OGH vom 26.11.2015, 9Ob71/15d

OGH vom 26.11.2015, 9Ob71/15d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Dr. Weixelbraun Mohr, in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. ***** R*****, vertreten durch Hengstschläger, Lindner und Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, gegen die beklagte Partei Mag. ***** R*****, vertreten durch Univ. Prof. Dr. Bruno Binder, Dr. Josef Broinger ua, Rechtsanwälte in Linz, wegen Ehescheidung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz vom , GZ 15 R 362/15h 10, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Zwischen den Streitteilen ist vor dem Bezirksgericht Eferding zu AZ ***** mit umgekehrten Parteirollen ein Scheidungsverfahren anhängig. Die Ehe wurde mit erstgerichtlichem Urteil vom aus dem alleinigen Verschulden des Beklagten und nunmehrigen Klägers (nicht rechtskräftig) geschieden. Nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils brachte der Kläger die verfahrensgegenständliche Klage ein, mit der er die Scheidung aus dem Verschulden der hier Beklagten begehrt. Er habe ihr im ersten (anderen) Verfahren bewusst und aus Anstand mehrere Eheverfehlungen nicht vorgeworfen.

Das Erstgericht wies die Klage wegen Streitanhängigkeit a limine zurück.

Infolge des vom Kläger dagegen erhobenen Rekurses erklärte das Oberlandesgericht Linz sämtliche Richterinnen und Richter des Landesgerichts Wels als Rekursgericht für befangen und bestimmte das Landesgericht Linz zur Entscheidung über das Rechtsmittel des Klägers (ON 8).

Das Landesgericht Linz als Rekursgericht hob den Zurückweisungsbeschluss auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund auf. Es liege keine Streitanhängigkeit vor, weil die Urteilsbegehren der beiden Ehescheidungsklagen, jeweils das alleinige Verschulden der anderen Partei festzustellen, nicht ident seien. Nach der Rechtsprechung könne auch keine Streitanhängigkeit eingewendet werden, wenn ein Ehegatte eine Scheidungsklage aus einem Verschuldenstatbestand einbringe, während das Verfahren über eine gleichartige Scheidungsklage des anderen Ehegatten zwar in erster Instanz geschlossen, aber noch nicht rechtskräftig beendet sei.

Die Rechtsmittelentscheidung wurde der Beklagten gemeinsam mit der Klage am zugestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den Beschluss des Rekursgerichts gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten ist unzulässig .

Nach ständiger Rechtsprechung steht dem Beklagten kein Rechtsmittel gegen den Beschluss zu, mit dem das Rekursgericht die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens über eine vom Erstgericht wegen Unzuständigkeit zurückgewiesene Klage aufträgt (RIS Justiz RS0039200). Dies findet in § 232 ZPO eine Stütze. Daraus ist nämlich abzuleiten, dass vor der Zustellung der Klage an den Beklagten zwischen ihm und dem Kläger ein Verfahren noch gar nicht anhängig ist und er daher auch noch nicht Partei dieses Verfahrens sein kann. Solange die beklagte Partei aber am Verfahren nicht beteiligt ist, kann eine Entscheidung des Gerichts ihr gegenüber nicht bindend sein (RIS Justiz RS0039200 [T25, T 31]; Rechberger in Rechberger , ZPO 4 § 230 Rz 2). Sie ist daher nicht gehindert, nach ihrer Einbeziehung in das Prozessverhältnis noch Vorbringen zur allfälligen Streitanhängigkeit zu erstatten. Die Befürchtung der Beklagten, es liege ein Nichtigkeitsgrund vor, weil ihr die Möglichkeit genommen worden sei, ihre Argumente zur Streitanhängigkeit vorzubringen, ist danach unbegründet.

Mangels Parteistellung im Vorprüfungsverfahren ist das Rechtsmittel auch hinsichtlich des Vorbringens, dass das Landesgericht Linz örtlich unzuständig sei, nicht zulässig.

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten ist daher zurückzuweisen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2015:0090OB00071.15D.1126.000