OGH vom 20.11.2012, 10ObS155/12k
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Monika Lanz (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Andreas Hach (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei E*****, verteten durch Dr. Martin Holzer, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist Straße 1, wegen Invaliditätspension, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 11 Rs 71/12h 10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits und Sozialgericht vom , GZ 59 Cgs 29/12t 6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Antrag auf Unterbrechung des Rechtsmittelverfahrens wird abgewiesen.
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die am geborene Klägerin, die vier Kinder geboren hat, ist seit verwitwet.
Mit Bescheid vom lehnte die beklagte Partei den Antrag der Klägerin vom auf Gewährung der Invaliditätspension zum Stichtag mit der Begründung ab, dass die Bestimmung des § 271 Abs 2 ASVG (gemeint wohl: § 254 Abs 2 ASVG) gemäß § 658 Abs 2 Z 1 ASVG mit Ablauf des außer Kraft getreten sei.
Das Erstgericht wies das auf Zuerkennung der Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß ab gerichtete Klagebegehren mit der Begründung ab, dass § 254 Abs 2 ASVG gemäß § 658 Abs 2 Z 1 ASVG mit Ablauf des außer Kraft getreten sei.
Das Berufungsgericht wies den Antrag der Klägerin auf Unterbrechung des Berufungsverfahrens ab, den Antrag auf Einleitung eines Normenprüfungsverfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof zurück und gab der Berufung keine Folge. Es teilte nicht die von der Klägerin gegen die ohne Übergangsregelung erfolgte Aufhebung des § 254 Abs 2 ASVG vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken. Es sprach weiters aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur übergangslosen Aufhebung der Bestimmung des § 254 Abs 2 ASVG durch das BudgetbegleitG 2011, BGBl I 2010/111, noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.
Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) im Hinblick auf die mittlerweile zu der vom Berufungsgericht als rechtserheblich bezeichneten Rechtsfrage vorliegenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Die Klägerin macht in ihrem Rechtsmittel wiederum ausschließlich verfassungsrechtliche Bedenken gegen die ersatz und übergangslose Aufhebung der Bestimmung des § 254 Abs 2 ASVG durch das BudgetbegleitG 2011, BGBl I 2010/111, geltend.
Wie der erkennende Senat mittlerweile in seinen Entscheidungen 10 ObS 82/12z, 10 ObS 96/12h und 10 ObS 116/12z jeweils vom zu der gleichlautenden Bestimmung des § 271 Abs 2 ASVG näher ausgeführt hat, bestehen gegen die durch das BudgetbegleitG 2011, BGBl I 2010/111, erfolgte ersatz und übergangslose Aufhebung der Bestimmungen über die Gewährung einer besonderen Pensionsleistung für kinderreiche Witwen (§§ 254 Abs 2, 271 Abs 2 und § 279 Abs 2 ASVG) keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Diese Ausführungen treffen auch auf den vorliegenden Fall zu. Soweit die Klägerin darauf verweist, dass sie ihren Pensionsantrag bereits am zum Stichtag (Vollendung des 55. Lebensjahres) gestellt habe, hat ihr bereits das Berufungsgericht zutreffend entgegengehalten, dass bei der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für einen Pensionsanspruch nicht auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Antragstellung, sondern zum Zeitpunkt des (im Pensionsantrag der Klägerin ausdrücklich gewählten) Stichtags abzustellen ist (vgl RIS Justiz RS0115809).
Da der Oberste Gerichtshof somit die von der Klägerin gegen die geltende Gesetzeslage allein vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht teilt, erweist sich auch der Antrag auf Unterbrechung des Rechtsmittelverfahrens zur Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof als nicht berechtigt. Die Revision der Klägerin war somit im Hinblick auf die mittlerweile bereits vorliegende einschlägige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
Wie die Klägerin selbst einräumt, ist auch in Sozialrechtssachen eine Anfechtung der Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz im Kostenpunkt ausgeschlossen (vgl 10 ObS 162/03a mwN ua). Soweit sie zur Begründung eines Kostenersatzanspruchs nach Billigkeit für das Revisionsverfahren geltend macht, sie beziehe nach den Feststellungen des Erstgerichts auch unter Berücksichtigung der anteiligen Sonderzahlungen ein monatliches Einkommen von lediglich 1.448,53 EUR an Witwenpension und Unfallrente, lässt sie unberücksichtigt, dass sie nach den Feststellungen des Erstgerichts darüber hinaus auch ein Krankengeld in Höhe von ca 13 EUR pro Tag bezieht. Damit liegen aber bei der Klägerin insgesamt keine berücksichtigungswürdigen Einkommens und Vermögensverhältnisse vor, welche einen ausnahmsweisen Kostenzuspruch für das Revisionsverfahren nach Billigkeit iSd § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG rechtfertigen könnten.