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VfGH vom 23.02.2010, B1933/07

VfGH vom 23.02.2010, B1933/07

18994

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor einem unparteiischen Tribunal durch eine Entscheidung des Dienstrechtssenates der Stadt Wien; Tribunalqualität dieser Behörde zwar gegeben, jedoch kein unstrittiger und nicht weiter erörterungsbedürftiger Sachverhalt in Bezug auf die gegenständliche Entziehung der ärztlichen Leitung einer Krankenhausambulanz

Spruch

Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor einem Tribunal im Sinne des Art 6 Abs 1 EMRK verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Die Stadt Wien ist schuldig, der Beschwerdeführerin zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 1.088,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Beschwerdeführerin steht als Ärztin in einem

öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien. Mit Wirksamkeit vom wurde die Beschwerdeführerin in das Geriatriezentrum Floridsdorf des Sozialmedizinischen Zentrums (im Folgenden: SMZ) Floridsdorf als ärztliche Institutsvorständin des Instituts für physikalische Medizin versetzt. Mit E-mail des Ärztlichen Direktors des SMZ Floridsdorf vom wurde die Beschwerdeführerin "[b]is zur Entscheidung der

Unternehmensdirektion ... interim...istisch mit der ärztliche[n]

Leitung der Physikalischen Ambulanz im sozialmedizinischen Zentrum Floridsdorf betraut." Mit an die Kollegiale Führung des SMZ Floridsdorf gerichtetem Schreiben des Direktors der Teilunternehmung "Wiener Städtische Krankenanstalten und Pflegeheime" vom wurde u.a. mitgeteilt, dass die Beschwerdeführerin "für die

ärztliche Leitung ... der Krankenhausambulanz für Physikalische

Medizin ... vorgesehen" sei; damit würden "[d]ie beiden Einheiten

(Krankenhausambulanz und Institut des Geriatriezentrums) [in] Personalunion geführt." Der Ärztliche Direktor des SMZ Floridsdorf teilte der Beschwerdeführerin mit E-mail vom u.a. mit, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer und der Versetzung eines anderen näher genannten Arztes in das SMZ Floridsdorf "mit der Leitung der ho. Ambulanz für PMR betraut" worden sei. In der Sitzung der Kollegialen Führung des SMZ Floridsdorf am , in der auch die Beschwerdeführerin anwesend war, erteilte der Ärztliche Direktor des SMZ Floridsdorf die mündliche Weisung, dass "der

Dienstauftrag vom ... interimistisch bis auf weiters ... mit

sofortiger Wirkung abgeändert" werde, und zwar in dem Sinn, dass die Leitung der Ambulanz des Krankenhauses einer anderen Ärztin übertragen werde; nur die Urlaubsscheine würden noch von der Beschwerdeführerin unterzeichnet. Nachdem die Beschwerdeführerin mit E-mail vom gegen diese Weisung "Einspruch" erhoben hatte, wurde die Weisung vom Ärztlichen Direktor des SMZ Floridsdorf mit an die Beschwerdeführerin gerichtetem E-mail vom schriftlich wiederholt.

Mit Schriftsatz vom stellte die Beschwerdeführerin beim Magistrat Wien den "Antrag, mit Beschied festzustellen, dass die vom ärztlichen Direktor des SMZ Floridsdorf

... am ausgesprochene Dienstanweisung ... rechtswidrig war

und ist." Der Magistrat der Stadt Wien hielt der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom Stellungnahmen des Geschäftsbereiches Personal der Generaldirektion des Wiener Krankenanstaltenverbundes vom , der Direktorin der Teilunternehmung Krankenanstalten der Stadt Wien vom , vom und vom sowie ein Schreiben des Generaldirektors des Wiener Krankenanstaltenverbundes an die Magistratsdirektion, Geschäftsbereich Personal und Revision, Gruppe Interne Revision, vom zur Stellungnahme vor. Die Beschwerdeführerin gab mit Schreiben vom eine Stellungnahme ab.

In der Folge erließ der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 2 - Personalservice, einen mit datierten, an die Beschwerdeführerin gerichteten Bescheid, in dem Folgendes verfügt wird:

"I. Auf Grund Ihres Antrages vom [gemeint wohl: 13.] September 2005 wird festgestellt, dass die vom ärztlichen Direktor

des SMZ Floridsdorf ... in der Sitzung der Kollegialen Führung vom

mündlich erteilte und am schriftlich bestätigte Weisung, dass Ihnen die interimistische ärztliche Leitung der Krankenhausambulanz für physikalische Medizin mit sofortiger Wirkung entzogen wird, nicht rechtswidrig war und ist.

