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OGH vom 29.11.2016, 9Ob71/16f

OGH vom 29.11.2016, 9Ob71/16f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Korn und Dr. Weixelbraun-Mohr als weitere Richter in der Pflegschaftssache des Antragstellers J***** H*****, geboren am ***** 1998, *****, vertreten durch Gabler Gibel Ortner Rechtsanwälte GmbH Co KG in Wien, wegen Unterhalt, über den Revisionsrekurs des Antragsgegners Mag. H***** T*****, vertreten durch Kolarz Augustin, Rechtsanwälte in Stockerau, gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom , GZ 20 R 117/16w 158, womit dem Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Gänserndorf vom , GZ 6 Pu 156/13p 152, teilweise Folge gegeben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der Beschluss des Rekursgerichts wird dahin abgeändert, dass der erstgerichtliche Beschluss, der in seinen Punkten 4 und 5 als unbekämpft unberührt bleibt, in seinen Punkten 1 bis 3 wiederhergestellt wird. Punkt 2 lit a bis c wird jedoch um den Ausspruch des Rekursgerichts, dessen Entscheidung in diesem Umfang bestätigt wird, ergänzt, dass der Antragsgegner die zugesprochenen Unterhaltsrückstände samt gestaffelten Zinsen von 4 % jeweils seit 1. des Monats der Fälligkeit zu zahlen hat.

Der Antragsteller hat die Kosten seines Rekurses selbst zu tragen.

Der Antragsteller ist schuldig, dem Antragsgegner die mit 543,01 EUR (darin enthalten 83,65 EUR USt und 41,10 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Mit Beschluss vom verpflichtete das Erstgericht den Antragsgegner zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 314 EUR gegenüber dem Antragsteller, seinem im Juni 1998 geborenen Sohn. Berücksichtigt wurden dabei weitere zwei – auch derzeit noch bestehende – Sorgepflichten des Antragsgegners gegenüber seiner geschiedenen Ehegattin und seiner 1996 geborenen Tochter.

Im November 2013 erhielt der Antragsgegner von seiner geschiedenen Ehegattin eine Ausgleichszahlung von 100.000 EUR für die Übertragung seines Hälfteeigentums an der im Miteigentum der früheren Ehegatten stehenden Liegenschaft mit der darauf befindlichen ehemaligen Ehewohnung. Diese Ausgleichszahlung basiert unstrittig auf einer Vereinbarung, aus dem Jahr 2006 (Scheidungsvergleich) über die in einem vom Antragsgegner gegen seine geschiedene Ehegattin eingeleiteten gerichtlichen Verfahren ein Vergleich geschlossen wurde. Zuzüglich zur Ausgleichszahlung erhielt der Antragsgegner aufgrund dieses Vergleichs Zinsen in Höhe von rund 7.000 EUR sowie einen Betrag von 7.585 EUR, um die im Verfahren entstandenen Verfahrenskosten abzudecken.

Den Gegenstand des Revisionsverfahrens bildet – die Abweisung des Antrags des Antragstellers auf Leistung von Sonderbedarf erwuchs ebenso in Rechtskraft wie die Zurückweisung eines Unterhaltsherabsetzungsantrags des Antragsgegners (Punkte 4 und 5 des erstgerichtlichen Beschlusses) und die vom Erstgericht zugesprochenen Unterhaltserhöhungen für Unterhaltsperioden ab Dezember 2013 – nur noch die Frage, ob und gegebenenfalls nach welchen Aufteilungskriterien die Ausgleichszahlung samt Zinsen die Unterhaltsbemessungsgrundlage erhöht.

Der Antragsteller brachte dazu zusammengefasst vor, der Antragsgegner erwirtschafte aus der von seiner Mutter bezahlten Ausgleichszahlung von 107.000 EUR Zinserträge. Jedenfalls sei er aber auf derartige Zinserträge in Höhe von zumindest 4 % netto jährlich anzuspannen. Die vom Antragsgegner getätigten Luxusaufwendungen (Anschaffung eines PKW Audi Q5 und die Errichtung eines Schwimmbiotops) ließen die Absicht des Antragsgegners erkennen, den Unterhaltsanspruch des Antragstellers zu schmälern. Derartige Luxusaufwendungen, die der Finanzierung eines vom Unterhaltspflichtigen gewählten Lebensstils dienten, seien bei der Unterhaltsbemessungsgrundlage als Vermögen einzubeziehen. Der Antragsgegner müsse auch seine Kinder an seinem luxuriösen Lebensstil teilhaben lassen. Die Aufteilung des Vermögens des Antragsgegners habe auf sieben Jahre zu erfolgen.

