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OGH vom 21.12.2015, 9Ob72/15a

OGH vom 21.12.2015, 9Ob72/15a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Korn als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen Kinder 1. Ja***** S*****, geboren am ***** 2000, 2. Je***** S*****, geboren am ***** 2002, und 3. M***** S*****, geboren am ***** 2004, alle *****, alle vertreten durch das Land ***** als Kinder- und Jugendhilfeträger (Bezirkshauptmannschaft *****), diese vertreten durch Dr. Gerhard Horak und Mag. Andreas Stolz Rechtsanwälte-Partnerschaft in Wien, wegen Unterhaltserhöhungsantrag der Kinder und Unterhaltsherabsetzungsantrag des Vaters S***** S*****, vertreten durch Mag. Peter Mayerhofer, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, über den Revisionsrekurs der Kinder gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom , GZ 16 R 225/15z, 16 R 226/15x 142, mit dem die Beschlüsse des Bezirksgerichts Wiener Neustadt vom , GZ 9 Pu 60/09y 126, und vom , GZ 9 Pu 60/09y 132, bestätigt wurden, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen, die 1. hinsichtlich der Entscheidungen über die Unterhaltserhöhungsanträge der Kinder Ja***** und M***** betreffend den Monat Oktober 2010 sowie über die Anträge der Kinder auf Zuspruch von Sonderbedarfskosten von 2.089,92 EUR für Je***** und von 1.254 EUR für Ja***** je zur Gänze sowie im Umfang von 4.666,18 EUR für M***** bestätigt werden und 2. im Umfang der Abweisung des Unterhaltsherabsetzungsmehrbegehrens des Vaters, soweit er damit die Herabsetzung auf einen geringeren Unterhalt als 85 EUR begehrte, als unbekämpft unberührt bleiben, werden 3. im übrigen Umfang, also hinsichtlich der Entscheidung über die Unterhaltserhöhungsanträge der Kinder Ja***** und M***** ab und des Kindes Je***** ab , über den Unterhaltsherabsetzungsantrag des Vaters für die Kinder Ja*****, M***** und Je***** ab , soweit es die Herabsetzung des Unterhalts bis auf 85 EUR betrifft, sowie über den Antrag des Kindes M***** auf Zuspruch von Sonderbedarfskosten von 1.098 EUR, aufgehoben. Die Pflegschaftssache wird insoweit zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Die minderjährigen Kinder Ja***** S*****, geboren am ***** 2000, Je***** S*****, geboren am ***** 2002, und M***** S*****, geboren am ***** 2004, sind die ehelichen Kinder der Mutter Mag. A***** S***** und des Vaters S***** S*****. Sie leben im Haushalt der obsorgeberechtigten Mutter. Die Ehe der Eltern ist geschieden.

Aufgrund des beim Bezirksgericht Wiener Neustadt am abgeschlossenen Vergleichs ist der Vater zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von je 276 EUR für seine Töchter Ja***** und Je***** sowie von 241 EUR für seinen Sohn M***** verpflichtet.

Der Vater beantragte den Unterhalt für den Zeitraum von bis auf 205 EUR für die mj Ja***** und je 175 EUR für die mj Je***** und den mj M***** sowie ab auf 80 EUR für die mj Ja***** und die mj Je***** sowie auf 75 EUR für den mj M***** herabzusetzen.

Die Kinder sprachen sich gegen den Unterhaltsherabsetzungsantrag des Vaters aus und begehrten den vom Vater zu leistenden monatlichen Unterhalt ab auf 268 EUR für M***** und auf 316 EUR für Ja***** sowie ab auf 316 EUR für Je***** zu erhöhen.

Darüber hinaus beantragten die Kinder am (ON 82) und (ON 125), den Vater zur Bezahlung des Sonderbedarfs von 1.019 EUR und 235 EUR für Ja*****, von 1.298,92 EUR und 791 EUR für Je***** und von 4.439,18 EUR (darin enthalten Schulgeld für 2011/12 iHv 3.830 EUR) und 1.325 EUR für M***** (darin enthalten Schulgeld für 2014/15 iHv 1.098 EUR) zu verpflichten.

