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OGH 03.12.2002, 14Os103/02

OGH 03.12.2002, 14Os103/02

Rechtssatz


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Normen
OGHG §15 Abs4
DSGVO Art4 Z1
RS0132183
Die Fahrgestellnummer eines PKW stellt idR kein einer Anonymisierung iSd § 15 Abs 4 OGHG zugängliches sowie kein personenbezogenes Datum iSd Art 4 Z 1 DSGVO dar.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kaller als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Peter M***** wegen des Finanzvergehens der Hinterziehung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben nach § 35 Abs 2 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom , GZ 124 Hv 42/02h-20, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Peter M***** des Finanzvergehens der Hinterziehung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben nach § 35 Abs 2 FinStrG schuldig erkannt.

Danach hat er in Wien, ohne den Tatbestand des § 35 Abs 1 FinStrG zu erfüllen, vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht durch Erklärung eines zu geringen Kaufpreises unter Vorlage unrichtiger, nicht den gesamten Betrag ausweisender Ankaufsrechnungen der Firma JPS E***** zur Verzollung eine in zu niedriger Festsetzung gelegene Verkürzung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben bewirkt, und zwar

(1) am hinsichtlich des PKW Rolls Royce Silver Ghost (Baujahr 1925; FGNr. S 161 ML) mit erklärtem Kaufpreis von 29.000 US-Dollar (zuzüglich 700 US-Dollar Frachtkosten) gemäß einer Rechnung vom bei einem tatsächlichen Kaufpreis von 97.092 US-Dollar eine solche in Höhe von 238.795 S, entsprechend 17.353,91 EUR;

(2) am hinsichtlich des PKW Rolls Royce Silver Shadow I (Cabrio Baujahr 1969; FGNr. CRX 2155) mit erklärtem Kaufpreis von 14.000 US-Dollar (zuzüglich 700 US-Dollar Frachtkosten) gemäß einer Rechnung vom bei einem tatsächlichen Kaufpreis von 30.000 US-Dollar (zuzüglich 1.500 US-Dollar an Frachtkosten) eine solche von 100.610 S entsprechend 7.311,61 EUR;

(3) am hinsichtlich des PKW MG TD (Baujahr 1951, FGNr. AGTDLHX5818) mit erklärtem Kaufpreis von 3.900 US-Dollar (zuzüglich 700 US-Dollar Frachtkosten) gemäß einer Rechnung vom bei einem tatsächlichen Kaufpreis von 8.000 US-Dollar eine solche von 22.358 S, entsprechend 1.624,82 EUR;

(4) am hinsichtlich des PKW Ferrari 330 GT (Baujahr 1964, FGNr. 6687) mit erklärtem Kaufpreis von 6.900 US-Dollar gemäß einer Rechnung vom bei einem tatsächlichen Kaufpreis von 24.149 US-Dollar eine solche von 105.405 S, entsprechend 7.660 EUR;

(5) am hinsichtlich des PKW Mercedes 300 SL (Baujahr 1955, FGNr. 1980405500134) mit erklärtem Kaufpreis von 7.850 US-Dollar gemäß einer Rechnung vom bei einem tatsächlichen Kaufpreis von 147.370 US-Dollar eine solche von 887.975 S, entsprechend 64.531,66 EUR;

(6) am hinsichtlich des PKW Mercedes 190 (Baujahr 1959, FGNr. 7502462) mit erklärtem Kaufpreis von 1.500 US-Dollar (zuzüglich 700 US-Dollar Frachtkosten) gemäß einer nicht mehr feststellbaren Rechnung bei einem tatsächlichen Kaufpreis von 13.343,13 US-Dollar eine solche von 3.275,-- S, entsprechend 5.324,03 EUR;

