OGH vom 25.03.1986, 14Ob40/86
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes HONProf.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuderna und Dr.Gamerith sowie die Beisitzer Dipl.Ing.Otto Beer und Johann Friesenbichler als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien 1.) Rudolf J***, Wien 21., Dopschstraße 27/13, 2.) Friedrich G***, Straßhof, Schuhmeierstraße 34, 3.) Eduard G***, Wien 3., Landstraßer Hauptstraße 149/4/13, 4.) Josef H***, Wien 20., Klosterneuburger Straße 127/15, 5.) Gerhard H***, Wien 23., Zangerlestraße 55, 6.) Josef J***, Wien 2., Castellezgasse 24/6,
7.) Franz J***, Wien 10., Sahulkastraße 3-5/1/1/7, 8.) Werner P***, Wien 22., Gemeindeaugasse 3/28, 9.) Franz R***, Wien 23., Brunner Straße 21/4/1/3, 10.) Wolfgang R***, Wien 21., Mitterhofgasse 2/22/16, und 11.) Friedrich T***, Wien 21., Dopschstraße 27/13/2, alle Kraftfahrer und vertreten durch Wilhelm M***, Sekretär der Gewerkschaft Metall-Bergbau-Energie in Wien, dieser vertreten durch Dr. Adolf Fiebich und Dr. Vera Kremslehner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei ÖMV Aktiengesellschaft in Wien 9., Otto Wagner-Platz 5, vertreten durch Dr. Peter Lax, Referent der Sektion Industrie der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft in Wien, dieser vertreten durch Dr.Alfred Richter, Rechtsanwalt in Wien, wegen zuletzt 1,391,04 S 8.266,76 S 10.602,92 S 5.073,78 S 10.925,17 S 4.613 S 715 S 8.495,14 S 5.201,73 S 3.320,27 S und 8.719,84 S je s.A. und jeweils Feststellung, infolge Revision aller Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom , GZ 44 Cg 185/85-19, womit infolge Berufung aller Parteien das Urteil des Arbeitsgerichtes Wien vom , GZ 8 Cr 1520/84-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
1.) Die Revision des Viertklägers Josef H*** wird im Umfang eines Betrages von 1.131 S (Überstundenzuschlag vom ) zurückgewiesen.
2.) Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben, wohl aber der Revision der Kläger.
Das Urteil des Berufungsgerichtes wird im Umfang der Bestätigung des dem Klagebegehren stattgebenden Teiles des Ersturteils (Punkt 1. und 5., Satz 1) bestätigt, im übrigen aber - mit Ausnahme der oben zu 1.) genannten Teilforderung des Viertklägers - aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Entscheidungsgründe:
Sämtliche Kläger sind Kraftfahrer der beklagten Partei. Auf ihr Dienstverhältnis findet der Kollektivvertrag für die Arbeiter in der erdölgewinnenden Industrie Österreichs (im folgenden kurz: KV) Anwendung, der unter anderem folgende Bestimmungen enthält:
"VII. Überstunden, Sonn- und Feiertagsarbeit
Überstunden
1. Als Überstunde gilt jede angeordnete Arbeitszeit, welche außerhalb der auf Grundlage der jeweils geltenden wöchentlichen Nomalarbeitszeit (Abschnitt VI) vereinbarten täglichen Arbeitszeit liegt .....
Sonn- und Feiertagsarbeit sowie Barbaratag
5. ..........Für Überstunden, die an arbeitsfreien Werktagen geleistet werden, gebührt ein Zuschlag von 100 Prozent, jedoch nur dann, wenn dieser arbeitsfreie Tag als Ersatz für einen Sonntag gilt.
6. Hinsichtlich der Feiertage gelten die Bestimmungen des Feiertagsruhegesetzes.
Der Barbaratag gilt als bezahlter Feiertag (Bergmannsfeiertag). Wird an diesem in einschichtigen Betrieben gearbeitet, gebührt für jede normale Arbeitsstunde ein Zuschlag von 100 Prozent. Bei mehrschichtiger oder kontinuierlicher Arbeitsweise gebührt für jede normale Arbeitsstunde ein Zuschlag von 50 Prozent.
