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VfGH vom 13.12.2001, B2075/99

VfGH vom 13.12.2001, B2075/99

Sammlungsnummer

16403

Leitsatz

Abweisung der Beschwerde im Anlassfall nach Aufhebung der Ortstafelregelung im Volksgruppengesetz; keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Bestrafung wegen Geschwindigkeitsüberschreitung im Ortsgebiet; kein subjektives Recht auf Anbringung von Hinweiszeichen in deutscher und slowenischer Sprache; keine Aufhebung der Verordnungsbestimmung über Hinweiszeichen im Verlauf der St. Kanzianer Straße hinsichtlich der Festlegung des Ortsgebietes als solches

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch in Rechten durch Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, dem Beschwerdeführer die mit ATS 29.500,-- (2.143,85 Euro) bestimmten Kosten des Verfahrens binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Über den in der Gemeinde Eberndorf (Bezirk Völkermarkt) wohnhaften Beschwerdeführer wurde mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet von St. Kanzian eine Geldstrafe von ATS 500,-- verhängt. Diese Strafverfügung wurde im Wege der Hinterlegung am zugestellt.

Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer die Zustellung der Strafverfügung in slowenischer Sprache, weil er sich im Verfahren seiner Muttersprache bedienen wolle. Daraufhin stellte ihm die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt im Wege der Hinterlegung am eine Ausfertigung der Strafverfügung in slowenischer Sprache zu.

1.2. Mit Schriftsatz vom (bei der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt eingelangt am ) erhob der Beschwerdeführer in slowenischer Sprache Einspruch gegen diese Strafverfügung, wobei er die ihm zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung zugab, deren Strafbarkeit jedoch unter Hinweis darauf verneinte, dass die zu Grunde liegenden Verordnungen, mit denen der Bereich des Dorfes St. Kanzian als Ortsgebiet bestimmt sei, nicht gehörig kundgemacht worden seien; auf den Hinweiszeichen (Ortstafeln) sei die Ortsbezeichnung nur in Deutsch und nicht - wie Art 7 Z 3 des Staatsvertrages von Wien 1955 gebiete - auch in Slowenisch angebracht.

Die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt erließ am ein im Spruch mit der Strafverfügung identisches Straferkenntnis, das dem Beschwerdeführer am in deutscher und in slowenischer Sprache zugestellt wurde.

1.3. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat für Kärnten, in der er iW die Ausführungen aus dem Einspruch wiederholte und beantragte, das Straferkenntnis aufzuheben.

Mit Bescheid vom gab der UVS für Kärnten der Berufung statt und hob das angefochtene Straferkenntnis "infolge Unvereinbarkeit mit der in Rechtskraft erwachsenen Strafverfügung vom " auf.

1.4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer eine zu B2611/96 protokollierte, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

In Stattgebung dieser Beschwerde hob der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom den Bescheid des UVS für Kärnten vom wegen Verletzung des Beschwerdeführers im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz auf.

2.1. Daraufhin wies der UVS für Kärnten mit (Ersatz)Bescheid vom die Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt erneut ab.

2.2. Gegen diesen (Ersatz-)Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde. Darin wird die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides begehrt.

3. Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof von Amts wegen gemäß Art 140 Abs 1 B-VG ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "wegen der verhältnismäßig beträchtlichen Zahl (ein Viertel) der dort wohnhaften Volksgruppenangehörigen" in § 2 Abs 1 Z 2 des Volksgruppengesetzes, BGBl. 1976/396, sowie gemäß Art 139 Abs 1 B-VG zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit a) der Wortfolge "In der Gemeinde Bleiburg in den Gebieten der ehemaligen Gemeinden Feistritz ob Bleiburg und Moos, in der Gemeinde Eisenkappel-Vellach im Gebiet der ehemaligen Gemeinde Vellach, in der Gemeinde Globasnitz und in der Gemeinde Neuhaus im Gebiet der ehemaligen Gemeinde Schwabegg." in § 1 Z 2 der Verordnung der Bundesregierung vom über die Bestimmung von Gebietsteilen, in denen topographische Bezeichnungen in deutscher und slowenischer Sprache anzubringen sind, BGBl. 306, und b) des § 1 Abschnitt B) Punkt 1 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom , Zl. 4642/1/81, betreffend Straßenverkehrszeichen im Verlauf der St. Kanzianer Straße L 116, idF der Verordnung vom , Zl. 2856/1/92, ein und hob mit Erkenntnis vom , G213/01, V62, 63/01, die in Prüfung gezogenen Bestimmungen als gesetz- bzw. verfassungswidrig auf - hinsichtlich der zuletzt genannten Verordnungsbestimmung jedoch nur die (allein deutschsprachigen) Ortsbezeichnungen "St. Kanzian" und "St. Kanzian, Klopein", im Übrigen wurde diese in Prüfung gezogene Verordnungsbestimmung nicht als gesetzwidrig aufgehoben.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

