OGH vom 26.05.2020, 10Ob73/19m
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Stefula, sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. J***** KG und 2. N*****, beide: *****, beide vertreten durch Mag. Dr. Erich Stefan Gerold, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. *****, vertreten durch Dr. Michael Lesigang, Rechtsanwalt in Wien, wegen 7.250,17 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom , GZ 36 R 39/19f-33, womit infolge Berufung der beklagten Partei das (End-)Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom , GZ 87 C 115/16d-29, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagenden Parteien haben die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Der Beklagte haftet nach den Ergebnissen des ersten Rechtsgangs in diesem Verfahren (siehe dazu 10 Ob 6/18g) zu zwei Dritteln für den Schaden, den er den Klägern, die im Verfahren 30 Cg 70/12m des Handelsgerichts Wien Beklagte waren, dadurch verursacht hat, dass er als für sie gemäß § 116 ZPO bestellter Kurator seine Pflicht zur Ausforschung der von ihm vertretenen Abwesenden verletzt hat (an diese Rechtsansicht des Berufungsgerichts war der Oberste Gerichtshof mangels Anfechtung schon in der Vorentscheidung 10 Ob 6/18g gebunden). Die Kläger (und damaligen Beklagten) trifft ein Mitverschulden von einem Drittel.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Schadenersatzanspruch der Kläger noch für folgende Verfahrenskosten:
A) (Anlass-)Verfahren 33 Cg 70/12m des Handelsgerichts Wien (in Folge: Anlassverfahren):
- Antrag auf Enthebung des Kurators vom (ON 30);
- Bescheinigungstagsatzungen vom (ON 44) und vom (ON 48);
B) (Aufhebungs-)Verfahren über die zu 33 Cg 76/14x des Handelsgerichts Wien eingebrachte Nichtigkeitsklage (in Folge auch: Nichtigkeitsverfahren):
- Nichtigkeitsklage vom (ON 1);
- Schriftsatz (Replik) vom (ON 5);
- Verhandlung vom (ON 8).
A)Verfahren 33 Cg 70/12m des Handelsgerichts Wien:
Im Anlassverfahren begehrte die L***** GmbH von den Klägern als in jenem Verfahren Beklagten die Zahlung von zuletzt 28.800 EUR sA. Dabei handle es sich um einen Provisionsanspruch aus der Vermittlung einer Liegenschaft für die damals Beklagten. In diesem Verfahren wurde der Beklagte mit Beschluss vom gemäß § 116 ZPO zum Kurator für die damals Beklagten und nunmehrigen Kläger bestellt (ON 19). Mit Urteil vom (ON 27) gab das Handelsgericht Wien dem Klagebegehren statt. Dieses Urteil erwuchs formell in Rechtskraft.
Am (ON 30) beantragten die damals Beklagten die Enthebung des Beklagten als Kurator. Diesem Antrag gab das Handelsgericht Wien mit Beschluss vom statt (ON 31).
Für den Enthebungsantrag begehren die Kläger im vorliegenden Verfahren Kosten des Schriftsatzes als Schadenersatz in Höhe von 986,67 EUR gemäß TP 3A RATG (inklusive ERV; ohne Umsatzsteuer).
Am (ON 32) beantragten die damals Beklagten insbesondere die Aufhebung der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Urteils vom sowie die Nichtigerklärung des gesamten Verfahrens. Für diesen Antrag verzeichneten sie Kosten gemäß TP 3A RATG.
Im Anlassverfahren wurden in weiterer Folge Erhebungen zu den einzelnen Zustellvorgängen durchgeführt. Das Handelsgericht Wien beraumte zwei Bescheinigungstagsatzungen am (ON 44; Dauer: drei begonnene Stunden) und am (ON 48; Dauer: eine begonnene Stunde) an. Den Parteienvertretern war die Teilnahme freigestellt, der Rechtsvertreter der damals Beklagten und nunmehrigen Kläger nahm an beiden Tagsatzungen teil. In diesen Tagsatzungen wurden insbesondere durch Einvernahme von Postzustellern die Zustellvorgänge und Ortsabwesenheiten der damals Beklagten erhoben.
