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VfGH vom 27.09.2007, B2013/06

VfGH vom 27.09.2007, B2013/06

Sammlungsnummer

18217

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Versagung der Aufnahme einer überwiegend für die Behandlung in Krankenanstalten geeigneten Arzneispezialität in den gelben Bereich des Erstattungskodex; keine Bedenken gegen die Rechtsgrundlage dieser Entscheidung im ASVG; keine Unterstellung eines gleichheitswidrigen Inhalts, keine Willkür, ausreichende Bescheidbegründung

Spruch

Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Die beschwerdeführende Gesellschaft beantragte mit Schriftsatz vom beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (im Folgenden: Hauptverband) die Aufnahme der von ihr vertriebenen Arzneispezialität "Visudyne 15 mg Pulver zur Herstellung einer Infusionslösung" (im Folgenden: Visudyne) in den gelben Bereich des Erstattungskodex.

Mit Schreiben vom hat der Hauptverband auf Grundlage der Empfehlung der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission folgende Entscheidung getroffen:

"1. Der Antrag auf Aufnahme der Arzneispezialität Visudyne 15 mg Pulver zur Herst. einer Infusionslsg. in den Erstattungskodex wird abgewiesen.

2. Visudyne 15 mg Pulver zur Herst. einer Infusionslsg. wird aus dem Erstattungskodex gestrichen."

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die beantragte Arzneispezialität überwiegend zur Behandlung in Krankenanstalten geeignet sei.

Mit Bescheid vom gab die Unabhängige Heilmittelkommission der gegen diese Entscheidung erhobenen Beschwerde statt und hob die Entscheidung des Hauptverbandes vom auf.

Mit Entscheidung vom wies der Hauptverband den Antrag der beschwerdeführenden Gesellschaft, Visudyne in den gelben Bereich des Erstattungskodex aufzunehmen, neuerlich ab (Pkt. 1) und entschied, diese Arzneispezialität aus dem Erstattungskodex zu streichen (Pkt. 2). Begründend wurde im Wesentlichen abermals auf die überwiegende Eignung dieser Arzneispezialität zur Behandlung in Krankenanstalten hingewiesen.

Die gegen diese Entscheidung erhobene Beschwerde wies die Unabhängige Heilmittelkommission mit Bescheid vom als unbegründet ab.

Gegen diesen - keinem weiteren Rechtszug unterliegenden (vgl. § 351h Abs 5 ASVG) - Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde; darin behauptet die Beschwerdeführerin, in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen in ihren Rechten verletzt zu sein und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift; darin verteidigt sie den angefochtenen Bescheid und beantragt die Abweisung der Beschwerde. Der am Beschwerdeverfahren beteiligte Hauptverband erstattete eine schriftliche Äußerung, in der er dem Vorbringen der Beschwerdeführerin entgegentritt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Gemäß § 31 Abs 3 Z 12 ASVG (in der im vorliegenden Fall maßgebenden Fassung der 61. Novelle, Art 1 des 2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetzes 2003 - 2. SVÄG 2003, BGBl. I 145) obliegt dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger die Herausgabe eines Erstattungskodex der Sozialversicherung für die Abgabe von Arzneispezialitäten auf Rechnung eines Sozialversicherungsträgers im niedergelassenen Bereich; in dieses Verzeichnis sind jene für Österreich zugelassenen, erstattungsfähigen und gesichert lieferbaren Arzneispezialitäten aufzunehmen, die nach den Erfahrungen im In- und Ausland und nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft eine therapeutische Wirkung und einen Nutzen für Patienten und Patientinnen im Sinne der Ziele der Krankenbehandlung (§133 Abs 2 ASVG - d.i. im Unterschied zur Anstaltspflege die Krankenbehandlung im niedergelassenen Bereich) annehmen lassen.

Der Erstattungskodex ist in drei Bereiche unterteilt ("rot", "gelb", "grün"). Arzneispezialitäten, die zwar einen "wesentlichen zusätzlichen therapeutischen Nutzen" für Patienten haben, aber aus medizinischen oder gesundheitsökonomischen Gründen nicht in den grünen Bereich aufgenommen werden, sind im gelben Bereich anzuführen. Die Abgabe dieser Arzneispezialitäten auf Rechnung eines Sozialversicherungsträgers bedarf grundsätzlich der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes dieses Versicherungsträgers (vgl. § 31 Abs 3 Z 12 litb ASVG).

