OGH vom 22.11.2011, 8Ob109/11d
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch den Hofrat Hon. Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner sowie die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Urbanek Schmied Lind Reisch Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei R***** S*****, vertreten durch Dr. Kurt Freyler, Rechtsanwalt in Wien, wegen 93.574,92 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 5 R 73/11h 26, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Der Beklagte stützte im Verfahren seinen einredeweise geltend gemachten Anspruch auf Schadenersatz gemäß § 1360 ABGB im Wesentlichen darauf, dass die Klägerin die ihr von der Gemeinschuldnerin sicherungsweise überlassenen Forderungen gegenüber deren Kunden nicht ausreichend betrieben habe. Die Frage, ob ein Gläubiger im Rahmen seiner gemäß § 1360 ABGB bestehenden Schutz- und Sorgfaltspflichten gegenüber dem Bürgen alle Vorkehrungen getroffen hat, um den Rückgriffsanspruch des Bürgen zu sichern, und daher insbesondere Sicherheiten, die bei Zahlung auf den Bürgen übergehen, nicht iSd § 1360 ABGB aufgegeben hat ( Gamerith in Rummel ³, Vor § 1360 Rz 4; 10 Ob 58/05k), kann jedoch immer nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden.
2. Es trifft zwar zu, dass die Klägerin jene Forderungen, für die der Beklagte nun von ihr als (Wechsel )bürge in Anspruch genommen wird, (nur) außergerichtlich betrieben hat. Auf die vom Revisionswerber als erheblich bezeichnete Frage, welche Eintreibungsmaßnahmen für den Sicherungszessionar zur Vermeidung einer Haftung gemäß § 1360 ABGB konkret geboten und zumutbar sind, braucht hier aber schon deshalb nicht eingegangen zu werden, weil der Beklagte ein Vorbringen, welche „weiteren“ Eintreibungsmaßnahmen die Klägerin zu setzen gehabt hätte, im Verfahren erster Instanz gar nicht erstattet hat. Das vom Berufungsgericht verworfene Argument, die Klägerin wäre zur Rückabtretung ihrer Forderung an die Gemeinschuldnerin oder an den Masseverwalter verpflichtet gewesen, hält der Beklagte in der Revision nicht mehr aufrecht. Ein Vorbringen, dass die Kundenforderungen der Gemeinschuldnerin infolge eines von der Klägerin gegen den Masseverwalter der Gemeinschuldnerin eingeleiteten Prozesses verjährt und damit uneinbringlich geworden seien, hat die Klägerin im Verfahren erster Instanz nicht erstattet, sodass es sich dabei um eine unbeachtliche Neuerung handelt. Welche „entsprechenden Unterlagen“ die Klägerin zur Betreibung der Forderungen versuchen hätte sollen zu erlangen, führt der Beklagte auch in der Revision nicht aus. Vor allem aber übersieht er, dass nach den Feststellungen selbst dem Masseverwalter nur derart mangelhafte Unterlagen der Gemeinschuldnerin übergeben wurden, dass dieser gegen deren Schuldner keine Aktivprozesse führen konnte. Vor diesem Hintergrund ist aber die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Klägerin kein Verhalten vorzuwerfen sei, dass einer „Begebung des Pfandes“ iSd § 1360 ABGB gleichkommt (10 Ob 58/05k; P. Bydlinski in KBB³ § 1360 Rz 4), nach den maßgeblichen Umständen des Einzelfalls keineswegs unvertretbar. Die Revision war daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.