Klägerin neue PC`s gefordert, sodass - über Vorschlag der Klägerin - die Hardwarebestellung erfolgt sei. Tatsächlich seien aber die neuen PC`s unbrauchbar, weil keine Administratorenrechte vergeben worden seien, sodass keine anderen Programme installiert werden könnten.

Nach einhelliger Auffassung schließt der Umstand, dass über Hardware- und Softwareleistungen verschiedene Verträge geschlossen wurden, die Annahme eines als rechtliche Einheit zu wertenden Geschäftes nicht aus. Mangels ausdrücklicher Erklärungen der Parteien zur Frage, ob die äußerlich getrennten Verträge sachlich eine Einheit bilden sollen, ist durch Auslegung zu ermitteln, ob ein derartiger Wille der Parteien angenommen werden kann. Dabei genügt es, wenn die Leistung für einen Vertragspartner unteilbar ist, und dies dem anderen erkennbar ist. Vor allem aus der Entstehungsgeschichte des Vertrages - etwa aus dem Anbieten einer „Gesamtlösung" - und aus dem zeitlichen Abstand zwischen den Verträgen können sich gegebenenfalls Anhaltspunkte für einen auf die Verknüpfung der Verträge abzielenden Parteiwillen ergeben (Iro, Leistungsstörungen bei gemeinsamer Anschaffung von Hardware und Software, RdW 1984, 266; Fischer-Czermak, Gewährleistung für geleaste EDV-Anlagen (Hard- und Software), EDV & Recht 1989, 84; Staudegger, Rechtsfragen bei Individualsoftware 47 f; vgl auch SZ 50/85; RdW 1991, 230).

Hier bringen die Beklagten, die in ihrer Revision abermals die Einheitlichkeit und Unteilbarkeit der Verträge behaupten, vor, dass die Anschaffung der neuen PC`s erst mehr als ein halbes Jahr nach der Erteilung des Auftrages über die Erstellung der Software erfolgte und zwar deshalb, weil die Klägerin leistungsfähigere Hardwaregeräte als erforderlich erachtete. Damit wird aber die Einheitlichkeit der Verträge nicht dargetan: Im Gegenteil: Schon der beträchtliche zeitliche Abstand der Vereinbarung über Soft- und Hardware spricht gegen eine solche Einheitlichkeit, wenngleich er sie für sich allein nicht völlig ausschließt. Aber auch der Umstand, dass die Klägerin leistungsfähigere Geräte verlangte, ist in Wahrheit kein Argument für das Vorliegen eines Parteiwillens, der auf eine „Gesamtlösung" mit aufeinander abgestellten Komponenten abzielte, sondern legt vielmehr die Annahme nahe, dass die Hardwareausstattung der Beklagten für die von ihnen beabsichtigten Zwecke unzureichend und die Verwendung der zu erstellenden Software lediglich das Motiv für die Anschaffung der notwendigen (leistungsstärkeren) Geräte war. Dass die angeschafften Geräte nur für die von der Klägerin gelieferte Software geeignet und ohne diese für die Beklagte unbrauchbar seien, steht nicht fest und wird in der Revision auch nicht mehr behauptet. Die Beklagten, die nunmehr in ihrer Revision von der Möglichkeit eines Rücktritts sprechen, haben auch gar nicht vorgebracht, jemals eine Rücktrittserklärung abgegeben zu haben.

Mit der Klägerin ist daher davon auszugehen, dass es sich bei den Verträgen über die Hardwareausstattung und dem Vertrag (bzw den Verträgen) über die Erstellung der Software nicht um ein einheitliches Rechtsgeschäft handelt.

Geht man aber davon aus, dass es sich bei den hier zu beurteilenden Hard- und Softwareverträgen um kein einheitliches Rechtsgeschäft handelt, lässt sich nach Ansicht des erkennenden Senats die Rechtsauffassung der Vorinstanzen, die von einem Werklieferungsvertrag iSd § 381 Abs 2 HGB ausgingen, nicht aufrecht erhalten:

Dass es sich bei den Verträgen über die Lieferung von Hardware um Kaufverträge handelt, ist nicht zweifelhaft. Ebenso wenig kann bezweifelt werden, dass der Vertrag über die Lieferung einer bislang nicht existierenden, exakt auf die Bedürfnisse des Erwerbers zugeschnittenen „Indiviudalsoftware" nach bürgerlich-rechtlicher Qualifizierung als Werkvertrag anzusehen ist (Staudegger, aaO, 37 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Da es sich aber bei den Streitteilen - unstrittig - um Kaufleute handelt, stellt sich die Frage, ob darin ein Werklieferungsvertrag, somit ein Vertrag über die Herstellung nicht vertretbarer beweglicher Sachen aus vom Unternehmer zu beschaffenden Stoff, zu sehen ist, auf den iSd § 381 Abs 2 HGB die Sonderregeln über den Handelskauf - und damit die Untersuchungs- und Rügepflicht des § 377 Abs 1 HGB - zur Anwendung kommt.

