VfGH vom 29.02.2000, B2025/99

VfGH vom 29.02.2000, B2025/99

Sammlungsnummer

15731

Leitsatz

Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Nichtaufgreifen des Mangels der gesetzwidrigen Zusammensetzung der Disziplinarkommission erster Instanz im Disziplinarverfahren gegen den Leiter eines Postamts; keine Beachtung einer bereits geltenden Neuregelung des Poststrukturgesetzes über die Bestellung eines der Mitglieder durch die Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit S 29.500,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer hatte am 13. und am in seiner Funktion als Leiter eines Postamts Gelder veruntreut. Die Disziplinarkommission erster Instanz verhängte über den Beschwerdeführer auf Grund dieser Dienstpflichtverletzung mit Disziplinarerkenntnis vom eine Geldstrafe von ATS 75.000,--. Die auf Grund der Berufung der Disziplinaranwältin befasste Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt verwarf jedoch diese Strafe als der Schwere der als erwiesen angenommenen Dienstpflichtverletzung nicht angemessen und ersetzte die in erster Instanz ausgesprochene Disziplinarstrafe mit Disziplinarerkenntnis vom durch jene der Entlassung.

2. In der gegen dieses Disziplinarerkenntnis gerichteten Beschwerde, die sich auf Art Art 144 B-VG stützt, behauptet der Beschwerdeführer, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt zu sein. Auf das Wesentliche zusammengefasst, vertritt der Beschwerdeführer die Ansicht, dass die in erster Instanz eingeschrittene Disziplinarkommission gesetzwidrig zusammengesetzt gewesen sei.

3. Die Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie dem Beschwerdevorwurf entgegentritt und die Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt.

II. 1.1. Der Beschwerdeführer war bis zum Ablauf des Beamter der Post- und Telegraphenverwaltung (PTV). Mit Inkrafttreten des "Bundesgesetzes über die Einrichtung und Aufgaben der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft" (Poststrukturgesetzes – PTSG) (Art Art 95 Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. 201) am trat an die Stelle der PTV im Weg der Gesamtrechtsnachfolge die neu errichtete "Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft" (PTA; vgl. § 1 Abs 1 und 2 Poststrukturgesetz).

1.2. Hinsichtlich der bei der vormaligen PTV beschäftigten aktiven Beamten traf das Poststrukturgesetz folgende Regelung:

"Übernahme der Beamten und der Ruhe-

und Versorgungsgenußempfänger

§17. (1) Die bisher bei der Post- und Telegraphenverwaltung beschäftigten aktiven Beamten werden auf die Dauer ihres Dienststandes der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft oder einem Unternehmen, an dem die Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft zumindest mehrheitlich beteiligt ist, zur Dienstleistung zugewiesen. Der Anwendungsbereich von Rechtsvorschriften des Bundes in ihrer jeweils geltenden Fassung, die auf Rechtsverhältnisse von Beamten abstellen, bleibt mit der Maßgabe unberührt, daß im § 24 Abs 5 Z 2 sowie im ersten Satz des § 229 Abs 3 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 und jeweils im letzten Satz des § 105 Abs 3 und 6 des Gehaltsgesetzes 1956 die Worte 'im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler', und die Zustimmung des Bundeskanzlers oder des Bundesministers für Finanzen im § 15 des Gehaltsgesetzes 1956, im § 75 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 und im § 68 der Reisegebührenvorschrift 1955 entfallen, soweit damit nicht Belastungen des Bundeshaushaltes verbunden sind.

(2) Beim Vorstand der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft wird ein Personalamt eingerichtet, das die Funktion einer obersten Dienstbehörde für die im Abs 1 genannten Beamten wahrnimmt. Das Personalamt wird vom Vorsitzenden des Vorstandes der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft geleitet. Der Vorsitzende des Vorstandes ist in dieser Funktion an die Weisungen des Bundesministers für Finanzen gebunden.

..."

2.1. Auf die vormals bei der PTV beschäftigten und auf Grund des § 17 Abs 1 erster Satz Poststrukturgesetz nunmehr der PTA zur Dienstleistung zugewiesenen Beamten fanden somit die jeweils einschlägigen dienstrechtlichen Vorschriften des Bundes mit den in § 17 Abs 1 zweiter Satz Poststrukturgesetz genannten Maßgaben weiterhin Anwendung.

