OGH vom 04.09.2002, 9Ob76/02w

OGH vom 04.09.2002, 9Ob76/02w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Isabella P*****, Kindergärtnerin, *****, vertreten durch Dr. Günther Fornara, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Verlassenschaft nach der am verstorbenen Irma R*****, zuletzt *****, vertreten durch Mag. Gunther Huainnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen EUR 1,073.181,11 sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom , GZ 6 R 212/01w-18, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist (§ 502 Abs 1 ZPO). Eine derartige Rechtsfrage wird von der Revisionswerberin nicht aufgezeigt:

Jede Entschädigungsklage ist in drei Jahren von der Zeit an verjährt, zu welcher der Schade und die Person des Schädigers dem Geschädigten bekannt wurde, der Schade mag durch Übertretung einer Vertragspflicht oder ohne Beziehung auf einen Vertrag verursacht worden sein. Ist jedoch der Schade aus einer oder mehreren gerichtlich strafbaren Handlungen, die nur vorsätzlich begangen werden können und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht sind, entstanden, so erlischt das Klagerecht nur nach dreißig Jahren (§ 1489 ABGB). Die Vorinstanzen haben sich ausführlich mit der Frage befasst, ob hier eine derartige gerichtlich strafbare Handlung der Irma R***** vorlag, sodass die dreißigjährige Verjährungsfrist zum Tragen kommt, jedoch letztlich das Vorliegen einer solchen strafbaren Handlung verneint. Inwieweit das Berufungsgericht dabei von der Rechtsprechung des OGH abgewichen sein soll oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist, legt die Revisionswerberin nicht dar. Es fehlt daher eine Begründung, weshalb insoweit eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO vorliegen soll.

Soweit die Revisionswerberin ihre Zulassungsbeschwerde darauf stützt, dass vom Erstgericht zwei näher bezeichnete Zeugen zu vernehmen gewesen wären, ist darauf zu verweisen, dass sich das Berufungsgericht mit dieser Frage befasst, jedoch eine hieraus resultierende Mangelhaftigkeit des Verfahrens verneint hat. (Angebliche) Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens, die schon in der Berufung geltend gemacht, vom Berufungsgericht aber verneint wurden, können nach ständiger Rechtsprechung nicht mehr mit Erfolg in der Revision gerügt werden (Kodek in Rechberger, ZPO² § 503 Rz 3 mwN; RIS-Justiz RS0042963, RS0043055 ua), und vermögen demzufolge auch keine erhebliche Rechtsfrage iS des § 502 Abs 1 ZPO zu begründen. Auf den von der Revisionswerberin erstmals als wesentlichen Verfahrensmangel monierten Umstand, dass das Erstgericht keinen Beweisbeschluss gefasst hat, ist zu erwidern, dass eine allfällige Beweisdurchführung ohne Beweisbeschluss nach ständiger Rechtsprechung gemäß § 196 Abs 1 ZPO gerügt werden muss, wenn dieser Vorgang im Rechtsmittelverfahren als Mangelhaftigkeit geltend gemacht werden soll (RIS-Justiz RS0037194 ua); eine Rüge bezüglich des fehlenden Beweisbeschlusses wurde jedoch nicht erhoben. Im Übrigen können Mängel des Verfahrens erster Instanz, die in der Berufung nicht gerügt wurden, in der Revision ebenfalls nicht mehr geltend gemacht werden (SZ 23/352, SZ 66/95; 9 ObA 198/01k ua).

Schließlich geht auch die Rüge der Revisionswerberin, das Erstgericht hätte bei Bejahung der Einrede der Verjährung die Klage "im Vorverfahren" mit Beschluss "zurückzuweisen" gehabt, ins Leere. Es ist herrschende Rechtsprechung und Lehre, dass die Bestimmungen über die Verjährung dem materiellen Recht angehören (RIS-Justiz RS0045231), sohin der Verjährungseinwand der materiellen Verteidigung dient und keine Prozesseinrede begründet (Fasching, Lehrbuch² Rz 1278 ff, 1281). Ist der Verjährungseinwand berechtigt, führt er daher - wie im vorliegenden Fall - nicht zur Zurückweisung, sondern zur Abweisung der Klage. Eine erhebliche Rechtsfrage wird von der Revisionswerberin somit auch insoweit nicht aufgezeigt.