Das Berufungsgericht hat seine Rechtsauffassung mit der Entscheidung RdW 1991, 230 begründet, in der der Oberste Gerichtshof einen nach dem Parteiwillen unteilbaren Vertrag über Hard- und (Indiviudal-)Software als Werklieferungsvertrag qualifiziert hat (in diesem Sinne auch BHG NJW 1993, 2436, 2438, sowie zuletzt BGH , X ZR 245/00; zust. Kramer in Straube, § 381 Rz 6; Kerschner in Jabornegg, HGB, § 381 Rz 11). Daraus ist aber für den hier zu beurteilenden Fall von vornherein nichts zu gewinnen, weil hier - wie eben dargelegt - kein einheitliches Geschäft vorliegt und daher der Vertrag über die Erstellung und die Lieferung der auf die Bedürfnisse der Beklagten zugeschnittenen Individualsoftware als solcher zu qualifizieren ist.

Ein derartiger Vertrag erfüllt aber die Voraussetzungen des § 381 Abs 2 HGB nicht. Die zitierte Bestimmung erfasst Verträge, die die Herstellung einer nicht vertretbaren beweglichen Sache aus einem vom Unternehmer zu beschaffenden Stoff zum Gegenstand haben. Davon kann im Falle eines einheitlichen Vertrages über die Herstellung einer aus beigestellter Hardware und erstellter Individualsoftware „maßgeschneiderten Gesamtlösung" durchaus gesprochen werden; ist aber Gegenstand des zu beurteilenden Vertrages - wie hier - nur die Herstellung und Lieferung der Individualsoftware, kann von einem „vom Unternehmer zu beschaffenden Stoffe" (§ 381 Abs 2 HGB) nicht die Rede sein. Software wird nicht aus einem Rohstoff hergestellt. Einziger „Rohstoff" ist das Speichermedium, auf dem die Software geliefert wird. Dieser Datenträger ist aber technisch und wirtschaftlich von solch untergeordneter Bedeutung, dass damit die Anwendung des § 381 Abs 2 HGB nicht gerechtfertigt werden kann (E. Holzinger, Besprechung zu BGH und anderen Entscheidungen, EDV & Recht 1994, 54).

Damit ist den Beklagten beizupflichten, dass hinsichtlich der von ihnen im Verfahren geltend gemachten Mängel der Software die Rüge- und Untersuchungsobliegenheit des § 377 Abs 1 HGB nicht zum Tragen kommt.

Angesichts des Einwands der Beklagten, es sei nie eine Abnahme der Werkleistung erfolgt, bedarf es im Übrigen der Prüfung, ob überhaupt Gewährleistungsrecht zur Anwendung kommt:

Gewährleistungsrecht greift ein, wenn der Vertrag in das Erfüllungsstadium getreten ist, wozu es regelmäßig der vorbehaltlosen Entgegennahme der vom Schuldner als Vertragserfüllung angebotenen Leistung bedarf (P. Bydlinski in KBB § 922 Rz 5 mwN). Ein (von den Revisionswerbern vermisstes) darüber hinausgehendes förmliches Abnahmeverfahren ist nur dann erforderlich, wenn es ausdrücklich vereinbart wurde (vgl die schon vom Berufungsgericht zitierte Bestimmung des § 1334 Satz 2 ABGB; zur Problematik der Abnahme beim Softwareerstellungsvertrag: Fischer-Czermak/Weilinger, aaO85 f; Staudegger, aaO 85 ff). Entscheidend ist daher, ob die Beklagten die Werkleistung als Vertragserfüllung angenommen haben oder einen Vorbehalt erklärt haben, die Leistung nicht als Vertragserfüllung zu akzeptieren. Letzteres wurde von den Beklagten aber nicht einmal behauptet und auch nicht festgestellt. In ihrer Revision bringen sie zu diesem Fragenkomplex inhaltlich nur vor, dass die bloße Weiterbenützung der Sache den Anspruch auf Wandlung (die hier im Übrigen nie erklärt wurde) nicht ausschließe. Dies hat aber mit der Frage, ob die Leistung als Vertragserfüllung angenommen wurde, nichts zu tun. Im Gegenteil: Die Frage, ob der Wandlungsanspruch durch die Weiterbenützung der Sache trotz entdeckter Mängel verloren gehen, stellt sich ja überhaupt erst, wenn der Vertrag ins Erfüllungsstadium getreten ist.

