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OGH vom 25.11.2014, 8Ob118/14g

OGH vom 25.11.2014, 8Ob118/14g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Insolvenzsache des Schuldners S***** S*****, vertreten durch Ing. Mag. Klaus Helm, Rechtsanwalt in Linz, wegen Beendigung des Abschöpfungsverfahrens und Restschuldbefreiung, über den Revisionsrekurs des Schuldners gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom , GZ 53 R 153/14b-178, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom , GZ 8 S 44/05a 167, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Mit Beschluss vom eröffnete das Erstgericht das Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen des Rechtsmittelwerbers. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass der Schuldner Forderungen gegenüber Dritten in seinem Vermögensverzeichnis verschwiegen hatte, entzog ihm das Erstgericht die Eigenverwaltung und bestellte mit Beschluss vom einen Masseverwalter. Mit Beschluss vom wurde über Antrag des Schuldners das Abschöpfungsverfahren eingeleitet, das nach Ablauf der Abtretungsfrist eine an die Insolvenzgläubiger ausgezahlte Quote von 8,216 % erbrachte.

Am stellte der Schuldner den Antrag auf Beendigung des Abschöpfungsverfahrens und Erteilung der Restschuldbefreiung (nur) gemäß § 213 Abs 2 IO mit der Begründung, die erzielte Quote unterschreite die gesetzliche Mindestquote lediglich geringfügig. Er habe sich während des Abschöpfungsverfahrens stets wohlverhalten, sei aber vor allem an der hohen Forderungssumme gescheitert.

Eine Reihe von Gläubigern sprach sich gegen eine Restschuldbefreiung nach Billigkeit aus. Die Gläubigerin A***** AG verband ihre ablehnende Äußerung zudem mit einem Antrag auf vorzeitige Beendigung des Abschöpfungsverfahrens unter Versagen der Restschuldbefreiung gemäß § 211 IO, da der Schuldner in den letzten Jahren keiner angemessenen Erwerbstätigkeit mehr nachgegangen sei.

Das Erstgericht wies den Antrag des Schuldners ab, erklärte das Abschöpfungsverfahren für beendet und sprach aus, dass die Restschuldbefreiung nicht erteilt werde. Der Schuldner habe die gesetzliche Mindestquote mehr als nur geringfügig verfehlt, außerdem seien auch keine tauglichen Billigkeitsgründe vorgebracht worden. Weder die Erfüllung der jeden Abschöpfungsschuldner treffenden Wohlverhaltensobliegenheiten, noch die Höhe der Gesamtforderung seien maßgebliche Kriterien für eine Billigkeitsentscheidung.

Das Rekursgericht gab dem Rechtsmittel des Schuldners Folge und hob den angefochtenen Beschluss zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Vor Erledigung des Schuldnerantrags habe das Erstgericht noch über den Einstellungsantrag der Gläubigerin nach § 211 IO zu entscheiden, weil im Falle der Stattgebung eine Restschuldbefreiung jedenfalls ausgeschlossen wäre. Andernfalls sei bei der neuerlichen Entscheidung über den Schuldnerantrag noch zu beachten, dass eine Restschuldbefreiung nach Billigkeit nach § 213 Abs 2 IO auch dann möglich sei, wenn die Mindestquote nur wegen der Verfahrenskosten verfehlt wurde. Auch in diesem Fall müssten aber zunächst die von der Gläubigerin behaupteten bzw sonst im Verfahren zutage getretenen Obliegenheitsverletzungen des Schuldners geprüft und das Ergebnis in die Billigkeitsentscheidung einbezogen werden.

Das Rekursgericht erklärte den Revisionsrekurs für zulässig, weil noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob bei Erreichen der Mindestquote von 10 % unter Anrechnung der Verfahrenskosten stets nach Billigkeit eine Restschuldbefreiung zu erteilen sei, sowie zum verfahrensrechtlichen Zusammenspiel eines Gläubigerantrags auf vorzeitige Einstellung des Verfahrens nach § 211 IO mit einem Schuldnerantrag nach § 213 Abs 2 IO bestehe.

