OGH vom 24.10.2006, 10ObS162/06f

OGH vom 24.10.2006, 10ObS162/06f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Harald Kaszanits (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Eva-Maria Florianschütz (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Brigitte L*****, Pensionistin, *****, vertreten durch Mag. Edeltraud Fichtenbauer, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Witwenpension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 9 Rs 72/06h-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Wr. Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 2 Cgs 70/05x-13, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision und der darin enthaltene Antrag der klagenden Partei auf Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof werden zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Mit Bescheid vom hat die beklagte Pensionsversicherungsanstalt den Anspruch der Klägerin auf Witwenpension nach dem am verstorbenen Josef L***** ab anerkannt und das Ausmaß der Pension mit monatlich EUR 160,21 zzgl einer Höherversicherung von EUR 0,35 monatlich festgesetzt.

Das Erstgericht wies das auf Zahlung einer Witwenpension in Höhe von EUR 1.051,56 monatlich gerichtete Klagebegehren ab, weil die Höhe der der Klägerin gebührenden Witwenpension im angefochtenen Bescheid aufgrund der geltenden Gesetzeslage richtig berechnet worden sei. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge und bestätigte das Ersturteil mit der Maßgabe, dass es der Klägerin die bereits bescheidmäßig zuerkannte Leistung neuerlich zusprach. In der Begründung teilte es die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin gegen die Neuregelung der Witwenpension durch das 2. SVÄG 2004 nicht. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision gegen seine Entscheidung zulässig sei, weil die Frage der Verfassungskonformität des § 264 Abs 4 ASVG idF des 2. SVÄG 2004 eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO darstelle.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung im Wesentlichen mit dem Antrag auf Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof sowie auf Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens. Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt. Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichtes (§ 508a Abs 1 ZPO) im Hinblick auf die mittlerweile zu der vom Berufungsgericht als rechtserheblich bezeichneten Rechtsfrage vorliegende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin macht in ihrem Rechtsmittel wiederum ausschließlich verfassungsrechtliche Bedenken gegen die in § 264 Abs 3 und 4 ASVG (idF des 2. SVÄG 2004) normierte Zweijahresfrist für die Ermittlung der Berechnungsgrundlage eines Anspruches auf Witwen(Witwer-)Pension geltend. Sie beantragt in diesem Zusammenhang die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof. Diesen Ausführungen ist zunächst entgegenzuhalten, dass den Parteien nach ständiger Rechtsprechung ein Recht, vom Gericht die Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof auf Aufhebung eines Gesetzes wegen Verfassungswidrigkeit zu verlangen, nicht zusteht (RIS-Justiz RS0054189 und RS0058452). Der diesbezügliche, an das Revisionsgericht gerichtete Antrag ist daher zurückzuweisen (RIS-Justiz RS0053805 [T13]).

Wie der Oberste Gerichtshof in seinen mittlerweile ergangenen Entscheidungen 10 ObS 132/05t, 10 ObS 41/06m, 10 ObS 62/06z und 10 ObS 94/06f jeweils vom näher ausgeführt hat, bestehen nach Auffassung des erkennenden Senates gegen die in § 264 Abs 3 und 4 ASVG (idF des 2. SVÄG 2004) normierte Zweijahresfrist keine verfassungsrechtlicher Bedenken. Auch wenn ein zweijähriger Beobachtungszeitraum zu Härtefällen bei der Berechnung der Höhe der Witwen(Witwer-)Pension führen könne, erscheine die Wahl eines zweijährigen Zeitraumes, in der die Einkommen des verstorbenen und des überlebenden Ehegatten gegenübergestellt werden, bei der gebotenen Durchschnittsbetrachtung auch unter Bedachtnahme auf den mit der Witwen(Witwer-)Pension angestrebten Zweck nicht als unsachlich. Aufgrund des demokratischen Prinzips sei es dem Gesetzgeber nicht verwehrt, seine jeweiligen rechtspolitischen Vorstellungen im Rahmen vertretbarer Zielsetzung auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verwirklichen. Nicht einmal der Umstand, dass durch eine gesetzliche Regelung - so wie hier - Härtefälle entstehen können, mache ein Gesetz per se gleichheitswidrig (RIS-Justiz RS0053509 [T6] und [T7]). Der erkennende Senat teilt auch im vorliegenden Fall nicht die von der Klägerin wegen eines angeblich zu kurzen Bemessungszeitraumes vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken und sieht sich daher zu der von der Klägerin begehrten Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof nicht veranlasst. Wie ebenfalls bereits in den erwähnten Entscheidungen des erkennenden Senates vom und auch vom Berufungsgericht näher ausgeführt wurde, erfolgte mittlerweile durch das Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2006 (SVÄG 2006, BGBl I 2006/130) eine teilweise Neuregelung der Berechnung der Witwen(Witwer-)Pension. Nach der Übergangsbestimmung des § 627 Abs 2 ASVG sind auf Antrag der Witwe (des Witwers), der bis längstens zum zu stellen ist, die Abs 3 bis 5 des § 264 ASVG idF des SVÄG 2006, BGBl I 2006/130, auch auf Versicherungsfälle des Todes anzuwenden, die nach dem und vor dem eingetreten sind. Da ein entsprechender Antrag der Klägerin nicht vorliegt, kann die geänderte Rechtslage auf die Klägerin noch nicht angewendet werden. Es ist daher im gegenständlichen Verfahren nicht zu prüfen, ob diese Neuregelung zu einem für die Klägerin günstigeren Ergebnissen führen kann. Ungeachtet dieser Entscheidung bleibt der Klägerin aber die Möglichkeit einer Antragstellung gemäß § 627 Abs 2 Satz 2 ASVG idF SVÄG 2006 offen, weil dieser Vorgangsweise die Rechtskraft einer bereits ergangenen Entscheidung nicht entgegensteht. Die Revision der Klägerin war daher im Hinblick auf die mittlerweile bereits vorliegende einschlägige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.