Arzneispezialitäten und Stoffe für magistrale Zubereitungen können nach § 31 Abs 3 Z 12 ASVG nur dann als Leistung der Krankenbehandlung auf Rechnung eines Sozialversicherungsträgers abgegeben werden, wenn sie im Erstattungskodex angeführt sind. In begründeten Einzelfällen ist die Erstattungsfähigkeit auch dann gegeben, wenn die Arzneispezialität nicht im Erstattungskodex angeführt ist, aber die Behandlung aus zwingenden therapeutischen Gründen notwendig ist und damit die Verschreibung in diesen Einzelfällen nicht mit Arzneispezialitäten aus dem Erstattungskodex durchgeführt werden kann. Diese unterliegen der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes.

Abschnitt V des Sechsten Teiles des ASVG (idF der 61. Novelle) regelt die Aufnahme von Arzneispezialitäten in den Erstattungskodex:

Die im vorliegenden Fall maßgebenden Vorschriften lauten auszugsweise samt Überschrift:

"Bereiche des Erstattungskodex und Antragstellung

für die Aufnahme in den Erstattungskodex

§351c. (1) Das vertriebsberechtigte Unternehmen beantragt beim Hauptverband die Aufnahme einer Arzneispezialität in den gelben oder den grünen Bereich des Erstattungskodex. Mit Antragstellung, mit der zumindest die Zulassungsnummer und ein Preis bekannt gegeben wird und der eine Bestätigung der Lieferfähigkeit und über die Dauer der Patentlaufzeit angeschlossen ist, wird die Arzneispezialität zeitlich befristet in den roten Bereich aufgenommen; stellt der Hauptverband spätestens nach 90 Tagen fest, dass die Arzneispezialität nicht erstattungsfähig ist, so ist sie aus dem roten Bereich des Erstattungskodex zu streichen. Beschwerden dagegen haben keine aufschiebende Wirkung. Die näheren Bestimmungen zur Feststellung der Erstattungsfähigkeit werden in der Verfahrensordnung (§351g) festgelegt. Bei der Entscheidung über die Aufnahme in den Erstattungskodex sind für alle Produkte dieselben Prüfmaßstäbe anzulegen. Der Hauptverband hat die Aufnahmen und die Streichungen von Arzneispezialitäten monatlich im Internet kundzumachen.

(2) Der Hauptverband hat eine Liste jener Arzneimittelkategorien zu erstellen, die im Allgemeinen nicht zur Krankenbehandlung im Sinne des § 133 Abs 2 geeignet sind, da sie zB überwiegend


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-
zur Behandlung in Krankenanstalten,
-
unter ständiger Beobachtung oder
-
zur Prophylaxe

verwendbar sind. Diese Liste samt einer Begründung für die Anführung der Arzneimittelkategorien ist im Internet zu veröffentlichen.

(3) Zur Beurteilung eines Antrages nach Abs 1, insbesondere inwieweit ein wesentlicher therapeutischer Nutzen für Patienten und Patientinnen oder eine wesentliche therapeutische Innovation vorliegt, sind vom Antragsteller pharmakologische, medizinisch-therapeutische und gesundheitsökonomische Unterlagen vorzulegen. Das vertriebsberechtigte Unternehmen ist verpflichtet, bei der Antragstellung auf Aufnahme in den Erstattungskodex mitzuteilen, wann der Patentschutz der in der jeweiligen Arzneispezialität enthaltenen Wirkstoffe in Österreich endet. Die näheren Bestimmungen über das Verfahren zur Aufnahme in den Erstattungskodex und über den Umfang, die Qualität und den Zeitpunkt der Vorlage von Unterlagen, werden in der Verfahrensordnung (§351g) geregelt. Abs 1 letzter Satz ist anzuwenden.

(4)-(7) ...

(8) Sonderbestimmungen für den gelben Bereich (yellow box) des Erstattungskodex: Eine Arzneispezialität kann in den gelben Bereich aufgenommen werden, wenn die Heilmittel-Evaluierungs-Kommission (§351g) eine wesentliche therapeutische Innovation festgestellt hat.

(9)-(10) ...

Entscheidung des Hauptverbandes

§351d. (1) Der Hauptverband hat über den Antrag (einschließlich des Preises) auf Aufnahme in den gelben oder grünen Bereich des Erstattungskodex, unbeschadet der für den roten Bereich geltenden Befristung, innerhalb von 90 Tagen ab dem Vorliegen einer Empfehlung der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission nach deren Einlangen zu entscheiden.

(2) Der Hauptverband hat seine Entscheidung nur dann zu begründen, wenn dem Antrag nicht stattgegeben wird. Der Antragsteller ist über die Möglichkeit der Beschwerde an die Unabhängige Heilmittelkommission sowie über die Rechtsmittelfristen nach § 351i Abs 3 zu belehren.