II. Soweit sich Ihr Antrag auch auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Weisung in Bezug auf die Übertragung dieser Aufgaben auf eine andere Fachärztin des SMZ Floridsdorf bezieht, wird dieser mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen."

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom Berufung, in der sie u.a. die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung beantragte. Der Dienstrechtssenat der Stadt Wien wies die Berufung der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom mit der Maßgabe ab, dass der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wie folgt zu lauten habe:

"Auf Grund des Antrages vom wird gemäß § 20 der Dienstordnung 1994 (DO 1994), LGBl. für Wien Nr. 56, festgestellt, dass die vom ärztlichen Direktor des SMZ Floridsdorf

... in der Sitzung der Kollegialen Führung vom mündlich

erteilte und am schriftlich bestätigte Weisung, dass Ihnen die interimistische ärztliche Leitung der Krankenhausambulanz für physikalische Medizin im Krankenhaus Floridsdorf mit sofortiger Wirkung entzogen wird, rechtmäßig war."

Begründend führt der Dienstrechtssenat der Stadt Wien im Wesentlichen Folgendes aus:

"Im vorliegenden Fall wurde die Berufungswerberin [Beschwerdeführerin im verfassungsgerichtlichen Verfahren] zusätzlich zu ihrer Tätigkeit als Institutsvorständin des Instituts für physikalische Medizin ab interimistisch mit der ärztlichen Leitung der physikalischen Ambulanz betraut. Dies ergibt sich aus der an die Berufungswerberin gerichteten E-Mail des

ärztlichen Direktors des SMZ Floridsdorf ... vom .

Entgegen der Ansicht der Berufungswerberin vermag das vom Direktor der Teilunternehmung 'Wiener Städtische Krankenanstalten und Pflegeheime' an die kollegiale Führung des SMZ Floridsdorf gerichtete Schreiben vom keine Änderung am Charakter der Bestellung herbeizuführen und eine endgültige Bestellung zu bewirken, zumal dieses Schreiben nicht an die Berufungswerberin als Adressatin gerichtet war. Anhaltspunkte dafür, dass die interimistische Bestellung in eine endgültige umgewandelt worden wäre, sind im Verfahren jedenfalls nicht hervorgekommen. Die interimistische Leitung der physikalischen Ambulanz wurde der Berufungswerberin zunächst mit mündlicher Weisung vom und auf Grund ihrer Äußerung von Bedenken mit schriftlicher Bestätigung der Weisung mit E-Mail vom durch den ärztlichen Direktor des

SMZ Floridsdorf ... entzogen.

Soweit die Berufungswerberin geltend macht, dass es sich bei ihrer Abberufung um eine Versetzung im Sinne des § 19 Abs 2 DO 1994 handle, ist darauf hinzuweisen, dass die Berufungswerberin mit Wirksamkeit auf den im Geriatriezentrum Floridsdorf systematisierten Dienstposten einer ärztlichen Institutsvorständin des Instituts für physikalische Medizin versetzt wurde und diesen mit A2 im Schema II KAV bewerteten Dienstposten nach wie vor innehat. Da mit der Entziehung der interimistischen Leitung der physikalischen Ambulanz im SMZ Floridsdorf kein Dienstpostenwechsel verbunden war, liegt im gegenständlichen Fall keine Versetzung im Sinne des § 19 Abs 2 DO 1994 vor, sondern entfielen lediglich jene Aufgaben, die der Berufungswerberin zusätzlich zu den mit ihrem Dienstposten verbundenen übertragen worden waren. Diese interimistische Leitung ist daher im vorliegenden Fall mit einer in § 19 Abs 1 DO 1994 vorgesehenen Maßnahme vergleichbar, demzufolge ein Beamter, wenn es der Dienst erfordert, nach Maßgabe seiner Eignung vorübergehend auch zur Verrichtung eines anderen Geschäftskreises herangezogen werden kann.

Aus einer interimistischen Leitung kann der mit dieser betraute Bedienstete jedoch kein wie immer geartetes Recht auf Beibehaltung dieses Zustandes ableiten, auch wenn die Beauftragung zur interimistischen Leitung kein 'Enddatum' nennt. In diesem Fall ist sogar davon auszugehen, dass die Leitungsfunktion jederzeit widerrufen werden kann. Diesem Widerruf ist Folge zu leisten und kommt es auf die hiefür maßgeblichen Motive der Dienstgeberin grundsätzlich nicht an. Ungeachtet dessen sei aber darauf hingewiesen, dass das auch von der Berufungswerberin nicht bestrittene Spannungsverhältnis mit Frau Dr. S und ihr in Bezug auf die Patientenbetreuung nicht optimales 'Organisationstalent' als Gründe für die Aufhebung der zusätzlichen interimistischen Leitung genannt wurden.

