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OGH vom 25.11.2014, 10Ob65/14b

OGH vom 25.11.2014, 10Ob65/14b

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. H*****, 2. S*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Uwe Niernberger und Dr. Angelika Kleewein, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei P*****, vertreten durch Dr. Teja H. Kapsch, Rechtsanwalt in Hausmannstätten, wegen Räumung und Zahlung (5.662,85 EUR sA) über die außerordentliche Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 5.662,85 EUR sA), gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom , GZ 7 R 38/14f 35, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die vom Revisionswerber geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens (§ 503 Z 2 ZPO) liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 dritter Satz ZPO). Angebliche Verfahrensmängel erster Instanz, deren Vorliegen das Berufungsgericht bereits verneint hat, können nach ständiger Rechtsprechung in der Revision nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden ( E. Kodek in Rechberger , ZPO 4 § 503 Rz 9 mwN ua). Dem Obersten Gerichtshof, der keine Tatsacheninstanz ist, ist auch eine Überprüfung der Beweiswürdigung entzogen. Ein Mangel des Berufungsverfahrens wäre in diesem Zusammenhang nur dann gegeben, wenn sich das Berufungsgericht mit der Beweiswürdigungsrüge nicht oder nur so mangelhaft befasst hat, dass keine nachvollziehbaren Überlegungen über die Beweiswürdigung angestellt und im Urteil festgehalten sind ( E. Kodek in Rechberger , ZPO 4 § 503 Rz 1 und 11 mwN). Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

2. Das zwischen den Parteien bereits seit bestehende Mietverhältnis fällt nach der hier maßgebenden Rechtslage nach § 1 Abs 4 Z 2 MRG idF vor der Mietrechtsnovelle 2001 (BGBl I 2001/161) in den Teilanwendungsbereich des MRG (vgl § 49d Abs 2 MRG 7 Ob 70/07f = immolex 2007/163, 334 ua). Es sind daher die §§ 3, 8 MRG im vorliegenden Fall nicht anwendbar, sondern es gilt ausschließlich § 1096 ABGB.

2.1 Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre enthält § 1096 ABGB nachgiebiges Recht (RIS Justiz RS0021525), weshalb außerhalb zwingender Normen der Mietrechtsgesetzgebung die Pflicht des Bestandgebers zur laufenden Instandhaltung abdingbar und auf den Bestandnehmer überwälzbar ist (1 Ob 176/12g = immolex 2013/1, 21 [ Pletzer ] = wobl 2013, 26 [ Riss ]; 3 Ob 20/09a = immolex 2009/82, 224 [ Böhm ] mwN ua). Es ist daher zulässig, dass der Bestandnehmer soweit das Recht zur freien Zinsvereinbarung besteht als (teilweise) Gegenleistung für die Raum oder Gebäudebenützung deren Instandsetzung und Instandhaltung übernimmt, sofern sich die Leistungsrelation im Rahmen des § 879 ABGB hält (vgl Binder in Schwimann , ABGB³ § 1096 Rz 81 mwN).

2.2 Die Frage der Auslegung der in § 4 des Mietvertrags vom vereinbarten Überbindung der „Erhaltungspflicht“ bzw „Instandhaltungspflicht“ an den Mieter betrifft die Auslegung eines Vertrags im Einzelfall und stellt nach ständiger Rechtsprechung nur dann eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS Justiz RS0042936). Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, der Beklagte habe mit der Vereinbarung laut § 4 des Mietvertrags vom die Erhaltungspflicht hinsichtlich des Mietobjekts und seiner Einrichtungen, insbesondere der Lichtleitungs , Gasleitungs , Wasserleitungs , der Heizungsanlagen und der sanitären Anlagen, wirksam übernommen, ist jedenfalls nicht unvertretbar.

2.3 Wird der Mieter in einer Mietvertragsklausel generell zur Wartung, Instandhaltung bzw Erneuerung aller für den Mietgegenstand bestimmten Einrichtungen und Geräte verpflichtet und damit die Pflicht zur Erhaltung des Mietobjekts generell auf den Mieter überwälzt, kann er sich auch nicht auf die Unbrauchbarkeit des Mietgegenstands berufen, was aber Voraussetzung für einen Zinsminderungsanspruch nach § 1096 Abs 1 zweiter Satz ABGB wäre. Soweit daher der Bestandnehmer zulässigerweise Erhaltungspflichten übernommen hat, steht ihm das Zinsminderungsrecht nicht zu, weil dann die Gebrauchsbeeinträchtigung durch nicht behobene Mängel aus seiner Sphäre stammt ( Iro in KBB 4 § 1096 Rz 11 mwN; RIS Justiz RS0122135). Der Bestandnehmer hat darüber hinaus auch kein Zinsminderungsrecht im Sinn des § 1096 Abs 1 zweiter Satz ABGB, wenn der Gebrauchsnutzen aus seinem Verschulden vereitelt oder er dafür nach den §§ 1111, 1313a ABGB einzustehen hat ( Iro in KBB 4 § 1096 Rz 10). Die Beweislast dafür, dass Mängel vorliegen, die ein Zinsminderungsrecht rechtfertigen, trifft den Mieter (RIS Justiz RS0021416). Auch in der weiteren Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass die vom Beklagten im Einzelnen geltend gemachten Mängel in seine Sphäre fallen und auch deshalb ein Zinsminderungsrecht im Sinn des § 1096 Abs 1 zweiter Satz ABGB nicht in Betracht kommt, kann keine vom Obersten Gerichtshof im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung erblickt werden.

Die außerordentliche Revision war daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2014:0100OB00065.14B.1125.000