Haben aber die Beklagten - wovon daher auszugehen ist - die Werkleistung als Vertragserfüllung angenommen, waren sie verhalten, zur Wahrung allfälliger Gewährleistungsansprüche die von ihnen behaupteten Mängel der Software innerhalb der Gewährleistungsfrist zu rügen. Diese Frist betrug hier - zumal der Vertrag vor dem geschlossen wurde - sechs Monate.

Geht man von den erstgerichtlichen Feststellungen aus, haben die Beklagten die von ihnen behaupteten Mängel innerhalb dieser Frist nicht gerügt und damit ihre (allfälligen) Gewährleistungsansprüche verloren. Diese Feststellung wurde aber von den Beklagten in zweiter Instanz bekämpft, vom Berufungsgericht allerdings nicht überprüft.

Das Berufungsgericht führt in diesem Zusammenhang lediglich aus, dass die Feststellung, nach der die Mängel „niemals" gerügt worden seien, nicht aufrecht erhalten werden könne, weil die Beklagten die Mängel jedenfalls im Verfahren - also lange nach Ablauf der Gewährleistungsfrist - geltend gemacht haben. Damit ist aber über den eigentlichen Inhalt der erstgerichtlichen Feststellung, mit der ja unmissverständlich zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass die Mängel vor Klageeinbringung nicht geltend gemacht worden seien, nichts gesagt. Die in diesem Sinne zu verstehende Feststellung hat das Berufungsgericht nicht überprüft, weil es sie auf der Grundlage seiner vom Obersten Gerichtshof nicht gebilligten Rechtsauffassung als nicht entscheidungswesentlich erachtete. Damit ist es aber notwendig, das Berufungsurteil aufzuheben und dem Berufungsgericht die Überprüfung dieser Feststellung aufzutragen.

Zum Einwand der Beklagten, die Klägerin habe es verabsäumt, ein Benutzerhandbuch zu liefern, hat das Erstgericht festgestellt, dass die Beklagten für die zunächst gelieferte offline-Version der Software auf ein Benutzerhandbuch verzichtet haben. Das Berufungsgericht erblickt darin eine reine Rechtsfrage und reduziert seine Ausführungen dazu auf die rechtliche Beurteilung des Schreibens Beilage ./O. Weder dem Wortlaut der erstgerichtlichen Feststellung, noch den Ausführungen des Erstgerichts zur Beweiswürdigung ist aber zu entnehmen, dass sich das Erstgericht auf eine derartige Beurteilung beschränken wollte. Sowohl die systematische Einordnung der entsprechenden Ausführungen im Feststellungsteil des Urteils als auch die Bezugnahme auf Beweisaussagen im Rahmen der Ausführungen zur auf diese Feststellung bezogenen Beweiswürdigung legen vielmehr die Annahme nahe, dass das Erstgericht insofern eine Tatsachenfeststellung treffen wollte, bei deren Formulierung es sich - in nicht unüblicher Weise - eines in seiner allgemein-sprachlichen Bedeutung verwendeten Rechtsbegriffs bediente. Auch diese Tatsachenfeststellung, die dahin zu verstehen ist, dass die Beklagten erklärt haben, auf ein Benutzerhandbuch zu verzichten, hat das Berufungsgericht nicht überprüft.

