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OGH vom 09.09.2009, 15Os57/09k

OGH vom 09.09.2009, 15Os57/09k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Hofer als Schriftführerin in der Medienrechtssache der Antragsteller Elisabeth F***** und andere gegen die Antragsgegnerin G***** KG wegen §§ 7 Abs 1, 7a Abs 1 MedienG über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen die Beschlüsse des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom , GZ 92 Hv 113/08y-8, und des Oberlandesgerichts Wien vom , AZ 18 Bs 38/09h, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Mag. Wachberger zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Text

Gründe :

Der Medienrechtssache der Antragsteller Elisabeth F***** ua gegen die Antragsgegnerin G***** KG als Medieninhaberin, AZ 92 Hv 113/08y des Landesgerichts für Strafsachen Wien, liegen in dem Druckwerk „S*****" vom unter den Titeln „Ein Haus des Grauens Österreich" und „Ein ordentlicher Tyrann" veröffentlichte Artikel zu Grunde.

Elisabeth F*****, Kerstin F*****, Stefan F*****, die mj Lisa F*****, geboren , die mj Monika F*****, geboren , der mj Alexander F*****, geboren , und der mj Felix F*****, geboren , die vier zuletzt Genannten vertreten durch ihre Mutter Elisabeth F*****, begehrten mit am beim Landesgericht für Strafsachen Wien eingelangtem, anwaltlich verfassten Schriftsatz (ON 1) jeweils eine Entschädigung nach §§ 7 Abs 1, 7a Abs 1 MedienG. Mit Schriftsatz vom reichten die minderjährigen Antragsteller den Beschluss des Bezirksgerichts Amstetten vom , AZ 1 P 2642/95p, 1 P 111/97k, nach; mit diesem Beschluss bewilligte das genannte Gericht die Einbringung der selbständigen Entschädigungsanträge nach dem Mediengesetz in Ansehung der minderjährigen Antragsteller Lisa F*****, Monika F*****, Alexander F***** und Felix F***** (ON 3 des Hv-Aktes).

Mit Beschluss vom (ON 8) wies die Einzelrichterin des Landesgerichts für Strafsachen Wien die Entschädigungsanträge der minderjährigen Antragsteller Lisa F*****, Monika F*****, Alexander F***** und Felix F***** gemäß § 41 Abs 1 und 5 MedienG iVm § 485 Abs 1 Z 3 StPO aus dem Grunde des § 212 Z 7 StPO zurück und stellte das Verfahren ein. Gemäß § 390 Abs 1 StPO iVm § 41 Abs 1 MedienG verpflichtete sie die letztgenannten Antragsteller zum Ersatz der Verfahrenskosten. Begründend führte sie aus, gemäß § 8a Abs 2 MedienG müsse der selbständige Antrag bei sonstigem Verlust des Anspruchs binnen sechs Monaten nach der erstmaligen, dem Anspruch zu Grunde liegenden Verbreitung, Ausstrahlung oder Abrufbarkeit bei dem nach §§ 40, 41 Abs 2 MedienG zuständigen Strafgericht eingebracht werden. Diese materiellrechtliche Frist sei nicht erstreckbar. Da fallbezogen bei Ablauf dieser Frist am die pflegschaftsbehördliche Genehmigung der medienrechtlichen Entschädigungsanträge der minderjährigen Antragsteller Lisa F*****, Monika F*****, Alexander F***** und Felix F***** nicht vorgelegen sei, habe es - betreffend diese Antragsteller - an einem nach dem Gesetz erforderlichen Antrag eines hiezu Berechtigten gemäß § 212 Z 7 StPO gemangelt.

Mit Beschluss vom , AZ 18 Bs 38/09h (ON 15 des Hv-Aktes), gab das Oberlandesgericht Wien den gegen diesen Beschluss gerichteten Beschwerden der minderjährigen Antragsteller Lisa F*****, Monika F*****, Alexander F***** und Felix F***** dahin Folge, dass der Ausspruch über deren Verpflichtung zum Kostenersatz ersatzlos aufgehoben wurde; im Übrigen gab es den Beschwerden nicht Folge.