2.2. Zu diesen - in § 17 Abs 1 zweiter Satz Poststrukturgesetz verwiesenen - Bestimmungen zählen auch jene des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG) über die Bildung und Zusammensetzung der Disziplinarkommissionen. Die einschlägigen §§96, 97 und 98 BDG idF Art ArtI Z 27 BGBl. I 1997/61 bzw. Art ArtI Z 7 BGBl. 1983/137, Art ArtI Z 28 BGBl. I 1997/61 und Art ArtI Z 24 BGBl. I 1998/123 bzw. Art ArtI Z 8 BGBl. 1983/137 lauten:

"Organisatorische Bestimmungen

Disziplinarbehörden

§ 96. Disziplinarbehörden sind


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
die Dienstbehörden,
2.
die Disziplinarkommissionen,
3.
die Disziplinaroberkommission,
4.
die Berufungskommission.

Zuständigkeit

§ 97. Zuständig sind


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
die Dienstbehörde zur vorläufigen Suspendierung und zur Erlassung von Disziplinarverfügungen hinsichtlich der Beamten ihres Zuständigkeitsbereiches,
2.
die Disziplinarkommission zur Erlassung von Disziplinarerkenntnissen und zur Entscheidung über Suspendierungen hinsichtlich der Beamten des Ressorts, in dem sie eingerichtet ist,
3.
die Disziplinaroberkommission zur Entscheidung über Berufungen gegen Erkenntnisse der Disziplinarkommission sowie über Berufungen gegen Suspendierungen durch die Disziplinarkommission und
4.
die Berufungskommission zur Entscheidung über Berufungen gegen Einleitungs- und Verhandlungsbeschlüsse der Disziplinarkommission.

Disziplinarkommissionen

§98. (1) Bei jeder obersten Dienstbehörde ist eine Disziplinarkommission einzurichten.

(2) Die Disziplinarkommission besteht aus dem Vorsitzenden, den erforderlichen Stellvertretern und weiteren Mitgliedern. Der Vorsitzende und die Stellvertreter müssen rechtskundig sein.

(3) Der Vorsitzende, seine Stellvertreter und die Hälfte der weiteren Mitglieder der Disziplinarkommission sind vom Leiter der Zentralstelle mit Wirkung vom 1. Jänner auf die Dauer von fünf Jahren zu bestellen. Die zweite Hälfte der weiteren Mitglieder ist von dem (den) zuständigen Zentralausschuß (Zentralausschüssen) zu bestellen.

(4) Bestellt der Zentralausschuß innerhalb eines Monats nach Aufforderung durch den Leiter der Zentralstelle keine oder zu wenige Mitglieder für die Disziplinarkommission, so hat der Leiter der Zentralstelle die erforderlichen Mitglieder selbst zu bestellen."

3. Durch eine rückwirkend per in Kraft gesetzte Novelle zum Poststrukturgesetz (Art ArtVI BGBl. I 1999/6, ausgegeben am ; zum Inkrafttreten vgl. § 24 Abs 2 Z 2 Poststrukturgesetz idF Art ArtVI Z 7 BGBl. I 1999/6) wurden hinsichtlich jener Beamten, die vormals bei der PTV beschäftigt waren und nunmehr auf die Dauer ihres Dienststandes der PTA oder ihrer Rechtsnachfolgerin oder einem der Unternehmen, die durch Maßnahmen der Umgründung im Rahmen des bestehenden Gesellschaftsrechtes aus der PTA hervorgegangen sind und an denen sie oder die Post und Telekombeteiligungsverwaltungsgesellschaft direkt oder indirekt einen Anteil von mehr als 25 % hält (vgl. § 17 Abs 1 erster Satz Poststrukturgesetz idF Art ArtVI Z 1 BGBl. I 1999/6 = Art ArtI Z 32 BGBl. I 1999/31), zur Dienstleistung zugewiesen sind, vom BDG abweichende Bestimmungen über die Bildung und die Zusammensetzung der Disziplinarkommission erlassen.