1. Der Beschwerdeführer behauptet - auf das Wesentliche zusammengefasst - die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf zweisprachige topographische Bezeichnungen iSd. Art 7 Z 3 des Staatsvertrages von Wien wegen Anwendung von gesetzwidrigen Verordnungen sowie eines verfassungswidrigen Gesetzes, nämlich der oben erwähnten Bestimmungen des Volksgruppengesetzes, der Verordnung der Bundesregierung BGBl. 1977/306 und der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt betreffend Straßenverkehrszeichen im Verlauf der St. Kanzianer Straße L 116.

2.1. Dem ist zum einen entgegenzuhalten, dass es ein subjektives Recht auf Anbringung eines Hinweiszeichens iSd. § 53 Z 17a und 17b StVO in deutscher und slowenischer Sprache nicht gibt (VfSlg. 10.209/1984).

Zum anderen ist aber auch auf Folgendes hinzuweisen:

Die belangte Behörde hat sich bei der Erlassung des bekämpften Bescheides ua. auf § 1 Abschnitt B) Punkt 1 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom , Zl. 4642/1/81, betreffend Straßenverkehrszeichen im Verlauf der St. Kanzianer Straße L 116, idF der Verordnung vom Zl. 2856/1/92, gestützt. Diese Bestimmung lautete wie folgt:

" § 1

Im Verlauf der St. Kanzianer Straße L 116 ab der Grafensteiner Straße (L 107) ab Bezirksgrenze der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt über Dullach und St. Kanzian am Klopeiner See zur Seeberg Straße (B 82) in Kühnsdorf werden nachstehende dauernde Verkehrsbeschränkungen und Verkehrsverbote verfügt:

...

B) HINWEISZEICHEN:

Bei km 9,795 'Ortstafel' und 'Ortsende' mit der Ortsbezeichnung 'St. Kanzian' und bei km 10,950 'Ortstafel' und 'Ortsende' mit der Ortsbezeichnung 'St. Kanzian, Klopein' gemäß § 53, Z 17a und 17b leg. cit.

..."

Wie oben erwähnt hat der Verfassungsgerichtshof aus Anlass der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde ua. ein Verfahren zur Prüfung dieser Verordnungsbestimmung eingeleitet. Dies musste - in Wahrnehmung der dem Verfassungsgerichtshof obliegenden Rechtsbereinigungsfunktion, der zu Folge er bei Vorliegen entsprechender Bedenken jede in einer bei ihm anhängigen Rechtssache anzuwendende Verordnung auf ihre Gesetzmäßigkeit hin zu prüfen hat - unabhängig davon geschehen, ob die allfällige Rechtswidrigkeit dieser Bestimmung im verfassungsgerichtlichen Bescheidprüfungsverfahren überhaupt zum Tragen kommt (vgl. das Erkenntnis vom , G213/01, V62, 63/01, Pkt. III.1.3.2.1.).

Nun hat der Verfassungsgerichtshof mit dem mehrfach erwähnten Erkenntnis vom , G213/01, V62, 63/01, bloß die in dieser Bestimmung angeordneten (allein deutschsprachigen) Ortsbezeichnungen "St. Kanzian" und "St. Kanzian, Klopein" als gesetzwidrig aufgehoben, nicht aber auch den sonstigen Regelungsgehalt der in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmung, der zu Folge - somit auch mit Wirkung für den Anlassfall - das Ortsgebiet iSd. § 2 Abs 1 Z 15 iVm. § 20 StVO als solches festgelegt ist. Im Hinblick darauf ändert sich aber auch an der Strafbarkeit des dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Verhaltens nichts.

2.3. Dass der Beschwerdeführer in (anderen) verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden wäre, ist weder von ihm behauptet worden noch sonst hervorgekommen.

3. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

4. Im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 6505/1971, 13.545/1993) waren angesichts des Ergebnisses des Normenprüfungsverfahrens, das im Wesentlichen Rechtsvorschriften des Bundes betraf, Kosten in der Höhe von ATS 29.500,-- (2.143,85 Euro) zuzusprechen. In diesen zuerkannten Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von ATS 4.500,-- (327,03 Euro) sowie eine Eingabegebühr gemäß § 17a VfGG in der Höhe von ATS 2.500,-- (181,68 Euro) enthalten.

Fundstelle(n):
AAAAD-89884