Für diese beiden Tagsatzungen begehren die Kläger im vorliegenden Verfahren folgende Kosten als Schadenersatz, jeweils gemäß TP 3A RATG, jeweils zuzüglich 4,40 EUR Barauslagen und exklusive Umsatzsteuer:
- (ON 44)1.966,14 EUR
- (ON 48) 983,07 EUR.
Am (ON 51) gaben die damals Beklagten eine schriftliche Urkundenerklärung ab, für den sie Kosten gemäß TP 1 RATG verzeichneten.
Mit rechtskräftigem Beschluss vom (ON 53) wies das Handelsgericht Wien insbesondere die Anträge der damals Beklagten auf Aufhebung der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Urteils vom sowie auf Nichtigerklärung des vorangegangenen Verfahrens mit der wesentlichen Begründung ab, dass formelle Rechtskraft eingetreten sei, sodass die Beklagten die Nichtigkeitsklage erheben müssten.
B)Verfahren 33 Cg 76/14x des Handelsgerichts Wien:
Mit ihrer am beim Handelsgericht Wien zu 33 Cg 76/14x eingebrachten Nichtigkeitsklage (ON 1) begehrten die Kläger als auch damals klagende Parteien gegenüber der beklagten L***** GmbH insbesondere, das im Anlassverfahren ergangene Urteil vom für nichtig zu erklären und das Klagebegehren in der Hauptsache abzuweisen. Den Provisionsanspruch der L***** GmbH bestritten die Kläger im Wesentlichen mit dem Vorbringen, dass eine andere Provisionsvereinbarung abgeschlossen worden sei.
Die beklagte L***** GmbH bestritt und brachte auch zur Sache vor. Daraufhin replizierten die Kläger mit Schriftsatz vom (ON 5) in der Sache selbst und boten Beweise an. Sie verkündeten dem Beklagten und der Ö***** AG den Streit. Die Ö***** AG trat dem Verfahren als Nebenintervenient bei, nicht jedoch der Beklagte.
Am fand die öffentliche mündliche Verhandlung über die Nichtigkeitsklage in der Dauer von einer begonnenen Stunde statt (ON 8). In dieser Verhandlung wurde der Akt des Anlassverfahrens verwendet und festgehalten, dass „im Hinblick auf die vorliegenden Urkunden die Aufnahme weiterer Personalbeweise zumindest im Zusammenhang mit dem Aufhebungsverfahren nicht erforderlich erscheint.“
Mit rechtskräftigem Urteil über die Nichtigkeitsklage nach § 541 ZPO vom (ON 10) wurde das Urteil des Handelsgerichts Wien vom im Anlassverfahren und das diesem vorangegangene Verfahren ab einschließlich der Beschlussfassung über die Bestellung eines Kurators vom für nichtig erklärt. Die Kostenentscheidung behielt das Handelsgericht Wien der Endentscheidung vor.
Für die Prozesshandlungen im Nichtigkeitsverfahren bis zu diesem Urteil begehren die Kläger im vorliegenden Verfahren folgende Kosten als Schadenersatz (jeweils gemäß TP 3A RATG; inklusive ERV für die Schriftsätze; alles ohne Umsatzsteuer):
- , Nichtigkeitsklage (ON 1): 1.314,36 EUR (zuzüglich Pauschalgebühr von 777,70 EUR);
- , Schriftsatz (ON 5): 1.029,56 EUR;
- , Verhandlung (ON 8): 1.027,76 EUR (zuzüglich 4,40 EUR Barauslagen).
