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OGH vom 15.11.2006, 9Ob64/05k

OGH vom 15.11.2006, 9Ob64/05k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisions- und Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria E*****, Angestellte, *****, vertreten durch Dr. Alfons Adam und Mag. Gernot Steier, Rechtsanwälte in Neulengbach, gegen die beklagte Partei Ing. Walter E*****, Angestellter, *****, vertreten durch Dr. Peter Stoff, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalt, über die Revision und den Rekurs der klagenden Partei gegen das Urteil und den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom , GZ 45 R 124/05a-77, womit das Urteil des Bezirksgerichts Donaustadt vom , GZ 17 C 29/02y-67, teils abgeändert, teils bestätigt und teils aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Der Revision und dem Rekurs wird nicht Folge gegeben. Die Kosten des Revisions- und Rekursverfahrens sind weitere Kosten des Verfahrens.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin und der Beklagten waren seit verheiratet. Die kinderlos gebliebene Ehe wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Stockerau vom , 1 C 693/01y, aus dem alleinigen Verschulden des Beklagten geschieden. Die Streitteile besaßen je zur Hälfte ein Einfamilienhaus in *****, welches auch als Ehewohnung benutzt wurde. Der Beklagte war bereits im Oktober 2000 aus der Ehewohnung ausgezogen und nicht mehr dorthin zurückgekehrt. Der Beklagte bezahlte jedoch bis zuletzt, wie schon während aufrechter Ehe, allein die für das Haus anfallenden Zahlungen, wie Hausversicherung, Grundsteuer, Gemeindeabgaben, Stromkosten sowie Kreditzinsen bzw Darlehensraten. Diese Zahlungen betrugen im Jahr 2001 EUR 498 monatlich, im Jahr 2002 EUR 339 monatlich, im Jahr 2003 EUR 330 monatlich und seit EUR 268 monatlich. Der Beklagte verdiente vom bis durchschnittlich EUR 2.805 netto pro Monat. Die Klägerin verdiente von bis durchschnittlich EUR 536 monatlich netto. Seit verdient sie EUR 790 monatlich netto. In dem zu 4 C 4/02y des Bezirksgerichts Stockerau anhängigen Aufteilungsverfahren schlossen die Streitteile am einen Vergleich, mit welchem der Beklagte (dort: Antragsteller) die ihm gehörige Hälfte der Liegenschaft ***** H***** der Klägerin (dort: Antragsgegnerin) übertrug, welche somit zur Alleineigentümerin der Liegenschaft werden sollte. Im Austausch dafür übernahm die Klägerin die auf der Liegenschaft haftenden Darlehen mit sofortiger Wirkung zur alleinigen Rückzahlung und verpflichtete sich dazu, den Beklagten bei dessen Inanspruchnahme schad- und klaglos zu halten. Über übereinstimmenden Antrag beider Parteien fasste das Außerstreitgericht den Beschluss, dass bezüglich beider aufgenommener Darlehen der Klägerin nunmehr die Stellung der Hauptschuldnerin zukommt, während der Beklagte Ausfallsbürge wurde (§ 98 EheG).

Mit ihrer Klage vom begehrte die Klägerin zunächst den Zuspruch eines monatlichen Unterhalts von EUR 582 seit . In der Folge begehrte sie für die Zeit ab einen monatlichen Unterhalt von EUR 726,73 und seit in Höhe von monatlich EUR 634. Gemäß § 66 EheG habe sie Anspruch auf Unterhalt gegenüber dem an der Scheidung allein schuldigen Beklagten. Unter Anrechnung des Eigeneinkommens ergäben sich die vorgenannten Summen. Die Klägerin räumte ein (ON 11), dass es zwar richtig sei, dass der Beklagte für die Kosten des Hauses aufkomme, doch sei eine Anrechnung nur zur Hälfte angemessen, weil der Beklagte selbst Hälfteeigentümer sei und daher auch ein entsprechender Kostenteil auf ihn entfalle. In der Folge (ON 15) wies die Klägerin darauf hin, dass der Unterhalt nach § 66 EheG ein reiner Geldunterhalt sei, die Zahlungen des Beklagten für das Haus nicht auf den Unterhalt angerechnet werden könnten, sondern allenfalls Gegenstand des (damals noch anhängigen) Aufteilungsverfahrens sein könnten.