Gemeinsame Bestimmungen
7. Die Bezahlung von Überstunden sowie der Sonn- und Feiertagsarbeit ist in Abschnitt XIV - Zulagen und Zuschläge - geregelt.
VIII. Dienstreisen sowie Montage-(Bau-)Arbeiten Dienstreisen (Entfernungszulage)
1. Bei Überlandfahrten und vorübergehender Beschäftigung außerhalb des ständigen Arbeitsortes hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Entfernungszulage nach Maßgabe folgender Bestimmungen:
........(es folgen unter lit a) bis e) nach der Dauer der Abwesenheit gestaffelte Sätze).
XIV. Zulagen und Zuschläge
Berechnungsgrundlage für Zulagen, Zuschläge und Grundvergütungen ....
Überstundenzuschläge
4. Für jede geleistete Überstunde, sofern sie angeordnet wurde, wird ein Zuschlag von 50 Prozent bezahlt. Überstunden, die in die Zeit von 20 Uhr bis 6 Uhr fallen, werden mit einem Zuschlag von 100 Prozent entlohnt .....
Bei 5-Tage-Woche werden die ersten zwei Überstunden, die an einem sonst arbeitsfreien Samstag geleistet werden, mit einem Zuschlag von 50 Prozent, die dritte und die folgenden Überstunden mit einem Zuschlag von 100 Prozent entlohnt ....
Überstunden an gesetzlichen Feiertagen - das sind Arbeitszeiten, die außerhalb der für den entsprechenden Wochentag vereinbarten normalen Arbeitszeit erbracht werden - sind ab der ersten Überstunde mit einem Zuschlag von 200 Prozent zu entlohnen.
Sonntagsentlohnung
5. Für jede an einem Sonntag erbrachte Arbeitsleistung gebührt neben dem auf die Arbeitsleistung entfallenden Entgelt ein Zuschlag von 100 Prozent.
Feiertagsentlohnung
6. Für Arbeiten an gesetzlichen Feiertagen gelten die Bestimmungen des Feiertagsruhegesetzes und der Verordnung über die Lohnzahlung an Feiertagen. Darüber hinaus ist Arbeit an gesetzlichen Feiertagen mit einem Zuschlag von 100 Prozent zu entlohnen ....."
Die Kläger behaupten, nach dem KV gebühre ihnen für am Sonntag geleistete Überstunden neben dem 100 %-igen Überstundenzuschlag für jede an diesem Tag erbrachte Arbeitsleistung auch ein Sonntagszuschlag von 100 %. Die in Abschnitt VII/1 KV vorgesehene Entfernungszulage stehe ihnen für jede Beschäftigung außerhalb des ständigen Arbeitsortes zu. Unter diesem sei der ständige Betriebsstandort in Wien 21. zu verstehen. Die beklagte Partei bezahle die Entfernungszulage aber nur bei Arbeiten außerhalb des Gemeindegebietes.