Die Berufungswerberin selbst bestreitet nicht, dass das Vertrauensverhältnis zwischen ihr und Frau Dr. S, welche sie selbst zu ihrem Team geholt hatte, zerstört war. In diesem Zusammenhang ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. Erkenntnis vom , Zl. 2001/12/0057) zu den Voraussetzungen einer Versetzung beim Vorliegen von Spannungsverhältnissen an Dienststellen zu verweisen. Demnach kann ein wichtiges dienstliches Interesse, das eine Versetzung rechtfertigt, auch das Vorliegen von wesentlichen Konflikten und Spannungen zwischen Bediensteten einer Dienststelle sein, sind doch derartige Verhältnisse in der Regel der Erfüllung der dienstlichen Aufgaben abträglich, zumal durch derartige Konflikte und den damit verbundenen Auseinandersetzungen auch ein beträchtlicher zusätzlicher Verwaltungsaufwand herbeigeführt wird, der bei einem anderen Personaleinsatz meist vermeidbar wäre. Solchen Konflikten und Spannungsverhältnissen in einer Dienststelle liegen in der Regel gegensätzliche Auffassungen und Haltungen zweier oder mehrerer Bediensteter zu Grunde und ist in der Regel eine Lösung dieser Spannungen nur durch Versetzung einer der beiden Konfliktparteien zu erreichen. Bei der Frage, welche der Konfliktparteien zu versetzen ist, kommt dem hierarchischen Gesichtspunkt keine allein entscheidende Bedeutung zu.

Rechtfertigen Spannungsverhältnisse an einer Dienststelle aber selbst die Versetzung, muss dies umso mehr für den vorliegenden Fall gelten, dem keine Versetzung, sondern lediglich die Entziehung einer zusätzlich übertragenen Aufgabe zu Grunde liegt.

Die Berufungswerberin stellte die Rechtmäßigkeit der Weisung zunächst damit in Frage, dass der Entzug von Kompetenzen weder diskriminierend (Alter) sein darf noch Strafcharakter haben darf, weil das einem Disziplinarverfahren vorbehalten ist. Die gegenständliche Weisung erfolgte allerdings aus den bereits geschilderten Gründen und hat keinen Strafcharakter, sondern diente lediglich dazu, eine effiziente Dienstleistung für alle am Konflikt Beteiligten zu ermöglichen.

Soweit die Berufungswerberin geltend macht, sie habe durch ihre Abberufung einen beruflichen und sozialen Ansehensverlust und finanzielle Einbußen erlitten, ist darauf hinzuweisen, dass sich weder am Dienstposten noch an der besoldungsrechtlichen Stellung der Berufungswerberin durch die Entziehung ihrer interimistischen Leitungsfunktion etwas geändert hat, da sie nach wie vor ihren mit A2 des Schemas II KAV bewerteten Dienstposten als Institutsvorständin des Instituts für physikalische Medizin im Geriatriezentrum Floridsdorf innehat. Dass sie allenfalls durch die Entziehung der interimistischen Leitung weniger Nebengebühren (insbesondere Überstunden) beanspruchen kann, vermag an der Rechtmäßigkeit der gegenständlichen Weisung nichts zu ändern.

Den Anträgen auf weiterführende Beweisaufnahmen wie Einvernahme von Zeugen zu den näheren Umständen hinsichtlich der langen Wartezeiten und der Patientenbeschwerde durch eine mündliche Berufungsverhandlung war mangels Entscheidungsrelevanz nicht zu entsprechen. Die Berufungswerberin selbst gab nämlich die wesentlichen Tatsachen wie die ernsten Differenzen mit Frau Dr. S und die teilweise langen Wartezeiten selbst zu, die näheren Umstände spielen keine wesentliche Rolle, insbesondere ist die Frage, ob die Berufungswerberin daran eine Schuld im disziplinären Sinn trifft, unerheblich, da im dienstlichen Interesse rein auf Grund der objektiven Tatsachen ohne Schuldvorwurf eine Lösung zur ordentlichen Zusammenarbeit gefunden wurde. Ebenso wurde das persönliche Verhältnis zwischen dem ärztlichen Direktor des Krankenhauses und der Berufungswerberin entgegen den Beweisanträgen der Berufungswerberin nicht näher beleuchtet, weil sich die Personalmaßnahme auf objektivierte Tatsachen stützt und das persönliche Verhältnis der beiden zueinander nicht Gegenstand des Verfahrens ist.

Zu Spruchpunkt 2 wies die erstinstanzliche Behörde zu Recht darauf hin, dass niemand ein subjektives Recht hat, eine Weisung überprüfen zu lassen, die nicht an ihn, sondern an eine andere Person gerichtet ist, sodass der Berufungswerberin die Parteistellung für dieses Verfahren fehlt (vgl. § 8 AVG)."