(3) Ist ein Verfahren abgeschlossen, so ist der Hauptverband zur Entscheidung über einen neuerlichen Antrag hinsichtlich ein und derselben Arzneispezialität erst dann verpflichtet, wenn das vertriebsberechtigte Unternehmen dem Hauptverband das Vorliegen wesentlicher neuer Erkenntnisse nachweist."

Nähere Bestimmungen über das Aufnahmeverfahren trifft die auf § 351g Abs 1 ASVG gestützte - von der damaligen Bundesministerin für Gesundheit und Frauen mit Bescheid vom genehmigte - nach ihrem § 56 Abs 1 mit in Kraft getretene Verfahrensordnung des Hauptverbandes zur Herausgabe des Erstattungskodex - VO-EKO (Amtliche Verlautbarung der österreichischen Sozialversicherung im Internet Nr. 47/2004).

Über Beschwerden gegen Entscheidungen des Hauptverbandes, mit denen ein Antrag auf Aufnahme in den Erstattungskodex abgelehnt wurde (§351i Abs 1 Z 1 lita ASVG) oder mit denen eine Arzneispezialität aus dem Erstattungskodex gestrichen werden soll (litb leg.cit.), entscheidet eine (nach den Grundsätzen des Art 133 Z 4 B-VG eingerichtete) Unabhängige Heilmittelkommission.

Gemäß § 351i Abs 3 ASVG können sich Beschwerden an diese Behörde "nur auf Sachverhalte und Umstände beziehen, die zum Zeitpunkt der Entscheidung des Hauptverbandes vom vertriebsberechtigten Unternehmen sowie vom Hauptverband bereits eingebracht worden sind. Die Unabhängige Heilmittelkommission darf sich bei ihrer Entscheidungsfindung nicht auf Sachverhalte und Umstände stützen, die nach der Entscheidung des Hauptverbandes vom vertriebsberechtigten Unternehmen sowie vom Hauptverband eingebracht werden."

Gemäß § 351i Abs 4 ASVG hat die Unabhängige Heilmittelkommission die Entscheidung des Hauptverbandes, mit der (Z1) der Antrag auf Aufnahme in den Erstattungskodex abgelehnt wurde oder (Z2) mit der eine Arzneispezialität aus dem Erstattungskodex gestrichen werden soll (nicht nur im Falle ihrer Rechtswidrigkeit, sondern auch) aufzuheben, "wenn der Hauptverband im Verfahren sein Ermessen überschritten oder nicht nachvollziehbar ausgeübt hat; dabei sind alle in der Beschwerde vorgebrachten Argumente zu würdigen" (zur Unbedenklichkeit dieser Bestimmung unter dem Gesichtspunkt des Art 6 EMRK vgl. VfSlg. 17.686/2005).

2. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich zunächst - aus verschiedenen Gründen - in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt, und zwar in erster Linie dadurch, dass die belangte Behörde dem § 351c Abs 2 ASVG einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt habe, "in eventu" durch die Anwendung dieses gleichheitswidrigen Gesetzes.

2.1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

2.1.1. Was zunächst die (wenngleich erst in zweiter Linie) behauptete Gleichheitswidrigkeit des Gesetzes betrifft, geht die beschwerdeführende Partei davon aus, die Behörde habe gemäß § 351c Abs 2 ASVG bei der Beurteilung der - die Grundlage ihrer abweisenden Entscheidung bildenden - Eignung von Visudyne zur Krankenbehandlung gemäß § 133 Abs 2 ASVG auf die bestehenden faktischen Verhältnisse hinsichtlich des Einsatzes dieser Arzneispezialität abzustellen. Dies sei aber unsachlich, "weil die Frage, ob eine Arzneispezialität im intramuralen Bereich eingesetzt wird, noch keine Aussage darüber zulässt, ob eine ... abstrakte Eignung für den Einsatz im extramuralen Bereich besteht."