Die Kläger begehren mit den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen die Feststellungen
a) daß für am Sonntag zu leistende Überstunden neben dem Überstundenzuschlag der Sonntagszuschlag zu bezahlen sei, und
b) daß bei der Entfernungszulage der Betriebsstandort als Arbeitsort gilt,
(der Erstkläger nur die Feststellung a) und der Siebentkläger nur die Feststellung b)) und die Bezahlung der sich auf Grund dieser Kollektivvertragsauslegung ergebenden, der Höhe nach außer Streit stehenden Beträge an Sonntagszuschlägen und Entfernungszulagen. Der Viertkläger begehrt ferner für seine Arbeitsleistungen am die Bezahlung eines Überstundenzuschlages von 1.131 S mit der Begründung, er sei nach vier Tagen Regiedienst in die Nachtschicht eingeteilt worden, doch habe ihm die beklagte Partei für die Arbeitszeit von 17 Uhr bis 1 Uhr nachts nur Normalstunden verrechnet. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der verbundenen Klagebegehren und wendete ein, daß mit der Regelung der Sonntagsentlohnung auch der Überstundenzuschlag abgegolten sei. Ständiger Arbeitsort der Kraftfahrer sei nicht bloß der Betriebsstandort der Fahrbereitschaft im 21. Wiener Bezirk, sondern (im Verfahren klargestellt) das ganze Gemeindegebiet von Wien. Das Erstgericht gab den die Sonntagszuschläge betreffenden Zahlungs- und Feststellungsbegehren statt, wies aber die die Entfernungszulage betreffenden Zahlungs- und Feststellungsbegehren sowie das weitere Begehren des Viertklägers auf Bezahlung von 1.131 S ab. Es traf folgende Feststellungen:
Der Arbeitseinsatz der Kläger erfolgt nach vereinbarten und von der Berghauptmannschaft bewilligten Schichtplänen. Für Überstunden ("übersteigende Normalarbeitszeit"), die auf einen Samstag oder Sonntag fallen, bezahlt die beklagte Partei einen 100 %-igen Überstundenzuschlag, jedoch darüber hinaus keinen Sonntagszuschlag. Die Kläger wurden in der Zentrale des Fuhrparks in Prottes für die Fahrbereitschaft Wien aufgenommen, die ihren Standort (Fuhrpark) in Wien 21, Gerasdorferstraße hat. Die Kläger erklärten sich bereit, im Regiedienst, bei Bedarf im Schichtdienst und vorübergehend auch in andern Bundesländern zu arbeiten. Wenn die Kläger innerhalb des Gemeindegebietes von Wien eingesetzt werden, bezahlt die beklagte Partei keine Entfernungszulagen, wohl aber dann, wenn sie außerhalb des Gemeindegebietes Fahrten durchführen müssen.
Das Erstgericht war der Ansicht, daß die Bestimmung des Abschnitts XIV/5 KV die Bezahlung von Sonntagszuschlägen bindend vorsehe, damit aber nicht gleichzeitig auch die Überstundenzuschläge für den Sonntag abgegolten seien. Als ständiger Arbeitsort im Sinne des Abschnitts VII/1 KV sei hingegen nicht der Betriebsstandort in Wien 21 in seiner räumlichen Begrenzung, sondern das Gemeindegebiet von Wien anzusehen.
Das Berufungsgericht verhandelte die Rechtssache gemäß § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG von neuem, traf dieselben Feststellungen wie das Erstgericht und bestätigte das Ersturteil unter Berücksichtigung einer Einschränkung des Leistungsbegehrens des Viertklägers. Die zweite Instanz sprach aus, daß der Wert der einzelnen Streitgegenstände jeweils 30.000 S übersteigt.
Das Berufungsgericht war der Ansicht, aus der Regelung des Abschnitts XIV/4 KV sei auf die Absicht des Normgebers zu schließen, daß die am Wochenende geleisteten Überstunden mit einem höheren Zuschlag als sonstige Überstunden zu entlohnen seien. Für jede an einem Sonntag erbrachte Arbeitsleistung gebühre gemäß Abschnitt XIV/5 KV neben dem auf die Arbeitsleistung entfallenden Entgelt ein Zuschlag von 100 %. Der Gebrauch des Worten "neben" lasse auf eine Anspruchshäufung schließen. Der arbeitsrechtliche Entgeltbegriff umfasse nicht nur den Stundengrundlohn, sondern auch die Überstundenzuschläge. Der von der Feiertagsentlohnung handelnde Abschnitt XIV/6 KV bestätige dieses Auslegungsergebnis, da dort das Wort "darüber hinaus" verwendet werde. Die am Sonntag geleisteten Überstunden seien daher neben dem Überstundenzuschlag von 50 oder 100 % mit 100 %-igem Sonntagszuschlag zu vergüten. Für die an Sonntagen geleistete Normalarbeitszeit gebühre nur der Sonntagszuschlag. Der doppelte Zuschlag sei sachgerecht, weil es einen Unterschied mache, ob der Arbeitnehmer am Beginn der Sonntagsarbeit bereits die volle Wochenarbeitszeit von 40 Stunden geleistet habe oder die Sonntagsarbeit in die normale Wochenarbeitszeit falle.