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein faires Verfahren, auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf Freiheit der Erwerbsbetätigung sowie auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird. Die Beschwerdeführerin bringt u.a. das Folgende vor:

"... Verstoß gegen Art 6 EMRK:

[D]ie Zusammensetzung des Dienstrechtssenates der Stadt Wien unter dem Vorsitz des Dr. B, wobei nähere Organe aus gegenständlichem Bescheid der belangten Behörde nicht erkennbar sind, [widerstreitet]

jedenfalls dem Grundsatz der [gemeint wohl: Unparteilichkeit] ... .

In diesem Zusammenhang fordert der EGMR sowohl den subjektiven als auch objektiven Ansatz der Unparteilichkeit.

Auszuführen ist, dass die rechtswidrige und diskriminierende [gemeint wohl: Weisung] durch ein Organ, nämlich durch Dr. S als ärztlicher Direktor[,] gesetzt wurde. Nunmehr hat wiederum ein Organ der Stadt Wien, nämlich der Dienstrechtssenat der Stadt Wien, Vorsitz des Dr. B, über die Rechtswidrigkeit und Diskriminierungsqualität der Weisung zu entscheiden. Eine derartige Vorgangsweise, noch dazu, wo kein weiterer administrativer Instanzenzug gegeben ist, führt unweigerlich zu einer entsprechenden [gemeint wohl: Parteilichkeit], weil eine entsprechende Interessensverquickung gegeben ist. Auszuführen ist, dass sowohl Dr. S als ärztlicher [Direktor] Vertreter der Stadt Wien ist, während auch der Vorsitzende sowie überhaupt der Dienstrechtssenat, der namentlich nicht einmal bekannt gegeben wurde, ebenfalls [gemeint wohl: Organwalter] der Stadtgemeinde Wien ist. Nach der Judikatur des VfGH sowie des EGMR sind beim objektiven Ansatz auch organisatorische Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die bei den Verfahrensbeteiligten berechtigterweise Befürchtungen auslösen können, dass eben keine hinreichende Gewähr der Unparteilichkeit gegeben ist. Gerade ein derartiger Fall liegt

hier vor ... . Jedenfalls ist in Einklang mit der Judikatur des EGMR

davon auszugehen, dass durch die Vorgangsweise der Weisung jedenfalls die Civil Rights meiner Person verletzt werden und dadurch auch grundsätzlich ein Tribunal über diesen Anspruch zu entscheiden hätte. Gerade das ist nicht der Fall und ist insbesondere auf den Fall Le Compte zu verweisen, wonach der EGMR entschieden hat, dass in

gegenständlichem Verfahren belgische Ärzte betreffend ... ein Gericht

und somit ein Tribunal nach Art 6 EMRK in zivilrechtlichen Streitigkeiten [sowohl] über Tatsachen als auch über Rechtsfragen entscheiden muss, damit den Anforderungen des Art 6 EMRK Genüge getan ist.

Diesen Umstand, insbesondere, dass der administrative Instanzenzug hier auch vollkommen eingeschränkt ist, widerspricht der Judikatur des VfGH, da eben dieser nur zur kassatorischen Entscheidungsbefugnis legitimiert ist und hat gerade der VfGH im Sinne der Judikatur des EGMR seine Rechtsprechung diesbezüglich... verfeinert (etwa V[f]Slg. 11.131/1986). Aufgrund der Entscheidung

V[f]Slg. 11.591/1987 ist nunmehr ein Civil Right ... hier betroffen,

da meinerseits behauptet wurde, dass ich in meinen finanziellen Belangen durch diese rechtswidrige und diskrim[in]ierende Weisung getroffen wurde, ein solches Civil Right vorgelegen ist und daher der Kernbereich der zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen betroffen ist, sodass zwingend ein Tribunal in einer derartigen Sache zu entscheiden hat (V[f]Slg. 11.591/1987). Aufgrund dieses Umstandes bin ich daher in meinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein fair trail nach Art 6 EMRK verletzt.

...

... Verletzung des Gleichheitssatzes nach Art. [gemeint wohl:

7 B-VG]:

...