(7) am hinsichtlich des PKW Mercedes 190 (Baujahr 1962, FGNr. 12104210022032) mit erklärtem Kaufpreis von 6.500 US-Dollar (zuzüglich 1.100 US-Dollar Frachtkosten) gemäß einer Rechnung vom bei einem tatsächlichen Kaufpreis von 15.660 US-Dollar eine solche in der Höhe von 19.638,-- S, entsprechend 1.427,15 EUR.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a und 9 lit a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Der Verfahrensrüge zuwider (Z 4) wurde der Angeklagte durch die Ablehnung der beantragten Beweisaufnahmen durch das Erstgericht nicht in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt. Denn es fehlt den in der Hauptverhandlung gestellten Anträgen (S 169 ff) auf Vernehmung des Zeugen Erich W***** "zum Beweis für die Richtigkeit des Umstandes, dass bei den Obst- und Gemüseimporten niemals der Rechnungswert zugrunde gelegt wird, oder der in der Rechnung ausgewiesene Betrag, sondern nur der Wert in tatsächlicher Höhe" und auf Einholung des Gutachtens eines für die Wertschätzung von Oldtimern spezialisierten Sachverständigen "zum Beweis dafür, dass die Autos im Zeitpunkt der Verzollung wirklich nur jene(n) Wert repräsentiert haben, der den Verzollungsvorgängen zugrunde gelegt wurde" schon an einer entsprechenden Darstellung, inwiefern die angeführten Beweisthemen für die Verantwortlichkeit des Angeklagten, insbesondere auch für seine Einlassung, er habe zur Tatzeit nicht gewusst, dass die Eingangsabgaben sich an den tatsächlich bezahlten Kaufpreisen orientierten, sondern angenommen, dass es allein auf den in den inkriminierten Fällen der Autoimporte geringeren tatsächlichen Wert ankomme, von Bedeutung sein sollen (vgl dazu Ratz WK-StPO § 281 Rz 330 ff). Dies gilt umsomehr für den weiteren Beweisantrag auf Durchführung eines Ortsaugenscheines in S***** "zum Beweis dafür, dass dort seit sieben Jahren ein Ferrari eingestellt ist, der im Eigentum des Hr. S***** steht und an diesem Hr. M***** ein kaufmännisches Rückbehaltungsrecht ausübt, weswegen Hr. S*****, Hr. M*****, trotz allfälliger Versuche seinerseits, an der Lieferung der verfahrensgegenständlichen Fahrzeuge niemals hat betrügen können und worin auch der Grund zu sehen ist, dass Hr. M***** trotzdem weiterhin bei Hr. S***** Fahrzeuge bestellte" (S 169). Hinsichtlich des vorgenannten Beweisantrags auf Durchführung eines Lokalaugenscheines fehlt es darüberhinaus auch an zur Prüfung der Zulässigkeit des Antrages durch das Erstgericht gebotenen Hinweisen, in welcher Weise ein Sachverständiger in Bezug auf die inzwischen zum Teil verbesserten, an nicht genannten Orten befindlichen Fahrzeuge aus heutiger Sicht den Wert zum Tatzeitpunkt angeben könnte. Die in der Nichtigkeitsbeschwerde nachgeschobenen Ausführungen müssen für die Beurteilung der formellen Eignung der Beweisanträge außer Betracht bleiben (aaO Rz 325).

In seiner Mängelrüge (Z 5) macht der Beschwerdeführer keinen formellen Begründungsmangel des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen geltend. Der Beschwerde zuwider bedurfte es nämlich keiner Auseinandersetzung der Tatrichter mit in der Hauptverhandlung vorgekommenen Beweisergebnissen in der Richtung, dass die importierten Fahrzeuge wertmäßig nicht den tatsächlich bezahlten Kaufpreisen entsprachen, weil das dem Angeklagten vorgeworfene Verhalten in der unrichtigen, weil gegenüber den tatsächlich bezahlten Kaufsummen zu geringen Erklärung der Kaufpreise unter Vorlage unrichtiger Ankaufsrechnungen gelegen ist.

Entgegen der Beschwerde haben die Tatrichter den Vorsatz des Angeklagten zur Abgabenhinterziehung logisch und empirisch einwandfrei aus dem objektiven Tatgeschehen in Verbindung mit seinem Beruf und Bildungsstand abgeleitet und damit ohne Mängel begründet.

Indem der Beschwerdeführer versucht, seiner Verantwortung zum Durchbruch zu verhelfen, er habe angenommen, dass für die Abgabenberechnung der tatsächliche Warenwert entscheidend sei, bekämpft er bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung die Beweiswürdigung der Tatrichter.

Soweit er - ebenfalls noch im Rahmen der Mängelrüge - vorbringt, dass mangels Feststellung des Wertes der importierten Fahrzeuge nicht über die Höhe des Wertersatzes abgesprochen werden könne, macht er ebensowenig einen Nichtigkeitsgrund deutlich und bestimmt (§ 285a Z 2 StPO) geltend.

Nach Prüfung des Vorbringens zur Tatsachenrüge (Z 5a) anhand der Akten ergeben sich keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der vom Schöffengericht dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen. Dass es über jedes der verfahrensgegenständlichen Fahrzeuge zwei Rechnungen gab, und zwar eine über den angeblich vor jeweiliger Lieferung der Fahrzeuge bezahlten (höheren) Kaufpreis und eine zweite, die einen niedrigeren Wert auswarf, wird vom Beschwerdeführer, der eine - wenngleich wirkungslose - "Selbstanzeige" erstattet hatte, ohnehin eingeräumt, wobei er allerdings behauptet, dass der letztere "tatsächliche" - seiner angeblichen damaligen Meinung nach entscheidende - Wert für ihn erst nach Lieferung des Fahrzeuges erkennbar gewesen sei (S 161 ff).