Nach der Natur der vereinbarten Dienstleistungen und nach redlicher Verkehrssitte könne der Arbeitsort eines Kraftfahrers nicht mit dem Betriebsstandort zusammenfallen. Die Tätigkeit des Kraftfahrers sei nicht standortgebunden, sondern finde in einem übergreifenden Bereich statt. Es sei daher sachgerecht, daß die beklagte Partei den Arbeitsort der Kläger mit dem Gemeindegebiet von Wien als dem Ort ihrer überwiegenden Dienstleistung gleichsetze und ihnen eine Entfernungszulage erst bei Fahrten über das Gemeindegebiet Wiens hinaus gewähre. Bei Fahrten im selben Gemeindegebiet entstehe im allgemeinen kein so hoher Mehraufwand, wie er mit weiteren Fahrten verbunden sei.
Auf die (im Berufungsverfahren behauptete) Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sei nicht einzugehen, weil die Kläger nicht vorgebracht hätten, daß die Mehrzahl der Kraftfahrer der beklagten Partei auch für Fahrten im Gemeindegebiet diese Zulage erhalte und sie nur den Klägern als Minderheit verweigert werde.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der beklagten Partei ist nicht berechtigt. Die Revision des Viertklägers ist, soweit sie das Begehren auf Bezahlung von 1.131 S Überstundenzuschlag betrifft, unzulässig. Im übrigen ist die Revision der Kläger berechtigt.
Die Verbindung mehrerer Streitsachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung hat nach ständiger Rechtsprechung auf die Zulässigkeit von Rechtsmitteln gegen das gemeinsame Urteil keinen Einfluß. Die Streitwerte der verbundenen Rechtssachen sind nicht zusammenzurechnen (zB JBl 1984, 554). Der Ausspruch des Berufungsgerichtes, daß der Wert der einzelnen (nicht in Geld bestehenden) Streitgegenstände, also der erhobenen Feststellungsbegehren jeweils 30.000 S übersteigt, bewirkt jedoch die Zulässigkeit der erhobenen Revisionen, weil zwischen den einzelnen Begehren auf Zahlung des Sonntagszuschlages und der Entfernungszulage und den dazu jeweils erhobenen Feststellungsbegehren ein rechtlicher Zusammenhang besteht. Die Streitwerte dieser Feststellungsbegehren und die jeweiligen Zahlungsbegehren sind daher zusammenzurechnen, so daß die Revision für alle erhobenen Zahlungs- und Feststellungsbegehren mit Ausnahme des vom Viertkläger erhobenen Begehrens auf Zahlung eines Überstundenzuschlages von 1.131 S zulässig ist. Ein innerer tatsächlicher oder rechtlicher Zusammenhang dieses Anspruches mit den übrigen Ansprüchen des Viertklägers besteht nicht. Dieser Anspruch hat ein anderes rechtliches Schicksal als die übrigen (nur unter sich zusammenhängenden) Ansprüche (SZ 56/186 ua). Der Anspruch auf Bezahlung von Überstundenzuschlag wird aus einem ganz anderen Klagssachverhalt abgeleitet als die übrigen Ansprüche. Gemeinsam ist allen Ansprüchen nur, daß sie aus demselben Arbeitsvertrag herrühren, was aber weder für einen tatsächlichen noch für einen rechtlichen Zusammenhang (vgl. zu letzterem die zu § 391 Abs 3 ZPO,§ 293 Abs 3 EO ergangenen E, EvBl 1983/94; SZ 56/150) ausreicht. Die Annahme eines tatsächlichen Zusammenhanges zweier Ansprüche setzt voraus, daß das für den einen Anspruch notwendige Sachvorbringen genügt, um auch über den anderen Anspruch erkennen zu können, ohne daß noch ein ergänzendes Sachvorbringen erforderlich wäre, was etwa für die gemeinsam aus der vorzeitigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses abgeleiteten Ansprüche auf kollektivvertragliche Sonderzahlung und die gesetzliche Urlaubsabfindung angenommen wurde (SZ 52/75). Hier besteht ein solcher Zusammenhang aber nicht. Die Revision des Viertklägers ist daher im Umfang des geltend gemachten Überstundenzuschlages von 1.131 S als unzulässig zurückzuweisen.
