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VfGH vom 28.06.2007, B1934/06

VfGH vom 28.06.2007, B1934/06

Sammlungsnummer

18184

Spruch

Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes bzw. einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) ist schuldig, den Beschwerdeführern zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.340,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Beschwerdeführer waren im Zeitraum vom bis Pächter einer landwirtschaftlich genutzten Liegenschaft. Mit Bescheid des Vorstandes für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria (im Folgenden: AMA) wurde den Beschwerdeführern die Einheitliche Betriebsprämie in bestimmter Höhe zuerkannt. Dem gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 gestellten Antrag auf Anerkennung als Sonderfall für die Einheitliche Betriebsprämie wurde mit der Begründung, dass es sich bei den gepachteten Flächen um einen nicht anerkennungsfähigen Sonderfall handle, keine Folge gegeben.

2. Die dagegen erhobene Berufung an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Einheitliche Betriebsprämie wurde mit Bescheid vom abgewiesen. Der "aus advokatorischer Vorsicht" auch bei der Berufungsbehörde gestellte Antrag auf Zuweisung aus der Nationalen Reserve gemäß § 5 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die Einheitliche Betriebsprämie (Betriebsprämie-Verordnung) (im Folgenden: BP-VO), in eventu auf Anerkennung als Härtefall gemäß § 4 der BP-VO wurde unter einem wegen Versäumung der Antragsfrist gemäß § 17 Abs 2 der BP-VO als verspätet zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben gegen diesen Bescheid Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nach Art 144 B-VG erhoben und die Rechtsverletzung wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung behauptet. Sie haben sich in diesem Zusammenhang auf drei gemeinschaftsrechtliche Verordnungen sowie auf § 5 Abs 3a Z 1 litb der BP-VO bezogen und angeregt, ein Verordnungsprüfungsverfahren einzuleiten.

II. Aus Anlass der Behandlung dieser Beschwerde beschloss der Verfassungsgerichtshof am , gemäß Art 140 Abs 1 B-VG die Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "flächenbezogenen oder" in § 99 Abs 1 Z 6 des Marktordnungsgesetzes 1985, BGBl. 210/1985 in der Fassung BGBl. I 108/2001, sowie gemäß Art 139 Abs 1 B-VG die Gesetzmäßigkeit der Wortfolge "bis - spätestens aber innerhalb von zwei Wochen ab Erhalt, wenn die Erstberechnung nach dem zugegangen ist -" in § 17 Abs 2 der BP-VO, BGBl. II 336/2004, von Amts wegen zu prüfen.

Mit Erkenntnis vom , G21/07, V20/07, hob der Verfassungsgerichtshof die Wortfolge "flächenbezogenen oder" in § 99 Abs 1 Z 6 des Marktordnungsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 210/1985 in der Fassung BGBl. I 108/2001, wegen Verstoßes gegen das aus Art 18 B-VG abzuleitende, auch den Gesetzgeber bindende Determinierungsgebot als verfassungswidrig auf. Ferner hob er die BP-VO, BGBl. II 336/2004, als gesetzwidrig auf.

III. Die Beschwerde ist begründet.

Die belangte Behörde hat eine gesetzwidrige, auf einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung beruhende Verordnung angewendet. Es ist nach Lage des Falles nicht ausgeschlossen, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführer nachteilig war, zumal die belangte Behörde nunmehr inhaltlich über die Berufung zu entscheiden hat. Hiebei wird zu beurteilen sein, ob die mit der Aufhebung der BP-VO entstehende Rechtslücke allenfalls durch Auslegung gemeinschaftsrechtlicher Bestimmungen ausgefüllt werden kann.

Die Beschwerdeführer wurden folglich durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung rechtswidriger Normen in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10.303/1984, 10.515/1985).

Der Bescheid war daher aufzuheben.

IV. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 Z 3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den antragsgemäß zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 360,-- (unrichtige Berechnung der Umsatzsteuer wurde berichtigt) und eine Eingabegebühr gemäß § 17a VfGG in der Höhe von € 180,-- enthalten.

Fundstelle(n):
DAAAD-88405