Mit Beschluss vom (ON 126) setzte das Erstgericht den vom Vater zu leistenden monatlichen Unterhaltsbetrag für die Zeit von bis auf 205 EUR für Ja***** und auf je 175 EUR für Je***** und M***** sowie ab auf 85 EUR für jedes Kind herab. Das Herabsetzungsmehrbegehren des Vaters wies es ab. Die Unterhaltserhöhungsanträge der Kinder Ja***** und M***** für den Monat Oktober 2010 wies es zurück, jene für den Zeitraum ab sowie den Unterhaltserhöhungsantrag des Kindes Je***** wies es ab. Die Anträge der Kinder vom auf Verpflichtung des Vaters zur Bezahlung des Sonderbedarfs wies es zur Gänze ab.

Mit Beschluss vom (ON 132) wies das Erstgericht auch die Anträge der Kinder vom auf Verpflichtung des Vaters zur Bezahlung eines weiteren Sonderbedarfs, und zwar von 791 EUR für Je*****, von 235 EUR für Ja***** und von 1.325 EUR für M***** zur Gänze ab.

Der Unterhaltsbemessung für die Zeit von bis sei das Durchschnittseinkommen des Vaters von monatlich 1.300 EUR aus dem Notstandshilfebezug und einem aus geringfügiger Beschäftigung erzielten Einkommen zugrunde zu legen. Ab betrage das durchschnittliche Einkommen des Vaters aus dem Notstandshilfebezug durchschnittlich 960 EUR. Von diesen Einkommen habe dem Vater ein Unterhaltsexistenzminimum von 760 EUR zu verbleiben. Der Restbetrag sei auf die drei Kinder aufzuteilen. Dazu komme der Familienzuschlag je Kind, den der Vater beantragen könne. Eine Anspannung des Vaters auf ein höheres Einkommen sei nicht vorzunehmen, weil nicht davon auszugehen sei, dass der Vater seine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit deshalb herbeigeführt habe, um sich der Unterhaltsverpflichtung zu entziehen. Dem Zuspruch von Sonderbedarfskosten stehe die mangelnde Leistungsfähigkeit des Vaters entgegen. Ein Teil der geltend gemachten Kosten, wie etwa die Kosten einer Privatschule für den mj M*****, stellten überdies keinen vom Unterhaltspflichtigen neben dem Allgemeinbedarf zu tragenden Sonderbedarf dar.

Das Rekursgericht gab den von den Kindern gegen beide Entscheidungen erhobenen Rekursen nicht Folge. Die gesundheitlichen Leistungseinschränkungen des Vaters ließen eine regelmäßige, kontinuierliche Berufsausübung nicht mit ausreichender Sicherheit zu. Der Vater wäre nur zeitweise in der Lage gewesen, einer Beschäftigung nachzugehen, seine Arbeitsplatzfindungschancen am allgemeinen Arbeitsmarkt wären jedoch nur für ausgewählte Gelegenheitsjobs intakt gewesen. Dies stehe einer Anspannung des Vaters auf ein von ihm zu erzielendes (höheres) Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit entgegen. Die Aktenlage biete auch keinen hinreichenden Anhaltspunkt dafür, dass der Vater durch eine weitere Behandlung seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen zur Gänze seine Arbeitsfähigkeit wieder erlangt hätte. Ein Sonderfall, bei dem die absolute Belastungsgrenze für den Unterhaltspflichtigen von 75 % des Ausgleichszulagenrichtsatzes unterschritten werden könne, liege nicht vor. Insbesondere ergebe sich aus dem Akt nicht, dass sich eine näher bezeichnete neue Partnerin an den regelmäßigen Fixkosten des Vaters beteiligen würde. Die Abweisung des Sonderbedarfsbegehrens im angefochtenen Beschluss vom sei von den Kindern unbekämpft geblieben. Das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Anerkennung der Privatschulkosten für M***** für das Schuljahr 2014/15 sei nicht überzeugend dargelegt worden.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der über Zulassungsvorstellung der Kinder (§ 63 AußStrG) vom Rekursgericht nachträglich zugelassene ordentliche Revisionsrekurs der Kinder, mit dem die Abänderung der Entscheidung im Sinne einer Abweisung des Unterhaltsherabsetzungsantrags des Vaters und einer Stattgabe der Unterhaltserhöhungsanträge der Kinder und der Anträge der Kinder auf Zuspruch von Sonderbedarfskosten begehrt wird; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag gestellt.

Der Vater beteiligte sich am Revisionsrekursverfahren nicht.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Kinder ist teilweise im Sinne des Eventualantrags berechtigt.