1.) Zur Revision der beklagten Partei:
Der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit liegt nach Beurteilung des erkennenden Senates nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Abschnitt XIV KV behandelt "Zulagen und Zuschläge" und regelt unter anderem in getrennten Punkten die Überstundenzuschläge, die Sonntagsentlohnung und die Feiertagsentlohnung. Schon diese Systematik des Kollektivvertrages legt nahe, daß es sich hiebei um getrennte, im Zweifel voneinander unabhängige Lohnbestandteile handelt. Abschnitt XIV/4 trifft zunächst eine Regelung für jede geleistete Überstunde ("Normal"-Überstunde) die in Übereinstimmung mit § 10 Abs 1 AZG steht (Bezahlung eines Zuschlages von 50 vH). Daran schließen Regelungen für Nachtüberstunden, Samstagüberstunden und Überstunden an gesetzlichen Feiertagen an. Eine ausdrückliche Regelung der Überstundenzuschläge, die für am Sonntag geleistete Überstunden zu bezahlen sind, enthält Abschnitt XIV/4 nicht. Daraus ist aber nicht der von der beklagten Partei gewünschte Schluß zu ziehen, daß die Regelung der Sonntagsüberstunden zur Gänze in der Bestimmung über die Sonntagsentlohnung (Abschnitt XIV/5) enthalten sei. Daß für Sonntagsüberstunden ein Zuschlag von mindestens 50 % gebührt, ergibt sich auch ohne Erwähnung der Sonntage in Abschnitt XIV/4 aus dessen erstem Satz und aus § 10 Abs 1 AZG. Darüber hinaus legt die Bestimmung, daß bei 5-Tage-Woche die ersten zwei Überstunden, die an einem sonst arbeitsfreien Samstag geleistet werden, mit einem Zuschlag von 50 %, die dritte und die folgenden Überstunden mit einem Zuschlag von 100 % entlohnt werden, nach dem Größenschluß den Willen des Normgebers nahe, daß alle Sonntagsüberstunden - so wie in einer Vielzahl anderer Kollektivverträge - mit einem Zuschlag von 100 % zu vergüten sind. Für eine solche Vergütung der Sonntagsüberstunden spricht auch, daß diese in die Zeit der Wochenendruhe (§ 2 Abs 1, § 3 Arbeitsruhegesetz = ARG) fallen, während dies für die an Samstagen geleisteten Überstunden im Regelfall des § 3 Abs 2 ARG erst ab 13 Uhr zutrifft. Die Frage der Höhe des von der beklagten Partei zu leistenden Sonntagsüberstundenzuschlages bedarf aber keiner abschließenden Klärung, weil das Feststellungsbegehren nur darauf gerichtet ist, daß der Überstundenzuschlag und der Sonntagszuschlag nebeneinander zu gewähren sind und die beklagte Partei die auf Bezahlung des Sonntagszuschlages gestützten Klagebegehren der Höhe nach außer Streit stellte. Im übrigen geht auch die beklagte Partei davon aus, daß für Sonntagsüberstunden ein 100 %-iger Zuschlag gebührt; sie sieht allerdings den Rechtsgrund für diesen Anspruch in Abschnitt XIV/5 KV einheitlich für alle Sonntagsstunden, so daß sie eine Anspruchshäufung zwischen Abschnitt XIV/4 und XIV/5 KV bestreitet. Streitpunkt ist nur die Frage dieser Anspruchshäufung, so daß es auch belanglos ist, unter welchem Titel bisher der 100 %-ige Zuschlag bezahlt wurde.