Die Generalprokuratur erhob gegen diese Entscheidungen folgende Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes:

Für das Verfahren über einen selbständigen Antrag auf Zuspruch einer Entschädigung nach §§ 6, 7, 7a, 7b oder 7c MedienG (§ 8 Abs 1 MedienG) gelten gemäß § 8a Abs 1 MedienG, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Bestimmungen für das strafgerichtliche Verfahren aufgrund einer Privatanklage dem Sinne nach.

Nach § 485 Abs 1 StPO hat das Gericht den Strafantrag vor Anordnung der Hauptverhandlung zu prüfen; nach Z 3 leg cit hat es den Strafantrag in den Fällen des § 212 Z 1, 2 und 7 StPO mit Beschluss zurückzuweisen und das Verfahren einzustellen.

§ 212 Z 7 StPO behandelt den Fall des Fehlens des nach dem Gesetz erforderlichen Antrags des hiezu Berechtigten. Diese Bestimmung stellt auf die sich aus dem materiellen Strafrecht ergebende Anklageberechtigung des Staatsanwalts, gegebenenfalls mit Ermächtigung des hiezu - wiederum nach dem materiellen Strafrecht - Berechtigten (§ 92 StPO), oder eines Privatanklägers ab. Ob es sich beim einschreitenden Privatankläger um die hiezu berechtigte Person handelt, ist inhaltlich an Hand des im Strafantrag erhobenen Vorwurfs zu prüfen. Im selbständigen Verfahren nach § 8a MedienG ist die inhaltliche Berechtigung, als Antragsteller einzuschreiten, nach dem Antragsvorbringen zu beurteilen.

Da (auch) die minderjährigen Antragsteller eine identifizierende Berichterstattung als Opfer einer gerichtlich strafbaren Handlung und eine bloßstellende Darstellung bzw Erörterung ihres höchstpersönlichen Lebensbereichs, nämlich des Bereichs des Lebens in der Familie, durch die der Antragsgegnerin als Medieninhaberin zuzurechnende, mit „Ein Haus des Grauens Österreich" und „Ein ordentlicher Tyrann" titulierte Berichterstattung in der Zeitschrift „S*****" vom behaupteten und dieses Vorbringen mit dem Begehren nach Zuerkennung einer Entschädigung für die dadurch erlittene Kränkung nach §§ 7 Abs 1, 7a Abs 1 Z 1 MedienG verknüpften, sind sie im Sinn des § 212 Z 7 StPO fallbezogen zur Anklage bzw Antragstellung berechtigt.

Ob es sich bei der am (ON 1), sohin innerhalb der materiellen Verjährungsfrist des § 8a Abs 2 MedienG, erfolgten Geltendmachung dieser Ansprüche um wirksame Prozesshandlungen der Minderjährigen handelte, betrifft hingegen die Frage deren Prozessfähigkeit.

Unter Prozessfähigkeit versteht man nach gängiger Definition die Fähigkeit von Personen, alle Prozesshandlungen selbst oder durch einen selbst gewählten Vertreter wirksam vornehmen oder entgegennehmen zu können. Der Begriff stammt aus dem Zivil-(Prozess-)Recht (§ 1 ZPO), kann aber auch auf das Strafverfahren übertragen werden. Als (strafrechtliche) Prozessfähigkeit wird die Fähigkeit von Personen verstanden, Prozesshandlungen selbständig vorzunehmen, dh rechtserhebliche prozessuale Willenserklärungen abzugeben (Schwaighofer, WK-StPO § 275 Rz 9).

Die Prozessfähigkeit setzt die bürgerlichrechtliche Verpflichtungsfähigkeit voraus. Maßgebend für die Prozessfähigkeit sind daher nur jene Normen des bürgerlichen Rechts, in denen geregelt wird, inwieweit eine Person sich selbständig im eigenen Namen verpflichten kann (Schubert in Fasching/Konecny² § 1 ZPO Rz 1).