Der Revisionsrekurs des Schuldners, mit dem er in erster Linie eine Entscheidung in der Sache durch Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses im antragsstattgebenden Sinn anstrebt, ist aus den im angefochtenen Beschluss des Rekursgerichts genannten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Nach § 211 Abs 1 Z 2 IO hat das Gericht auf Antrag eines Insolvenzgläubigers das Abschöpfungsverfahren vorzeitig einzustellen, wenn der Schuldner eine seiner Obliegenheiten verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt, es sei denn, dass ihn kein Verschulden trifft. Vor der Entscheidung über einen Einstellungsantrag sind der Treuhänder und der Schuldner zu vernehmen. Der Antrag kann nur binnen eines Jahres nach dem Zeitpunkt gestellt werden, in dem der Einstellungsgrund dem Insolvenzgläubiger bekannt geworden ist.

Bis zu welchem Verfahrensstand ein Antrag nach § 211 Abs 1 IO gestellt werden kann, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Aus dem angestrebten Rechtsschutzziel einer vorzeitigen Verfahrensbeendigung ergibt sich, dass er jedenfalls dann nicht mehr zulässig ist, wenn das Insolvenzgericht das Abschöpfungsverfahren bereits nach § 213 Abs 1 bis 3 IO rechtskräftig für beendet erklärt hat. Dem Gläubiger ist es aber grundsätzlich nicht verwehrt, einen Einstellungsantrag auch noch nach Ende der Laufzeit der Abtretungserklärung zu stellen und ihn mit einer Stellungnahme zum Schuldnerantrag auf Restschuldbefreiung nach Billigkeit gemäß § 213 Abs 2 Z 2 IO zu verbinden.

Liegt ein Antrag eines Insolvenzgläubigers auf vorzeitige Einstellung vor, ist gemäß § 213 Abs 1 Z 2 IO bis zur Rechtskraft des darüber ergehenden Beschlusses die Entscheidung über die Restschuldbefreiung ausgesetzt.

Dem Rekursgericht ist zuzustimmen, dass diese Reihenfolge der Erledigung nicht nur für die Verfahrensbeendigung nach § 213 Abs 1 IO (mit Erfüllung der Mindestquote) gelten kann, sondern auch einzuhalten ist, wenn mit dem Einstellungsantrag konkurrierende Schuldneranträge auf Restschuldbefreiung nach Billigkeit iSd § 213 Abs 2 oder 3 IO zu beurteilen sind, weil eine darauf gegründete Beendigung des Verfahrens erst dann überhaupt in Frage kommt, wenn das Verfahren nicht vorzeitig einzustellen ist.

Bereits der in Nichterledigung des Einstellungsantrags gelegene Verfahrensmangel gebot die Aufhebung des erstgerichtlichen Beschlusses. Für die Entscheidung über den Revisionsrekurs kommt es daher auf die übrigen vom Schuldner bekämpften Erwägungen des Rekursgerichts nicht mehr an.

Zur Klarstellung der Rechtslage ist aber festzuhalten, dass die Regelung des § 213 Abs 2 IO, wonach ein Unterschreiten der Quote wegen der Verfahrenskosten den Ausspruch der Restschuldbefreiung rechtfertigen kann , schon nach dem Wortsinn nicht dahin auszulegen ist, dass die Restschuldbefreiung dann jedenfalls und ohne Berücksichtigung allfälliger anderer, ihrer Gewährung entgegenstehender Gründe zu erteilen wäre. Eine derartige Auslegung würde die Regelung der Mindestquote unterlaufen, die dann in jedem Fall um die Verfahrenskosten zu kürzen wäre. Eine Restschuldbefreiung ist nach § 213 Abs 1 Z 2 IO aber nur zu erteilen, wenn die Insolvenzgläubiger eine Quote von 10 % der Forderungen erhalten haben.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2014:0080OB00118.14G.1125.000