Der Antragsgegner wandte ein, die von der Antragstellerin behauptete regelmäßige Rendite von 4 % jährlich nach Steuern sei nur bei einer hoch risikobehafteten Anlage erzielbar. Zum gemeinsamen Ankauf eines Audi Q5 mit seiner nunmehrigen Ehegattin habe er einen Teil der Ausgleichszahlung, nämlich 20.000 EUR, verwendet. Den restlichen Teil der Ausgleichszahlung in Höhe von 80.000 EUR habe er in jene Immobilie investiert, die ihm als Ehewohnung und Hauptwohnsitz diene. Er wohne seit Juli 2006 mietfrei bei seiner nunmehrigen Ehegattin, der er versprochen habe, in das Grundstück zu investieren, sollte er jemals Geld aus seinem Hälfteanteil der Liegenschaft erhalten. Der brachliegende Grundstücksteil der Immobilie seiner Ehegattin sei durch ein Fachunternehmen komplett mit Pflanzen, Bäumen und einem Schwimmteich gestaltet worden. Von „Luxusaufwendungen“ könne nicht die Rede sein. Im Übrigen habe er im Jahr 2005 mehr als 50.000 EUR für die Errichtung eines Schwimmbeckens, einer Terrassenvergrößerung und die Gestaltung des Gartens in die nun im Alleineigentum seiner geschiedenen Ehegattin stehende Liegenschaft aufgewendet. Das sei sachlich mit jenen Investitionen vergleichbar, die er nun getätigt habe. Seine geschiedene Ehegattin und die gemeinsamen Kinder könnten daher schon seit 2005 denselben Luxus wie er jetzt genießen. Seine frühere Ehegattin besitze ebenfalls durchgehend einen PKW.

Das Erstgericht verpflichtete den Antragsgegner – von diesem unbekämpft – zu einer Erhöhung der monatlichen Unterhaltsleistungen um 241 EUR für Dezember 2013, um 251 EUR für das Jahr 2014 und um 186 EUR ab , wobei es jedoch keine Zinsen für den rückständigen Unterhalt zusprach (Spruchpunkt 2 lit a bis c). Den Unterhaltserhöhungsantrag des Antragstellers für die Monate Jänner bis November 2013 (Spruchpunkt 1), das Unterhaltsmehrbegehren (Spruchpunkt 3) sowie den Sonderbedarfsantrag des Antragstellers (Spruchpunkt 4) wies es ab, den Unterhaltsherabsetzungsantrag des Vaters ab zurück (Spruchpunkt 5).

Neben den eingangs wiedergegebenen Feststellungen traf das Erstgericht folgende weitere Sachverhaltsfeststellungen:

Der Antragsgegner verwendete den Betrag (die Ausgleichszahlung samt Zinsen) für die Anschaffung eines neuen PKW im Wert von 70.000 EUR und eines Schwimmteichs im Wert von 72.000 EUR. Die Kosten dafür wurden vorläufig vom gemeinsamen Konto des Antragsgegners und seiner nunmehrigen Ehegattin bestritten. Die Anschaffung des PKW erfolgte im September 2012, die Errichtung des Schwimmteichs im Mai 2013.

Der Antragsgegner wohnt seit Juli 2006 im Haus seiner nunmehrigen Ehegattin. Der erworbene PKW ist auf diese zugelassen und wird von beiden Ehegatten verwendet. Der Antragsgegner benützt den PKW auch für Fahrten zu seinem Arbeitsplatz.