Der Beklagte anerkannte zunächst (ON 15) einen monatlichen Unterhalt von EUR 509 für die Zeit vom 3. 1. bis . In der Folge (ON 17) anerkannte er eine Unterhaltsverpflichtung von EUR 509 monatlich auch für die Zeit vom bis sowie ab . Mit Teilanerkenntnisurteil vom erkannte das Erstgericht daher den Beklagten für schuldig, der Klägerin vom bis einen monatlichen Unterhalt von EUR 509 zu zahlen; mit Teilanerkenntnisurteil vom verurteilte das Erstgericht den Beklagten zur Zahlung eines monatlichen Unterhalts von EUR 509 für die Zeit vom bis sowie ab . Im darüber hinausgehend Umfang bestritt der Beklagte die Berechtigung des Klagebegehrens. Durch Zahlung der Hauskosten habe er nämlich einen Teil seiner Unterhaltspflicht erfüllt, den sich die Klägerin auf ihren Geldunterhaltsanspruch anrechnen lassen müsse. Insbesondere sei er nie aufgefordert worden, anstelle der Zahlungen für den Wohnaufwand unmittelbar Geldunterhalt zu leisten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren, der Beklagte sei schuldig, der Klägerin ab zusätzlich zu dem mit Teilanerkenntnisurteil abgesprochenem Betrag von EUR 509 weitere EUR 73 bis sowie weitere EUR 217,73 monatlich bis zu zahlen, ab. Im Übrigen erkannte es den Beklagten für schuldig, der Klägerin zusätzlich zum mit Teilanerkenntnisurteil zugesprochenen Betrag von EUR 509 ab weitere EUR 217,73 monatlich bis sowie weitere EUR 125 seit zu zahlen. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass der Klägerin bis zum Ende des Aufteilungsverfahrens im Dezember 2003 sämtliche Zahlungen des Beklagten für das nurmehr von ihr allein bewohnte Haus zugute gekommen seien, sodass sie sich trotz grundsätzlichen Anspruchs auf Geldunterhalt diese Zahlungen des Beklagten (an Dritte) als Naturalunterhalt anrechnen lassen müsse. Mit der Übertragung des gesamten Hauses durch den Vergleich im Aufteilungsverfahren und die Übernahme sämtlicher das Haus betreffenden Zahlungsverpflichtungen durch die Klägerin könne der Beklagte die weitere Tragung der Hauskosten nicht mehr als Teilabtragung seiner Unterhaltspflicht beanspruchen, weil ihm klar gewesen sei, dass spätestens ab Jänner 2004 nur mehr die Klägerin zu solchen Zahlungen verpflichtet gewesen sei.