Schon die Wortinterpretation spricht für das Bestehen einer Anspruchskonkurrenz: Während sich Abschnitt XIV/4 nur auf Überstundenarbeit bezieht, also nur zur Anwendung kommt, wenn im Sinne des § 6 Abs 1 AZG (Abschnitt VII/1 KV) die Grenzen der zulässigen Wochen- oder Tagesarbeit überschritten wurden, betrifft Abschnitt XIV/5 nach seinem klaren Wortlaut jede an einem Sonntag erbrachte Arbeitsleistung, die aber, wenn der Arbeitnehmer die zulässige Tages- oder Wochenarbeitszeit noch nicht überschritten hat, keine Überstundenarbeit ist. Für das Nebeneinanderbestehen der Überstundenzuschläge und der besonderen Sonntagsentlohnung spricht aber auch der verschiedene Zweck dieser Zuschläge. Die höhere Entlohnung einer Überstunde gegenüber einer Normalarbeitsstunde ist im wesentlichen dadurch begründet, daß die mit der Arbeit verbundene Anstrengung und der Verbrauch an Arbeitsenergie bei längerer Arbeit nicht gleich bleiben, sondern für die spätere Arbeit verhältnismäßig mehr zunehmen (4 Ob 72/77, ferner Cerny, Arbeitsrecht 91 und Grillberger, Arbeitszeitgesetz 76 f, die daneben auch die sozialpolitische Bedeutung der Überstundenvergütung betonen). Die höhere Entlohnung der Sonntagsarbeit (auch wenn sie nicht Überstundenarbeit ist) hat hingegen andere Gründe. Sie soll die Beeinträchtigung der dem Arbeitnehmer im Regelfall gebührenden Wochenendruhe, in die der Sonntag zu fallen hat (§ 3 Abs 1 ARG), abgelten. Auch bei Gewährung von Ersatzruhe (§ 6 Abs 1 ARG) in der folgenden Arbeitswoche wird es vom Arbeitnehmer im allgemeinen als erschwerend empfunden, wenn er an einem Sonntag, an dem der überwiegende Teil der arbeitenden Bevölkerung die Freizeit genießt, arbeiten muß. Die Gründe für die höhere Entlohnung von Überstundenarbeit und von Sonntagsarbeit gehen somit nicht (zur Gänze) ineinander auf. Abschnitt XIV/4 und XIV/5 KV sind dahin zu verstehen, daß bei kumuliertem Auftreten der erwähnten Erschwerungsgründe, wenn also Überstunden auf einen Sonntag fallen, sowohl der Überstundenzuschlag als auch der für die Sonntagsentlohnung vorgesehene Zuschlag zu gewähren sind. Für die Richtigkeit dieses Auslegungsergebnisses spricht auch das Verhältnis zwischen Abschnitt XIV/4 KV und Abschnitt XIV/6 KV betreffend die Feiertagsentlohnung. Abschnitt XIV/6 KV verweist - so wie Abschnitt VII/6 KV - auf die durch § 31 Abs 2 ARG mittlerweile (für Arbeitnehmer, die unter den Geltungsbereich des ARG fallen) außer Kraft gesetzten Bestimmungen des Feiertagsruhegesetzes 1957, BGBl. Nr. 153 idF des Bundesgesetzes BGBl. 1967/264 und der Verordnung des Staatsamtes für soziale Verwaltung vom , StGBl. Nr. 212 über die Lohnzahlung an Feiertagen, idF des Bundesgesetzes, BGBl. 1961/105. In der zitierten Verordnung über die Lohnzahlung an Feiertagen und im Feiertagsruhegesetz wurde bestimmt, daß für Feiertage das regelmäßige Entgelt zu leisten und außerdem für Arbeiten, die an Feiertagen geleistet werden, das auf die geleistete Arbeit entfallende Entgelt zu zahlen ist (§ 3 Abs 2 FeiertagsruheG, § 3 der Verordnung über die Lohnzahlung an Feiertagen). Eine gleichartige Regelung enthält nunmehr das am in Kraft getretene Arbeitsruhegesetz in § 9 Abs 1, 2 und 5 (das in der vorliegenden, aus dem Jahre 1982 stammenden Kollektivvertragsfassung noch nicht berücksichtigt werden konnte). Zu dem Entgelt, das für die an Feiertagen geleistete Arbeit gebührt, gehören auch die gesetzlich (§ 10 Abs 1 AZG) oder kollektivvertraglich gebührenden Überstundenzuschläge. In Einklang mit diesen gesetzlichen Regelungen wird durch die Worte in Abschnitt XIV/6 KV: "darüber hinaus ist Arbeit an gesetzlichen Feiertagen mit einem Zuschlag von 100 % zu entlohnen" klargestellt, daß dieser Zuschlag neben dem - allenfalls auch Überstundenzuschläge enthaltenden - Feiertagsentgelt zu bezahlen ist. Es müßte zu Wertungswidersprüchen führen, ginge man für die Berechnung der Sonntagsentlohnung nicht analog vor. Die Sonntagsentlohnung weicht von der Feiertagsentlohnung nur insofern ab, als bei der Sonntagsentlohnung ein zusätzlicher Anspruch auf Bezahlung des infolge eines Feiertages ausgefallenen Entgelts (§ 9 Abs 1 ARG) nicht in Betracht.
