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OGH vom 03.06.1986, 14Ob93/86

OGH vom 03.06.1986, 14Ob93/86

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuderna und Dr. Gamerith sowie die Beisitzer Dr. Martin Mayr und Dr. Walter Geppert als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Friedrun W***, Angestellte, Salzburg-Kasern, Lengfelden 175, vertreten durch Dr. Georg Grießer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei O*** D***

Gesellschaft mbH in Oberndorf bei Salzburg, Michael Rottmayrstraße 46, vertreten durch Dr. Ernst Pallauf, Dr. Günther Pullmann und Dr. Ingrid Stöger, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen S 42.455,84 sA infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom , GZ 31 Cg 5/85-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Salzburg vom , GZ Cr 702/83-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin die mit S 3.309,75 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 257,25 Umsatzsteuer und S 480 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war seit bei der beklagten Partei beschäftigt. Diese sprach am die fristlose Entlassung aus. Die Klägerin behauptet, ohne wichtigen Grund vorzeitig entlassen worden zu sein, und begehrt an Septembergehalt 1983, Kündigungsentschädigung (bis ), Weihnachtsremuneration und Urlaubsentschädigung abzüglich einer Vorschußzahlung von S 4.000 den der Höhe nach außer Streit gestellten Gesamtbetrag von S 42.455,84 sA.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und behauptete, die Klägerin aus mehreren wichtigen Gründen gerechtfertigt entlassen zu haben. Die Klägerin habe trotz mehrmaliger Aufforderung bei Erkrankungen kein ärztliches Zeugnis beigebracht; sie habe ihren Arbeitsplatz regelmäßig vor Dienstschluß verlassen und damit insgesamt 66,5 Fehlstunden zusammengebracht. Sie habe grobfahrlässig oder mutwillig Briefe an die Österreichische Kontrollbank aus dem Konzept fehlerhaft übertragen, so daß der Empfänger die Bundeshaftung abgelehnt habe; schließlich habe sie andere Mitarbeiter der beklagten Partei für die Firma A*** abzuwerben versucht. Durch die Vertragsverletzungen der Klägerin sei der beklagten Partei ein hoher Schaden entstanden, der bis zur Höhe des Klagsbetrages aufrechnungsweise eingewendet werde. Das Erstgericht stellte die Klagsforderung als zu Recht und die Gegenforderung der beklagten Partei als nicht zu Recht bestehend fest und gab demgemäß dem Klagebegehren statt. Es legte seiner Entscheidung folgende wesentliche Feststellungen zugrunde:

Im April 1981 nahm die Klägerin ein Rundschreiben der beklagten Partei zur Kenntnis, in dem ihr der wesentliche Inhalt des § 4 EFZG zur Kenntnis gebracht und mitgeteilt wurde, daß im Falle der "Nichtmeldung eines Krankenstandes durch ärztliche Bestätigung" die Verpflichtung des Dienstgebers zur Entgeltfortzahlung entfalle. Ferner kündigte die beklagte Partei (für den Fall nicht rechtzeitiger Beibringung einer Krankenstandsbestätigung) weitere rechtliche Schritte an. Im Sommer 1983 erkrankte die Klägerin für drei Tage, teilte dies der beklagten Partei telefonisch mit, brachte aber eine Krankenstandsbestätigung nicht bei, da sie keinen Arzt aufsuchte. Sie hatte nämlich bei einem vorhergehenden Krankenstand dem Arzt in Oberndorf ihren Krankenschein gegeben und keinen weiteren Krankenschein mehr zur Verfügung. Die Klägerin wurde wegen dieser Nichtbeibringung einer Krankenstandsbestätigung bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses (siehe aber unten) nicht beanstandet.

Im Betrieb der beklagten Partei bestehen feste Arbeitszeiten. Zur Überprüfung der Einhaltung dieser Arbeitszeiten brachte die beklagte Partei eine Stechuhr an, die die Beschäftigten beim Betreten und Verlassen des Betriebes betätigen müssen. Der Prokurist der beklagten Partei, Manfred S***, erteilte der Klägerin "in konkreten Fällen" den Auftrag, dringende Korrespondenz in der Mittagszeit zu erledigen, und erlaubte ihr dann, entsprechend früher vor dem Ende der regulären Dienstzeit nach Hause zu gehen. Fallweise verließ die Klägerin den Betrieb auch deshalb vor Dienstschluß, um Zollabfertigungen zu erledigen und mit Unternehmen, die in Geschäftsverbindung mit der beklagten Partei standen, Absprachen zu treffen. Die in der letzten Zeit aufgetretenen 66,5 Fehlstunden der Klägerin sind durch Arbeiten in der Mittagspause und Dienstleistungen außerhalb des Betriebes gedeckt.