Rechtlich vertrat das Erstgericht zu der im Revisionsrekursverfahren allein strittigen Frage der Berücksichtigung der Ausgleichszahlung die Auffassung, die Investitionen in die Liegenschaft, die der Antragsgegner mit seiner nunmehrigen Ehegattin bewohne, sei es auch in Form eines Schwimmteichs, und die Anschaffung eines neuen PKW, der auch für die Fahrt zum Arbeitsplatz genutzt werde, erfülle noch den einer Ausgleichszahlung allgemein zugedachten Zweck. Der Antragsgegner verwende die Ausgleichszahlung nicht dafür, generell einen höheren Lebensstandard zu finanzieren. Die Anschaffung eines Schwimmteichs stelle noch keine derartige Luxusanschaffung dar, die eine Anspannung und die begehrte Aufteilung auf mehrere Jahre rechtfertigen würde.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers teilweise Folge und änderte den erstinstanzlichen Beschluss dahin ab, dass es den Antragsgegner verpflichtete, zusätzlich zu der ihm auferlegten monatlichen Unterhaltsleistung von bis monatlich 221,67 EUR, von bis monatlich 316 EUR, von bis monatlich 331 EUR, von bis monatlich 306 EUR und ab bis auf weiteres monatlich 206 EUR zu bezahlen, wobei es den Antragsgegner überdies zur Zahlung von 4 % Zinsen aus den rückständigen Unterhaltsbeiträgen verpflichtete.

Es ging bei der Unterhaltsbemessung davon aus, dass die Ausgleichszahlung wegen widmungswidriger Verwendung in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen sei. Auch wenn man für die Anschaffung eines durchschnittlichen PKW einen Freibetrag von 30.000 EUR berücksichtige, blieben 40.000 EUR als widmungswidrige Luxusanschaffung. Diese 40.000 EUR seien, wegen der Anschaffung des Fahrzeugs 2012 beginnend mit , verteilt auf die durchschnittliche Nutzungsdauer des Fahrzeugs von 15 Jahren der Unterhaltsbemessungsgrundlage mit 223,89 EUR monatlich hinzuzurechnen. Die Ausgaben für das Schwimmbiotop seien der Unterhaltsbemessungsgrundlage ab Juni 2013 (Errichtung im Mai) verteilt auf eine angenommene Nutzungsdauer von 25 Jahren mit monatlich 222,33 EUR zuzuschlagen. Daraus und dem festgestellten Nettoeinkommen des Antragsgegners ergäben sich bei Anwendung der üblichen Prozentwertmethode die festgestellten Zusprüche.

Den Revisionsrekurs erklärte das Rekursgericht für zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle, nach welchen Grundsätzen der Vermögensstamm der Unterhaltsbemessungsgrundlage rechnerisch hinzuzuschlagen und welche Zeitspanne bei nachhaltigen Vermögenswerten dafür maßgebend sei.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Antragsgegner erhobene Revisionsrekurs , mit welchem er eine Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses anstrebt, ist zulässig, weil die Beurteilung des Rekursgerichts korrekturbedürftig ist.

Der Antragsteller beantragt, den Revisionsrekurs des Antragstellers zurückzuweisen; hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist teilweise berechtigt.

1. Die im Revisionsrekurs gerügten Feststellungsmängel liegen nicht vor:

Das Vorbringen des Antragsgegners, er habe im Jahr 2005 mehr als 50.000 EUR in die nunmehr im Alleineigentum seiner geschiedenen Ehegattin stehende Liegenschaft für eine Terrassenvergrößerung, die Errichtung eines Schwimmbads und die Gartengestaltung investiert, wurde von dem in erster Instanz durchgehend anwaltlich vertretenen Antragsteller nicht bestritten. Auch in seiner Revisionsrekursbeantwortung tritt der Antragsteller diesem im Revisionsrekurs wiederholten Vorbringen nicht entgegen. Das gilt auch für das Vorbringen des Antragsgegners, er habe zum Erwerb des PKW lediglich 20.000 EUR beigetragen, ca 80.000 EUR habe er – einer Vereinbarung mit seiner Ehegattin entsprechend – investiert, um den brachliegenden Grundstücksteil der Immobilie seiner nunmehrigen Ehegattin durch ein Fachunternehmen komplett mit Pflanzen, Bäumen und einem Schwimmteich zu gestalten.

Zwar reicht d as bloße Unterbleiben der Bestreitung für sich allein in der Regel für die Annahme eines Tatsachengeständnisses nicht aus (RIS-Justiz RS0039941 [T5]). Ist aber eine Partei einzelnen Tatsachenbehauptungen des Gegners mit einem konkreten Vorbringen entgegen getreten, hat aber zu den übrigen Behauptungen geschwiegen, rechtfertigt das die Annahme eines schlüssigen Zugeständnisses (RIS-Justiz RS0039927 [T12]; Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG § 33 Rz 17).