Auch aus Abschnitt VII/5 Abs 2 KV sind keine von diesem Auslegungsergebnis abweichenden Gesichtspunkte zu gewinnen. Die Behauptung der Revisionswerberin, in dem dort geregelten Fall (Arbeit am Ersatzruhetag; vgl. § 2 Abs 1 Z 4, § 6 ARG) könne es sich immer nur um Überstunden handeln, ist nicht zwingend, weil der betroffene Arbeitnehmer an einem anderen Werktag arbeitsfrei gewesen sein kann. Außerdem verweist Abschnitt VII/7 KV, was die Bezahlung von Überstunden betrifft, ausdrücklich auf Abschnitt XIV KV. Auch die besondere Regelung für den Barbaratag (bezahlter Bergmannsfeiertag), an dem für jede normale Arbeitsstunde ein Zuschlag von 50 bzw. 100 % gebührt (Abschnitt VII/6 KV) spricht in Verbindung mit Abschnitt VII/7 KV dafür, daß daneben auch noch Überstundenzuschläge anfallen können.
Auf das neue Vorbringen der Revision zu früheren Kollektivvertragsfassungen und die aus der Entstehungsgeschichte dieser Norm für die nunmehrige Fassung zu ziehenden Schlüsse ist nicht einzugehen (§ 504 Abs 2 ZPO).
Der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, daß die beklagte Partei aus einer allfälligen bisherigen Übung, Sonntagsarbeit ohne Rücksicht auf darin enthaltene Überstunden mit einem einheitlichen Zuschlag von 100 % abzugelten, keine dem Kollektivvertrag derogierende Wirkung ableiten kann, weil Bestimmungen in Kollektivverträgen selbst durch Betriebsvereinbarungen (iS des § 29 ArbVG) zum Nachteil der Arbeitnehmer weder aufgehoben noch beschränkt werden können (§ 3 Abs 1 ArbVG).
2.) Zur Revision der Kläger:
Die von den Klägern geltend gemachten Entfernungszulagen sind in Abschnitt VIII KV geregelt, der die Überschrift "Dienstreisen sowie Montage-(Bau-)Arbeiten" trägt. Abschnitt VIII/1 KV behandelt "Dienstreisen (Entfernungszulage)" und bestimmt, daß "bei Überlandfahrten und vorübergehender Beschäftigung außerhalb des ständigen Arbeitsortes" Anspruch auf eine Entfernungszulage besteht, deren Höhe in lit a bis e näher bestimmt wird. Für den - allerdings nur in der Überschrift aufscheinenden - Begriff "Dienstreise" ist wesentlich, daß ein Arbeitnehmer über Auftrag des Arbeitgebers seinen (gewöhnlichen) Dienstort zwecks Durchführung von Dienstverrichtungen an einem anderen Ort verläßt. Für Dienstreisen ist charakteristisch, daß die Reise selbst - unabhängig davon, wie die Reisezeit lohnrechtlich behandelt wird (vgl. insbesondere EvBl 1984/150 = Arb. 10.356) nur Mittel zum Zweck ist, damit der Dienstnehmer die eigentliche ihm aufgetragene Arbeit auswärts verrichten kann. Anders ist es bei einem Kraftfahrer, bei dem das Lenken eines Fahrzeuges zur Durchführung von Personen- oder Gütertransporten der vertragsgemäße Hauptgegenstand seiner Tätigkeit ist. Bei einem Kraftfahrer kann auch nicht davon gesprochen werden, daß er dort seinen ständigen Arbeitsort hat, wo er mit der Durchführung der ihm aufgetragenen Transporte regelmäßig beginnt; der enge räumliche Bereich des Sitzes des Fuhrparks des Dienstgebers ist somit nicht der ständige Arbeitsort des Kraftfahrers und die ihm aufgetragene Fahrt keine