1.1. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass der Unterhaltspflichtige alle Kräfte anzuspannen hat, um seiner Verpflichtung zur angemessenen Unterhaltsleistung nachkommen zu können. Er muss alle seine persönlichen Fähigkeiten, insbesondere seine Arbeitskraft, so gut wie möglich einsetzen und seine Leistungskraft unter Berücksichtigung seiner Ausbildung und seines Könnens ausschöpfen (RIS-Justiz RS0047686 [T4]). Zu den ihn treffenden Verhaltenspflichten gehört es, alle zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, um ein der Sachlage angemessenes Einkommen zu erzielen. Tut er dies nicht, wird er so behandelt, als bezöge er Einkünfte, die er bei zumutbarer Erwerbstätigkeit erzielen könnte (RIS-Justiz RS0047686). Die gesetzlich vorgesehene Anspannung greift aber nicht nur bei Arbeitsunwilligkeit, sondern immer dann Platz, wenn dem Unterhaltspflichtigen die Erzielung eines höheren als des tatsächlichen Einkommens zugemutet werden kann (RIS-Justiz RS0047550).

Eine Anspannung auf tatsächlich nicht erzieltes Einkommen darf aber nur erfolgen, wenn eine zumindest leicht fahrlässige Herbeiführung des Einkommensmangels durch Außerachtlassung pflichtgemäßer, zumutbarer Einkommensbemühungen vorliegt (RIS-Justiz RS0047495 [T2]). Der Anspannungsgrundsatz dient somit als eine Art Missbrauchsvorbehalt, wenn schuldhaft die zumutbare Erzielung von Einkünften versäumt wird, sodass der angemessene Unterhalt des Berechtigten nicht mehr gesichert ist (10 Ob 22/15f; RIS-Justiz RS0047511 [T4]). Die Anforderungen an die Anspannung steigen dabei mit dem Umfang der Sorgepflichten (RIS-Justiz RS0047568).

Die Frage, ob und gegebenenfalls auf welche Höhe eines erzielbaren Einkommens der Vater angespannt werden kann, lässt sich im vorliegenden Fall aufgrund des festgestellten Sachverhalts noch nicht abschließend beantworten. Fest steht, dass der Vater aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen ab nicht regelmäßig, sondern nur zeitweise in der Lage war, einer Beschäftigung nachzugehen. Auch bei Anspannung seiner Kräfte waren seine Arbeitsplatzfindungs- bzw. Vermittlungschancen nur für ausgewählte Gelegenheitsjobs (im Gastgewerbe, Reinigung und Handel) intakt. Er hätte durch diese Tätigkeit lediglich einen Verdienst unter dem Betrag der Mindestsicherung erzielen können.

Auch wenn aufgrund dieser Feststellungen nicht davon ausgegangen werden kann, dass der unterhaltspflichtige Vater regelmäßig durch die ihm zumutbaren Gelegenheitsarbeiten ein Einkommen erzielen hätte können, so lässt der festgestellte Sachverhalt auch nicht den Schluss zu, dass der Vater bei Anspannung all seiner Kräfte durch Gelegenheitsarbeiten nicht zumindest einen neben dem Bezug der Notstandshilfe erlaubten Zuverdienst ins Verdienen bringen hätte können. Damit die Anspannung aber nicht zur bloßen Fiktion führt (RIS-Justiz RS0047579), wird das Erstgericht nach Aufnahme entsprechender Beweise, jedenfalls aber auf Grundlage eines ergänzenden berufskundlichen Sachverständigengutachtens die konkreten Erwerbsmöglichkeiten des Klägers auf dem Arbeitsmarkt ua unter Berücksichtigung der tatsächlich verfügbaren Gelegenheitsarbeitsplätze sowie der Bewerbungs- und Arbeitsfähigkeit des Vaters festzustellen haben (RIS-Justiz RS0047686 [T16]).

1.2. Der Oberste Gerichtshof hat auch bereits ausgesprochen, dass den Unterhaltsschuldner im Rahmen der gebotenen Anspannung auch die Obliegenheit trifft, sich einer zumutbaren Behandlung einer der Ausübung von Erwerbstätigkeit entgegenstehenden Erkrankung zu unterziehen, wenn er die Notwendigkeit der Behandlung erkennt und die Fähigkeit besitzt, nach dieser Einsicht zu handeln (6 Ob 64/07s).