4.1. § 17 Poststrukturgesetz wurde ua. um folgenden Abs 9 erweitert:

"(9) Auf die Zuständigkeit und das Verfahren in den Beamte gemäß Abs 1 betreffenden Disziplinarangelegenheiten sind die Bestimmungen des 9. Abschnittes des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 mit der Maßgabe anzuwenden, daß


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
zur Durchführung des Disziplinarverfahrens die beim Bundesministerium für Finanzen einzurichtende Disziplinarkommission zuständig ist,
2.
die Mitglieder des für der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft zur Dienstleistung zugeteilte Beamte zuständigen Senates der Disziplinarkommission der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft zur Dienstleistung zugewiesene Beamte sein müssen,
3.
die Bestellung dieser Mitglieder der Disziplinarkommission durch den Bundesminister für Finanzen zu erfolgen hat,
4.
ein Mitglied des zuständigen Senates der Disziplinarkommission statt vom Zentralausschuß von der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten oder gemäß § 98 Abs 4 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 bestellt worden sein muß, und
5.
ein Mitglied des zuständigen Senates der Disziplinaroberkommission ein der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft zur Dienstleistung zugewiesener Beamter sein muß."

4.2. Gleichzeitig wurde in § 21 Poststrukturgesetz die folgende - ebenfalls per 1. Jänner in Kraft gesetzte - Übergangsbestimmung aufgenommen (vgl. Art ArtVI Z 5 BGBl. I 1999/6 und zum Inkrafttreten § 24 Abs 2 Z 2 Poststrukturgesetz idF Art ArtVI Z 7 BGBl. I 1999/6):

"(2) Am anhängige Dienstrechtsverfahren sind von den am zuständigen Dienstbehörden weiter zu führen."

III. 1. In der Beschwerde wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der im vorliegenden Fall eingeschrittene Senat XIII der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen am Sitze der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft, Direktion Graz, der bereits vor Inkrafttreten der zuvor wiedergegebenen Neuregelung durch die Poststrukturgesetz-Novelle Art ArtVI BGBl. I 1999/6 gebildet worden ist, im Zeitpunkt der Beschlussfassung über das Disziplinarerkenntnis unrichtig zusammengesetzt gewesen sei. Ein Mitglied des Senates sei nämlich bereits im Jahr 1997 mit Wirksamkeit ab dem auf die Dauer von fünf Jahren - zum damaligen Zeitpunkt völlig gesetzeskonform - vom Zentralausschuss der Post- und Fernmeldebediensteten bestellt worden. Seit dem Inkrafttreten des § 17 Abs 9 Z 4 Poststrukturgesetz mit müsse dieses Mitglied jedoch von der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten und nicht vom Zentralausschuss, bzw - bei mehr als einmonatiger Säumnis des zur Bestellung befugten Organs - auf die in § 98 Abs 4 BDG 1979 geregelte Weise bestellt worden sein.

Das Disziplinarerkenntnis sei von der Disziplinarkommission in der zuvor geschilderten - gesetzwidrigen - Zusammensetzung am , somit mehrere Monate nach Inkrafttreten der erwähnten Poststrukturgesetz-Novelle, erlassen worden. Da die belangte Behörde es unterlassen habe, die gesetzwidrige Zusammensetzung der Disziplinarkommission aufzugreifen, sei der Beschwerdeführer im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.

2. Die belangte Behörde verweist in ihrer Gegenschrift hinsichtlich des Vorwurfs, die Disziplinarkommission sei gesetzwidrig zusammengesetzt gewesen, auf Folgendes:

"Was das Senatsmitglied Amtssekretärin E W betrifft, so war im Zeitpunkt ihrer Bestellung durch den Zentralausschuss zum Mitglied des zuständigen Senats der Disziplinarkommission für die Funktionsdauer bis nicht voraussehbar, dass der Bestellungsmodus in Zukunft dergestalt gesetzlich geändert werden werde, dass die Bestellung statt vom Zentralausschuss von der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten (oder gemäß § 98 Abs 4 BDG 1979) zu erfolgen haben werde (§17 Abs 9 Z 4 Poststrukturgesetz idF BGBl. 6/1999).