vorübergehende Beschäftigung außerhalb des Sitzes des ständigen Arbeitsortes. Daraus folgt, daß die Kläger nur aus dem Begriff "Überlandfahrten" oder aus einem - dem besonderen Charakter der Tätigkeit eines Kraftfahrers nicht widersprechenden - Begriff des "ständigen Arbeitsortes" Ansprüche auf Bezahlung einer Entfernungszulage ableiten könnten. Bei Fahrten innerhalb von Wien kann man jedenfalls nicht von einer Überlandfahrt sprechen. Aber auch als "ständigen Arbeitsort" eines Kraftfahrers ist keineswegs nur der Sitz des Fuhrparks anzusehen (vgl. Arb. 7.327; 8.791; IndS 1983 H 5/413). Als vorübergehende Beschäftigung außerhalb des ständigen Arbeitsortes können demnach nur die Fahrten außerhalb von Wien angesehen werden, für die die beklagte Partei ohnehin die Entfernungszulage gewährt. Eine andere Auslegung ergibt sich auch nicht aus dem Sinn der Regelung. Die Entfernungszulage hat den Zweck, dem Arbeitnehmer die mit "Überlandfahrten" oder mit der vorübergehenden Dienstverrichtung außerhalb des ständigen Arbeitsortes verbundenen Mehrauslagen für Mahlzeiten, Nächtigungen udgl. zu vergüten. Die mit der normalen Dienstleistung eines Kraftfahrers zwangsläufig verbundenen Aufwendungen (die in gleicher Weise auch einen stationär beschäftigten Arbeitnehmer treffen können, wenn er die Mahlzeiten nicht zu Hause einnehmen kann und auch keine Betriebsküche besteht) werden damit nicht abgegolten. Die von den Revisionswerbern herausgestellten Vor- und Nachteile der Begrenzung der Entfernungszulage auf Fahrten außerhalb des Gemeindegebietes von Wien, die sich insbesondere daraus ergeben, daß sich der Fuhrpark der beklagten Partei nahe der nördlichen Stadtgrenze von Wien befindet, haben bei der Auslegung der Norm unbeachtet zu bleiben. Bei der Ermittlung des Sinngehaltes einer generellen Norm ist nämlich der vom Normsetzer als typisch vorausgesetzte Lebensachverhalt zugrundezulegen (SZ 54/23).
Im Recht ist die Revision der Kläger aber mit der Rüge, das Berufungsgericht sei auf das in zweiter Instanz erstattete neue Vorbringen, die beklagte Partei verletze den Gleichbehandlungsgrundsatz, weil sie einem Teil ihrer Kraftfahrer "die innerhalb eines Arbeitsortes - Gemeindebezirkes - aber außerhalb des Betriebsstandortes tätig sind, die Entfernungszulage in jenem Ausmaß bezahlt, wie wenn er außerhalb des Arbeitsortes - Gemeindebezirk - tätig wäre", nicht eingegangen ist. Das damit übergangene Vorbringen der Kläger ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes nicht als unschlüssig anzusehen. Jene Kraftfahrer, von denen die Kläger behaupten, daß sie in Anwendung einer anderen Auslegung des Begriffes "Arbeitsort" besser behandelt werden, könnten durchaus eine so beachtliche Gruppe bilden, daß bei den übrigen eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes in Betracht käme. Diese Frage muß daher noch geprüft werden (§ 182 ZPO). Das führt zur Aufhebung der die Entfernungszulage betreffenden abweisenden Teile der Entscheidung der zweiten InstanZ
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 ZPO.