OGH vom 27.11.2014, 9Ob77/14k
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** M*****, vertreten durch DI Dr. Peter Benda, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. K***** S 2. C***** T 3. E***** S*****, alle vertreten durch Mag. Vinzenz Fröhlich, Dr. Maria Christina Kolar-Syrmas ua, Rechtsanwälte in Graz, wegen 18.000 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 113/14s-23, mit der der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 11 Cg 17/13p-19, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien binnen 14 Tagen die mit 1.286,81 EUR (darin 214,47 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig. Die Zurückweisung der Revision kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).
2. Die Streitteile sind miteinander verwandt. Die Beklagten waren Miteigentümer einer Liegenschaft mit Wohnhaus, ab 2006 bewohnte nur mehr der Kläger das Haus. Zur Errichtung des ***** „Süd-Gürtels“ kaufte die Stadt ***** von den Beklagten die Liegenschaft für eine „Gesamtentschädigung“ von 378.353 EUR, in der auch eine Nebenentschädigung in Höhe von 18.000 EUR enthalten war. Den Beklagten wurde erklärt, dass die Nebenentschädigung nur gewährt werde, wenn das Objekt bereits zu einem bestimmten Zeitpunkt geräumt sei. Der Kläger räumte die Liegenschaft zeitgerecht.
Die Vorinstanzen wiesen sein Begehren auf Zahlung von 18.000 EUR sA ab.
In seiner dagegen gerichteten Revision stellt der Kläger nicht in Frage, dass das Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz, insbesondere § 5 EisbEG, aufgrund der zwischen der Stadt ***** und den Beklagten getroffenen privatrechtlichen Vereinbarung nicht anwendbar ist, dies unabhängig davon, ob der Kläger Mieter oder Prekarist war. Er sieht in der Vereinbarung allerdings einen ihn begünstigenden Vertrag zugunsten Dritter iSd § 881 ABGB, allenfalls einen Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte.
3. Soweit er sich dafür auf vermeintlich fehlende Feststellungen aus einer Zeugenaussage beruft, übersieht er, dass das Erstgericht sehr wohl Feststellungen wenngleich andere als die von ihm gewünschten zu den Gesprächen bei Abschluss der Vereinbarung getroffen hat. Ein revisibler sekundärer Feststellungsmangel ist hier nicht gegeben.
4. Ein echter Vertrag zugunsten Dritter liegt vor, wenn aufgrund einer Vereinbarung ein an dieser nicht beteiligter Dritter nicht nur Leistungsempfänger, sondern auch Forderungsberechtigter sein soll (§ 881 ABGB; s RIS Justiz RS0017149). Ob dies der Fall ist, ist eine Auslegungsfrage (RIS Justiz RS0017113 [T1]), die nur nach den Umständen des Einzelfalls zu lösen ist (vgl RIS Justiz RS0017145 [T1]) und die nur dann eine erhebliche Rechtsfrage darstellt, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt worden wäre (zB RIS Justiz RS0042936). Das ist nicht der Fall:
Den Feststellungen zufolge wurde niemals vereinbart, dass die Nebenentschädigung an den Kläger weiterzugeben sei. Vielmehr wurde den Beklagten vom Vertreter der Stadt ***** mitgeteilt, dass das Geld für die Eigentümer vorgesehen sei und sie damit machen könnten, was sie wollten. Das Interesse der Stadt ***** lag auch nur darin, für den vorverlegten Baubeginn möglichst bald über die Liegenschaft verfügen zu können. Dass die Nebenentschädigung der Höhe nach auf Basis der einem Bewohner entstehenden Kosten beziffert wurde, steht dem nicht entgegen, weil sich daraus noch nicht zwingend auf einen Willen der Vertragsparteien schließen lässt, dass die Entschädigung dem Kläger und nicht etwa den Beklagten für ihr Bemühen um die zeitgerechte Übergabe eines bestandfreien Objekts zufließen sollte. Von einer beabsichtigten Begünstigung des Klägers wäre umso weniger auszugehen, wenn er das Haus nur prekaristisch genutzt haben sollte, weil ihn die Beklagten in diesem Fall ohnedies zur jederzeitigen Räumung auffordern hätten können (§ 974 ABGB). Diese Erwägungen schließen auch eine ungerechtfertigte Bereicherung der Beklagten aus.
5. Ein Vertrag mit Schutzwirkungen zugunsten des Klägers muss als Anspruchsgrundlage schon deshalb ausscheiden, weil dieses Rechtsinstitut dazu dient, Schutz und Sorgfaltspflichten aus einem Vertragsverhältnis über die Vertragspartner hinaus auf Dritte zu erstrecken, wenn diese erkennbar durch die Vertragserfüllung erhöht gefährdet werden und der Interessensphäre eines Vertragspartners angehören. Erfasst sind somit Dritte, deren Kontakt mit der vertraglichen Hauptleistung beim Vertragsabschluss vorhersehbar war und die der Vertragspartner entweder erkennbar durch Zuwendung der Hauptleistung begünstigte oder an denen er ein sichtbares eigenes Interesse hat, oder denen er selbst offensichtlich rechtlich zur Fürsorge verpflichtet ist (s nur Karner in KBB ABGB 4 , § 1295 Rz 19 mwN). Nach den Feststellungen sollte der Kläger aber weder durch die Zuwendung der Entschädigung begünstigt werden noch bestand ein entsprechendes Eigeninteresse oder eine Fürsorgepflicht der Beklagten gegenüber dem Kläger. Sollte der Kläger den Klagsbetrag auf einen ihm entstandenen Vermögensschaden stützen wollen, so ist zu bedenken, dass sich die Schutzwirkung eines Vertrags nur dann auch auf Vermögensschäden Dritter bezieht, wenn die Hauptleistung gerade dem Dritten zukommen soll (RIS Justiz RS0026552 [T2]). Wie dargelegt, sollte die Nebenentschädigung aber nicht dem Kläger zufließen.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist danach nicht weiter korrekturbedürftig.
6. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2014:0090OB00077.14K.1127.000