Das von beiden Streitteilen angerufene Berufungsgericht gab beiden Berufungen teilweise Folge, bestätigte die Unterhaltsfestsetzung (diesbezüglich rechtskräftig) für die Zeit ab und änderte die Unterhaltsfestsetzung für die Zeit vom bis wie folgt ab: Der Beklagte wurde für schuldig befunden, für die Zeit vom 1. 1. bis zusätzlich zum Betrag von EUR 509 monatlich aufgrund der Teilanerkenntnisurteile einen weiteren Betrag von EUR 25 monatlich zu zahlen, ein Mehrbegehren von EUR 100 wies das Berufungsgericht ab. Weiters wies es das Mehrbegehren von EUR 125 für die Zeit vom 1. 6. bis ab. Hinsichtlich des Klagebegehrens für die Zeit vom bis hob das Berufungsgericht das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass trotz der durch § 70 Abs 1 EheG begründeten Verpflichtung des Beklagten, Geldunterhalt zu leisten, die von ihm getragenen Hauskosten als Teilnaturalunterhalt abzugsfähig seien. Dies gelte auch für die Zeit nach Abschluss des Vergleichs im Aufteilungsverfahren, die Anrechnung dieser Zahlungen führe zum Ergebnis, dass für die Zeit vom 1. 1. bis nur mehr ein Differenzanspruch von EUR 25 über den anerkannten Betrag von EUR 509 monatlich hinaus bestehe, für die Zeit vom 1. 6. bis bestehe kein übersteigender Anspruch der Klägerin mehr. Den aufhebenden Teil seiner Entscheidung begründete das Berufungsgericht damit, dass nicht auszuschließen sei, dass es dem Willen der Streitteile im Aufteilungsverfahren entsprochen habe, mit dem abgeschlossenen Vergleich auch über die bisher erfolgten Zahlungen des Beklagten für das gemeinsame Haus abzusprechen. Der Vergleichstext selbst erwähne diese Zahlungen zwar nicht, doch haben die Streitteile im Aufteilungsverfahren schon früher einen dann widerrufenen Vergleich abgeschlossen, in welchem die laufenden Zahlungen des Beklagten für Aufwendungen des Hauses ausdrücklich erwähnt worden seien. Ob der Entfall dieser Formulierung im endgültigen Vergleich dahin zu verstehen sei, dass diese Zahlungen nunmehr doch im Aufteilungsverfahren berücksichtigt werden sollten oder ob auf diese Aufwendungen deshalb kein ausdrücklicher Bezug mehr genommen worden sei, weil ohnedies völlig unstrittig gewesen sei, dass diese im Unterhaltsverfahren zu berücksichtigen sein würden, könne derzeit noch nicht ausreichend beurteilt werden. Vielmehr bedürfe es zur Ermittlung des Parteienswillens ergänzender Einvernahmen der Streitteile.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass Revision und Rekurs zulässig seien, weil keine ausdrückliche Rechtsprechung zur Frage bestehe, ob Naturalunterhaltsleistungen, die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlungen im Unterhaltsverfahren erbracht werden, auf den Unterhaltsanspruch von Ehegatten nach der Scheidung trotz der Bestimmung des § 70 EheG anzurechnen sind.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben werde, in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Gegen den Aufhebungsbeschluss richtet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, diesen aufzuheben und in der Sache dahin zu entscheiden, dass der Klägerin für Dezember 2001 ein weiterer Unterhaltsbetrag von EUR 92,20, für 2002 weitere EUR 155,80 monatlich, für 2003 weitere EUR 159,40 monatlich und für Jänner bis Juli 2004 weitere EUR 184,20 monatlich zuerkannt werden.

Rechtliche Beurteilung

Revision und Rekurs sind zulässig, aber nicht berechtigt. Grundsätzlich ist der gesamte angemessene Unterhalt den geschiedenen, unterhaltsberechtigten Ehegatten in Geld zuzusprechen. Prinzipiell sind daher gemischte Unterhaltsleistungen, also Geld- und Naturalleistungen, dann unzulässig, wenn eine Verpflichtung zur Leistung von Geldunterhalt besteht (1 Ob 3/06g mwN). Aufwendungen, um die vom Unterhaltsberechtigten benützte Wohnung in benützungsfähigem Zustand zu erhalten (Strom, Heizung, Reparaturen, Betriebskosten etc) stellen aber einen ausnahmsweise anrechenbaren Naturalunterhalt dar. Insoweit ist auch gemischter Unterhalt, bestehend aus Natural- und Geldleistung, jedenfalls dann zulässig, wenn der Naturalunterhalt in der Beistellung der Wohnung liegt und das Verbleiben in der Wohnung bzw dem Haus einer zumindest schlüssigen Vereinbarung der Ehegatten entspricht (1 Ob 3/06g). Selbst nach rechtskräftiger Scheidung der Ehe besteht ein Anspruch des auf die Wohnung angewiesenen Ehegatten, dass der zur Verfügung über die Wohnung berechtigte Ehegatte gemäß § 97 ABGB alles zu unterlassen und vorzukehren hat, dass der auf die Wohnung angewiesene Ehegatte diese nicht verliert. Dieser Anspruch besteht im Falle einer Scheidung bei rechtzeitiger Antragstellung nach den §§ 81 f EheG (Anmerkung: dies ist hier der Fall) im Aufteilungsanspruch des geschiedenen Ehegatten weiter. Durch diese Bestimmung soll der Ehegatte ganz allgemein in seinem Anliegen auf Sicherung seines Wohnbedürfnisses vor Willkürakten des anderen Ehegatten geschützt werden (7 Ob 529/93 in RIS-Justiz RS0047454). Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass die Klägerin auf die Benützung der Ehewohnung angewiesen war. Eine Einstellung der auf das Haus entfallenden Zahlungen durch den Beklagten hätte daher den Anspruch der Klägerin auf Erhalt der Ehewohnung (hier: des gemeinsamen Hauses) gefährdet, weil eine Exekution von Gläubigern auf die Liegenschaft zu deren Verlust hätte führen können. Eine angemessene Berücksichtigung dieser Zahlungen (vgl RS0005907) führt zum Ergebnis, dass sich der Beklagte für die Zeit bis zur tatsächlichen Aufteilung, das heißt dem Zuspruch des gemeinsamen Hauses an die Klägerin allein, nur einen Teil der von ihm getragenen Hauskosten als zulässigen Naturalunterhalt anrechnen kann, zumal er ja mit diesen Zahlungen auch eine eigene Schuld als Miteigentümer tilgte. Die bis zur Aufteilung vom Beklagten getragenen Kosten sind daher zur Hälfte als Naturalunterhalt anrechenbar (7 Ob 529/93 ua).