a) Der Gesetzeswortlaut des § 351c Abs 2 ASVG nennt (beispielsweise) als Indiz für die mangelnde Eignung einer Arzneimittelkategorie (Arzneispezialitäten und Stoffe zur magistralen Zubereitung) zur Krankenbehandlung (im Sinne des § 133 Abs 2 ASVG - dh. zur häuslichen Krankenbehandlung) im hier maßgeblichen Zusammenhang keineswegs die tatsächliche Verwendung, sondern die überwiegende Verwendbarkeit zur Behandlung in Krankenanstalten und verpflichtet damit die Behörde auch im Falle eines faktisch überwiegend in Krankenanstalten verwendeten Medikamentes Feststellungen darüber zu treffen, ob das in Rede stehende Arzneimittel lege artis (unter anderem unter den Gesichtspunkten entsprechender Überwachungsmöglichkeiten und möglicher Nebenwirkungen auf den Gesundheitszustand der betreffenden Patienten) in gleicher Weise auch außerhalb von Krankenanstalten angewendet werden kann. Auch aus § 20 Abs 4 der VO-EKO lässt sich entnehmen, dass der Hauptverband auch für Arzneispezialitäten, die einer Kategorie gemäß § 351c Abs 2 ASVG angehören, die Erstattungsfähigkeit feststellen kann, wenn der Nachweis darüber erbracht wird, dass die Arzneispezialität zur (extramuralen) Krankenbehandlung im Sinne des § 133 Abs 2 ASVG geeignet ist.

b) Im Übrigen sollen die in Rede stehenden Regelungen, wie aus den Gesetzesmaterialien des 3. Sozialversicherungs-Änderungsgesetzes 2003 (AB 316 BlgNR 22. GP) hervorgeht, nicht zuletzt dazu beitragen, die jährlichen Ausgabensteigerungen der sozialen Krankenversicherung im Bereich der Arzneimittel im Zeitraum 2003 bis 2006 durchschnittlich zwischen drei und vier Prozent zu stabilisieren. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Krankenversicherungsträger mit ihren Beiträgen zur Krankenanstaltenfinanzierung gemäß § 447f ASVG alle Leistungen der (über Landesgesundheitsfonds finanzierten) Krankenanstalten gemäß § 148 Z 3 ASVG, dh. im stationären, halbstationären, tagesklinischen und spitalsambulatorischen Bereich unter Einschluss der aus dem medizinischen Fortschritt resultierenden Leistungen zur Gänze abgelten. Der Ausschluss der freien Verschreibbarkeit von Arzneimitteln, die überwiegend für die Verwendung in Krankenanstalten geeignet sind, führt zwar nicht zum Ausschluss der Abgabe dieses Arzneimittels auf Kosten der Krankenversicherung, wohl aber zur vorherigen Genehmigungspflicht durch den chefärztlichen Dienst. Diese Genehmigung ist zu erteilen, sofern "die Behandlung aus zwingenden therapeutischen Gründen notwendig ist und damit die Verschreibung in diesen Einzelfällen nicht mit Arzneimitteln aus dem Erstattungskodex durchgeführt werden kann" (§31 Abs 3 Z 12 dritt- und viertletzter Satz ASVG). Weder gegen das gesetzgeberische Ziel noch gegen den zur Zielerreichung vom Gesetzgeber gewählten Weg bestehen aus der Sicht des Beschwerdefalles verfassungsrechtliche Bedenken.

2.1.2. Ferner erhebt die Beschwerde auch Bedenken ob der hinreichenden Bestimmtheit des § 351c Abs 2 ASVG und schließt daraus eine Verletzung des in Art 18 B-VG enthaltenen Legalitätsprinzips. Durch die Verwendung von zwei unbestimmten Gesetzesbegriffen räume der Gesetzgeber dem Hauptverband einen zu großen Entscheidungsspielraum ein, "sodass er willkürlich eine große Anzahl von Arzneimitteln [...] in den Erstattungskodex aufnehmen oder deren Aufnahme verweigern [könne]". Auch dieses Bedenken ist unbegründet, wie der Verfassungsgerichtshof schon in VfSlg. 17.686/2005 entschieden hat. Der Verfassungsgerichtshof sieht sich nicht veranlasst, von dieser Rechtsprechung abzurücken.

3.1. Aber auch das Vorbringen, die belangte Behörde habe bei ihrer abweisenden Entscheidung tatsächlich lediglich Erfahrungen aus dem bisherigen praktischen Einsatz von Visudyne zu ihrer Entscheidungsgrundlage gemacht und somit dem § 351c Abs 2 ASVG einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt, ist schon deshalb unzutreffend, da sich sowohl die ablehnende Entscheidung des Hauptverbandes vom als auch der diese Entscheidung bestätigende - im vorliegenden Verfahren angefochtene - Bescheid der Unabhängigen Heilmittelkommission vom - entgegen den Behauptungen der beschwerdeführenden Partei - eingehend mit Fragen der Qualitätssicherung, Nachbetreuung und des Komplikationsmanagements und daher mit der objektiven Eignung des in Rede stehenden Medikaments, zur Krankenbehandlung im niedergelassenen Bereich eingesetzt zu werden, auseinandersetzen.