[Es] ist auch auszuführen, dass mir die belangte Behörde nicht einmal die Möglichkeit des rechtlichen Gehörs einräumte und ohne Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung entschied. Ferner sind die Feststellungen, wonach ich ab lediglich interimistisch mit der ärztlichen Leitung der physikalischen Ambulanz betraut worden wäre, denkunmöglich bzw. sind wesentliche Ermittlungsergebnisse außer Acht gelassen worden. Ich verweise nochmals [im Zusammenhang mit der behaupteten Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes wird in der Beschwerde das Folgende ausgeführt: 'Ich verweise insbesondere auf das e-mail vom , welches an die Berufungsbehörde ... vorgelegt wurde, wonach mir der ärztliche Direktor mitteilte, dass im Rahmen der Versetzung von mir und Herrn Oberarzt Dr. M aus der KAR in der SMZ Floridsdorf ich mit der Leitung der Ambulanz für PMR betraut wurde [und] der Abteilungsvorstand der Vorgesetzte der Ärzte ist ... . Bereits aufgrund dieser Weisung bin ich daher mit der Leitung der Ambulanz für PMR betraut worden und wurde das Dienstverhältnis von mir als Vorstand zu Oberarzt Dr. M eindeutig definiert. Gerade aufgrund dieses e-mails kann daher in keinster Weise angenommen werden, dass mir lediglich die interimistische Lei...tungsfunktion zuerkannt worden wäre[,] und ist daher die Behauptung, die sich wie ein roter Faden durch den gesamten Bescheid der belangten Behörde zieht, unrichtig.'] auf das e-mail vom des Dr. G S, wonach mir die Funktion des Abteilungsvorstandes unbeschränkt zuteil geworden ist[,] und sind die diesbezüglichen Feststellungen, dass lediglich ein interimistisches Verhältnis vorgelegen hat, in keinster Weise begründet worden und ist auch nicht erkennbar, wie die belangte Behörde auf derartige Feststellungen kommt."

Der Dienstrechtssenat der Stadt Wien als die im verfassungsgerichtlichen Verfahren belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der er mit näherer Begründung die Abweisung der Beschwerde beantragt. Zum Vorwurf der Beschwerdeführerin, der Dienstrechtssenat der Stadt Wien habe ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden, führt dieser in seiner Gegenschrift das Folgende aus:

"[A]uf Grund des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens [war] der maßgebliche Sachverhalt geklärt ..., weshalb weder ein ergänzendes Ermittlungsverfahren, zu dessen Ergebnissen der Beschwerdeführerin Parteiengehör zu gewähren gewesen wäre, noch eine mündliche Berufungsverhandlung erforderlich waren."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Die hier in erster Linie maßgebenden Bestimmungen des Gesetzes über das Dienstrecht der Beamten der Bundeshauptstadt Wien (Dienstordnung 1994 - DO 1994), LGBl. 56 (§74a Abs 1 und § 74a Abs 3 idF LGBl. 49/2005, § 74a Abs 2 idF LGBl. 42/2006, § 74b Abs 1 bis § 74b Abs 3 idF LGBl. 37/2003, § 74b Abs 4 idF LGBl. 36/2005, § 74b Abs 5 idF LGBl. 34/1999, § 74c Abs 2 idF LGBl. 37/2003, § 74c Abs 4 idF LGBl. 34/1999), lauten auszugsweise wie folgt:

"Erweiterung des Geschäftskreises

§19. (1) Der Beamte ist im allgemeinen nur zur Durchführung jener Geschäfte verpflichtet, zu deren Verrichtung er auf Grund seiner Anstellung und des allgemeinen Geschäftskreises seiner Beamtengruppe bestimmt ist. Wenn es der Dienst jedoch erfordert, kann er nach Maßgabe seiner Eignung vorübergehend auch zur Verrichtung eines anderen Geschäftskreises herangezogen werden.

(2) ...

(3) ...

(4) ...

Dienstpflichten gegenüber dem Vorgesetzten

§20. (1) Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen.

(2) Der Beamte kann die Befolgung einer Weisung ablehnen, wenn die Weisung entweder von einem unzuständigen Organ erteilt worden ist oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde.

(3) Hält der Beamte eine Weisung aus einem anderen Grund für gesetzwidrig, so kann er, bevor er die Weisung befolgt, seine Bedenken dem Vorgesetzten mitteilen. Bestätigt jedoch der Vorgesetzte diese Weisung schriftlich, so hat der Beamte die Weisung zu befolgen.

(4) Der Beamte hat eine Weisung, die er für gesetzwidrig

hält, ohne schriftliche Bestätigung zu befolgen, wenn es sich bei

Gefahr im Verzug um eine unaufschiebbare Maßnahme handelt."

"Dienstrechtssenat

Wirkungsbereich

§74a. (1) Dem Dienstrechtssenat obliegt

1. die Entscheidung über Rechtsmittel gegen Bescheide, die vom Magistrat in den zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde gehörenden Angelegenheiten unter Anwendung des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29, erlassen worden sind,

2. die Entscheidung über Rechtsmittel gegen Bescheide der

Disziplinarkommission,

3. die Erlassung sonstiger Bescheide, zu deren Erlassung der Dienstrechtssenat nach dem 8. Abschnitt berufen ist.

