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OGH vom 23.05.2018, 15Os48/18z

OGH vom 23.05.2018, 15Os48/18z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Gschiel, LL.M., als Schriftführerin in der Strafsache gegen Johann G***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1, Abs 3 Z 2 und Abs 4 zweiter und vierter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des genannten Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom , GZ 37 Hv 111/17f-56, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Johann G***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Schuldsprüche weiterer Angeklagter sowie rechtskräftige Freisprüche enthält, wurde Johann G***** des Verbrechens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1, Abs 3 Z 2, Abs 4 zweiter und vierter Fall StGB (I./A./), des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (I./B./1./a./), mehrerer Vergehen der Blutschande nach § 211 Abs 1 StGB (I./B./1./b./) sowie mehrerer Vergehen der Kuppelei nach § 213 Abs 1 StGB (I./B./2./) schuldig erkannt.

Danach hat er

I./A./ von bis zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2015, mithin eine längere Zeit hindurch, gegen seine Tochter Natascha K***** fortgesetzt Gewalt ausgeübt, indem er sie wiederholt durch Versetzen von Stößen, Schleudern von Gegenständen gegen ihren Körper, Schlagen mit zusammengerollten Tüchern, Würgen, wodurch sie Hämatome und Prellungen erlitt, und Verdrehen ihres Fußes am Körper verletzte und misshandelte, sowie sie durch die sinngemäßen Ankündigungen, er kenne genug Leute, die sie aufspüren und umbringen würden, sie solle aufpassen, was sie tue, sie werde das Haus nicht lebend verlassen, er selbst werde sie umbringen, gefährlich bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, wobei er durch die Tat eine umfassende Kontrolle des Verhaltens der Genannten herstellte und eine erhebliche Einschränkung deren Lebensführung bewirkte, indem er ihr kein eigenes Zimmer zur Verfügung stellte, sie zwang, sich ein Bett mit ihm zu teilen und sich ständig in seiner Gegenwart aufzuhalten, ihr lediglich erlaubte, in seiner Begleitung das Haus zu verlassen, ihr verbot, eine Lehre zu machen oder arbeiten zu gehen und ihr keinerlei finanzielle Freiheiten gewährte und darüber hinaus im Rahmen der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 3 StGB wiederholt Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und Integrität beging, indem er in einer Vielzahl von Angriffen seine Tochter, sohin eine Person, mit der er in absteigender Linie verwandt ist, zum Beischlaf verführte, und sie durch geschlechtliche Handlungen an ihr, nämlich das intensive Betasten ihrer Scheide und ihrer Brüste an öffentlichen Orten, wie im Kaffeehaus oder im Kino, belästigte, indem er forderte, dass sie Kleider ohne Unterwäsche anzog, sodass sie jederzeit für ihn verfügbar sei, wobei er die Gewalt nach § 107b Abs 3 StGB länger als ein Jahr ausübte;

B./1./ zwischen 2007 und

a./ die Genannte am Körper verletzt, indem er ein schweres Glas gegen sie schleuderte, wodurch sie eine Prellung des rechten Knöchels erlitt;

b./ in mehrfachen Angriffen seine Tochter, also eine Person, mit der er in absteigender Linie verwandt ist, zum Beischlaf verführt, indem er sie aufforderte mit ihm den Geschlechtsverkehr zu vollziehen, mitteilte, andernfalls würde er sterben, er schöpfe aus dem Geschlechtsverkehr mit ihr Lebenskraft und schließlich die einleitenden sexuellen Handlungen setzte;

2./ von 2007 bis seine am geborene Tochter, sohin eine mit ihm in absteigender Linie verwandte minderjährige Person, zu geschlechtlichen Handlungen verleitet, und zwar

a./ mit Peter G*****, indem er anordnete, sie mögen miteinander den Geschlechtsverkehr vollziehen;

b./ mit Klaudia G*****, indem er seiner Tochter befahl, diese mit der Hand zu stimulieren, wobei Natascha K***** mit den Fingern in die Scheide der Genannten eindrang sowie, indem er Klaudia G***** veranlasste, in die Scheide der Natascha K***** einen Finger einzuführen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt.

Die Mängelrüge behauptet, das angefochtene Urteil wäre undeutlich, unvollständig und mit sich selbst im Widerspruch (Z 5 erster, zweiter und dritter Fall), erstattet jedoch bloß ein Vorbringen nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung.

Der Rechtsmittelwerber verkennt, dass der zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit einer Aussageperson aufgrund des von dieser in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks führende kritischpsychologische Vorgang als solcher der Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde entzogen ist (RISJustiz RS0106588, RS0099419, RS0099649; zu den Ausnahmen vgl RS0106588 [T15]).

Indem die Beschwerde die Verantwortung des Rechtsmittelwerbers als glaubwürdig und lebensnah bezeichnet und auf seine Behauptung, wonach ein Komplott gegen ihn vorliege, sowie auf den Umstand verweist, dass der Zweit und die Drittangeklagte ihn nicht bereits vor der Polizei, sondern erst in der Hauptverhandlung belasteten (vgl dazu US 14 ff), wird der gesetzliche Anfechtungsrahmen verlassen.

Auch mit der Berufung auf den „Zweifelsgrundsatz“ (in dubio pro reo) wird kein aus Z 5 beachtlicher Mangel aufgezeigt (RISJustiz RS0102162).

Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde behauptet, das Urteil wäre widersprüchlich (nominell Z 5 dritter Fall), weil das Erstgericht bei der Strafzumessung das Ausnützen der Wehr und Hilflosigkeit des Opfers erschwerend gewertet hat, eine derartige Feststellung aber gar nicht getroffen wurde, wird ebensowenig Nichtigkeit – auch nicht nach § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO – aufgezeigt, weil Erschwerungs und Milderungsumstände gemäß der insoweit nicht differenzierenden Vorschrift des § 270 Abs 2 Z 5 StPO nicht nach Tatsachenfeststellungen und rechtlicher Beurteilung getrennt dargestellt werden müssen (vgl Ratz, WKStPO § 281 Rz 680, 686).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen ergibt (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0150OS00048.18Z.0523.000

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