Die belangte Behörde vertrat in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass es nicht Intention des Gesetzgebers der Poststrukturgesetz-Novelle BGBl. 6/1999 war, bereits für eine bestimmte Funktionsperiode bestellte Senatsmitglieder von dieser Funktion abzuberufen und dass die in Rede stehende Neuregelung des Bestellungsmodus die zu einem früheren Zeitpunkt festgelegte Funktionsdauer dieses Senatsmitgliedes der Disziplinarkommission erster Instanz somit nicht beendet hat. Es kann dem Gesetzgeber nach Ansicht der belangten Behörde nämlich nicht die Absicht zugesonnen werden, dass mit dem rückwirkenden Inkrafttreten des § 17 Abs 9 Poststrukturgesetz idF der Novelle BGBl. 6/1999 am bis zur Neubestellung von Senatsmitgliedern der Disziplinarkommission auf Grundlage der geänderten Bestimmungen eine Übergangsperiode geschaffen werden sollte, in der mangels Existenz einer rechtmäßig zusammengesetzten Disziplinarkommission keinerlei Beschlussfassung möglich gewesen wäre. Diese Rechtsansicht wäre nach Auffassung der belangten Behörde auch deshalb verfehlt, weil zwischen den Mitgliedern des Personalvertretungsorgans Zentralausschuss und den Vertretern der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten ursprünglich Personalunion bestand."

IV. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes wird das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art Art 83 Abs 2 B-VG) (auch) dann verletzt, wenn eine an sich zuständige, aber nicht dem Gesetz entsprechend zusammengesetzte Kollegialbehörde entschieden hat (zB VfSlg. 10.022/1984, 11.350/1987, 13.946/1994).

1.2. Dieser Fall liegt ua. dann vor, wenn ein in eine Kollegialbehörde entsandtes Mitglied an der Entscheidung mitgewirkt hat, die entsendende Stelle zur Bestellung dieses Mitgliedes jedoch nicht berechtigt war (zB VfSlg. 2679/1954, 5295/1966, 7336/1974).

1.3. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird ferner auch dann verletzt, wenn der Mangel der unrichtigen Zusammensetzung, falls er bei einer Kollegialbehörde unterer Instanz vorliegt, von der in letzter Instanz zur Entscheidung berufenen Behörde nicht wahrgenommen wird (zB VfSlg. 14.731/1997, S 46 mwN).

2.1. Im vorliegenden Fall steht außer Streit, dass die Disziplinarkommission erster Instanz im Zeitpunkt der Beschlussfassung insofern nicht dem Gesetz entsprechend zusammengesetzt war, als eines ihrer Mitglieder nicht - wie es § 17 Abs 9 Z 4 Poststrukturgesetz idF Art ArtVI Z 4 BGBl. I 1999/6 vorschreibt - von der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten, sondern vom Zentralausschuss, dem auf Unternehmensebene eingerichteten Personalvertretungsorgan der dem Postbereich zuordenbaren Arbeitnehmerschaft (vgl. §§1 Abs 1, 9 Abs 1 Z 4, 21 Post-Betriebsverfassungsgesetz, BGBl. 1996/326), bestellt worden war.

2.2. Wenn die belangte Behörde nun meint, es sei im Zeitpunkt der Bildung des Senates XIII der Disziplinarkommission nicht vorhersehbar gewesen, dass eine gesetzliche Neuregelung des Bestellungsmodus erfolgen werde, und es sei dem Gesetzgeber nicht zusinnbar, dass diejenigen Mitglieder, die nicht der Neuregelung entsprechend in ihr Amt berufen worden seien, mit Wirksamkeit vom neu zu bestellen gewesen wären, so ist ihr Folgendes entgegenzuhalten: Der Gesetzgeber hat in § 17 Abs 9 Z 4 Poststrukturgesetz idF Art ArtVI Z 4 BGBl. I 1999/6 die klare Regelung getroffen, dass ein Mitglied der Disziplinarkommission statt vom Zentralausschuss von der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten bestellt worden sein muss. Im Zusammenhalt mit § 24 Abs 2 Z 2 Poststrukturgesetz idF Art ArtVI Z 7 BGBl. I 1999/6, wodurch diese Neuregelung mit in Kraft gesetzt wird, ergibt sich eindeutig, dass in Disziplinarverfahren, die nach Ablauf des anhängig werden, die Disziplinarkommission nur in der § 17 Abs 9 Z 4 Poststrukturgesetz entsprechenden Zusammensetzung tätig werden darf. Im vorliegenden Fall ist das Disziplinarverfahren auf Grund einer Disziplinaranzeige der Dienstbehörde vom eingeleitet worden; die Disziplinarkommission hat über das Disziplinarerkenntnis am Beschluss gefasst. Es kann somit kein Zweifel daran bestehen, dass § 17 Abs 9 Z 4 Poststrukturgesetz idF Art ArtVI Z 4 BGBl. I 1999/6 auf dieses Disziplinarverfahren Anwendung gefunden hat. Für eine gegenteilige Absicht des Gesetzgebers, wie sie die belangte Behörde behauptet, finden sich keinerlei Anhaltspunkte; die in Rede stehende Poststrukturgesetz-Novelle BGBl. I 1999/6 enthält auch keine - der (im vorliegenden Fall nicht präjudiziellen) Bestimmung des § 21 Abs 2 Poststrukturgesetz idF Art ArtVI Z 5 BGBl. I 1999/6 (vgl. zuvor Pkt. II.4.2.) vergleichbare - Übergangsbestimmung, die auf das erstinstanzliche Disziplinarverfahren anwendbar gewesen wäre.