Die Tätigkeit der Klägerin bestand im wesentlichen in der Verfassung von Reinschriften auf Grund von Diktaten oder Konzepten. Im Sommer 1983 hatte die Klägerin auf Grund von Konzepten, die von der Prokuristin Ingrid L*** vorbereitet worden waren, Schreiben an die Österreichische Kontrollbank wegen Übernahme einer Bundeshaftung abzufertigen. Den Brief vom an die Österreichische Kontrollbank übertrug die Klägerin richtig aus dem handschriftlichen Konzept. Über Aufforderung der Österreichischen Kontrollbank war jedoch ein neuerliches Antragsschreiben mit inhaltlichen Änderungen zu erstellen. Bei der Übertragung des von Ingrid L*** hiezu verfaßten Konzeptes unterlief der Klägerin ein Fehler. Sie nahm die im Schreiben vom erwähnte Kundschaft L*** in das Schreiben vom nicht mehr auf. Bei der Ausfertigung des Schreibens vom aus einer handschriftlichen Vorlage unterlief der Klägerin dadurch ein weiterer Fehler, daß sie die bei der Kundschaft "G***-TEXTIL AG" aushaftenden Beträge irrtümlich als DM-Beträge (statt Schillingbeträgen) angab. Die Klägerin hatte die ausgefertigten Schreiben dem jeweiligen Auftraggeber zur Durchsicht vorzulegen. Die Briefe vom 21. und wurden jedoch durch den Prokuristen Manfred S*** abgezeichnet, weil die Prokuristin Ingrid L*** nicht anwesend war. Manfred S*** kontrollierte die Schreiben inhaltlich nicht, weil er annahm, daß sie aus dem Kompetenzbereich der Prokuristin Ingrid L*** stammten. Mit Fernschreiben vom bemängelte die Kontrollbank die Schreiben der beklagten Partei und lehnte in weiterer Folge die Bundeshaftung ab, weil sie zur Ansicht gekommen war, die beklagte Partei habe vorsätzlich unrichtige Angaben gemacht. Gleiches war bereits mit Schreiben der Österreichischen Kontrollbank vom geschehen, weil die beklagte Partei über den Saldo des Prestige-Verlages München unrichtige Angaben gemacht hatte, die nicht auf Schreibfehlern durch die Klägerin beruhten. Auch die Ablehnung der Übernahme der Bundeshaftung für die im Schreiben vom angeführten Firmen beruhte nicht nur auf den der Klägerin unterlaufenen Übertragungsfehlern, sondern auf inhaltlich unrichtigen Angaben der beklagten Partei.

Im Mai 1983 knüpfte die Klägerin in ihrer Freizeit Kontakte zur amerikanischen Firma A***, die in Österreich freiberufliche Mitarbeiter zum Vertrieb von Haushaltsgeräten im Bekannten- und Freundeskreis suchte. Nachdem die Klägerin einen Vortrag der Firma A*** besucht hatte, erzählte sie davon im Betrieb den Mitarbeitern Siegfried P*** und N. M*** und weckte dadurch das Interesse der Genannten an einer Tätigkeit für dieses Unternehmen. Die Klägerin und ihre beiden Arbeitskollegen entschlossen sich, in ihrer Freizeit noch einmal einen Vortrag der Firma A*** zu besuchen, und erhielten auch Probeartikel ausgefolgt. Eine weitere Zusammenarbeit mit der Firma A*** kam jedoch nicht zustande. Die Klägerin nahm keine Abwerbung von Mitarbeitern der beklagten Partei vor; ihre Tätigkeit beschränkte sich auf die Schilderung, was sie bei Vorträgen der Firma A*** gehört hatte, und auf einige Zusammenkünfte mit diesem Unternehmen während der Freizeit.