In der Verhandlung vom (ON 17) beendeten die Kläger und die L***** GmbH den Rechtsstreit in der Hauptsache mit Vergleich, der auszugsweise lautet:
„1. Die nichtigkeitsklagenden Parteien verpflichten sich zur ungeteilten Hand, der nichtigkeitsbeklagten Partei 11.000 EUR (inklusive 20 % USt) bei gegenseitiger Kostenaufhebung binnen 14 Tagen zu Handen der BV zu bezahlen.
2. Die Kosten werden auch hinsichtlich des [Anlassverfahrens] gegeneinander aufgehoben.
3. Hiermit sind alle wechselseitigen Ansprüche zwischen den nichtigkeitsklagenden und der hier nichtigkeitsbeklagten Partei bereinigt und verglichen.
4. …
5. Dieser Vergleich stellt keinen Verzicht auf die Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber … dem Prozesskurator dar.“
Die Kläger begehrten mit ihrer Klage zunächst die Zahlung von 10.875,26 EUR an Schadenersatz vom Beklagten. Diese Summe schlüsselte sich wie folgt auf:
Anlassverfahren:
ON 30 Antrag, TP 3A 986,67 EUR
ON 32 Antrag, TP 3A 984,87 EUR
ON 44 Tagsatzung, 3 begonnene Stunden 1.966,14 EUR
ON 48 Tagsatzung, 1 begonnene Stunde 983,07 EUR
ON 51 Urkundenerklärung TP 1 111,20 EUR
Nichtigkeitsverfahren:
ON 1 Nichtigkeitsklage TP 3A 1.314,36 EUR
ON 5 Schriftsatz TP 3A 1.029,56 EUR
ON 8 Verhandlung, 1 begonnene Stunde 1.027,76 EUR
Verdienst 8.403,63 EUR
20 % Umsatzsteuer 1.680,73 EUR
Barauslagen 790,90 EUR
gesamt10.875,26 EUR
Im zweiten Rechtsgang schränkten die Kläger das Klagebegehren unter Berücksichtigung des ihnen anzulastenden Mitverschuldens um 1/3 auf 7.250,17 EUR samt Zinsen ein. Diese Kosten seien den Klägern durch das rechtswidrige und schuldhafte Verhalten des Beklagten entstanden. Sie seien entstanden, um weiteren Schaden abzuwehren und daher zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig.
Der Beklagte wandte dagegen, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung ein:
Der Antrag auf Enthebung des Kurators (ON 30 im Anlassverfahren) habe nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung gedient und sei nicht notwendig gewesen. Die direkte Kontaktaufnahme der Partei mit dem Gericht führe zur amtswegigen Enthebung des Kurators. Darüber hinaus habe wegen der formellen Rechtskraft der Entscheidung nur mehr die Möglichkeit bestanden, Nichtigkeitsklage zu erheben. Abgesehen davon sei der Antrag äußerstenfalls nach TP 1 RATG zu entlohnen.
Die Bescheinigungstagsatzungen vom und vom (ON 44 und ON 48 im Anlassverfahren) seien nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich gewesen. Die Kläger hätten das rechtskräftige Urteil im Anlassverfahren nur mit Nichtigkeitsklage beseitigen können. Der Antrag auf Aufhebung der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Urteils und die im Verfahren über diesen Antrag erfolgenden Prozesshandlungen hätten daher nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung gedient, dieser Antrag sei auch abgewiesen worden.
Auch die im Nichtigkeitsverfahren entstandenen Kosten seien nicht vom Beklagten zu ersetzen. Die Kläger hätten ihre Schadensminderungspflicht verletzt. In seiner Entscheidung über das Aufhebungsbegehren habe das Handelsgericht Wien die Kosten der Endentscheidung vorbehalten. Hätten die Kläger im fortgesetzten Verfahren in der Hauptsache obsiegt, hätten sie einen Kostenersatzanspruch gehabt und wäre ihnen kein Schaden entstanden. Wären sie in jenem Verfahren unterlegen gewesen, hätten sie darzulegen, warum sie im Rahmen der Schadensminderungspflicht eine offenbar zu Recht bestehende Forderung weiter bestritten und gegen ein rechtskräftiges Urteil weiter vorgingen. Bei der Nichtigkeitsklage sei eine Kostenentscheidung gemäß § 41 ZPO zu treffen, sodass die Kläger den Vorbehalt der Kosten mit Rekurs hätten bekämpfen müssen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit 6.064,50 EUR sA statt und wies das Mehrbegehren von 1.185,66 EUR sA ab.