Zum Rekurs: Mit ihren Ausführungen, dass die Zahlungen des Beklagten überhaupt nicht anzurechnen seien, ist die Klägerin zunächst auf die obigen Darlegungen zu verweisen.

Soweit sich die Klägerin auf die zu 1 Ob 514/94 angewendete Berechnungsmethode der Anrechnung beruft, ist ihr entgegenzuhalten, dass dort ein Sachverhalt zugrunde lag, wo beide Ehegatten zur Tragung der Wohnungskosten beigetragen hatten. Dies ist jedoch hier nicht der Fall. Es besteht daher keine Veranlassung, von der vorgenannten, in der Judikatur schon mehrfach angewandten Anrechnungsmethode (7 Ob 529/93; 9 Ob 49/04b ua) abzugehen. Der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass die allfällige Berücksichtigung der Hauskostenzahlungen durch den Beklagten im Aufteilungsvergleich für die Beurteilung einer Anrechnung als Unterhalt wesentlich ist, ist beizupflichten. Ist aber die dem Aufhebungsbeschluss zugrunde liegende Rechtsansicht richtig, kann der Oberste Gerichtshof nicht überprüfen, ob die vom Berufungsgericht aufgetragene Verfahrensergänzung - hier: zur Ermittlung des Parteiwillens - tatsächlich notwendig ist (RIS-Justiz RS0042179 [T16, T 18]).

Die von der Revisionswerberin angeregte Fällung eines Teilurteils würde die Übersichtlichkeit gefährden und die Gefahr weiterer Verzögerungen in sich bergen. Soweit sich der Rekurs auf die Unterhaltsbemessung für den Zeitraum Jänner bis Juli 2004 bezieht, ist dieser schon deshalb unberechtigt, weil sich die Aufhebung gar nicht auf diesen Zeitraum bezieht.

Zur Revision:

Die obigen Ausführungen zur Anrechnung als Naturalunterhalt müssen im vorliegenden speziellen Fall auch für die Zeit nach Beendigung des Aufteilungsverfahrens, das heißt für die Zeit von Jänner bis Juli 2004, Anwendung finden. Die Klägerin hat zwar vorgebracht, einen ungeschmälerten Anspruch auf Geldunterhalt zu haben, akzeptierte aber in der Folge und zwar auch noch nach vorgenommener Aufteilung, die vom Beklagten ausdrücklich als Ehegattenunterhalt gewidmeten und mit dem Erhalt und der Benützung Hauses in Verbindung stehenden Zahlungen an Darlehensgeber, Energieversorger und Gemeinde. Nicht festgestellt werden konnte, dass die Klägerin versucht hätte, diese Zahlungen zu unterbinden oder aber selbst die ihr nun allein obliegenden Belastungen für das Haus zu begleichen. Insoweit ist die Situation derjenigen bis zur Aufteilung der Ehewohnung vergleichbar. Ein wesentlicher Unterschied besteht allerdings darin, dass infolge der mit dem Vergleich erfolgten Zuweisung des Hauses an die Klägerin den Beklagten kein Kostentragungsanteil mehr traf, sodass die Zahlungen ausschließlich jener zugute kamen und daher zur Gänze anzurechnen sind.

Soweit die Klägerin in der Revision von einem monatlichen Unterhaltsanspruch in Höhe von EUR 800,40 ausgeht, übersieht sie, dass sie damit über ihr bisheriges Begehren hinausgeht. Einer diesbezüglichen Behandlung steht daher das im Rechtsmittelverfahren geltende Neuerungsverbot entgegen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 53 Abs 1 ZPO.