Wie von den Gerichten zutreffend erkannt, ist fallbezogen die Vorschrift des § 154 ABGB von Relevanz. Demnach bedarf ein Minderjähriger bei verschiedenen Rechtsgeschäften, aber auch bei Erhebung einer Klage nicht nur der Vertretung durch einen Elternteil (Abs 1 leg cit), sondern - zusätzlich zu der im konkreten Fall wegen der der Mutter alleine zukommenden Obsorge jedoch nicht erforderlichen Zustimmung des anderen Elternteils - auch der Genehmigung des Pflegschaftsgerichts (Abs 3 leg cit). Die Einbringung eines Antrags auf Verurteilung der Antragsgegnerin zur Zahlung einer Entschädigung nach §§ 6 ff MedienG ist der Erhebung einer Klage gleichzusetzen.

Solange die gerichtliche Genehmigung nicht erteilt ist, ist die Rechtshandlung des Minderjährigen bzw der ihn vertretenden Person schwebend unwirksam; mit Erteilung der Genehmigung wird sie rückwirkend voll wirksam (Stabentheiner in Rummel³ §§ 154, 154a ABGB Rz 17). Dies gilt auch für die Einbringung einer Klage durch einen Minderjährigen. Eine solche Klage unterbricht die Verjährung, wenn der Mangel der Prozessermächtigung nachträglich saniert wird (RIS-Justiz RS0034919).

Ist das Erfordernis der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung eines solchen Antrags weder dem Mediengesetz noch der nach § 8a Abs 1 MedienG subsidiär geltenden Strafprozessordnung, sondern ausschließlich dem bürgerlichen Recht (§ 154 Abs 3 ABGB) zu entnehmen, so ist auch die Wirkung einer solchen Genehmigung nach bürgerlichrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen. Demnach wird durch die nachträgliche Erteilung der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung die zunächst schwebend unwirksame Einbringung eines Entschädigungsantrags eines Minderjährigen im Verfahren nach § 8a MedienG rückwirkend geheilt, sodass sie bereits zum - hier relevanten - Zeitpunkt des Einlangens des Antrags bei Gericht als voll wirksam anzusehen ist.

Diese Lösung ist nicht zuletzt im Hinblick auf § 21 ABGB geboten: Nach Abs 1 stehen Minderjährige und Personen, die aus einem anderen Grund ihre Angelegenheiten nicht selbst gehörig besorgen können, unter dem besonderen Schutz der Gesetze. Diese Vorschrift ist einerseits Programm, das andere Normen vollziehen, beschränkt sich andererseits aber nicht darauf, sondern positiviert generell den hohen Rang des Schutzinteresses der dort genannten, nicht voll handlungsfähigen Personen, das im Kollisionsfall gegenläufigen Interessen grundsätzlich vorzugehen hat (Aicher in Rummel³ § 21 ABGB Rz 1). Das Erfordernis der pflegschaftsgerichtlichen Bewilligung eines Entschädigungsantrags eines Minderjährigen nach dem Mediengesetz soll somit keinesfalls zu einer faktischen Verkürzung der dem Minderjährigen zur Verfügung stehenden - ohnehin kurzen - sechsmonatigen Fallfrist nach § 8 a Abs 2 MedienG führen und die materiellrechtliche Berechtigung seines Anspruchs von der Rechtzeitigkeit der Entscheidung des Pflegschaftsgerichts abhängig machen, sondern ihn lediglich vor - mit dem Prozessrisiko verbundenen - Handlungen, die nicht unerhebliche Kostenfolgen haben können, bewahren.

