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OGH vom 23.10.2018, 10Ob77/18y

OGH vom 23.10.2018, 10Ob77/18y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden und die Hofräte und Hofrätinnen Dr. Fichtenau, Dr. Grohmann, Mag. Ziegelbauer und Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. T*****, und 2. B*****, beide *****, beide vertreten durch Janovsky Stecher Rechtsanwälte in Schwaz, gegen die beklagten Parteien 1. H***** KG, *****, und 2. M*****, beide vertreten durch Krall und Kühnl Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 31.452 EUR sA und Feststellung (3.500 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Teil- und Zwischenurteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 73/18d-127, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Der mit dem Zwischenurteil verknüpfte Aufhebungsbeschluss gilt als nicht beigesetzt.

2. Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die erstbeklagte Kommanditgesellschaft, deren unbeschränkt haftender Gesellschafter der Zweitbeklagte ist, verpflichtete sich in einem 2008 abgeschlossenen Werkvertrag zur Planung, Lieferung und Montage der Fenster für das neuerrichtete Haus der Kläger. Die Einbauarbeiten wurden in der zweiten Jahreshälfte 2008 von Mitarbeitern der Erstbeklagten verrichtet. Im Dezember 2010 bemerkten die Kläger erste Wassereintritte im Bereich der Fenster.

Der Einbau der vertikalen Fensterelemente unter den Dachflächenfenstern ist nicht sach- und fachgerecht erfolgt und entspricht weder den Einbauempfehlungen des Fensterherstellers noch den für den Einbau gültigen Ö Normen. Aus den dazu umfangreich getroffenen Feststellungen der Vorinstanzen ist hervorzuheben, dass kein Baufugenanschluss im Außenbereich gegeben ist, es wurde keine Bauanschlussfolie verwendet, es fehlt die vollständige Fugenfüllung mit Dämmstoff zwischen Säule und dem vertikalen Fensterelement etc. Infolge dieser Einbaufehler rinnt bei geschlossenem Fensterflügel Niederschlagswasser in die Fuge und gelangt in das darunter liegende Geschoß. Bei den Dachflächenfenstern ist der gesamte Fensterrahmen und ein Teilbereich unterhalb des Fensterrahmens nicht gedämmt, was bei einem fachgerechten Einbau gewährleistet sein müsste. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass durch die anhaltenden Wassereintritte Folgeschäden am Haus (einem Holzbau) entstanden sind. Der Bauleiter und auch der Zweitbeklagte besichtigten die schadhaften Fenster, nahmen aber keine Mängelbehebung vor.

Das Erstgericht gab dem gegen die beiden Beklagten – im Oktober 2013 erhobenen – auf Leistung von 31.452 EUR sA gerichteten Klagebegehren im Umfang von 16.746 EUR sA zur ungeteilten Hand statt und wies das Mehrbegehren von 14.706 EUR sA ab. Weiters gab das Erstgericht dem Begehren auf Feststellung der Haftung der Beklagten zur ungeteilten Hand für sämtliche Schäden und Nachteile, die aus der mangelhaften Herstellung des Werks (Dach- und Vertikalfenster) herrührten, statt.

Das Berufungsgericht verwarf die Berufung der Beklagten wegen Nichtigkeit; im Übrigen gab es der Berufung der Kläger gänzlich und der Berufung der Beklagten teilweise dahin Folge, dass die Entscheidung des Erstgerichts als Zwischenurteil (hinsichtlich des Grundes des Leistungsbegehrens) und als Teilurteil (hinsichtlich des Feststellungsbegehrens) bestätigt und im Übrigen (hinsichtlich der Höhe des Leistungsbegehrens) ein Aufhebungsbeschluss gefasst wurde. Die Revision gegen das Teil-Zwischenurteil wurde nicht zugelassen. Rechtlich ging das Berufungsgericht – soweit für das Revisionsverfahren noch wesentlich – zusammengefasst davon aus, den Klägern sei der Beweis der Verursachung und des Verschuldens der von ihnen aus dem Titel des Schadenersatzes (§ 933a ABGB) geltend gemachten Mängel und etwaiger Mangelfolgeschäden gelungen. Da die Beklagten mit der Verbesserung in Verzug geraten seien, stehe den Klägern das Deckungskapital für die Sanierung der Mängel als Vorschuss zu. Da das Ersturteil aber keine ausreichenden Feststellungen zur Höhe des sach- und fachgerechten Sanierungsaufwands enthalte, sei mit einem Zwischenurteil zum Grund des Anspruchs vorzugehen. Das Erstgericht werde im fortgesetzten Verfahren noch ergänzende Feststellungen zu treffen und dann mit Endurteil über den Sanierungsaufwand der Höhe nach abzusprechen haben. Da den Klägern ein Feststellungsinteresse an der Feststellung der Haftung für derzeit nicht bezifferbare Schäden aus der mangelhaften Planung und Montage der Fenster zuzubilligen sei, sei das Feststellungsurteil als Teilurteil zu bestätigen. Dem Begehren sei eine deutlichere Fassung zu geben („... Schäden die aus der mangelhaften Herstellung des beauftragten Werks [Planung und Einbau der Dachflächenfenster auf der Ostseite und der Dachflächen-Vertikalfenster-Kombination auf der Westseite des Satteldachs des Wohnhauses auf der Liegenschaft in EZ ...] herrühren“).