Die Abweisung des Mehrbegehrens begründete das Erstgericht damit, dass für den Antrag auf Enthebung des Kurators nur Kosten gemäß TP 2 RATG gebührten. Die Kosten für den Antrag (ua) auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit des Urteils des Handelsgerichts Wien im Anlassverfahren (dort ON 32) seien nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich gewesen. Im Umfang der Abweisung des Mehrbegehrens erwuchs die Entscheidung des Erstgerichts unangefochten in Rechtskraft.
Zur Stattgebung führte das Erstgericht insbesondere aus:
Der Antrag auf Enthebung des Kurators diene der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und der Rechtssicherheit. Der Aufwand für die Bescheinigungstagsatzungen vom und vom sei notwendig und sinnvoll gewesen, weil diese Verfahrensergebnisse im Nichtigkeitsverfahren verwertet werden konnten und auch verwertet wurden. Im Nichtigkeitsverfahren hätten die Kläger ihre Rechtsstellung deutlich verbessern können, indem sie einen Vergleich abschlossen, der sie nur teilweise zur Zahlung der ursprünglichen Forderung verpflichtete. Im Hinblick auf die sie treffende Beweislast verletze der Abschluss dieses Vergleichs auch nicht ihre Schadensminderungspflicht.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten teilweise Folge. Es sprach den Klägern 5.662,86 EUR sA zu und wies das Mehrbegehren von 1.587,31 EUR sA ab.
Die Abweisung eines weiteren Teils des Klagebegehrens begründete das Berufungsgericht damit, dass für die Enthebung des Beklagten als Kurator eine Mitteilung an das Handelsgericht Wien genügt habe, sodass dafür nur Kosten gemäß TP 1 RATG gebührten. Nicht erforderlich sei weiters die Urkundenerklärung vom (ON 51 im Anlassverfahren) gewesen. Im Umfang der (weiteren) Abweisung des Klagebegehrens erwuchs das Urteil des Berufungsgerichts unangefochten in Rechtskraft.
Zur inhaltlichen Stattgebung des Klagebegehrens führte das Berufungsgericht aus:
Der Antrag auf Enthebung des Kurators sei in einem anderen als im Nichtigkeitsverfahren zu stellen, eine Verbindung komme nicht in Frage. Der Kurator hätte überdies selbst einen Enthebungsantrag stellen müssen. Der Einwand, dass ein solcher Antrag auch dann zu stellen gewesen wäre, wenn die Kläger im Anlassverfahren rechtzeitig das Gericht kontaktiert hätten, sei eine unbeachtliche Neuerung.
Der in den Bescheinigungstagsatzungen vom und vom entstandene Aufwand sei – obwohl die Kläger gleich eine Nichtigkeitsklage hätten einbringen müssen – zulässigerweise im Nichtigkeitsverfahren verwertet worden. Es sei erforderlich, ein Beweisverfahren hinsichtlich des – der Disposition der Parteien entzogenen – Umstands der Nichtigkeit durchzuführen. Es erscheine nicht unüblich, für die Vernehmung von fünf Personen zwei Tagsatzungen zu benötigen, weshalb der dadurch entstandene Aufwand kausal auf das rechtswidrige und schuldhafte Verhalten des Beklagten zurückzuführen sei.
Zur Frage, ob die Kosten der Nichtigkeitsklage bereits nach erfolgter Nichtigerklärung zuzuerkennen seien, bestünden zwei Rechtsprechungslinien. Schon daher hätten die Kläger ihre Schadensminderungspflicht nicht verletzt, wenn sie gegen den Vorbehalt der Kostenentscheidung keinen Rekurs erhoben haben.