Hier hat der Antragsteller einzelne Tatsachenbehauptungen des Antragsgegners mit einem konkreten Gegenvorbringen – etwa zu der im Revisionsrekursverfahren nicht mehr relevanten Frage, welche Steuergutschriften der Antragsgegner erhielt – bestritten, ohne zu dem bereits davor ausführlich erstatteten Vorbringen des Antragsgegners zu den Investitionen in den Jahren 2005 und 2013 Stellung zu beziehen.

Es ist daher ungeachtet der insoweit tatsächlich unpräzisen Feststellungen des Erstgerichts als zugestanden zugrundezulegen, dass der Antragsgegner im Jahr 2005 Investitionen in der behaupteten Art und Höhe in die nunmehr im Alleineigentum seiner früheren Ehegattin stehende Liegenschaft tätigte und die Ausgleichszahlung in Höhe von 100.000 EUR wie vorgebracht verwendete, also 20.000 EUR zum Kaufpreis des PKW beitrug und 80.000 EUR in die Immobilie seiner nunmehrigen Ehegattin investierte.

2. Die Frage, ob im gegenständlichen Fall die Ausgleichszahlung die Unterhaltsbemessungsgrundlage erhöht, hat der Oberste Gerichtshof erst jüngst in der Entscheidung 3 Ob 172/16i vom in dem von der Tochter des Antragsgegners geführten Unterhaltsverfahren verneint. Darin wurde Folgendes ausgeführt:

„ 2.1 Die Ausgleichszahlung vermehrt das Vermögen des Unterhaltspflichtigen. Der Vermögensstamm ist nach herrschender Auffassung bei der Unterhaltsbemessung regelmäßig nicht zu berücksichtigen (1 Ob 98/03y; 6 Ob 49/08m; Schwimann/Kolmasch , Unterhaltsrecht 8 23).

2.2 Von diesem Grundsatz besteht eine Ausnahme, wenn die erforderlichen Unterhaltsleistungen nicht aus dem laufenden Einkommen bestritten werden können. Dann muss der Unterhaltspflichtige zur Erfüllung seiner Unterhaltsverpflichtungen im Rahmen des Zumutbaren sein Vermögen angreifen (RIS Justiz RS0047494; 6 Ob 106/11y; Gitschthaler , Unterhaltsrecht 3 Rz 496).

Der 'erforderliche' Unterhalt ist zwar mit dem Durchschnittsbedarfssatz ('Regelbedarf') nicht jedenfalls gleichzusetzen, der Durchschnittsbedarf stellt aber einen Richtwert dar ( Gitschthaler , Unterhaltsrecht 3 Rz 497). Das laufende Einkommen des Antragsgegners zum Zeitpunkt der Verwendung der Ausgleichszahlung (3.348,76 EUR netto monatlich) reichte zur Leistung des Unterhalts in Höhe des Durchschnittsbedarfssatzes aus.

Auch im Bereich des vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Verfahrens außer Streitsachen sind subjektive Behauptungs- und Beweislastregeln jedenfalls dann heranzuziehen, wenn über vermögensrechtliche Ansprüche, in denen sich die Parteien in verschiedenen Rollen gegenüberstehen, zu entscheiden ist (RIS-Justiz RS0006261 [T1]). Jeder Beteiligte hat daher die für seinen Standpunkt maßgeblichen Umstände zu behaupten und zu beweisen (6 Ob 20/15g = RIS-Justiz RS0006261 [T7]).

Die Antragstellerin behauptete nicht, dass bzw aus welchen Gründen der aus dem laufenden Einkommen des Antragsgegners gedeckte Durchschnittsbedarfssatz unter den 'erforderlichen' Unterhaltsleistungen liegt. Sie stellte sich vielmehr auf den Standpunkt, sie habe ein Anrecht, an dem 'luxuriösen' Lebensstil des Antragsgegners zu partizipieren.

2.3 Der Sache nach bezieht sie sich mit diesem Vorbringen auf die weiteren von der Rechtsprechung gemachten Ausnahmen von dem Grundsatz, dass der Unterhaltspflichtige die Vermögenssubstanz nicht angreifen muss:

a) Dann nämlich, wenn der Unterhaltspflichtige selbst die Substanz seines Vermögens heranzieht, um damit die Kosten der von ihm gewählten Lebensführung zu decken, ist sein Vermögen in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen (RIS Justiz RS0117850; 4 Ob 218/08z).

