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OGH 25.11.2014, 10Ob66/14z

OGH 25.11.2014, 10Ob66/14z

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen J*****, geboren am *****, vertreten durch das Land Wien als Kinder- und Jugendhilfeträger (Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie, Rechtsvertretung, Bezirke 14 bis 16, 1150 Wien, Gasgasse 8-10), wegen Unterhaltsvorschuss, über den Revisionsrekurs der Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 44 R 284/14m-25, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom , GZ 2 Pu 149/10m-11, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, sie unter Anschluss eines Nachweises über eine bereits erfolgte Zustellung des Revisionsrekurses an den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien, den Vater L***** und die Mutter R***** wieder vorzulegen. Sollte dies nicht möglich sein, wird dem Erstgericht aufgetragen, neuerlich jeweils eine Gleichschrift des Revisionsrekurses der Minderjährigen dem Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien, dem Vater und der Mutter nachweislich zur allfälligen Erstattung einer Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zuzustellen sowie die Akten nach Erstattung einer Revisionsrekursbeantwortung bzw fruchtlosem Verstreichen der Frist erneut dem Obersten Gerichtshof vorzulegen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht verfügte die Einstellung der der Minderjährigen gemäß §§ 3, 4 Z 1 UVG gewährten Unterhaltsvorschüsse mit Ablauf des Monats Februar 2014.

Das Rekursgericht änderte über Rekurs des Bundes, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien, diesen Beschluss dahin ab, dass die Einstellung der Unterhaltsvorschüsse bereits mit Ablauf des Monats Jänner 2014 verfügt wurde. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs gegen seine Entscheidung zulässig sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Minderjährigen mit dem sinngemäßen Antrag auf Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichts.

Das Erstgericht verfügte am die Zustellung des Revisionsrekurses der Minderjährigen an den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien, den Vater und die Mutter zur allfälligen Erstattung einer Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen. Ein Nachweis über die erfolgte Zustellung des Revisionsrekurses an die genannten Verfahrensparteien liegt nicht vor. (Die der Verfügung ON 29 angehefteten Zustellnachweise beziehen sich ganz offensichtlich auf die vom Erstgericht bereits am verfügte Zustellung der Rekursentscheidung.)

Das Erstgericht legte daraufhin den Revisionsrekurs der Minderjährigen im Wege des Rekursgerichts dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor.

Rechtliche Beurteilung

Die Aktenvorlage ist verfrüht.

Der Präsident des Oberlandesgerichts Wien, der Vater und die Mutter der Minderjährigen sind Parteien im Sinne des § 2 Abs 1 AußStrG. Es steht ihnen gemäß § 68 Abs 1 und Abs 3 Z 1 AußStrG frei eine Revisionsrekursbeantwortung einzubringen. Das Erstgericht wird daher einen Nachweis über eine bereits erfolgte Zustellung des Revisionsrekurses der Minderjährigen an den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien, den Vater und die Mutter vorzulegen haben. Sollte dies nicht möglich sein, wird das Erstgericht eine Gleichschrift des Revisionsrekurses der Minderjährigen dem Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien, dem Vater und der Mutter nachweislich zuzustellen haben. In diesem Fall ist der Akt erst nach Einlangen einer Revisionsbeantwortung dieser Verfahrensparteien oder nach fruchtlosem Ablauf der Revisionsrekursbeantwortungsfrist wieder vorzulegen (vgl 10 Ob 83/08s ua).

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Fellinger als Vorsitzenden, die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm sowie die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Mag. Korn als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen J*****, vertreten durch das Land Wien als Kinder- und Jugendhilfeträger (Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie, Rechtsvertretung, Bezirke 14, 15, 16, 1150 Wien, Gasgasse 8-10/1/3), wegen Unterhaltsvorschuss, über den Revisionsrekurs der Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 44 R 284/14m-25, womit infolge Rekurses des Bundes der Beschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom , GZ 2 Pu 149/10m-11, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Minderjährige J*****, ist die eheliche Tochter von R***** und L*****. Bei der einvernehmlichen Scheidung der Eltern wurde vereinbart, dass die Obsorge künftig der Mutter alleine zusteht. Mit Beschluss vom wurde der Minderjährigen vom bis gemäß §§ 3, 4 Z 1 UVG ein monatlicher Unterhaltsvorschuss gewährt.