Auch den Einwänden der Beklagten zu ihrer Behauptung, die Klägerin habe die geschuldete Einschulung der Mitarbeiter unterlassen, hält das Berufungsgericht rechtliche Überlegungen entgegen. In diesem Zusammenhang ist dies aber nicht zu beanstanden, weil auch die Beklagten in ihrer Berufung den erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen primär Rechtsausführungen entgegen halten. Der Tatsachenkern der dazu getroffenen Feststellungen - danach war eine über die Einbeziehung der Mitarbeiterin Mag. K***** in die Entwicklung des Programms hinausgehende Einschulung anderer Mitarbeiter nicht vereinbart - wurde von den Beklagten in ihrer Berufung nicht in prozessordnungsgemäßer Weise bekämpft. Dazu wären konkrete Ausführungen erforderlich gewesen, infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung die - konkret bezeichnete - bekämpfte Feststellung getroffen wurde, welche Feststellung begehrt wird und auf Grund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen die begehrte Feststellung zu treffen gewesen wäre (E. Kodek in Rechberger² § 471 Rz 8 mwN). Diesen Anforderungen wird aber die im Zusammenhang mit den Vereinbarungen über die Einschulung erhobene Tatsachenrüge, die sich in erster Linie auf Rechtsausführungen über die Notwendigkeit und das Wesen der Einschulung bei der Lieferung von Software beschränkt, nicht gerecht.

Dass das Berufungsgericht auch die Beweisrüge nicht erledigt hat, mit der die für die Höhe des Klagebegehrens relevanten Feststellungen - insbesondere die Feststellung über die Höhe des vereinbarten Pauschalentgelts für die Softwareherstellung - bekämpft werden, wird in der Revision nicht gerügt; die Einwendungen gegen die Höhe des Klagebegehrens werden von den Beklagten in dritter Instanz nicht mehr aufrecht erhalten.

Schließlich bekämpfen die Revisionswerber die Ausführungen des Berufungsgerichtes zur Frage der Verpflichtung der Klägerin, ihnen den Quellcode auszufolgen. Dazu machen sie geltend, dass der Anspruch auf Herausgabe des Quellcodes ein zwingender Bestandteil des Softwareerstellungsvertrages sei, auf den der Erwerber der Software nicht verzichten könne. In der Feststellung, die Übergabe des Quellcodes sei nicht vereinbart worden, liege in Wahrheit eine - unrichtige - rechtliche Beurteilung.

Auch in diesem Zusammenhang kann nicht zweifelhaft sein, dass das Erstgericht mit der bekämpften Formulierung eine Tatsachenfeststellung des Inhalts getroffen hat, dass die Parteien keine ausdrückliche Vereinbarung über die Herausgabe des Quellcodes getroffen haben. Diese Feststellung wird von den Beklagten nicht bekämpft, die eine ausdrückliche Vereinbarung in diesem Sinn auch gar nicht behauptet haben. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob die Klägerin - wie die Beklagten meinen - dessen ungeachtet zur Herausgabe des Quellcodes verpflichtet ist.

Für die Annahme der Beklagten, der Anspruch auf Ausfolgung des Quellcodes sei unverzichtbarer Bestandteil des Softwareerstellungsvertrages, fehlt jegliche Grundlage. Trotz der unleugbaren Interessen der Benutzer am Erhalt des Quellcodes entspricht diese Annahme auch nicht der Realität: In der Regel überlässt der Hersteller die Software nur in Form des Objektcodes, um sich davor zu schützen, dass das Programm bearbeitet und unter Verletzung der Urheberrechte wirtschaftlich verwertet wird (Ertl, Allgemeine Bedingungen der Softwareverträge, EDV & Recht 1994, 19 [21]; Junker/Benecke, Computerrecht³ S 138 ff Rz 186 ff). Zu prüfen ist allerdings, ob der Anspruch auch dann besteht, wenn - wie hier - die Parteien keine ausdrückliche Vereinbarung in diesem Sinn treffen.

Die dazu ergangene deutsche Rechtsprechung legt Softwareüberlassungsverträge nach der Verkehrssitte und unter Abwägung der betroffenen Interessen aus. Danach ist bei Überlassung von Standardsoftware der Quellcode grundsätzlich nicht geschuldet, weil in diesem Fall an seiner Offenlegung in der Regel kein legitimes Interesse besteht, während der Hersteller, der sein Programm in großer Zahl verkaufen will, ein besonders hohes Geheimhaltungsbedürfnis hat (Junker/Benecke, aaO Rz 186). Bei der Überlassung von Individualsoftware hingegen macht die überwiegende (deutsche) Rechtsprechung die Frage nach der Herausgabepflicht von der Auslegung des Vertrages und dem dadurch ermittelten Vertragszweck abhängig (Junker/Benecke, aaO Rz 187 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung). Auf dieser Grundlage wird beurteilt, ob ein das Geheimhaltungsbedürfnis des Herstellers übersteigendes schützenswertes Interesse des Benutzers an der Herausgabe des Quellcodes besteht, was etwa dann bejaht wurde, wenn das Programm mit anderen Programmen des Benutzers kommunizieren soll oder wenn Individualsoftware für den weiteren Absatz an Kunden des Auftraggebers bestimmt ist (Junker/Benecke, aaO Rz 187). Mitunter wird auch darauf abgestellt, ob der Hersteller zur Wartung des Programms verpflichtet ist, wobei aus dem Fehlen einer Wartungsverpflichtung auf die Herausgabeverpflichtung geschlossen wird. Dies wird aber von der Lehre kritisiert, weil damit aus einer nachrangigen Abrede (über die Wartung) auf eine Hauptleistungspflicht geschlossen und das Interesse des Herstellers am Schutz seiner Programme nicht berücksichtigt wird (näher Junker/Benecke, aaO Rz 188).