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revision der Beklagten ist mangels einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

1.1 Zutreffend zeigen die Beklagten in ihrem Rechtsmittel vorerst auf, dass der vom Berufungsgericht erlassene Aufhebungsbeschluss verfehlt ist:

Hat das Berufungsgericht in Abänderung des angefochtenen Leistungsurteils in ein Zwischenurteil (§ 393 Abs 1 ZPO) ausgesprochen, dass die Klageforderung lediglich dem Grunde nach zu Recht besteht, hat eine Aufhebung des Ersturteils und die Zurückverweisung der Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zu unterbleiben, weil bereits durch die Fällung des Zwischenurteils klargestellt ist, dass das Klagebegehren der Höhe nach noch nicht spruchreif ist (RIS-Justiz RS0119825; RS0040876). Dies war in Punkt 1 des Spruchs mittels deklarativem Beschluss festzustellen.

1.2 Da mit einem Zwischenurteil kein Aufhebungsbeschluss verknüpft ist und damit an das Erstgericht auch keine Rechtsansicht überbunden werden kann (RIS-Justiz RS0118745, RS0119825), sind die im Zwischenurteil enthaltenen Ausführungen zur Anspruchshöhe für das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren nicht bindend (10 Ob 2/18v mwN). Auf die darauf Bezug nehmenden Revisionsausführungen zur Höhe der Sanierungskosten war daher nicht einzugehen.

Zu 2):

2.1.1 Die Verneinung einer Nichtigkeit des Verfahrens erster Instanz durch das Berufungsgericht ist vor dem Obersten Gerichtshof unanfechtbar (RISJustiz RS0042981). Die in der außerordentlichen Revision behauptete Nichtigkeit des erstgerichtlichen Verfahrens, die darin liegen soll, dass das Erstgericht nach Vorliegen der Entscheidung des Berufungsgerichts weitere Verfahrensschritte gesetzt habe, ohne die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs über die außerordentliche Revision abzuwarten, ist nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens.

2.1.2 Ob die geltend gemachte Nichtigkeit des Berufungsurteils nach § 477 Abs 1 Z 9 und Z 4 ZPO vorliegt, wurde vom Obersten Gerichtshof geprüft. Eine Nichtigkeit– auch des Feststellungsurteils – ist aber zu verneinen. Einer weiteren Begründung dieser Beurteilung bedarf es nach § 510 Abs 3 ZPO nicht.

2.2 Das Berufungsgericht hat das Vorliegen von erstinstanzlichen Verfahrensmängeln infolge Abweisung des Antrags auf ergänzende Einvernahme des Geschäftsführers der Erstbeklagten verneint. Dem Obersten Gerichtshof ist daher ein Eingehen auf die von den Revisionswerbern weiterhin geltend gemachte angebliche Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens verwehrt (RISJustiz RS0042963).

2.3 Auch die von der Beklagten in der außerordentlichen Revision gerügte Aktenwidrigkeit und angeblichen Mangelhaftigkeiten des Berufungsverfahrens (infolge angeblich nicht ausreichender Befassung mit der Beweisrüge, Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes etc) wurden vom Obersten Gerichtshof

geprüft, liegen aber nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

3. Da der Oberste Gerichtshof nur Rechtsinstanz und nicht auch

Tatsacheninstanz ist, kann im Verfahren dritter Instanz die Beweiswürdigung der Vorinstanzen nicht erfolgreich bekämpft werden. Auch die Frage, ob einem Sachverständigengutachten gefolgt werden kann oder weitere Beweisaufnahmen notwendig gewesen wären, ist eine solche der nicht revisiblen Beweiswürdigung (RIS-Justiz RS0043414). Ein Sachverständigengutachten ist in dritter Instanz nur bei einem Verstoß gegen Denkgesetze oder Gesetze des sprachlichen Ausdrucks bekämpfbar (RIS-Justiz RS0043404). Derartige Verstöße werden von den Revisionswerbern nicht geltend gemacht.

4. Ausgehend von den – für den Obersten Gerichtshof bindenden – Feststellungen ist eine Korrekturbedürftigkeit der Rechtsansicht des Berufungsgerichts nicht zu erkennen:

4.1 Ob eine Klage hinreichend bestimmt und damit schlüssig ist, stellt grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (RISJustiz RS0116144; RS0037780). Die Ansicht, das Vorbringen zu den Sanierungskosten sei ausreichend bestimmt, stellt jedenfalls keine grobe Fehlbeurteilung dar, die ein Einschreiten des Obersten Gerichtshofs erforderlich machen würde.

4.2 Ist der Schaden erstmals im Winter 2010 bekannt geworden und wurde die vorliegende Leistungs- und Feststellungsklage im Oktober 2013 erhoben, entspricht die Ansicht, die geltend gemachten Schadenersatzansprüche seien nicht verjährt, der Rechtslage.

4.3 Ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung eines Rechts liegt dann vor, wenn infolge Verhaltens des Beklagten eine erhebliche objektive Ungewissheit über den Bestand des Rechts entstanden ist und diese Ungewissheit durch die Rechtskraftwirkung des Feststellungsurteils beseitigt werden kann (RIS-Justiz RS0039202; RS0038964). Im Hinblick auf die im vorliegenden Fall getroffenen Feststellungen stellt die Bejahung des rechtlichen Interesses jedenfalls keine Fehlbeurteilung dar (RIS-Justiz RS0039224).

Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0100OB00077.18Y.1023.000

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