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OGH vom 24.03.1988, 12Os44/88

OGH vom 24.03.1988, 12Os44/88

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Hörburger, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Legradi als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Manfred Karl K*** wegen des Vergehens der Hehlerei nach dem § 164 Abs 1 Z 2 und Abs 2 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom , AZ 8 Bs 372/87, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Stöger, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

Spruch

Das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck verletzt insoweit, als es die Berufungsverhandlung am in Abwesenheit des Angeklagten ohne dessen rechtswirksame Vorladung durchführte und über dessen Berufung erkannte, das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 489 Abs 1, 471 Abs 1 StPO.

Dieses Urteil wird aufgehoben und dem Oberlandesgericht Innsbruck die neuerliche Verhandlung und Entscheidung über die Berufung des Angeklagten Manfred Karl K*** nach dessen gehöriger Vorladung bzw. allfälligen Vorführung aus der Strafhaft (§ 471 Abs 3 StPO) zur (neuen) Berufungsverhandlung aufgetragen.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes Innsbruck vom , GZ 28 Vr 2360/86-14, wurde Manfred Karl K*** des Vergehens der Hehlerei nach dem § 164 Abs 1 Z 2 und Abs 2 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten verurteilt. Gegen diesen Schuldspruch hat Manfred Karl K*** rechtzeitig in einem an das Landesgericht Innsbruck gerichteten Schreiben vom (ON 15 dA) der Sache nach Berufung wegen Nichtigkeit und Schuld angemeldet und nach Zustellung einer Urteilsausfertigung am beim Erstgericht auch rechtzeitig innerhalb der 14-tägigen Rechtsmittelfrist ein Schriftstück eingebracht, das seinem Inhalt nach als Ausführung einer Nichtigkeits- und Schuldberufung anzusehen war (ON 16 dA). Die vom Oberlandesgericht Innsbruck am durchgeführte Berufungsverhandlung fand in Abwesenheit des Angeklagten Manfred Karl K*** statt, nachdem dessen Ladung zur Berufungsverhandlung am bei der Post hinterlegt worden war. Nach Verlesung der Berufungsanmeldung, ON 15 dA, sowie der Berufungsschrift, ON 16 dA, hat das Oberlandesgericht Innsbruck mit Entscheidung vom , AZ 8 Bs 372/87, der Berufung des Angeklagten K*** (wegen Nichtigkeit und Schuld sowie der in der Schuldberufung enthaltenen; vgl. § 467 Abs 3 StPO in Verbindung mit dem § 489 Abs 1 StPO Berufung wegen Strafe) keine Folge gegeben. Nachträglich stellte sich heraus, daß eine rechtswirksame Ladung des Angeklagten K*** zur Berufungsverhandlung (durch Hinterlegung des Schriftstückes mit der Vorladung zur Berufungsverhandlung bei der Post) nicht erfolgt war, weil sich der Angeklagte mit seiner Familie in der Zeit vom 13. bis im Ausland (Italien) aufgehalten hatte, demnach die bei der Post hinterlegte Vorladung zu der für den festgesetzten Berufungsverhandlung erst am (Montag) bei der Post beheben konnte und somit erst an diesem Tag von dem - inzwischen aber bereits verstrichenen - Termin der Berufungsverhandlung Kenntnis erlangt hatte (vgl. die angeschlossenen, von der Staatsanwaltschaft Innsbruck veranlaßten Polizeierhebungen).

Rechtliche Beurteilung

Nach der gemäß § 489 Abs 1 StPO für das Berufungsverfahren gegen Urteile des Einzelrichters eines Gerichtshofes erster Instanz anzuwendenden Vorschrift des § 471 Abs 1 StPO ist für den Fall, daß zur Entscheidung über die Berufung ein Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung angeordnet wird, u.a. der auf freiem Fuß befindliche Angeklagte rechtzeitig vorzuladen und in der Vorladung auf die Folgen seines Ausbleibens hinzuweisen (§ 471 Abs 4 StPO). Gemäß dem § 80 Abs 1 StPO sind für die - nicht zu eigenen Handen vorzunehmende (vgl. § 79 Abs 3 StPO) - Vorladung des Angeklagten zur Berufungsverhandlung die Vorschriften des Zustellgesetzes, BGBl. Nr. 200/1982 (und sinngemäß die allerdings im vorliegenden Fall nicht weiter in Betracht kommenden §§ 87, 89, 91 und 100 der ZPO), anzuwenden. Gemäß dem § 17 Abs 3, vierter Satz, ZustellG gelten hinterlegte Sendungen aber nicht als zugestellt, wenn sich - so wie dies im vorliegenden Fall zutrifft - ergibt, daß der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte. Es lag somit keine rechtswirksame Zustellung der Ladung des Angeklagten K*** zu der vom Oberlandesgericht Innsbruck am durchgeführten Berufungsverhandlung vor, sodaß der Angeklagte in seinem - ihm sogar verfassungsrechtlich eingeräumten (vgl. Art. 6 Abs 3 lit. c MRK) - Recht auf Anhörung (auch) im Berufungsverfahren (vgl. § 473 Abs 3 und Abs 4 StPO in Verbindung mit dem § 489 Abs 1 StPO) verletzt wurde. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß für den Berufungssenat des Oberlandesgerichtes Innsbruck im Zeitpunkte der Berufungsentscheidung am nach der damaligen Aktenlage die Unwirksamkeit der Zustellung der Vorladung des Angeklagten zur Berufungsverhandlung nicht erkennbar war. Diese (objektiv vorliegende) Gesetzesverletzung gereicht dem Angeklagten Manfred Karl K*** ersichtlich zum Nachteil (siehe u.a. SSt. 41/42).

Es war daher der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.