OGH vom 25.10.2019, 8Ob109/19s
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely-Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** eGenmbH *****, vertreten durch Nusterer & Mayer Rechtsanwälte OG in St. Pölten, gegen die beklagte Partei K*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Krempl, Rechtsanwalt in St. Pölten, als Verfahrenshelfer, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Berufungsgericht vom , GZ 7 R 90/19v-31, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Nach § 1118 erster Fall ABGB kann der Vermieter das Bestandverhältnis (auch im Anwendungsbereich des MRG und WGG; vgl auch § 29 Abs 3 Z 5 MRG) ua wegen „erheblich nachteiligen Gebrauchs“ vorzeitig zur Auflösung bringen. Ein „unleidliches Verhalten“ des Mieters im Sinn des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG kann unter den Tatbestand des § 1118 erster Fall ABGB subsumiert werden (RIS-Justiz RS0020956 [T1]). Ob das Gesamtverhalten (vgl RS0070321) des Mieters unleidlich im Sinn des § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG ist, ist eine Frage der Abwägung im Einzelfall, die nur im Fall einer erheblichen Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz die Zulässigkeit der Revision rechtfertigt (RS0042984). Das gilt auch hier. Bereits in der Entscheidung 3 Ob 186/17z hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass eine gefährliche Drohung nach § 107 Abs 1 StGB gegen einen Mitbewohner einen schwerwiegenden Vorfall darstellt, der (auch) den Kündigungsgrund des unleidlichen Verhaltens nach § 30 Abs 2 Z 3 MRG verwirklicht und nach Rechtskraft der strafgerichtlichen Verurteilung für den Zivilrichter bindend feststeht.
2. Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass sich die Klägerin hier mit Erfolg auf den Auflösungsgrund des „erheblich nachteiligen Gebrauchs“ im Sinn des § 1118 erster Fall ABGB berufen kann, ist vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden, zumal der Beklagte außer wegen gefährlicher Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB auch noch wegen beharrlicher Verfolgung nach § 107a Abs 1 und Abs 2 Z 1 StGB und dauernder Sachentziehung nach § 135 Abs 1 StGB jeweils zu Lasten (ehemaliger) Mitbewohner strafgerichtlich verurteilt wurde.
3. Es kommt daher auf die Frage, ob diese strafbaren Handlungen (auch) unter den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 3 dritter Fall MRG fallen, was der Beklagte in seiner Revision bezweifelt, gar nicht an.
4. Entgegen der Meinung des Beklagten gilt im Räumungsverfahren nach § 1118 ABGB keine Eventualmaxime (3 Ob 65/99a; 2 Ob 182/14z). Nachträglich entstandene Auflösungsgründe können auch in einem bereits anhängigen Verfahren im Weg einer Klageänderung geltend gemacht werden (3 Ob 65/99a; Lovrek in Rummel/Lukas, ABGB4§ 1118 Rz 33). Die Klägerin hat sich mit Schriftsatz vom auf die am erfolgte strafgerichtliche Verurteilung des Beklagten wegen sich teils vor, teils nach Klagseinbringung zugetragener Vorfälle gestützt, um den bereits in der Klage geltend gemachten Auflösungsgrund „unleidliches Verhalten“ (§ 1118 erster Fall ABGB iVm § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG) zu untermauern, und dabei erneut auf die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Bestandverhältnisses verwiesen.
5. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2019:0080OB00109.19S.1025.000 |
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Fundstelle(n):
QAAAD-88551