(2) Der Dienstrechtssenat ist auch sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Sinn des § 73 Abs 2 AVG. Die Aufhebung und Abänderung von Bescheiden gemäß § 13 Abs 1 DVG und gemäß § 68 Abs 2 AVG sowie die Nichtigerklärung von Bescheiden gemäß § 68 Abs 4 AVG obliegt abweichend von § 13 Abs 2 und 3 DVG dem Dienstrechtssenat.

(3) Die Bescheide des Dienstrechtssenates unterliegen nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg. Hat der Dienstrechtssenat eine Kündigung ausgesprochen, eine Verfügung gemäß § 10 Abs 2 oder 4 oder eine Feststellung gemäß § 74 Z 2 getroffen oder einen Bescheid nach dem 8. Abschnitt erlassen, ist die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes zulässig.

Zusammensetzung

§74b. (1) Der Dienstrechtssenat besteht aus dem Vorsitzenden, einem rechtskundigen Beisitzer und sieben weiteren Beisitzern. Die Mitglieder werden vom Stadtsenat für die Dauer von fünf Jahren bestellt. Für den Vorsitzenden und den rechtskundigen Beisitzer sind in gleicher Weise zwei, für jeden weiteren Beisitzer ist ein Stellvertreter zu bestellen. Die Stellvertreter treten bei Verhinderung des Mitgliedes an dessen Stelle. Sind für ein Mitglied mehrere Stellvertreter bestellt, richtet sich die Stellvertretung nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung des Dienstrechtssenates.

(2) Der Vorsitzende und seine Stellvertreter müssen Richter des Aktivstandes sein. Für ihre Bestellung kommt dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien ein Vorschlagsrecht zu.

(3) Der rechtskundige Beisitzer und seine Stellvertreter müssen Beamte der Gemeinde Wien sein.

(4) Die sieben weiteren Beisitzer und ihre Stellvertreter müssen Beamte der Gemeinde Wien sein. Jeweils einer von ihnen und sein Stellvertreter müssen für Beamte der folgenden

Verwendungsgruppen zuständig sein:

Beisitzer 1: Verwendungsgruppen A, KA 1, KA 2, A 1, A 2, A 3, L 1

Beisitzer 2: Verwendungsgruppen K 1, K 2

Beisitzer 3: Verwendungsgruppen B, KA 3, L 2a, L 2b, LK

Beisitzer 4: Verwendungsgruppen K 3 bis K 5

Beisitzer 5: Verwendungsgruppen C, L 3, 1, 2, 3P

Beisitzer 6: Verwendungsgruppen D, D 1, K6, 3A

Beisitzer 7: Verwendungsgruppen E, E 1, 3, 4

Für diese Beisitzer und ihre Stellvertreter kommt dem gemäß § 11 des Wiener Personalvertretungsgesetzes, LGBl. für Wien Nr. 49/1985, gebildeten Zentralausschuss ein Vorschlagsrecht zu. Jeder Beisitzer und sein Stellvertreter soll einer der Verwendungsgruppen angehören, für die er zuständig ist.

(5) Der Dienstrechtssenat verhandelt und entscheidet in einem Dreiersenat, der aus dem

1. Vorsitzenden,

2. dem rechtskundigen Beisitzer und

3. einem der weiteren Beisitzer, der für Beamte jener Verwendungsgruppe zuständig ist, der der betroffene Beamte im Zeitpunkt des Anhängigwerdens des Verfahrens beim Dienstrechtssenat angehört hat,

besteht.

Mitgliedschaft im Dienstrechtssenat

§74c. (1) ...

(2) Die Mitgliedschaft im Dienstrechtssenat endet:

1. ...

2. ...

3. ...

4. ...

5. ...

6. durch Enthebung, welche der Stadtsenat

a) verfügen kann auf begründetes Ansuchen des Mitgliedes oder wenn das Mitglied sein Amt aus gesundheitlichen Gründen bereits mehr als drei Monate nicht ausüben konnte (Amtsunfähigkeit), oder

b) zu verfügen hat, wenn das Mitglied die ihm obliegenden Amtspflichten grob verletzt oder dauernd vernachlässigt hat.

(3) ...

(4) Die Mitglieder des Dienstrechtssenates sind in Ausübung ihres Amtes an keine Weisungen gebunden.

(5) ...

(6) ..."

§ 1 Abs 1 Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984 - DVG, BGBl. 29 idF BGBl. 362/1991, lautet wie folgt:

"Anwendungsbereich

§1. (1) Auf das Verfahren in Angelegenheiten des öffentlich-rechtlichen Dienst-, Ruhe- oder Versorgungsverhältnisses (im folgenden 'Dienstverhältnis' genannt) zum Bund, den Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden ist das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit den nachstehenden Abweichungen anzuwenden."

