OGH vom 24.04.2003, 8ObA17/03p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer und Dr. Kuras, sowie die fachkundigen Laienrichter OLWR Dr. Peter Hübner und Helmut Stöcklmayer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dipl. Ing. Peter L*****, vertreten durch Dr. Georg Kahlig und Mag. Gerhard Stauder, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Charlotte Böhm, Rechtsanwältin in Wien, wegen Unwirksamerklärung einer Entlassung gemäß § 106 ArbVG (Streitwert EUR 21.801,85 sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Ra 222/02d-26, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 3 Cga 22/01b-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.189,44 (darin enthalten EUR 198,24 an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht hat die Berechtigung der Entlassungsanfechtung nach § 106 ArbVG zutreffend verneint. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der Gründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers noch folgendes entgegen zu halten:
Der Kläger war an der beklagten Ziviltechnikergesellschaft vorweg selbst beteiligt und Geschäftsführer, musste aber wegen seiner Verschuldung die Geschäftsanteile abgeben. Er arbeitete seit als angestellter Architekt für die Beklagte. Es kam dabei zu verschiedenen, im Einzelnen festgestellten Unzulänglichkeiten bei Abrechnungen und der Führung von Stundenlisten sowie dem Vereinnahmen von Betriebsmitteln durch den Kläger (lange Privattelefonate, Erwerb von Netzkarten und Autobahnvignetten auf Firmenkosten etc), die im Wesentlichen wohl darauf zurückzuführen waren, dass der Kläger sich weiter als Firmeninhaber und Geschäftsführer sah, und nicht bloß als Angestellter. Auch erbrachte er weiterhin Architektenleistungen außerhalb seiner Angestelltentätigkeit bei der Beklagten, allerdings im Wesentlichen nur "ehrenamtlich". Gravierend war allerdings, dass der Kläger dann Ende 2000 im Rahmen seiner Angestelltentätigkeit für die Beklagte darauf hinwirkte, dass ein von ihm betreuter und ihm auch gut bekannter Kunde den Auftrag nicht nur der Beklagten erteilte, sondern auch verlangte, dass die Lebensgefährtin des Klägers, die ebenfalls Architektin ist, Teile dieses Auftrages als Subunternehmerin erhält. Dabei handelte es sich vorweg um ein Volumen von S 1,8 Mio, das sie übernehmen sollte, schließlich dann doch noch um S 700.000 an projektiertem Honorar. Dies führte zur Kündigung des Klägers am . Danach veranlasste der Kläger, dass ein bis dahin auf die Beklagte lautender Mietvertrag betreffend ein Lager wieder auf ihn umgemeldet wird, um diesen Lageraum wieder für sich zu nutzen. Mit der Kündigung war der Kläger unter anderem auch aufgefordert worden, die Betriebsmittel, insbesondere ein Notebook, das er laut Anweisung des Geschäftsführers der Beklagten am mit einem Barscheck der Beklagten über S 38.500 angeschafft hatte, der Beklagten bis spätestens zurückzustellen. Dieses Notebook war nicht für den persönlichen Gebrauch des Klägers vorgesehen. Dieser arbeitete in seinem Büro gar nicht mit einem Computer. In einem Telefonat am erklärte der Kläger unter anderem, dass er nicht bereit sei, dieses Notebook zurückzugeben. Auch brachte er die Schlüssel für die Büroräumlichkeiten nicht zur Beklagten, weshalb diese die Schlösser austauschte. Hinsichtlich seiner eigenen Unterlagen, zu deren Abholung er aufgefordert worden war, kam es zu mehreren Terminverschiebungen.
Am wurde der Kläger erneut "letztmalig" schriftlich aufgefordert, die Büromittel, insbesondere das Notebook bis zurückzugeben, da dieses dringendst benötigt werde (vgl auch Blg ./34).
Der Kläger kam dieser Aufforderung nicht nach und die Beklagte sprach dann am die Entlassung aus.
Auch danach war der Kläger nicht bereit das Notebook der Beklagten zurückzustellen.