Zu diesem für die Frage der Anspannung relevanten Themenkomplex fehlen ebenfalls, obwohl auch diese Fragen von den Kindern im erstinstanzlichen Verfahren angesprochen und dazu vom Erstgericht zum Teil nicht aufgenommene Beweise beantragt wurden (ON 56, 82, 119), ausreichende Feststellungen. Festgestellt wurde lediglich, dass der Kläger nach wie vor an den psychischen Folgen seiner bestandenen Sucht leidet, dadurch in seiner Arbeitsfähigkeit gehindert ist und sich v om bis in wöchentlicher psychologischer Therapie bei einem näher bezeichneten Verein befand. Zutreffend weisen die Revisionsrekurswerber aber darauf hin, dass die medizinische Sachverständige in ihrem Gutachten festgehalten hat, dass eine konsequente psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung die Situation des Vaters stabilisieren und verbessern könnte. Dass die Aktenlage keinen hinreichenden Anhaltspunkt dafür bietet, dass bzw ab wann eine (weitere) in Anspruch genommene Therapie die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Vaters schon wieder gänzlich hätte aufheben können so das Rekursgericht ist zwar richtig, aber die Folge fehlender Feststellungen. Diese wird das Erstgericht daher nach Aufnahme der dafür erforderlichen Beweise, ua der Ergänzung des medizinischen Sachverständigengutachtens, nachzuholen haben. Besonderes Augenmerk wird dabei dem bereits oben dargelegten Umstand beizumessen sein, dass dem Vater eine unterlassene Heilbehandlung nur dann vorwerfbar ist, wenn er die Notwendigkeit der Behandlung erkannte und die Fähigkeit besaß, nach dieser Einsicht zu handeln.

1.3. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, dass der Vater seine Arbeitsfähigkeit vorsätzlich herbeigeführt habe , um den Unterhalt der Kinder zu schmälern. Die rechtliche Argumentation der Revisionsrekurswerber, die diese negative Feststellung außer Betracht lässt, ist daher keiner Behandlung durch den Obersten Gerichtshof zugänglich.

1.4. Eine Anspannung auf ein Einkommen aus rechtswidriger Tätigkeit scheidet aus (RIS-Justiz RS0128825). Tatsächlich vom Unterhaltspflichtigen auf gesetzwidrige Weise erzieltes Einkommen wird nach der Rechtsprechung aber unter bestimmten Voraussetzungen als Teil der Unterhaltsbemessungsgrundlage angesehen (7 Ob 16/14z mwN). Ob dies hier der Fall ist, kann mangels entsprechender Feststellungen auch dazu haben die Kinder im erstinstanzlichen Verfahren Behauptungen aufgestellt und Beweisanträge gestellt (ON 82) nicht beurteilt werden. Der Ansicht des Rekursgerichts, dass allenfalls vom Vater durch gerichtlich strafbare Handlungen erzielte Geldbeträge zweifellos für verfallen erklärt worden wären, liegen keine sich aus dem Pflegschaftsakt ergebenden Beweisergebnisse zugrunde. Das Erstgericht wird daher im ergänzend durchzuführenden Verfahren auch zu diesem Themenkomplex entsprechende Beweise aufzunehmen und Feststellungen zu treffen haben.

1.5. Das Erstgericht hat festgestellt, dass der Vater nach Mitteilung des zuständigen AMS im August 2014 als Aktiv-Naturparkpfleger vermittelt worden wäre, eine Beschäftigung jedoch daran gescheitert sei, dass er über keinen eigenen PKW verfüge. Obwohl die Kinder im erstinstanzlichen Verfahren behauptet (und dazu auch Beweisanträge gestellt) haben, dass der Vater tatsächlich über einen eigenen samt Kennzeichen näher bezeichneten PKW verfüge (ON 119), traf das Erstgericht dazu keine Feststellungen. Die vom Rekursgericht zu Unrecht verneinte Relevanz dieses Vorbringens liegt darin, dass es dem unterhaltspflichtigen Vater aufgrund der Anspannungsverpflichtung zum Nachteil gereicht, wenn er tatsächlich einen eigenen PKW besitzt und er einer möglichen und ihm zumutbaren Erwerbstätigkeit, für die ein eigenes Fahrzeug erforderlich ist, nicht nachgegangen ist.