Bis zum Jahresende 1982 gab es zwischen den Streitteilen keine Schwierigkeiten. Die Klägerin war eine ausgezeichnete Mitarbeiterin. Schwierigkeiten entstanden erst später und nur in jenem Arbeitsbereich, in dem die Klägerin mit der Prokuristin Ingrid L*** zusammenzuarbeiten hatte. Mit der Prokuristin Ingrid L*** kam es wegen eines von der Klägerin angemeldeten Urlaubs zu Spannungen, doch konnte die Klägerin schließlich den Urlaub zum gewünschten Termin antreten. Zu starken Spannungen nach dem kam es, weil die Klägerin trotz Aufforderung für den Krankenstand im Sommer keine ärztliche Krankmeldung nachreichte. Am sprach die beklagte Partei infolge Nichterscheinens der offensichtlich erkrankten Klägerin die Entlassung aus.

Das Erstgericht war der Ansicht, daß die Nichtvorlage einer ärztlichen Bestätigung keinen Entlassungsgrund bilde, da § 8 Abs 8 AngG als Folge dieser Säumnis nur den Verlust des Anspruchs auf das Entgelt festsetze. Die Klägerin habe der beklagten Partei weder Konkurrenz gemacht noch Mitarbeiter abgeworben. Die der Klägerin bei der Übertragung von zwei Briefen an die Österreichische Kontrollbank unterlaufenen Fehler beruhten auf einem minderen Grad des Versehens oder einer entschuldbaren Fehlleistung, so daß sie keinen Entlassungsgrund bildeten und auch die - überdies nicht näher bezifferte - Gegenforderung der beklagten Partei nicht zu Recht bestehe.

Das Berufungsgericht verhandelte die Rechtssache gemäß § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG von neuem, traf dieselben Feststellungen wie das Erstgericht und gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge. Die zweite Instanz war der Ansicht, daß der behauptete Entlassungsgrund der Nichtvorlage einer ärztlichen Bestätigung für die Erkrankung im Sommer 1983 am verfristet gewesen sei. Im übrigen bringe § 8 Abs 8 AngG zum Ausdruck, daß die Unterlassung der Vorlage einer Bestätigung der zuständigen Krankenkasse oder eines Amts- oder Gemeindearztes über Ursache und Dauer der Arbeitsunfähigkeit nur zum Verlust des Entgeltanspruches führe und in der Regel keinen Entlassungsgrund bilde. Die der Klägerin unterlaufenen Übertragungsfehler seien als entschuldbare Fehlleistungen im Sinne des § 2 Abs 2 DHG anzusehen; diese Fehler seien überdies nicht der ausschließliche Grund für die Ablehnung der Bundeshaftung durch die Kontrollbank gewesen. Die verantwortlichen Vorgesetzten hätten die von der Klägerin verfaßten "wichtigen" Schreiben kontrollieren müssen. Fehlstunden seien nicht bewiesen. Das Antreten eines Erholungsurlaubes ohne Einvernehmen mit dem Dienstgeber sei nicht als Entlassungsgrund geltend gemacht worden. Die Ausübung einer Nebenbeschäftigung sei den Angestellten grundsätzlich erlaubt. Daher sei es auch nicht rechtswidrig, wenn die Klägerin Arbeitskollegen auf eine Nebenbeschäftigung in der Freizeit aufmerksam gemacht und eingeladen habe, an einer Interessentenveranstaltung teilzunehmen. Der Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit sei daher nicht gegeben. Da es an einem wichtigen Grund für die Entlassung fehle, sei auch § 32 AngG nicht anzuwenden.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wegen Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision der beklagten Partei ist nicht berechtigt. Der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit liegt nicht vor. Trotz Fehlens einer Begründungspflicht (§ 510 Abs 3 ZPO; § 23 ArbGG) wird darauf verwiesen, daß die beklagte Partei ein eigenmächtiges Antreten eines Erholungsurlaubes durch die Klägerin ohne Vereinbarung mit dem Arbeitgeber (§ 17 AngG;§ 4 Abs 1 UrlG) nicht als Entlassungsgrund geltend machte und - wie noch auszuführen sein wird - die Frage, ob die Klägerin zur Nachbringung einer Arbeitsunfähigkeitsbestätigung für die Erkrankung im Sommer 1983 aufgefordert wurde, für die Entscheidung nicht erheblich ist. Auch die Rechtsrüge, die die beklagte Partei nur mehr auf folgende Entlassungsgründe

a) Nichtvorlage von Krankenstandsbestätigungen durch die Klägerin,

b) Schreibfehler der Klägerin in der Korrespondenz mit der Österreichischen Kontrollbank und

c) versuchte Abwerbung von Mitbediensteten durch die Klägerin stützt, ist nicht berechtigt.