Die in § 1 DVG verwiesenen § 39 Abs 2 und §§40 ff. Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. 51 in der jeweils maßgeblichen Fassung, regeln die Durchführung der mündlichen Verhandlung.

2. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem gemäß Art 6 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein faires Verfahren verletzt, weil über ihre Rechtssache - mangels Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Dienstrechtssenates der Stadt Wien - nicht ein Tribunal entschieden habe: Dem bekämpften Bescheid sei die personelle Zusammensetzung des Dienstrechtssenates der Stadt Wien nicht zu entnehmen und seien sowohl der Ärztliche Direktor des SMZ Floridsdorf, der die Weisung, mit der der Beschwerdeführerin die Leitung der Krankenhausambulanz entzogen worden sei, erteilt habe, als auch der Dienstrechtssenat der Stadt Wien Organe der Stadt Wien, womit eine Interessensverquickung gegeben sei.

In seinem Erkenntnis VfSlg. 18.309/2007 vertrat der Verfassungsgerichtshof - der Rechtsprechung des EGMR in dessen Urteil vom , Fall Eskelinen ua. gegen Finnland, Appl. 63.235/00, folgend - die Auffassung, dass Art 6 Abs 1 EMRK auch auf dienstrechtliche Streitigkeiten öffentlich Bediensteter anzuwenden ist, insoweit derartige Streitigkeiten durch die innerstaatliche Rechtsordnung geregelte, subjektive Rechte oder Pflichten des jeweils betroffenen Bediensteten zum Gegenstand haben (vgl. auch , zur Anwendbarkeit des Art 6 Abs 1 EMRK auf beamtendisziplinarrechtliche Streitigkeiten).

Ausgehend davon ist Art 6 Abs 1 EMRK auf die vorliegende dienstrechtliche Streitigkeit anwendbar. Die Beschwerdeführerin hatte nämlich - in den Worten des Urteiles des EGMR im Fall Eskelinen ua. gesprochen - insofern Zugang zu einem Gericht nach nationalem Recht ("access to a court under national law"), als die bescheidförmige Entscheidung der in erster Instanz zuständigen Dienstbehörde über die Rechtmäßigkeit der vom Ärztlichen Direktor des SMZ Floridsdorf erteilten Weisung der Kontrolle des Dienstrechtssenates der Stadt Wien unterliegt.

Dieser als Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag iSd Art 133 Z 4 und Art 20 Abs 2 Z 3 B-VG eingerichteten Behörde, der in bestimmten Angelegenheiten des Dienstrechtes der Beamten der Gemeinde Wien als Berufungsinstanz die nachprüfende Kontrolle anstelle des Verwaltungsgerichtshofes auf dem Gebiet des Dienstrechtes übertragen ist (VfSlg. 16.176/2001), kommt die Qualität eines Tribunals iSd Art 6 EMRK zu. Die für die Dauer von fünf Jahren bestellten Mitglieder des Dienstrechtssenates der Stadt Wien und deren Stellvertreter sind nämlich in Ausübung ihres Amtes an keine Weisungen gebunden (§74b Abs 1 und § 74c Abs 4 DO 1994) und können nur aus besonderen, gesetzlich geregelten Gründen ihres Amtes enthoben werden (§74c Abs 2 Z 6 DO 1994). Mit der nachprüfenden Kontrolle erstinstanzlicher dienstbehördlicher Bescheide durch den Dienstrechtssenat der Stadt Wien ist damit - worauf dieser in seiner Gegenschrift zutreffend hinweist - dem Erfordernis der gemäß Art 6 EMRK garantierten Entscheidung der Rechtssache durch ein unparteiisches und unabhängiges, auf Gesetz beruhendes Gericht Rechnung getragen.

Dem von der Beschwerdeführerin relevierten Vorwurf mangelnder Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Dienstrechtssenates der Stadt Wien iSd Art 6 EMRK ist zu entgegnen, dass § 74b Abs 5 DO 1994 die Bildung nur eines Senates vorsieht und der Umstand, dass die Mitglieder der entscheidenden Kollegialbehörde dem Bescheid nicht entnommen werden können, kein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht verletzt (vgl. zB VfSlg. 18.186/2007 mwH). Auch der Vorwurf einer dem Art 6 EMRK widersprechenden organisatorischen Verflechtung mit dem Ärztlichen Direktor des SMZ Floridsdorf ist nicht begründet; allein die Eigenschaft als Organ der Stadt Wien reicht nicht aus, den erforderlichen äußeren Anschein der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen; ein besonderer Grund dafür, dass der äußere Anschein der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit nicht gewahrt wurde, ist nicht hervorgekommen und wurde auch von der Beschwerdeführerin nicht behauptet.