Dabei sind die Sachverhalte, die den zu dem Leitsatz RIS Justiz RS0117850 aufgenommenen Entscheidungen zugrundelagen, dadurch gekennzeichnet, dass der Unterhaltspflichtige jeweils bestimmte, der Substanz und nicht den Erträgen seines Vermögens zuzuordnende Beträge laufend für die Kosten der von ihm gewählten Lebensführung verwendete (zB 6 Ob 49/08m – Ratenzahlungen für die Übertragung eines Geschäftsanteils an einer Rechtsanwalts GmbH; 4 Ob 218/08z – Kapitalanteil der Rente aus einer Lebensversicherung; 2 Ob 246/09d – Ratenzahlungen; 6 Ob 114/10y – monatliche Entnahmen aus den Ersparnissen zur Lebensführung). Den für die Lebensführung verwendeten Beträgen kam somit im Ergebnis jeweils (zusätzliche) Einkommensfunktion für zuordenbare Perioden zu.

b) Verwendet der Unterhaltspflichtige hingegen sein Vermögen nicht zur Bestreitung des laufenden Unterhalts, wendet es aber ertraglos für 'luxuriöse' Investitionen auf, kann er nach der Rechtsprechung auf eine erfolgsversprechende Anlageform angespannt werden (RIS Justiz RS0047643; 4 Ob 557/94 – 'Luxusaufwendungen' in Wohnhaus; 1 Ob 2/02d – Kauf einer luxuriösen Wohnung).

2.4 Ebenso wie die Vermögenssubstanz ist auch eine Ausgleichszahlung in der Regel nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen, liegt doch ihr Zweck in der Beschaffung einer Ersatzwohnung, deren Einrichtung und ganz allgemein auch in der Sicherung wirtschaftlicher Grundlagen (RIS Justiz RS0047461).

2.5 Die Ausgleichszahlung ist jedoch zu berücksichtigen, wenn sie zwar gespart wird, aber nach der maßgeblichen Zweckbindung (8 Ob 60/10x) nicht den ihr zugrundeliegenden Zwecken dienen soll, etwa weil der Unterhaltspflichtige anderweitig für die Wohnmöglichkeit vorsorgen konnte. In diesem Fall ist dieses Vermögen, allerdings nur unter der allgemeinen Voraussetzung (vgl 2.2) der Unfähigkeit, die erforderlichen Unterhaltsleistungen aus dem laufenden Einkommen zu bestreiten, heranzuziehen. Die Zinsen sind dem die Bemessungsgrundlage bildenden Gesamteinkommen zuzuschlagen (RIS-Justiz RS0074414; 1 Ob 622/93).

2.6 Die Ausgleichszahlung ist ferner dann zu berücksichtigen, wenn sie der Unterhaltspflichtige verwendet, um damit einen höheren Lebensstandard oder überhaupt seinen eigenen laufenden Unterhalt zu finanzieren. Dann erhöhen die verwendeten Beträge die Bemessungsgrundlage des entsprechenden Verwendungszeitraums (4 Ob 531/95 = RIS-Justiz RS0047461 [T1]; RS007414; 3 Ob 278/98y). Das entspricht im Ergebnis der dargestellten Rechtsprechungslinie zur Berücksichtigung des laufend für die Lebensführung verwendeten Vermögens (2.3).

2.7 In Anwendung der dargelegten Grundsätze hat das Erstgericht zutreffend eine Einbeziehung der Ausgleichszahlung in die Unterhaltsbemessungsgrundlage verneint.

a) Eine Gefährdung des 'erforderlichen' Unterhalts der Antragstellerin, die den Antragsgegner zur Angreifung der Substanz seines Vermögens verpflichten würde, besteht nicht (2.2).

b) Nur unter der – hier nicht vorliegenden – Voraussetzung, dass der Antragsgegner die Ausgleichszahlung laufend für seine Lebensführung verwendet, käme ein der periodischen Verwendung entsprechender Zuschlag zur Unterhaltsbemessungsgrundlage in Betracht (2.3.a).

c) Die – hier allein relevante – Konstellation einer ertraglosen Verwendung des Vermögens für 'Luxusaufwendungen' könnte hingegen eine Anspannung des Antragsgegners auf fiktive Kapitalerträgnisse rechtfertigen (2.3.b). Die dafür erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen sind jedoch nicht verwirklicht:

Für den PKW hat auch das Rekursgericht einen Aufwand des Antragsgegners in Höhe von sogar 30.000 EUR als unterhaltsneutral anerkannt. Die Anschaffung eines Fahrzeugs um (anteilige) 20.000 EUR dient zwar nicht der Wohnversorgung, wohl aber im Hinblick auf die Nutzung des Fahrzeugs für berufliche Zwecke auch des Antragsgegners der Sicherung seiner wirtschaftlicher Grundlagen (RIS Justiz RS0047461).