a) Die beklagte Partei wies ihre Dienstnehmer in einem Rundschreiben auf die Bestimmung des § 4 Abs 1 EFZG über die Verpflichtung zur Mitteilung und zum Nachweis von krankheits-(unfall-)bedingten Arbeitsverhinderungen hin, gab die im § 4 Abs 4 EFZG bei Verletzung dieser Verpflichtungen vorgesehene gesetzliche Sanktion des Verlustes des Anspruches auf die Fortzahlung des Entgelts bekannt und behielt sich weitere Schritte mit dem Bemerken vor, sie nehme an, daß Arbeitnehmer, die dieser Verpflichtung nicht nachkommen, an der weiteren Mitarbeit bei ihr kein Interesse hätten (Beilage 4/1). Auf das Dienstverhältnis der Klägerin als Angestellte finden die von der Dienstgeberin zitierten Bestimmungen des EFZG gemäß § 1 Abs 2 leg.cit keine Anwendung, wohl aber die inhaltlich im wesentlichen übereinstimmende Norm des § 8 Abs 8 AngG. Die Pflicht, auf Verlangen des Dienstgebers eine Bestätigung der zuständigen Krankenkasse oder eines Amts- oder Gemeindearztes über Ursache und Dauer der Arbeitsunfähigkeit vorzulegen (so die von § 4 Abs 1 EFZG etwas abweichende Fassung des § 8 Abs 8 AngG), und die bei Verletzung dieser Pflicht eintretende Sanktion - Verlust des Entgeltanspruchs für die Dauer der Säumnis - besteht, ohne daß es einer vertraglichen Regelung bedarf, schon auf Grund des Gesetzes; der Umstand, daß ein Dienstgeber seine Angestellten auf die Einhaltung dieser Vorschriften besonders hinweist und mit ihnen darüber hinaus vereinbart, daß er sich für den Fall der Verletzung dieser Verpflichtungen weitergehende Sanktionen (Entlassung) vorbehalte, vermag für sich allein die vom Gesetz festgesetzten Rechtsfolgen nicht zu verstärken. Ohne Hinzutreten besonderer erschwerender Umstände bildet demnach die bloße Unterlassung der Beibringung einer der im Gesetz genannten Arbeitsunfähigkeitsbestätigungen keinen Entlassungsgrund (Martinek-Schwarz, AngG 6 260; Weißenberg, EFZG 32; Arb 6679, 7742, 7985, 9288 ua; in gleichem Sinn bei Unterlassung der Anzeige einer Dienstverhinderung JBl 1955, 606; Arb5403; SZ 52/139; Arb 10.101). Das Vorliegen solcher besonderen Umstände wurde aber verneint, wenn es sich um eine verhältnismäßig kurze Dauer der Erkrankung handelte oder die Gefahr eines konkreten Nachteils für den Dienstnehmer nicht gegeben war (Arb 9.288 mwN). Im vorliegenden Fall wurde als besonderer Umstand, der die weitergehende Sanktion der Entlassung rechtfertige, nur geltend gemacht, die beklagte Partei habe von allen Dienstnehmern eine Erklärung unterschreiben lassen, daß sie im Falle eines Krankenstandes verpflichtet seien, von sich aus eine ärztliche Bestätigung über den Krankenstand vorzulegen. Darin liegt jedoch kein besonderer Umstand, der die beklagte Partei über die Sanktion des § 8 Abs 8 AngG hinaus zur Entlassung berechtigen würde (vgl. Arb 7.985). Dazu kommt, daß die beklagte Partei aus der Nichtbeibringung der Krankenstandsbestätigung für die Erkrankung im "Sommer 1983" - nach ihren eigenen Angaben war diese Erkrankung zwischen 22. und - zunächst überhaupt keine Konsequenzen gezogen hat. Erst nach dem , also knapp vor der Entlassung, führte die Aufforderung der beklagten Partei an die Klägerin, eine ärztliche Krankmeldung nachzureichen, zu starken Spannungen. Die Behauptung der Revisionswerberin, sie habe die Klägerin wegen mehrerer Krankenstände des Jahres 1983 vergeblich zur Beibringung einer Krankenstandsbestätigung aufgefordert, findet in den Feststellungen keine Deckung.

