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OGH vom 24.03.2015, 10Ob66/14z

OGH vom 24.03.2015, 10Ob66/14z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Fellinger als Vorsitzenden, die Hofräte Univ. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm sowie die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Mag. Korn als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen J*****, vertreten durch das Land Wien als Kinder und Jugendhilfeträger (Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie, Rechtsvertretung, Bezirke 14, 15, 16, 1150 Wien, Gasgasse 8 10/1/3), wegen Unterhaltsvorschuss, über den Revisionsrekurs der Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 44 R 284/14m 25, womit infolge Rekurses des Bundes der Beschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom , GZ 2 Pu 149/10m 11, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Minderjährige J*****, ist die eheliche Tochter von R***** und L*****. Bei der einvernehmlichen Scheidung der Eltern wurde vereinbart, dass die Obsorge künftig der Mutter alleine zusteht. Mit Beschluss vom wurde der Minderjährigen vom bis gemäß §§ 3, 4 Z 1 UVG ein monatlicher Unterhaltsvorschuss gewährt.

Mit Schreiben vom teilte das Amt für Jugend und Familie mit, dass die Minderjährige am in ein Krisenzentrum aufgenommen worden sei. In einem weiteren Schreiben vom wurde bekanntgegeben, dass die Minderjährige am im Rahmen der vollen Erziehung in einer Wohngemeinschaft untergebracht wurde.

Nachdem zunächst die Innehaltung der Unterhaltsvorschüsse angeordnet worden war, wurden mit Beschluss des Erstgerichts vom die Unterhaltsvorschüsse mit Ablauf des Februar 2014 eingestellt.

Dem dagegen erhobenen Rekurs des Bundes, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien, gab das Rekursgericht Folge und änderte den angefochtenen Beschluss dahin ab, dass die Unterhaltsvorschüsse bereits mit Ablauf des Jänner 2014 eingestellt werden. Zwar sei in der bisherigen Rechtsprechung die Ansicht vertreten worden, dass bei bloßer Unterbringung des minderjährigen Kindes in einem Krisenzentrum ohne Übernahme in die volle Erziehung der Anspruch auf Unterhaltsvorschuss weiter bestehen bleibe. Das am in Kraft getretene Wiener Kinder und Jugendhilfegesetz 2013 (WKJHG) normiere jedoch für die Unterbringung in einem Krisenzentrum Kostenersatz-ansprüche des Kinder- und Jugendhilfeträgers gegen die Eltern bzw die Möglichkeit, Unterhaltsansprüche des Kindes durch Anzeige einer Legalzession auf den Kinder- und Jugendhilfeträger zu übertragen. Dies entspreche der Kostentragungsregelung bei Übernahme in die volle Erziehung. Durch die Legalzession falle der Unterhaltsanspruch des Kindes und damit der Anspruch auf Unterhaltsvorschuss weg. Ohne Legalzession sei durch den Kostenersatzanspruch des Kinder- und Jugendhilfeträgers die Leistungsfähigkeit der Eltern ausgeschöpft, weshalb für einen Unterhaltsanspruch des Kindes jedenfalls kein Raum bleibe. Auch bestehe ein Interessenwiderspruch, weil der Kinder und Jugendhilfeträger zugleich eigene Ansprüche verfolge und hereingebrachte Unterhaltsbeträge an den Bund zu Handen des Oberlandesgerichtspräsidenten abzuführen habe.

Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil keine Rechtsprechung zu allfälligen Auswirkungen des WKJHG auf die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen bei einer Krisenunterbringung bestehe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Minderjährigen mit dem sinngemäßen Antrag, die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen.

Es wurden keine Revisionsrekursbeantwortungen erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ist nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel durch den Obersten Gerichtshof zu beurteilen. Dies gilt auch für den Anwendungsbereich des § 62 Abs 1 AußStrG (10 Ob 63/14h mwN). Eine im Zeitpunkt der Einbringung des Rechtsmittels tatsächlich aufgeworfene erhebliche Rechtsfrage fällt somit weg, wenn die bedeutsame Rechtsfrage durch eine andere Entscheidung des Obersten Gerichtshofs bereits vorher geklärt wurde.

Der Oberste Gerichtshof hat in der einen vergleichbaren Sachverhalt betreffenden und im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS Justiz) veröffentlichten Entscheidung 10 Ob 60/14t vom ausführlich begründet, dass die Krisenunterbringung aufgrund der Rechtslage nach dem Inkrafttreten des WKJHG eine Maßnahme darstellt, die der vollen Erziehung gleich zu halten ist, sodass eine analoge Anwendung des § 2 Abs 2 Z 2 UVG geboten ist. Dieses bereits vom Rekursgericht vertretene Rechtsansicht steht somit in Einklang mit der mittlerweile vorliegenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.

Der Revisionsrekurs der Minderjährigen ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2015:0100OB00066.14Z.0324.000