2.1. Die Unterhaltsbemessung hat sich an den im § 231 Abs 1 ABGB genannten Faktoren, also vor allem neben den Bedürfnissen des Kindes an der Leistungsfähigkeit des zur Zahlung von Geldunterhalt verpflichteten Elternteils zu orientieren (4 Ob 85/14z uva). Bei der Unterhaltsbemessung ist jedoch eine absolute Leistungsgrenze zu berücksichtigen, die nicht zu Lasten des Unterhaltsschuldners überschritten werden darf. Ihm hat jener Betrag zu verbleiben, der zur Erhaltung seiner Körperkräfte und seiner geistigen Persönlichkeit unbedingt notwendig ist (RIS-Justiz RS0008667). Als Richtsatz für die Belastungsgrenze orientiert sich die Rechtsprechung am Unterhaltsexistenzminimum des § 291b EO, ohne dass dieses jedoch eine in jedem Fall gültige starre Untergrenze bildet, sondern bei Bedarf in den Grenzen des § 292b EO noch unterschritten werden darf (RIS-Justiz RS0047455; RS0013458 [T2] bei Sonderbedarfsansprüchen). Eine genaue Berechnung der Belastungsgrenze ist nicht möglich, es ist vielmehr im Einzelfall eine nach den gegebenen Umständen für den Unterhaltsschuldner und den Unterhaltsberechtigten noch am ehesten tragbare Regelung zu treffen (RIS-Justiz RS0008667 [T2]; RS0013458 [T3]).

Nur in besonderen Ausnahmefällen kann auch unter das vielfach als „absolute Belastbarkeitsgrenze“ bezeichnete niedrigste Unterhaltsexistenzminimum in Höhe von 75 % des allgemeinen Grundbetrags (§ 291b Abs 2 iVm § 291a Abs 1 EO) herabgegangen werden (1 Ob 160/09z; 6 Ob 81/10w; Gitschthaler , Unterhaltsrecht³ Rz 590). Diese Voraussetzungen liegen etwa dann vor, wenn der Vater in Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen Person lebt und sich einen Teil der ihn treffenden Lebenshaltungskosten erspart (vgl 6 Ob 184/06m; 1 Ob 160/09z; Gitschthaler , Unterhaltsrecht³ Rz 591f).

Ob dies hier der Fall ist, kann ebenfalls derzeit noch nicht beantwortet werden. Die Kinder brachten im erstinstanzlichen Verfahren vor, dass der Vater an einer bestimmten angeführten Adresse in Lebensgemeinschaft mit A. D. lebe (ON 82). Das Erstgericht bezeichnete zwar in seiner Entscheidung mehrmals A. D. als „Lebensgefährtin“ des Vaters, stellte aber nicht fest, ob der Vater mit ihr tatsächlich in einer Hausgemeinschaft lebt und sich dadurch bestimmte Lebenshaltungskosten erspart. Die Ansicht des Rekursgerichts, der angefochtenen Entscheidung sei mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass das Erstgericht nicht vom Vorliegen einer Wohngemeinschaft des Vaters mit einer neuen Partnerin ausgegangen sei, zumal eine andere Wohnadresse des Vaters festgehalten worden sei, wird vom Senat nicht geteilt. Das Erstgericht wird daher auch zu dieser Frage entsprechende Beweise aufzunehmen und Feststellungen zu treffen haben.

2.2. Zu Recht wenden sich die Revisionsrekurswerber schließlich gegen die Ansicht des Rekursgerichts, ihre Mutter habe Anspruch auf Ehegattenunterhalt. Diese Ansicht findet tatsächlich keine Deckung in dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt. Nach jüngerer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs hat das Unterschreiten des Unterhaltsexistenzminimums zudem nicht zur Voraussetzung, dass eine subsidiäre Unterhaltspflicht des betreuenden Elternteils nach § 231 Abs 2 Satz 2 ABGB nicht besteht (10 Ob 56/06t; Gitschthaler , Unterhaltsrecht³ Rz 582.4).

