OGH vom 28.10.2016, 9Ob69/16m
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin Hon. Prof. Dr. Dehn, den Hofrat Dr. Hargassner und die Hofrätinnen Mag. Korn und Dr. Weixelbraun-Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*****, vertreten durch Mag. Werner Hauser, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. H*****, vertreten durch Dr. Alois Autherith, Mag. Rainer Samek, Mag. Michael Imre, Rechtsanwälte in Krems, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom , GZ 40 R 191/16h 14, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Ein erheblich nachteiliger Gebrauch im Sinn des § 1118 1. Fall ABGB liegt dann vor, wenn durch eine wiederholte, länger währende vertragswidrige Benützung des Bestandobjekts oder durch eine längere Reihe von Unterlassungen notwendiger Vorkehrungen wichtige Interessen des Vermieters verletzt werden oder eine erhebliche Verletzung der Substanz des Mietgegenstands erfolgte oder auch nur droht (vgl RIS-Justiz RS0068076 [T1, T 3]). Die wichtigen Gründe in der Person des Bestandnehmers müssen die Interessen des Bestandgebers soweit nachteilig berühren, dass sie bei objektiver Betrachtungsweise einen verständigen Bestandgeber zur Vertragsauflösung veranlassen würden und diese als gerechte, dem Sachverhalt adäquate Maßnahme erscheinen lassen (RIS-Justiz RS0020981 [T17]).
Der Auflösungsgrund des § 1118 1. Fall ABGB setzt kein Verschulden des Mieters voraus. Es reicht aus, dass dem Mieter das nachteilige Verhalten bewusst war oder bewusst sein musste (RIS-Justiz RS0020981), wobei der Maßstab eines durchschnittlichen Mieters anzulegen ist (vgl 10 Ob 17/00y; RIS-Justiz RS0020981 [T18]).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob der geltend gemachte Auflösungsgrund verwirklicht wird, ist der Zugang der Auflösungserklärung, somit hier die Zustellung der Räumungsklage (RIS-Justiz RS0105354 [T5], RS0021049 [T6, T 9]).
2. Ausgehend von diesen Kriterien hängt die Frage, ob ein erheblich nachteiliger Gebrauch vorliegt oder nicht, immer von den Umständen des einzelnen Falls ab (RIS Justiz RS0021018), die in ihrer Gesamtheit zu betrachten sind (RIS-Justiz RS0020981 [T10]). Die rechtliche Würdigung des Einzelfalls ist vom Obersten Gerichtshof nicht zu überprüfen, außer es läge eine auffallende und im Interesse der Rechtssicherheit zu korrigierende Fehlbeurteilung der Zumutbarkeit einer Fortsetzung des Bestandverhältnisses vor (vgl RIS-Justiz RS0042984; RS0113693).
Das Berufungsgericht ist im Hinblick darauf, dass bei Zukommen der Auflösungserklärung der Mieter bereits ein Fachunternehmen mit der Herstellung und Montage der Absturzsicherung betraut war, davon ausgegangen, dass das nachteilige Verhalten des Mieters keine derartige Erheblichkeit erreichte, dass dem Vermieter bei objektiver Betrachtungsweise ein Festhalten am Bestandvertrag nicht zugemutet werden könne. Auch unter Berücksichtigung der Gesamtumstände bestehen gegen diese Beurteilung keine Bedenken.
3. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2016:0090OB00069.16M.1028.000
Fundstelle(n):
TAAAD-88764