Diesem Schutzbedürfnis des Minderjährigen ist gegenüber dem Interesse der Antragsgegnerin an alsbaldiger Geltendmachung gegen sie gerichteter Ansprüche der Vorrang einzuräumen, zumal dieser insbesondere im vorliegenden Fall dadurch kein ungerechtfertigter Nachteil erwächst; innerhalb der Verjährungsfrist des § 8a Abs 2 MedienG lagen nämlich bereits inhaltlich allen Anklagevoraussetzungen entsprechende Entschädigungsanträge (auch) der minderjährigen Antragsteller vor, die der Antragsgegnerin für ihr weiteres Verhalten, insbesondere die allfällige Vorsorge für die Zahlung von Entschädigungen, als Orientierung dienen konnten.

Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs wäre jedoch im gegenständlichen Verfahren nicht mit konkreter Wirkung zu verknüpfen, weil die Beschlüsse des Landesgerichts für Strafsachen Wien und des Oberlandesgerichts Wien für die Antragsgegnerin, der im Verfahren nach dem MedienG die Rechte des Angeklagten zukommen (§ 41 Abs 6 MedienG), von Vorteil sind.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 8a Abs 1 MedienG gelten für das Verfahren über einen selbständigen Antrag die Bestimmungen für das strafgerichtliche Verfahren aufgrund einer Privatanklage dem Sinne nach.

Gemäß § 8a Abs 2 MedienG muss ein selbständiger Antrag bei sonstigem Verlust des Anspruchs binnen sechs Monaten nach der erstmaligen Verbreitung beim zuständigen Strafgericht eingebracht werden.

Gemäß § 485 Abs 1 StPO hat das Gericht den Strafantrag (hier: selbständigen Antrag nach § 8a MedienG) vor Anordnung der Hauptverhandlung zu prüfen und ua dann mit Beschluss zurückzuweisen und das Verfahren einzustellen (Z 3), wenn (sonst) ein Grund vorliegt, der die Verurteilung des Angeklagten (Antragsgegners) aus rechtlichen Gründen ausschließt (§ 212 Z 1 zweiter Fall StPO). Darunter fallen auch Strafaufhebungsgründe und verfahrensrechtliche Verfolgungshindernisse aller Art (vgl Birklbauer/Mayrhofer, WK-StPO § 212 Rz 9 f).

Als strafrechtliche Prozessfähigkeit wird die Fähigkeit von Personen verstanden, Prozesshandlungen selbständig vorzunehmen, dh rechtserhebliche prozessuale Willenserklärungen abzugeben (Schwaighofer, WK-StPO § 275 Rz 9 mwN; Markel, WK-StPO § 1 Rz 31). Eine Verurteilung auf Basis eines von einem nicht prozessfähigen Ankläger eingebrachten Strafantrags, somit einer nicht rechtserheblichen prozessualen Willenserklärung, ist ausgeschlossen (§ 259 Z 3 StPO).

Ein minderjähriger Antragsteller ist im Verfahren nach § 8a MedienG strafrechtlich nicht prozessfähig; seine Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs bedarf 1) einer Vertretungshandlung oder Einwilligung des gesetzlichen Vertreters und 2) deren Genehmigung durch das Pflegschaftsgericht (§ 154 Abs 3 ABGB; RIS-Justiz RS0123648; MR 2008, 241; Korn/Zöchbauer in WK2 § 46 aF [2006] Rz 9). Ein bloßer Antrag eines minderjährigen Antragstellers ohne Vertretungshandlung oder Einwilligung des gesetzlichen Vertreters und/oder ohne pflegschaftsgerichtliche Genehmigung könnte infolge Fehlens der prozessualen Voraussetzungen nicht zu einer Verurteilung führen, in der Hauptverhandlung wäre mit Antragsabweisung (= Freispruch nach § 259 Z 3 StPO) vorzugehen; somit ist aber der Antrag gemäß § 485 Abs 1 StPO iVm § 212 Z 1 zweiter Fall StPO bereits vor Durchführung einer Hauptverhandlung zurückzuweisen und es ist das Verfahren einzustellen. Ein bloßer verbesserungsfähiger (§ 485 Abs 2 StPO) formeller Mangel iSd § 212 Z 4 StPO liegt nicht vor, weil die Prozessfähigkeit des Anklägers keine der im dort zitierten § 211 StPO genannten Formvorschriften betrifft.