b) Ein Dienstnehmer, der während seines aufrechten Dienstverhältnisses bewußt und vorsätzlich einen anderen Angestellten zu bewegen sucht, das Dienstverhältnis zu lösen und in ein Konkurrenzunternehmen einzutreten, setzt den Entlassungsgrund der Untreue nach § 27 Z 1 AngG (Arb 7851, 7901; SozM I A d 1016). Es kann aber nicht gesagt werden, daß derjenige, der ein Gespräch über die Möglichkeit eines Dienstgeberwechsels mit Arbeitskollegen einleitet, damit bereits die Interessen des Dienstgebers so schwer verletzt, daß diesem eine Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses nicht mehr zumutbar ist. Es kommt wesentlich auf Art und Inhalt des Gespräches an, ob es nämlich nur den Zweck der Information hatte oder auch den noch nicht vorhandenen Entschluß des Dienstnehmers zu einem Übertritt in ein anderes Dienstverhältnis einleiten oder fördern sollte (SozM I A d 1016). Im vorliegenden Fall trafen die Vorinstanzen die Tatsachenfeststellung, daß die Klägerin nicht die Absicht hatte, ihre Arbeitskollegen abzuwerben, also vorsätzlich zur Lösung des Dienstverhältnisses zur beklagten Partei zu bewegen, sondern daß das von ihr eingeleitete Gespräch in erster Linie um die Erzielung eines Nebenverdienstes in der Freizeit ging, möge auch der von der Klägerin angesprochene Siegfried P*** Überlegungen dahin angestellt haben, daß nur eine ganztägige Tätigkeit für die Firma A*** den Lebensunterhalt sichern könne (AS 132). Von einer vorsätzlichen Abwerbung kann somit keine Rede sein.

c) Auch die Fehler, die der Klägerin bei der Ausfertigung von Briefen an die Österreichische Kontrollbank unterliefen, rechtfertigen ihre Entlassung nicht. Gemäß § 27 Z 2 AngG ist es als wichtiger Grund, der den Dienstgeber zur vorzeitigen Entlassung berechtigt, anzusehen, wenn der Angestellte unfähig wird, die versprochenen oder die den Umständen nach angemessenen Dienste zu leisten. Als unfähig im Sinne dieser Gesetzesstelle wird ein Angestellter nur dann angesehen, wenn sich aus seinem Verhalten zeigt, daß er die ihm aufgetragene angemessene Arbeitsleistung nicht bewältigen kann, weil er die körperlichen oder geistigen Voraussetzungen hiezu nicht erfüllt (Arb 7479; ZAS 1966/14) oder wenn seine Dienstleistungen für den Dienstgeber ohne Wert sind (Arb 6940). Hingegen genügt nicht jede mangelhafte Leistung oder Fehlleistung zur sofortigen Lösung des Dienstverhältnisses (Arb 6940; ähnlich 7479). Nur erhebliche und andauernde Qualitätsunterschreitungen erfüllen den Tatbestand. Eine einmalige Fehlleistung wird nur ausnahmsweise als Entlassungsgrund in Betracht kommen, wenn sie derart schwerwiegend ist und einen derartigen Mangel an Kenntnissen und Fähigkeiten offenbart, daß daraus der zwingende Schluß auf die völlige Unbrauchbarkeit des Dienstnehmers gezogen werden muß (Kuderna, Entlassungsrecht 59, 91). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben, weil die Klägerin eine ausgezeichnete Mitarbeiterin war. Bei den festgestellten Übertragungsfehlern handelte es sich um alltägliche Flüchtigkeiten, wie sie auch bei sonst durchaus angemessenen Arbeitsleistungen einer Schreibkraft immer wieder vorkommen können.

Verfehlt ist schließlich auch die Ansicht der Revision, daß das Verhalten der Klägerin jedenfalls insgesamt ihre Entlassung rechtfertige. Anders als dort, wo ein Gesamtverhalten einem Entlassungsgrund zu unterstellen ist, kann eine Kumulierung verschiedener nicht tatbestandsmäßiger und damit die Entlassung nicht rechtfertigender Verhaltensweisen die für einen bestimmten Entlassungsgrund fehlende Tatbestandsmäßigkeit nicht ersetzen (Kuderna aaO 40).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.