Das Berufungsgericht ließ die Revision nachträglich mit der Begründung zu, dass die Zweifel des Beklagten, dass die Kosten für die Bescheinigungstagsatzungen vom und , die in einem unzulässigen Verfahren angefallen seien, als Schaden auf ihn überwälzt werden könnten, nicht von vornherein von der Hand zu weisen seien.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten mit dem Antrag, das Klagebegehren zur Gänze abzuweisen.
In ihrer Revisionsbeantwortung beantragen die Kläger die Abweisung der Revision.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch unzulässig. Die Zurückweisung der Revision kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).
1.Zu den Kosten des Antrags auf Enthebung des Beklagten als Kurator (ON 30 im Anlassverfahren):
1.1 Auch in der Revision hält der Beklagte an der Argumentation fest, dass er bereits im Einspruch bestritten habe, dass der geltend gemachte Schaden kausal verursacht worden sei und dass es sich um notwendige Kosten der Rechtsverfolgung handle. Zudem wäre er als Kurator selbst im Fall der Ausforschung weder berechtigt noch verpflichtet gewesen, einen Antrag auf Enthebung zu stellen.
1.2 Mit diesen Ausführungen zeigt der Beklagte keine Korrekturbedürftigkeit der Entscheidung des Berufungsgerichts auf, weil dieses ohnehin davon ausgegangen ist, dass nicht ein Antrag, sondern lediglich eine Mitteilung erforderlich gewesen wäre, um dem Prozessgericht bekannt zu geben, dass die Kläger (damals Beklagten) bzw ein von ihnen bevollmächtigter Vertreter selbst im Verfahren auftreten. Dafür hat das Berufungsgericht auch lediglich einen Schadenersatz in Höhe der Kosten für eine Mitteilung gemäß TP 1 RATG zugestanden. Der Beklagte hat nicht behauptet, dass sein Verhalten nicht kausal für eine derartige Mitteilung an das Prozessgericht gewesen wäre. Er hat auch nicht geltend gemacht, dass eine einfache Mitteilung nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich wäre.
2.Zu den Kosten der Bescheinigungstagsatzungen vom und vom (ON 44 und ON48 im Anlassverfahren):
2.1 Auch hier hält der Beklagte an seiner Argumentation fest, dass diese Tagsatzungen nicht im dafür vorgesehenen Verfahren erfolgt seien, sodass sie nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienten. Es fehle an einer Kausalität seines Verhaltens für das Entstehen dieser Kosten. Insbesondere handle es sich nicht um unvermeidbare Verfahrenshandlungen, für die allein ein sogenannter „Rettungsaufwand“ begehrt werden könnte. Das Verfahren auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit habe andere Voraussetzungen als das Verfahren über eine Nichtigkeitsklage. Es wäre den Klägern als Geschädigten objektiv zumutbar gewesen, gleich eine Nichtigkeitsklage einzubringen. Das Berufungsgericht habe § 273 ZPO unrichtig angewandt.
2.2 Das Berufungsgericht hat den durch die Kosten der Bescheinigungstagsatzungen entstandenen Schaden nach § 273 ZPO ermittelt. Die Entscheidung des Gerichts darüber, ob es den § 273 ZPO anwenden darf, ist eine rein verfahrensrechtliche Entscheidung. Wurde zu Unrecht die Anwendbarkeit des § 273 ZPO bejaht oder verneint, muss dies mit Mängelrüge bekämpft werden (RS0040282). Eine solche Mängelrüge hat der Beklagte, der lediglich die rechtlich unrichtige Bemessung des Betrags gemäß § 273 ZPO rügt, nicht erhoben. Allerdings ist das Ergebnis einer nach § 273 ZPO erfolgten Betragsfestsetzung als revisible rechtliche Beurteilung zu qualifizieren (RS0111576, RS0040341).