Wenn die Unabhängige Heilmittelkommission aufgrund der Ermittlungsergebnisse die vom Hauptverband getroffene Entscheidung, die Aufnahme von Visudyne in den Erstattungskodex abzulehnen, weil die beantragte Arzneispezialität im Allgemeinen nicht zur (extramuralen) Krankenbehandlung im Sinne des § 133 Abs 2 ASVG, sondern überwiegend zur Behandlung in Krankenanstalten geeignet sei, aufgrund der ihr vorliegenden negativen Evaluierungsergebnisse des Hauptverbandes und der damit korrespondierenden Empfehlung der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission bestätigt hat, unterstellte sie der anzuwendenden Bestimmung des § 351c Abs 2 ASVG daher keinen gleichheitswidrigen Inhalt.

3.2. Schließlich behauptet die Beschwerde, die belangte Behörde habe bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides Willkür geübt:

Unter diesem Aspekt kritisiert die Beschwerde im Wesentlichen, die Begründung des angefochtenen Bescheides entspreche nicht den Erfordernissen des § 60 AVG, der eine klare und übersichtliche Zusammenfassung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, der bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und der darauf gestützten Beurteilung der Rechtsfrage verlange. Außerdem habe sich die belangte Behörde nicht mit dem konkreten Vorbringen der Beschwerdeführerin auseinandergesetzt und auch nicht nachvollziehbar dargelegt, aus welchem Grund diesem Vorbringen nicht gefolgt werden konnte.

3.2.1. Ein willkürliches Verhalten wäre der Behörde insbesondere dann zum Vorwurf zu machen, wenn sie den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber, wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 10.065/1984, 14.776/1997, 16.273/2001).

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, läge unter anderem aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).

3.2.2. Keiner dieser Mängel liegt hier aber vor:

Zwar sind nach § 351j Abs 5 ASVG die Vorschriften des AVG auch auf das Verfahren vor der Unabhängigen Heilmittelkommission anzuwenden. Soweit die Beschwerde aber aus ihren soeben genannten verfahrensrechtlichen Bedenken im Hinblick auf § 60 AVG ein willkürliches Verhalten der belangten Behörde darzutun sucht, releviert sie keinen in die Verfassungssphäre reichenden Vollzugsmangel: Die Behörde hat nämlich ohne Verstoß gegen die Denkgesetze alles Entscheidungswesentliche bedacht und - sofern erforderlich - Gründe und Gegengründe gegeneinander abgewogen, also nicht nur die für die Abweisung eines Anspruches maßgeblichen Gründe herangezogen, sondern sich auch mit jenen Gründen auseinandergesetzt, die für die Bejahung der Anspruchsberechtigung sprechen (vgl. zu diesen Anforderungen zB VfSlg. 12.477/1990, 15.696/1999, 15.698/1999 und 15.826/2000).

4. Die behaupteten Rechtsverletzungen liegen sohin nicht vor. Das Beschwerdeverfahren hat auch nicht ergeben, dass der angefochtene Bescheid die beschwerdeführende Partei in einem anderen, von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt hätte.

Die beschwerdeführende Partei ist somit durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

5. Ob der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie hier - gegen einen Bescheid einer Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag richtet, der gemäß Art 133 Z 4 B-VG nicht mit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof bekämpft werden kann (zB VfSlg. 3975/1961, 7121/1973, 7654/1975, 9541/1982 mwN).

6. Seit ist beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zu C-311/07 eine Klage der Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen die Republik Österreich wegen Feststellung, dass Österreich im Zusammenhang mit den Regelungen über den Erstattungskodex gegen Art 6 Nr. 1 der Richtlinie 89/105/EWG des Rates vom betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch und ihre Einbeziehung in die staatlichen Krankenversicherungssysteme (ABl. 1989 L 4088) verstößt, anhängig. Es war aber auf diese - im Verfahren bisher von keiner Seite aufgeworfene - gemeinschaftsrechtliche Frage (unter dem Aspekt einer allfälligen Verletzung des Rechtes auf den gesetzlichen Richter wegen Nichtbeachtung einer allfälligen Vorlageverpflichtung durch die belangte Behörde - vgl. VfSlg. 17.411/2004) auch von Amts wegen nicht weiter einzugehen: Selbst unter der Annahme, dass die Auffassung der Kommission zuträfe, ist nämlich nicht ersichtlich, dass eine allfällige Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Fehlens einer gesetzlichen Bestimmung zur Umsetzung der in Art 6 Nr. 1 der genannten Richtlinie enthaltenen Entscheidungsfristen von 90 bzw. 180 Tagen auf das Ergebnis der von der belangten Behörde zu treffenden Entscheidung von Einfluss hätte sein können.

7. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.