Mit Schreiben vom teilte das Amt für Jugend und Familie mit, dass die Minderjährige am in ein Krisenzentrum aufgenommen worden sei. In einem weiteren Schreiben vom wurde bekanntgegeben, dass die Minderjährige am im Rahmen der vollen Erziehung in einer Wohngemeinschaft untergebracht wurde.

Nachdem zunächst die Innehaltung der Unterhaltsvorschüsse angeordnet worden war, wurden mit Beschluss des Erstgerichts vom die Unterhaltsvorschüsse mit Ablauf des Februar 2014 eingestellt.

Dem dagegen erhobenen Rekurs des Bundes, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien, gab das Rekursgericht Folge und änderte den angefochtenen Beschluss dahin ab, dass die Unterhaltsvorschüsse bereits mit Ablauf des Jänner 2014 eingestellt werden. Zwar sei in der bisherigen Rechtsprechung die Ansicht vertreten worden, dass bei bloßer Unterbringung des minderjährigen Kindes in einem Krisenzentrum ohne Übernahme in die volle Erziehung der Anspruch auf Unterhaltsvorschuss weiter bestehen bleibe. Das am in Kraft getretene Wiener Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 (WKJHG) normiere jedoch für die Unterbringung in einem Krisenzentrum Kostenersatz-ansprüche des Kinder- und Jugendhilfeträgers gegen die Eltern bzw die Möglichkeit, Unterhaltsansprüche des Kindes durch Anzeige einer Legalzession auf den Kinder- und Jugendhilfeträger zu übertragen. Dies entspreche der Kostentragungsregelung bei Übernahme in die volle Erziehung. Durch die Legalzession falle der Unterhaltsanspruch des Kindes und damit der Anspruch auf Unterhaltsvorschuss weg. Ohne Legalzession sei durch den Kostenersatzanspruch des Kinder- und Jugendhilfeträgers die Leistungsfähigkeit der Eltern ausgeschöpft, weshalb für einen Unterhaltsanspruch des Kindes jedenfalls kein Raum bleibe. Auch bestehe ein Interessenwiderspruch, weil der Kinder- und Jugendhilfeträger zugleich eigene Ansprüche verfolge und hereingebrachte Unterhaltsbeträge an den Bund zu Handen des Oberlandesgerichtspräsidenten abzuführen habe.

Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil keine Rechtsprechung zu allfälligen Auswirkungen des WKJHG auf die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen bei einer Krisenunterbringung bestehe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Minderjährigen mit dem sinngemäßen Antrag, die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen.

Es wurden keine Revisionsrekursbeantwortungen erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ist nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel durch den Obersten Gerichtshof zu beurteilen. Dies gilt auch für den Anwendungsbereich des § 62 Abs 1 AußStrG (10 Ob 63/14h mwN). Eine im Zeitpunkt der Einbringung des Rechtsmittels tatsächlich aufgeworfene erhebliche Rechtsfrage fällt somit weg, wenn die bedeutsame Rechtsfrage durch eine andere Entscheidung des Obersten Gerichtshofs bereits vorher geklärt wurde.

Der Oberste Gerichtshof hat in der einen vergleichbaren Sachverhalt betreffenden und im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS-Justiz) veröffentlichten Entscheidung 10 Ob 60/14t vom ausführlich begründet, dass die Krisenunterbringung aufgrund der Rechtslage nach dem Inkrafttreten des WKJHG eine Maßnahme darstellt, die der vollen Erziehung gleich zu halten ist, sodass eine analoge Anwendung des § 2 Abs 2 Z 2 UVG geboten ist. Dieses bereits vom Rekursgericht vertretene Rechtsansicht steht somit in Einklang mit der mittlerweile vorliegenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.

Der Revisionsrekurs der Minderjährigen ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2014:0100OB00066.14Z.1125.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
QAAAD-88512