2.3. Die Rechtsansicht des Rekursgerichts, in die Bemessungsgrundlage für den Kinderunterhalt seien nur die Familienzuschläge zur Notstandshilfe des Vaters einzubeziehen, die für den konkreten Unterhaltsberechtigten bezogen werden, nicht jedoch auch jene, die für andere Unterhaltsberechtigte gewidmet sind, entspricht der ständigen Rechtsprechung (vgl 1 Ob 2292/96g; 10 Ob 67/10s). Für die Kontrollrechnung im Zusammenhang mit der Belastungsgrenze des Vaters sind die Familienzuschläge jedoch zu berücksichtigen. Geht es doch darum, welcher Betrag dem unterhaltspflichtigen Vater nach Leistung sämtlicher Unterhaltsansprüche für seine Lebensführung verbleibt. Darauf wird das Erstgericht bei seiner neuerlichen Unterhaltsentscheidung Bedacht zu nehmen haben.

3. Das abgewiesene Begehren auf Bezahlung von Sonderbedarfskosten aller drei Kinder wird im Revisionsrekurs inhaltlich nur in Ansehung der für den minderjährigen M***** geltend gemachten Kosten der Privatschule für die Jahre 2011/12 bis 2014/15 in Höhe von insgesamt 4.928 EUR bekämpft. Im Rekurs der Kinder gegen den erstgerichtlichen Beschluss vom blieb die nur nominell bekämpfte Abweisung der Sonderbedarfskosten von den Kindern inhaltlich unausgeführt und damit auch das als Sonderbedarf geltend gemachte Schulgeld für den minderjährigen M***** für die Schuljahre 2011/12 bis 2013/14 von 3.830 EUR. Die insofern im Rekurs versäumte Rechtsrüge kann im Revisionsrekursverfahren aber nicht nachgeholt werden (3 Ob 175/14b mwN). Nur in Ansehung der für den minderjährigen M***** geltend gemachten Kosten der Privatschule für das Schuljahr 2014/15 iHv 1.098 EUR liegt daher eine gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge vor, die einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof zugänglich ist (vgl RIS-Justiz RS0043312).

Die Kosten des Besuchs einer Privatschule dürfen nicht von vornherein aus den Fällen des vom Unterhaltsschuldner zu bestreitenden Sonderbedarfs ausgeschieden werden (RIS-Justiz RS0107724 [T1]). Stellt aus im jeweiligen Einzelfall zu prüfenden Gründen die öffentliche Schule keine gleichwertige Alternative dar und sprechen gerechtfertigte Gründe für den Besuch der vom Unterhaltsberechtigten ausgewählten Privatschule, kann Schulgeld für diese Privatschule als Sonderbedarf anerkannt werden (3 Ob 27/15i; RIS-Justiz RS0107724 [T4, T 5]; vgl RIS-Justiz RS0109906).

Das wegen des Ausnahmecharakters von Sonderbedarf für die diese Ausnahme begründenden Umstände behauptungs- und beweispflichtige unterhaltsberechtigte Kind (RIS-Justiz RS0109908 [T8]) M***** hat schon in seinem Antrag vom (ON 82, Seiten 8-10) ausführlich vorgebracht, weshalb der Wechsel in eine Privatschule für ihn notwendig und förderlich war. Dennoch hat das Erstgericht dazu Feststellungen unterlassen. Diese wird es im ergänzend durchzuführenden Verfahren nachzutragen haben.

Der Unterhalt hat sich aber auch bei Berücksichtigung eines Sonderbedarfs im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen zu halten (RIS Justiz RS0047543). Ob dies hier überhaupt der Fall wäre, kann mangels abschließender Klärung der Einkommensverhältnisse des Vaters noch nicht beurteilt werden.

Zusammenfassend waren in teilweiser Stattgebung des Revisionsrekurses der minderjährigen Kinder - auch die Zurückweisung des Unterhaltserhöhungsantrags der Kinder Ja***** und M***** für den Monat Oktober 2010 blieb im Revisionsrekurs inhaltlich unbekämpft die Entscheidungen der Vorinstanzen zur Ergänzung des Verfahrens und zur neuerlichen Entscheidung im Sinne der oben aufgezeigten Umstände aufzuheben. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht neuerlich über den Unterhaltsherabsetzungsantrag des Vaters für den Zeitraum von bis auf 205 EUR für Ja***** und je 175 EUR für Je***** und M***** sowie ab auf 85 EUR für alle Kinder, über die Unterhaltserhöhungsanträge der Kinder Ja***** und M***** ab und des Kindes Je***** ab sowie über den Antrag des Kindes M***** auf Zuspruch von Sonderbedarfskosten von 1.098 EUR zu entscheiden haben.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2015:0090OB00072.15A.1221.000