Allerdings wurde die Beschwerdeführerin durch den von ihr bekämpften Bescheid in ihrem gemäß Art 6 Abs 1 EMRK gewährleisteten Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor einem Tribunal verletzt:

Der EGMR hat in seiner Judikatur wiederholt ausgesprochen, dass in einem den Anforderungen des Art 6 EMRK unterliegenden Verfahren vor einem in erster und letzter Instanz entscheidenden Gericht das Recht auf eine "öffentliche Anhörung" ein Recht auf eine mündliche Verhandlung zur Folge hat, es sei denn, dass besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen (vgl. zB EGMR , Fall Allan Jacobsson gegen Schweden, Appl. 16.970/90, ÖJZ 1998, 935 = newsletter 1998, 63; , Fall Alge gegen Österreich, Appl. 38.185/97, ÖJZ 2004, 477; , Fall Bösch gegen Österreich, Appl. 17.912/05, newsletter 2007, 119; , Fall Abrahamian gegen Österreich, Appl. 35.354/04, ÖJZ 2008, 547 = newsletter 2008, 94).

Solche besonderen Umstände können unter anderem darin bestehen, dass der Sachverhalt unbestritten ist und ein Tribunal nur aufgerufen ist, über Rechtsfragen von nicht besonderer Komplexität zu entscheiden (EGMR , Fall Speil gegen Österreich, Appl. 42.057/98, ÖJZ 2003, 117; weiters EGMR , Fall Faugel gegen Österreich, Appl. 58.674/00, ÖJZ 2004, 437 sowie EGMR , Fall Osinger gegen Österreich, Appl. 54.645/00, ÖJZ 2006, 255 = newsletter 2005, 76).

Weiters kann von einer Verhandlung abgesehen werden, wenn eine Partei unmissverständlich darauf verzichtet und wenn keine Fragen von öffentlichem Interesse eine Verhandlung notwendig machen (EGMR , Fall Faugel, ÖJZ 2004, 437; EGMR , Fall Petersen gegen Deutschland, Appl. 31.178/96, ÖJZ 2003, 114).

Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin ausdrücklich die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Zwar enthält die DO 1994 keine Bestimmungen über die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, wohl aber das nach § 1 Abs 1 DVG im dienstrechtlichen Verfahren anzuwendende AVG (vgl. § 39 Abs 2 und §§40 ff. AVG). Das AVG enthält keine Bestimmung, die es verbietet, in den von Art 6 EMRK geforderten Fällen eine (volks)öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. VfSlg. 17.855/2006).

Wenn der Dienstrechtssenat der Stadt Wien vermeint, der Sachverhalt sei klar gewesen, sodass es keinen Grund für die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gegeben habe, kann ihm nicht beigetreten werden.

Nach Ansicht des Dienstrechtssenates der Stadt Wien sind "Anhaltspunkte dafür, dass die interimistische Bestellung [der Beschwerdeführerin als ärztliche Leiterin der Physikalischen Ambulanz im SMZ Floridsdorf] in eine endgültige umgewandelt worden wäre, ... im Verfahren jedenfalls nicht hervorgekommen." Die Beschwerdeführerin hat dem Dienstrechtssenat der Stadt Wien in ihrer Berufung jedoch eine an sie gerichtete E-mail des Ärztlichen Direktors des SMZ Floridsdorf vom vorgelegt, in der dieser der Beschwerdeführerin u.a. mitteilte, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer und der Versetzung eines anderen näher genannten Arztes in das SMZ Floridsdorf "mit der Leitung der ho. Ambulanz für PMR betraut" worden sei. Damit konnte der Dienstrechtssenat der Stadt Wien nicht von einem unstrittigen und nicht weiter erörterungsbedürftigen Sachverhalt ausgehen, der nur noch die Beantwortung einfacher Rechtsfragen offen ließ; er konnte sich sohin auf keine Besonderheiten berufen, auf Grund derer trotz entsprechender Antragstellung ausnahmsweise keine mündliche Verhandlung stattfinden musste.

Da es der Dienstrechtssenat der Stadt Wien unterlassen hat, eine (volks)öffentliche Verhandlung durchzuführen, liegt eine Verletzung des Art 6 Abs 1 EMRK vor. Der angefochtene Bescheid war daher allein schon aus diesem Grund wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf eine mündliche Verhandlung vor einem unparteiischen Tribunal aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

3. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 88 VfGG. Im antragsgemäß zugesprochenen Betrag sind Umsatzsteuer in Höhe von € 151,33 sowie Eingabengebühr gemäß § 17a VfGG in Höhe von € 180,-- enthalten.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.