Nach § 27 Z 4 zweiter Tatbestand AngG, ist eine Entlassung des Arbeitnehmers auch dann berechtigt, wenn sich dieser beharrlich weigert, einer durch den Gegenstand der Dienstleistung gerechtfertigten Anordnung des Dienstgebers nachzukommen. Grundsätzlich ist eine Ermahnung erforderlich, es sei denn, dass dem Arbeitnehmer die Bedeutung des Gewichtes seines pflichtwidrigen Verhaltens offensichtlich und erkennbar ist und seine Weigerung derart eindeutig und endgültig ist, dass eine Ermahnung als bloße Formalität sinnlos erscheinen müsste (vgl Kuderna Entlassungsrecht2 , 116, 9 ObA 71/02k mwN = Arb 11.281, Arb 11.386). Die "Beharrlichkeit" war aber hier schon deshalb anzunehmen, da der Kläger ja bereits vor der "letztmaligen" Aufforderung ankündigte, das Notebook nicht herausgeben zu wollen und dies auch danach nicht tat. Soweit der Kläger nunmehr geltend macht, dass die Entlassung deshalb verfristet sei, da er eben schon am im Telefonat mit dem Geschäftsführer angegeben habe, nicht bereit zu sein, das Notebook herauszugeben, ist ihm entgegenzuhalten, dass dies nichts daran ändert, dass die Beklagte ihn noch einmal "letztmalig" dazu auffordern und erst dann die Entlassung aussprechen kann. Da der Kläger dienstfrei gestellt war kann auch darin, dass die Beklagte nach Ablauf der bis (Freitag) gesetzten Frist für die Übergabe des Notebooks bis zum darauffolgenden Dienstag, dem , mit der Entlassung zuwartete, keine Verspätung erblickt werden (vgl ).
Davon, dass hier ein Dauerverhalten vorliegen würde, auf das die Beklagte nicht reagiert hätte (vgl allgemein dazu RIS-Justiz RS0028865 mwN), kann schon deshalb nicht ausgegangen werden, da sie ja immer wieder durch Aufforderungen versuchte, das Notebook zu erhalten.
Die weiteren Ausführungen des Klägers bekämpfen im Kern die Feststellung des Erstgerichtes, dass das Notebook nicht zu der persönlichen Verwendung des Klägers dienen sollte. Diese Feststellung wurde vom Kläger bereits im Berufungsverfahren bekämpft und das Berufungsgericht hat sich ausführlich damit auseinandergesetzt. Im Ergebnis versucht hier der Kläger erneut in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung des Erstgerichtes zu bekämpfen (vgl RIS-Justiz RS0043371 mwN).
Soweit der Kläger nunmehr releviert, dass es ihm ja nicht bewusst gewesen sei, dass das Notebook nicht für seinen persönlichen Gebrauch bestimmt gewesen ist, so ist ihm entgegenzuhalten, dass ihm dieser Umstand spätestens mit den eindeutigen Aufforderungen durch die Beklagte bewusst sein musste. Auch wurde ausdrücklich festgestellt, dass der Kläger den Barscheck erhielt, um das Notebook "für die Beklagte" anzuschaffen.
Die Ausführungen des Klägers, dass das Notebook auch seinem privaten Gebrauch gedient habe und daher Entgeltcharakter hätte, entfernen sich von den klar getroffenen Feststellungen.
Die Ausführungen des Klägers, dass die Beklagte offensichtlich gar nicht gewusst habe, ob der Kläger den eingelösten Scheck tatsächlich zur Anschaffung des Notebooks verwendete, ändern nichts an den zur Anschaffung des Notebooks getroffenen Vereinbarungen und Aufträgen. Sie leiten vielmehr zu dem vom Berufungsgericht angenommenen Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit im Sinn des § 27 Z 1 AngG über. Dieser liegt vor, wenn der Angestellte Handlungen oder Unterlassungen setzt, die mit Rücksicht auf ihre Beschaffenheit und ihre Rückwirkungen auf das Arbeitsverhältnis den Angestellten des dienstlichen Vertrauens seines Arbeitgebers als unwürdig erscheinen lassen, weil der Arbeitgeber befürchten muss, dass der Angestellte seine Pflichten nicht mehr getreulich erfüllen und dadurch die dienstlichen Interessen des Arbeitgebers gefährdet werde (vgl zuletzt etwa ; RIS-Justiz RS0029547). Es ist auch eine Schädigungsabsicht des Arbeitnehmers nicht erforderlich, sondern es reicht schon, wenn ihm Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist (vgl 8 ObA 192/02x mwN; RIS-Justiz RS0029531). Es kann aber den Vorinstanzen nicht entgegengetreten werden, wenn sie unter Berücksichtigung des Gesamtverhaltens des Klägers, insbesondere auch der Interventionen für seine Lebensgefährtin, davon ausgingen, dass die zuletzt gesetzte Vorgangsweise, den Arbeitgeber auch nach der Kündigung und mehreren Aufforderungen vorweg nicht über den Verbleib der immerhin S 38.500 bzw des Notebooks zu informieren und dann dessen Herausgabe zu verweigern, als für die Annahme der Vertrauensunwürdigkeit ausreichend angesehen haben.
Insgesamt wurde die Anfechtungsklage nach § 106 ArbVG zutreffend abgewiesen (vgl RIS-Justiz RS0029457; RIS-Justiz RS0108448).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 2 ASGG, 50 und 41 ZPO.