2.3. Das Disziplinarverfahren

gegen den Beschwerdeführer ist, wie zuvor (Pkt. 2.2.) aufgezeigt, erst dreieinhalb Monate nach Inkrafttreten der in Rede stehenden Poststrukturgesetz-Novelle eingeleitet worden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wäre es jedoch jedenfalls möglich gewesen, das im Jahr 1997 vom Zentralausschuss bestellte Mitglied zu ersetzen. Schon allein deshalb geht also auch der Einwand der belangten Behörde ins Leere, es habe bis zur Neubestellung einzelner Senatsmitglieder die Gefahr bestanden, dass mangels Bestehen einer gesetzeskonform zusammengesetzten Disziplinarkommission während eines bestimmten Zeitraums keinerlei Beschlussfassung möglich gewesen wäre. Auch der Umstand, dass die Bestimmung des § 17 Abs 9 Z 4 Poststrukturgesetz idF Art ArtVI Z 4 BGBl. I 1999/6 rückwirkend in Kraft gesetzt worden ist (vgl. zuvor Pkt. II.3.), kann daran nichts ändern.

2.4. Soweit sich die belangte Behörde schließlich darauf beruft, dass zwischen den Mitgliedern des Personalvertretungsorganes Zentralausschuss und den Vertretern der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten Personalunion bestanden habe, ist ihr entgegenzuhalten, dass § 17 Abs 9 Z 4 Poststrukturgesetz idF Art ArtVI Z 4 BGBl. I 1999/6 dem Zentralausschuss ausdrücklich die Befugnis abspricht, in die Disziplinarkommission Mitglieder zu entsenden. Für die gesetzmäßige Zusammensetzung der Disziplinarkommission kommt es in dem in Rede stehenden Zusammenhang somit allein auf die entsendeberechtigte Stelle an; der Umstand, dass die Mitglieder des Zentralausschusses und die maßgeblichen Vertreter der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten behauptetermaßen personenident seien, ist ohne rechtliche Relevanz.

2.5.1. Die Ausführungen der belangten Behörde betreffen zusammenfassend allein die Praktikabilität der durch die erwähnte Poststrukturgesetz-Novelle getroffenen Neuregelung der Berufung der Mitglieder der Disziplinarkommission. Dass der im vorliegenden Fall eingeschrittene Senat XIII der Disziplinarkommission - entgegen den Beschwerdebehauptungen - doch gesetzeskonform zusammengesetzt gewesen sei, wird von der belangten Behörde damit jedoch nicht dargetan (vgl. VfSlg. 13.932/1994, S 477).

2.5.2. Dadurch, dass die belangte Behörde es unterlassen hat, den Mangel der gesetzwidrigen Zusammensetzung der Disziplinarkommission erster Instanz aufzugreifen, hat sie den Beschwerdeführer im durch Art Art 83 Abs 2 B-VG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.

Der angefochtene Bescheid war daher als verfassungswidrig aufzuheben.

3.1. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 88 VerfGG 1953. Von den zuerkannten Kosten entfallen S 4.500,-- auf die Umsatzsteuer und S 2.500,–– auf die entrichtete Pauschalgebühr.

3.2. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen werden.