OGH vom 25.11.2016, 10Ob75/16a

OGH vom 25.11.2016, 10Ob75/16a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Univ. Prof. Dr. Neumayr

als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Schramm, die Hofrätin Dr. Fichtenau sowie die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*****, vertreten durch Dr. Stefan Gloß und andere Rechtsanwälte in St. Pölten, gegen die beklagte Partei S*****, vertreten durch Dr. Wolf Heistinger, Rechtsanwalt in Mödling, wegen Löschung eines Pfandrechts, in eventu Vorrangeinräumung (10.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom , GZ 58 R 58/16a 23, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichts Mödling vom , GZ 8 C 764/15h 17, nicht Folge gegeben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 833,88 EUR (darin enthalten 138,98 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist die Mutter der Beklagten. 2012 hatte die Klägerin und ihr mittlerweile verstorbener Ehemann der Beklagten eine unbelastete Liegenschaft samt Wohnhaus verkauft und sich im Kaufvertrag das Recht des unentgeltlichen lebenslangen Wohnungsgebrauchsrechts vorbehalten. Ein Pfandrecht war nie Thema der Verkaufsgespräche.

Das Erstgericht beurteilte die Einverleibung des Pfandrechts für den Höchstbetrag von 187.500 EUR für ein Bankunternehmen im gleichen Rang wie die Einverleibung des Wohnungsgebrauchsrechts als vertragswidrig und gab dem – allein noch Gegenstand des Revisionsverfahrens bildenden – Eventualklagebegehren statt, die Beklagte sei schuldig, binnen 14 Tagen dem Wohnungsgebrauchsrecht der Klägerin gemäß Punkt IV des Kaufvertrags, haftend in COZ 2a der EZ 525, KG ***** M***** gegenüber dem Pfandrecht für den Höchstbetrag von 187.500 EUR für die O***** AG, haftend in COZ 1a der EZ 525, KG ***** M***** den Vorrang einzuräumen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Der Einwand, die Klage sei unschlüssig und der Urteilsspruch zur Vollstreckung nicht geeignet, sei unberechtigt. Das Berufungsgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 5.000 EUR, aber nicht 30.000 EUR übersteigend und ließ die Revision zu.

Rechtliche Beurteilung

Weder im Zulassungsausspruch noch in der Revision der Beklagten wird aber eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt.

1. Die Schlüssigkeit einer Klage kann nur an Hand der konkreten Behauptungen im Einzelfall geprüft werden. Wenn die Vorinstanzen davon ausgingen, der mit dem Eventualklagebegehren geltend gemachte Anspruch auf Erwirkung der grundbücherlichen Vorrangeinräumung könne aus dem behaupteten Sachverhalt (aus den laut Kaufvertrag festgestellten Vereinbarungen) abgeleitet werden, stellt dies jedenfalls keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung dar (vgl RIS-Justiz RS0037780; RS0037516).

2.1 Wenn die Beklagte als Verpflichtete nach dem Inhalt des Exekutionstitels Willenserklärungen abzugeben hat, gelten diese Erklärungen mit Rechtskraft des Titels als abgegeben (§ 367 Abs 1 EO).

2.2 Mit dem Vorbringen, das Urteil eigne sich nicht als Exekutionstitel, weil die ihr auferlegte Vorrangeinräumung ohne Mitwirkung Dritter (der ausdrücklichen Zustimmung des Bankunternehmens als zurücktretender Pfandgläubigerin) nicht zu bewirken sei, beruft sich die Beklagte in Wahrheit auf eine Unmöglichkeit. Dass sie zur Erfüllung der Mitwirkung eines Dritten bedarf, steht aber der Schaffung des diesbezüglichen Exekutionstitels nicht entgegen (2 Ob 254/12k). Besteht kein Grund zur Annahme, dass es der Beklagten unmöglich wäre, die Mitwirkung des Dritten an der geschuldeten Leistung zu erreichen, hindert selbst eine mangelnde (unmittelbare) Vollstreckbarkeit des Begehrens gemäß § 354 Abs 1 EO ein stattgebendes Urteil nicht (RIS-Justiz RS0002161 [T1]; 2 Ob 254/12k). Erst wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststünde, dass die Leistung auch in Zukunft nicht mehr erbracht werden kann, kann der Gläubiger nicht auf dem Erfüllungsanspruch beharren (RIS-Justiz RS0016423).

2.2 Nach dem festgestellten Sachverhalt ist die Pfandgläubigerin mit der nachträglichen Vorrangeinräumung (§ 30 GBG) des Wohnungsgebrauchsrechts gegenüber dem Pfandrecht einverstanden, sie lehnt lediglich die Tragung der Kosten dafür ab. Damit ist es der Beklagten nicht gelungen, die Unmöglichkeit der von ihr verlangten Leistung zu beweisen (vgl RIS-Justiz RS0034223).

Die Voraussetzungen für eine Abweisung des Eventualklagebegehrens aus den von der Beklagten herangezogenen Gründen liegen daher nicht vor.

3. Die in der Zulassungsbegründung angesprochene Frage, welche Art von Vollstreckungsantrag der Klägerin zur Durchsetzung ihres Vollstreckungsanspruchs zur Auswahl stehen wird, insbesondere ob ein Exekutionsantrag nach § 353 EO zur Erwirkung vertretbarer Handlungen erfolgreich sein wird (wie das Berufungsgericht meint), ist im vorliegenden Titelverfahren nicht zu beantworten. Auch darauf, ob einem Exekutionsantrag nach § 353 EO entgegensteht, dass als unvertretbare Handlung die persönliche Zustimmung der Beklagten als Liegenschaftseigentümerin zur Vorrangeinräumung nach § 30 GBG erforderlich ist, muss nicht weiter eingegangen werden; ebenso wenig darauf, unter welchen Voraussetzungen diese Zustimmung allenfalls entfallen kann.

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:0100OB00075.16A.1125.000