Dem Antragsgegner kommen im Verfahren nach § 8a MedienG die Rechte des Angeklagten im Strafprozess zu (RIS-Justiz RS0123643). Als solcher hat er aber einen nicht einschränkbaren Anspruch darauf, nur durch innerhalb der für den - dem Ankläger gleichgestellten - Antragsteller geltenden gesetzlichen Präklusivfrist eingebrachte prozessual rechtserhebliche Verfolgungsanträge in Verfolgung gezogen zu werden, sodass Regeln des Zivilprozesses über Verbesserungsverfahren (§ 6 ZPO) sowie zivilrechtliche Judikatur über die schwebende Unwirksamkeit von Rechtshandlungen (vgl Hopf in KBB § 154 Rz 13) und die Unterbrechung der zivilrechtlichen Verjährungsfrist (RIS-Justiz RS0034919) ungeachtet der zivilrechtlichen Natur des vorliegenden Anspruchs nicht zum Nachteil des in seiner Position mit einer Partei des Zivilprozesses nicht vergleichbaren, dem Angeklagten im Strafprozess gleichgestellten Antragsgegners herangezogen werden dürfen.

Zur Klarstellung wird bemerkt, dass ein vor Ablauf der Präklusivfrist des § 8a Abs 2 MedienG und vor Fällung einer Entscheidung über den Entschädigungsantrag (Strafantrag) erfolgtes Nachbringen der für die Prozessfähigkeit des Anklägers bei Einbringen des Antrags noch fehlenden Voraussetzungen vom Gericht zu berücksichtigen ist, steht doch diesfalls einer Verurteilung kein prozessuales Hindernis (mehr) entgegen.

Folgte man der Sicht der Generalprokuratur, bliebe mangels gesetzlicher Regelung völlig offen, wie das Gericht im Fall des Vorliegens eines von einem nicht prozessfähigen Ankläger (Antragsteller) eingebrachten Strafantrags (Entschädigungsantrags) weiter vorzugehen bzw wie lange es zuzuwarten habe und ab welchem Zeitpunkt (auch über den in § 8a MedienG genannten hinaus) das weitere Nichtvorliegen eines rechtserheblichen Strafantrags (Entschädigungsantrags) für eine gerichtliche Entscheidung erstmals schlagend werden dürfe.

Ein gerichtliches Verbesserungsverfahren vor der Entscheidung (ob nach § 485 Abs 1 StPO oder auch mit Urteil in der Hauptverhandlung) kennt das Gesetz - anders als etwa in § 285a Z 3 StPO - nicht. Ein Gebot richterlicher Veranlassung amtswegiger Mängelbehebung (durch strafgerichtliche Antragstellung beim zuständigen Pflegschaftsgericht, im Fall des Fehlens auch der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters dann wohl zunächst auch bei diesem) ist - entgegen Funk-Leisch/Herbst in MR 2009, 73 - aus der Offizialmaxime (die gemäß § 2 Abs 2 StPO die Aufklärung der Tat und der Schuld des Angeklagten umfasst) nicht ableitbar, ein solches Vorgehen wäre vielmehr im Licht des Anklagegrundsatzes (§ 4 StPO) verfehlt, ist es doch Aufgabe des Anklägers und nicht des Gerichts, für das Vorliegen einer prozessual rechtserheblich eingebrachten Anklage (Antragstellung nach § 8a MedienG) Sorge zu tragen.

Schließlich ist die 6-Monats-Frist des § 8a MedienG - der Nichtigkeitsbeschwerde zuwider - als hinreichend lang anzusehen, um einem minderjährigen Antragsteller in aller Regel auch die zeitgerechte Einholung einer pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung zu ermöglichen.

Die Entscheidungen des Landesgerichts für Strafsachen Wien und des Oberlandesgerichts Wien ergingen daher zu Recht. Die Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war demgemäß zu verwerfen.