2.3 Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach den von den Gerichten einzuhaltenden Grundsatz der Verfahrensökonomie betont (vgl RS0097416 [T2]; 6 Ob 179/16s mwH). Gegen diesen würde verstoßen, wenn bereits vorliegende Beweismittel – unter Beachtung des rechtlichen Gehörs – nicht verwertet werden könnten. Daher dürfen etwa die in der unrichtigen Verfahrensart (im damaligen Fall: ein für nichtig erklärter Zivilprozess) in Anwesenheit beider Parteien durchgeführten Beweisaufnahmen auch im Verfahren außer Streitsachen verwendet werden (1 Ob 218/19v; RS0133029). Dieser Rechtsprechung entspricht die Entscheidung des Berufungsgerichts, wonach die Beweisergebnisse des Bescheinigungsverfahrens in zulässiger Weise im Verfahren über die Nichtigkeitsklage verwendet werden durften. Seiner Rechtsansicht, dass es nicht unüblich erscheine, dass zur Einvernahme von fünf Personen zwei Tagsatzungen erforderlich seien, hält der Beklagte in der Revision im Wesentlichen entgegen, dass mit einer weiteren Verhandlung von maximal „7/2“ (vier begonnenen Stunden), daher mit Nettokosten von 2.457,67 EUR anstelle der für die Bescheinigungstagsatzungen verzeichneten 2.949,21 EUR zu rechnen gewesen wäre. Er zeigt damit vor dem Hintergrund des dargestellten Grundsatzes der Verfahrensökonomie keine Korrekturbedürftigkeit der Entscheidung des Berufungsgerichts im Einzelfall auf.
3.Zu den Kosten des Nichtigkeitsverfahrens:
3.1 Der Beklagte bestreitet nicht, dass das Verfahren über die Nichtigkeitsklage grundsätzlich der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung diente. Er macht allerdings geltend, dass die Kläger, die im Aufhebungsverfahren obsiegten, dort einen Kostenersatzanspruch gehabt hätten. Die Kläger hätten gegen den Vorbehalt der Kostenentscheidung mit Kostenrekurs vorgehen müssen. Sie wären damit – bei relativ geringem Kostenaufwand – erfolgreich gewesen und ihnen wäre kein Schaden entstanden.
3.2 Es stellt einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht dar, wenn der Geschädigte Handlungen unterlassen hat, die geeignet wären, den Schaden abzuwehren oder zu verringern, die – objektiv beurteilt – von einem verständigen Menschen gesetzt worden wären, um eine nachteilige Veränderung des eigenen Vermögens hintanzuhalten (RS0023573 [T2]). Für die Verletzung der Schadensminderungspflicht durch den Geschädigten trifft den Schädiger die Behauptungs- und Beweislast (RS0026909; RS0027129). Der Geschädigte ist nicht zu Verfahrensschritten verpflichtet, die mit einem bedeutenden Kostenrisiko verbunden sind oder geringe Aussicht auf Erfolg haben (RS0023573 [T10]; RS0027787 [T10; T 15]). Im Nichtergreifen eines Rechtsmittels kann, muss aber nicht eine Verletzung der Schadensminderungspflicht liegen. Es kommt dafür wesentlich auf die Umstände des Einzelfalls an, sodass in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage zu beurteilen ist (RS0027787).
3.3 Ein Rekurs gegen den Vorbehalt der Kostenentscheidung bis zur rechtskräftigen Erledigung der Streitsache ist gemäß § 52 Abs 1 Satz 2 ZPO nicht zulässig. Aufgrund des Gesetzeszwecks ist der Vorbehalt nach der Regelung des § 52 Abs 2 ZPO auf Fälle beschränkt, in denen die Hauptentscheidung noch durch ein – auch außerordentliches – Rechtsmittel angefochten werden kann und wenn das Zuwarten aufgrund der Komplexität der zu treffenden Kostenentscheidung aus Gründen der Verfahrensökonomie zweckmäßig ist. Zweckmäßig ist der Vorbehalt vor allem in Verfahren mit komplexen Kostenfragen, wenn gleichzeitig eine Abänderung (oder Aufhebung) der Sachentscheidung im Instanzenweg nicht ganz unwahrscheinlich ist (M. Bydlinski in Fasching/Konecny³ II/1 § 52 ZPO Rz 12, der zu Recht für einen häufigeren Gebrauch des Vorbehalts eintritt, um den Gesetzeszweck zu erreichen).