Der Oberste Gerichtshof teilt jedenfalls die Auffassung, dass die Frage, ob aus einem Softwareerstellungsvertrag die Überlassung des Quellcodes geschuldet wird, primär von den getroffenen Vereinbarungen abhängt, wobei auch bei Fehlen einer ausdrücklichen Vereinbarung eine am Zweck des Vertrages orientierte Auslegung zu einer Herausgabeverpflichtung des Herstellers führen kann. Angesichts des legitimen Interesses des Herstellers am Schutz seiner Programme und des darin verkörperten Werts ist bei Fehlen einer ausdrücklichen Vereinbarung aber Zurückhaltung bei der Bejahung der Herausgabepflicht angebracht, weil es nicht sachgerecht wäre, ohne deutliche Hinweise im Vertrag, aus denen ein entsprechender Parteiwille ableitbar ist, dem Hersteller einen Vertragsinhalt aufzuzwingen, den er - wäre die Frage besprochen worden - nicht oder nur gegen höheres Entgelt akzeptiert hätte.

Hier fehlen nach Ansicht des erkennenden Senats hinreichende Anhaltspunkte im Softwareerstellungsvertrag, aus denen auf eine Verpflichtung der Klägerin, den Quellcode herauszugeben, geschlossen werden könnte. Dass - wie die Beklagten in ihrer Revision meinen - eine solche Verpflichtung schon deshalb bestehen müsse, weil die Klägerin die Behebung der geltend gemachten Mängel verweigere, ist schon deshalb verfehlt, weil aus Problemen bei der Abwicklung des Vertrages nicht auf dessen Inhalt geschlossen werden kann. Abgesehen davon findet diese Behauptung der Revisionswerber in den - allerdings noch nicht überprüften - Feststellungen keine Deckung. Aber auch sonst ist nicht ersichtlich, wie aus dem Vertrag eine Verpflichtung der Klägerin zur Herausgabe des Quellcodes abgeleitet werden soll: Gegenstand der Vereinbarung war ja zunächst nur die Herstellung einer offline-Version des Programms, die auf den Rechnern der Therapieinstitute installiert werden sollte. Die Herstellung einer online-Version und die für den Fall des Gelingens des Projekts ins Auge gefasste großflächige Vermarktung im In- und Ausland war hingegen noch nicht Gegenstand des Vertrages und hinsichtlich der näheren Bedingungen noch nicht besprochen. Unter dieser Voraussetzung ist aus dem Zweck des zu beurteilenden Vertrages ein schützenswertes Interesse der Beklagten an der Herausgabe des Quellcodes, das - auch für die Klägerin erkennbar - ihr Interesse an der Geheimhaltung des Quellcodes in einer Weise überwiegt, dass ein auf die Begründung einer Herausgabepflicht gerichteter Parteiwille unterstellt werden muss, nicht erkennbar.

Zum Einwand, die Beklagten seien hinsichtlich des Rechners ihrer Angestellten Mag. K***** nicht passiv legitimiert, hat schon das Berufungsgericht auf das im Rechtsmittelverfahren geltende Neuerungsverbot verwiesen. Dass - wie die Revision meint - insofern schon die Feststellung ausreiche, dass die entsprechende Rechnung den Rechner dieser Mitarbeiterin betreffe, trifft nicht zu, weil die Tatsache, wem das Gerät gehört, darüber, wer einen darauf bezogenen Auftrag erteilt, nichts aussagt.

In Stattgebung der Revision ist daher das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das die oben näher bezeichneten Feststellungen zu überprüfen und sodann neuerlich über das Klagebegehren zu entscheiden haben wird.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.