Mit seinem Vorbringen zur Rechtsrüge (Z 9 lit a), wonach mangelhafte und nicht den Kaufverträgen entsprechende Fahrzeuge geliefert worden seien, orientiert sich der Beschwerdeführer prozessordnungswidrig nicht an den vom Schöffengericht getroffenen Feststellungen.

Indem er schließlich auf § 19 Abs 5 FinStrG verweist und behauptet, von der Auferlegung der Wertersatzstrafe wäre abzusehen gewesen, weil sie zur Bedeutung der Tat oder zu dem ihn treffenden Vorwurf außer Verhältnis stünde, macht er nur einen Berufungsgrund geltend (s § 19 Abs 6 FinStrG).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung ist im § 390a StPO begründet.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in der Strafsache gegen Peter M***** wegen des Finanzvergehens der Hinterziehung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben nach § 35 Abs 2 FinStrG über den Antrag des P***** auf nachträgliche Anonymisierung in Betreff der Veröffentlichung des Beschlusses des Obersten Gerichtshofs vom , GZ 14 Os 103/02-8, im RIS gemäß § 60 Abs 1 zweiter Satz OGH-Geo. 2005 den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Mit Beschluss vom , GZ 14 Os 103/02-8, wies der Oberste Gerichtshof die gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom , AZ 124 Hv 42/02h, gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, dem eine Verkürzung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben nach § 35 Abs 2 FinStrG zur Last lag, zurück. In den Gründen der Rechtsmittelentscheidung wurde der Ausspruch des Ersturteils gemäß § 260 Abs 1 Z 1 StPO wiedergegeben, wozu auch die Nennung der Fahrgestellnummern mehrerer PKW gehörte, deren Verzollung Gegenstand der Abgabenhinterziehung war. Im Rahmen der Veröffentlichung der Entscheidung im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) erfolgte keine Anonymisierung dieser Fahrgestellnummern.

Mit Schreiben vom begehrte der
– mit dem seinerzeitigen Angeklagten nicht idente – Antragsteller unter Berufung auf die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) die nachträgliche Anonymisierung sämtlicher Fahrgestellnummern. Er sei nunmehr Eigentümer eines der genannten PKW, den er zu verkaufen trachte. Dies sei bisher nicht möglich gewesen, weil Kaufinteressenten infolge der Veröffentlichung im RIS „naturgemäß sehr verunsichert“ wären.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 15 Abs 1 OGHG sind in die Entscheidungsdokumentation Justiz des RIS alle Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs im Volltext aufzunehmen, die sich nicht in einer begründungslosen Zurückweisung eines Rechtsmittels erschöpfen. Nach Abs 4 leg cit sind dabei Namen, Anschriften und erforderlichenfalls auch sonstige Orts- und Gebietsbezeichnungen, die Rückschlüsse auf die betreffende Rechtssache zulassen, durch Buchstaben, Ziffern oder Abkürzungen so zu anonymisieren, dass die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung nicht verloren geht. Solche Anordnungen hat grundsätzlich der erkennende Senat bei der Beschlussfassung zu treffen (Abs 5).

Gemäß Art 17 Abs 1 lit a der – seit in jedem Mitgliedstaat der EU unmittelbar geltenden – DSGVO hat jede betroffene Person das Recht, zu verlangen, dass sie betreffende personenbezogene Daten unverzüglich gelöscht werden, sofern sie für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig sind.

Gemäß Art 4 Z 1 DSGVO sind „personenbezogene Daten“ alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen; als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind, identifiziert werden kann.

Die in der Entscheidung veröffentlichte Fahrgestellnummer des nach dem Antragsvorbringen nunmehr im Eigentum des Antragstellers stehenden PKW stellt weder ein einer Anonymisierung zugängliches Datum iSd § 15 Abs 4 OGHG noch ein den Antragsteller betreffendes personenbezogenes Datum iSd Art 4 Z 1 DSGVO dar; dies gilt auch für die weiteren Fahrgestellnummern, zu denen ein Bezug des Antragstellers nicht einmal behauptet wurde.

Der Antrag war daher – vom für die Entscheidung über eine nachträgliche Anonymisierung zuständigen (vgl RIS-Justiz RS0132058, RS0125183 [T1, T2]) Senat – abzuweisen.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Strafrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2002:0140OS00103.020.1203.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
EAAAD-90012