Die weiteren Aufwendungen des Antragsgegners in Höhe von 80.000 EUR betrafen den brachliegenden Grundstücksteil der Immobilie seiner Ehegattin, der durch eine Fachfirma komplett mit Pflanzen, Bäumen und einem Schwimmteich gestaltet wurde. Nach dem unbestritten gebliebenen Vorbringens des Antragsgegners, wonach er im Jahr 2005 vergleichbare Investitionen in Höhe von mehr als 50.000 EUR auf der ursprünglich in seinem Hälfteeigentum stehenden Liegenschaft tätigte, dienten die nunmehr zu beurteilenden Aufwendungen der Anschaffung im Aufteilungsverfahren verloren gegangener langlebiger Wirtschaftsgüter (1 Ob 622/93; 5 Ob 65/97p; 3 Ob 278/98y).

Die vom Rekursgericht angestellten Überlegungen, es handle sich um 'Luxusaufwendungen', lassen außer Acht, dass solche 'Aufwendungen' auch dem Lebenszuschnitt der Antragstellerin in dem von ihr bewohnten, nunmehr im Alleineigentum ihrer Mutter stehenden Objekt entsprechen. Ein weiteres Partizipieren der Antragstellerin an dem Lebenszuschnitt des Antragsgegners ist bei dieser Sachlage jedenfalls nicht geboten und die Differenz zwischen den Investitionssummen schon im Hinblick auf die unterschiedlichen Anschaffungszeitpunkte (2005 bzw 2013) zu vernachlässigen.“

Der erkennende 9. Senat schließt sich dieser Rechtsansicht des 3. Senats vollinhaltlich an. Soweit der Antragsteller in seiner Revisionsrekursbeantwortung behauptet, er habe seit nicht einmal einen monatlichen Unterhalt in Höhe des Regelbedarfs von 558 EUR erhalten, übersieht er, dass der Regelbedarf seiner Altersgruppe (15 bis 19 Jahre) seit lediglich 446 EUR und nicht 558 EUR (Altersgruppe 19 bis 28 Jahre) beträgt ( Schwimann/Kolmasch , Unterhaltsrecht 8 118).

3. Ob der Antragsgegner im Umfang der ihm von seiner geschiedenen Ehegattin gezahlten Zinsen in Höhe von 7.000 EUR (zu deren Verwendung ein Vorbringen des Antragsgegners fehlt), auf eine erfolgsversprechende Anlageform angespannt werden könnte (vgl RIS Justiz RS0047643), muss nicht geprüft werden, führte doch eine erfolgsversprechende Anlageform bei einem Betrag von 7.000 EUR selbst unter Zugrundelegung der vom Antragsgegner als unrealistisch qualifizierten Renditemöglichkeit von 4 % abzüglich 25 % Kapitalertragsteuer zu einem jährlichen Ertrag von bloß 210 EUR, der bei der Unterhaltsbemessung vernachlässigbar ist.

Der dem Antragsgegner von seiner geschiedenen Ehegattin geleistete Kostenbeitrag diente der Abdeckung der Verfahrenskosten des Antragsgegners und erhöht die Unterhaltsbemessungsgrundlage ebenfalls nicht.

4. Daraus folgt zusammengefasst, dass der erstgerichtliche Beschluss wiederherzustellen ist.

Punkt 2 des erstgerichtlichen Beschlusses ist allerdings (im Sinne der insoweit zu bestätigenden Entscheidung des Rekursgerichts) um einen Zinsenzuspruch für den rückständigen Unterhalt zu ergänzen. Der Antragsgegner, der formell die gänzliche Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses beantragt, bekämpft in seinem Revisionsrekurs den Zinsenzuspruch inhaltlich auch nicht.

Die Kostenentscheidung beruht – unter Berücksichtigung der Volljährigkeit des Antragstellers – auf § 78 Abs 2 AußStrG. Der Antragsgegner ist lediglich geringfügig im Umfang des Zinsenbegehrens unterlegen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:0090OB00071.16F.1129.000