3.4 Einerseits kann angenommen werden, dass diese Voraussetzungen hier erfüllt waren: Denn erstens ist die Entscheidung über das Aufhebungsbegehren im Verfahren über die Nichtigkeitsklage anfechtbar (§ 533 ZPO verweist auch auf die Vorschriften des IV. Teils der ZPO über das Rechtsmittelverfahren). Zweitens wird, wie bereits vom Berufungsgericht dargestellt, in der Rechtsprechung nicht einheitlich beurteilt, ob die Kosten des Aufhebungsverfahrens selbständige Kosten eines Zwischenstreits sind, oder – im Fall der Stattgebung der Nichtigkeitsklage – die Entscheidung über sie vom Ausgang des wieder aufzunehmenden Rechtsstreits in der Hauptsache abhängen (ausführlich die letztere Ansicht bejahend und die divergierende Rechtsprechung umfassend darstellend: OLG Linz, 2 R 52/04m = RL0000048; ebenso Obermaier, Kostenhandbuch³ Rz 1.224; differenzierend nach dem Verhalten des im Nichtigkeitsverfahren Beklagten M. Bydlinski, Der Kostenersatz im Zivilprozess, 369). Die Komplexität der Kostenentscheidung im Sinn des § 52 Abs 2 ZPO läge in diesem Fall darin, dass einerseits eine einheitliche Rechtsprechung fehlt und andererseits der Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache keinesfalls mit dem Ausgang des Streits über das Aufhebungsbegehren im Gleichklang erfolgen muss.
3.5 Unabhängig vom dargestellten Risiko der Zurückweisung eines Rekurses gegen den Kostenvorbehalt wegen Unanfechtbarkeit dieser Entscheidung bleibt selbst für den Fall, dass man von deren Anfechtbarkeit ausgehen wollte das dargestellte Risiko einer Erfolglosigkeit des Rekurses im Hinblick auf die schon vom Berufungsgericht dargestellte uneinheitliche Rechtsprechung zur Behandlung der Kosten des Aufhebungsverfahrens im Nichtigkeitsprozess. Vor diesem Hintergrund zeigt der Revisionswerber keine Korrekturbedürftigkeit der Rechtsansicht des Berufungsgerichts auf, dass es den Klägern im konkreten Fall nicht als Verletzung ihrer Schadensminderungspflicht vorgeworfen werden kann, kein Rechtsmittel gegen den beschlussmäßigen Vorbehalt der Kosten in dem im Nichtigkeitsverfahren ergangenen Aufhebungsurteil erhoben zu haben.
3.6 Der Argumentation des Erstgerichts, dass die Kläger in der konkreten Verfahrenssituation durch den Abschluss eines Vergleichs im – nach Stattgebung der Nichtigkeitsklage weiterverhandelten – Hauptverfahren ihre Schadensminderungspflicht nicht verletzt hätten, ist der Beklagte bereits in der Berufung nicht mehr entgegengetreten, sodass darauf nicht weiter einzugehen ist.
Mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO war die Revision daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den § 40, 50 ZPO. Die Kläger haben auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen, sodass sie die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen haben. Ein „Antrag vom “ wurde von den Klägern nicht im Revisionsverfahren gestellt, sodass schon daher die dafür verzeichneten Kosten nicht Kosten des Revisionsverfahrens sind, über die der Oberste Gerichtshof zu entscheiden hätte.
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2020:0100OB00073.19M.0526.000 |
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