OGH vom 17.01.2012, 10ObS151/11w
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Fellinger und die Hofrätin Dr. Fichtenau sowie die fachkundigen Laienrichter Werner Rodlauer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Wolfgang Cadilek (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei MMag. D*****, vertreten durch MMag. Dr. Susanne Binder-Novak, Rechtsanwältin in St. Pölten, gegen die beklagte Partei Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, 1080 Wien Josefstädterstraße 80, vertreten durch Dr. Hans Houska, Rechtsanwalt in Wien, wegen Kinderbetreuungsgeld, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Rs 88/11d 12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 6 Cgs 147/10i 8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war und ist als Vertragsbediensteter des Bundes beschäftigt. Dr. G***** ist als niedergelassene Fachärztin selbstständig erwerbstätig. Am wurde der gemeinsame Sohn Felix geboren. Um seinen Sohn betreuen zu können, konsumierte der Kläger ab dem Tag dessen Geburt bis Rest-, Sonder-, und Pflegeurlaub und erhielt während dieses Zeitraums das gesetzliche Entgelt von seinem Dienstgeber ausbezahlt. Ab nahm er Karenzurlaub in Anspruch.
Die Mutter des Kindes beantragte bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft das Wochengeld für den Zeitraum bis ; die Sozialversicherungsanstalt teilte mit, dass Anspruch auf Wochengeld für den Zeitraum bis in Höhe von 25,95 EUR pro Tag bestehe. Die Mutter des Kindes ließ sich das Wochengeld jedoch nur für den Zeitraum bis (in Höhe von 1.738,65 EUR) auszahlen.
Der Kläger beantragte bei der beklagten Partei die Gewährung eines Kinderbetreuungsgelds in der Variante „12+2“ ab der Geburt des Kindes für zwölf Monate.
Mit Bescheid vom erkannte ihm die beklagte Partei den Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld für seinen Sohn Felix für den Zeitraum bis in Höhe von 66 EUR pro Tag zu. Unter einem wurde ausgesprochen, dass der Anspruch auf Kinderbetreungsgeld gemäß § 6 Abs 1 KBGG für den Zeitraum bis in der Höhe des Anspruchs auf Wochengeld der Mutter des Kindes, somit im Umfang von 25,95 EUR pro Tag ruhe.
Gegen den Ruhensausspruch richtet sich die Klage mit dem Begehren, die beklagte Partei sei schuldig, das Kinderbetreuungsgeld für den Zeitraum bis in Höhe von 1.531,05 EUR zu bezahlen. Der Kläger bringt zusammengefasst vor, der Mutter des Kindes sei als selbstständiger Fachärztin aus wirtschaftlichen Gründen eine Schließung der Ordination nicht möglich gewesen. Im Hinblick auf seine unselbstständige Erwerbstätigkeit habe er mit ihr vereinbart, dass er ab der Geburt des gemeinsamen Kindes dessen Betreuung übernehme. Die beiden Monate bis zum Ende der (fiktiven) Mutterschutzfrist, in welcher er gemäß § 2 Abs 2 VKG nicht in (Väter )Karenz gehen habe können, habe er durch die Inanspruchnahme von Erholungs- Sonder,-und Pflegeurlaub überbrückt. § 6 KBGG, der eine Minderung des zuerkannten Kinderbetreuungsgeldes vorsehe, sofern ein Anspruch auf Wochengeld gemäß § 102a GSVG bestehe, sei sachlich nicht gerechtfertigt, gleichheitswidrig und nicht verfassungskonform. Eine antragstellende Kindesmutter erhalte in den ersten beiden Monaten 80 % des Letzteinkommens bestehend aus Kinderbetreuungsgeld und sofern darauf Anspruch bestehe anteiligem Wochengeld. Einem Vater eines Kindes mangle es aufgrund biologisch-faktischer Gegebenheiten hingegen an den rechtlichen Voraussetzungen, Wochengeld iSd § 14 MSchG zu beantragen, sodass er gegenüber weiblichen Antragstellern um die Anspruchshöhe des Wochengelds geschmälert sei. In der undifferenzierten Anwendung des § 6 KBGG ohne Unterscheidung, ob es sich beim Antragsteller um die Kindesmutter, der gesetzlicher Anspruch auf Wochengeld zukomme, handle oder um den Kindesvater, welchem dieser Anspruch nicht zukomme, sei der Kindesvater aufgrund seines Geschlechts unsachlich benachteiligt. Betreue der Vater das Kind und habe den Aufwand für das Kind zu tragen, sei er im Vergleich zu einer Kinderbetreuungsgeld beziehenden Mutter diskriminiert. Es komme ihm kein rechtlicher Einfluss auf die Antragstellung und Auszahlung des Wochengelds zu, noch könne er Einfluss auf die privatrechtliche Verfügung über das der Kindesmutter zuerkannte Wochengeld nehmen, sondern liege es in deren freier Disposition, wie sie mit dem Wochengeld verfahre. Im vorliegenden Fall sei er idH von 25,95 EUR pro Tag für einen Zeitraum von 59 Tagen, somit um insgesamt 1.531,05 EUR verkürzt. Um seine Diskriminierung als männlicher Antragsteller zu vermeiden, sei ihm Kinderbetreuungsgeld gemäß § 24a KBGG in ungeschmälerter Höhe zuzuerkennen. Da Zweifel über die Verfassungskonformität der Anwendung von § 6 iVm § 24d KBGG bestünden, werde gemäß Art 140 Abs 1 B-VG die Überprüfung und Aufhebung der Anführung des § 6 in § 24d KBGG durch den Verfassungsgerichtshof angeregt.
Die beklagte Partei wendete im Wesentlichen ein, die Ruhensbestimmung des § 6 Abs 1 KBGG verhindere, dass einer Familie für ein und dasselbe Kind zusätzlich zum Wochengeld, das bereits die Funktion einer Einkommensersatzleistung habe, noch eine weitere staatliche Geldleistung gewährt werde. In Ergänzung zum Wochengeldanspruch bestehe aber während des gegebenenfalls fiktiven Mutterschutzzeitraums Anspruch auf Auszahlung eines allfälligen Kinderbetreuungsgeld-Differenzbetrags. Der Gesetzgeber habe mit dem vom Kläger beantragten Kinderbetreuungsgeld („Variante 12+2“) das Ziel verfolgt, den Einkommensentfall, der sich aus der Inanspruchnahme einer Karenz nach dem Mutterschutzgesetz (MSchG) bzw dem Väterkarenzgesetz (VKG) ergebe, mit 80 %, begrenzt mit 66 EUR täglich, zu ersetzen. Der Gesetzgeber gehe dabei von einer Durchschnittsbetrachtung unter Berücksichtigung der einschlägigen Bestimmungen des VKG aus, wonach die Inanspruchnahme einer Väterkarenz erst im Anschluss an das Ende des (fiktiven) Mutterschutzes möglich sei. Daher wirke sich die Ruhensbestimmung des § 6 Abs 1 KBGG im Regelfall auch nicht auf Väter aus. Während des Zeitraums des (fiktiven) Mutterschutzes entfalle für die Familie daher nur das Einkommen der Mutter, in diesem Zeitraum sei das Wochengeld als Einkommensersatz vorgesehen. § 6 Abs 1 KBGG komme auf beide Elternteile zur Anwendung; dagegen bestünden unter Berücksichtigung des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers bei der Gewährung von Familienleistungen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Kläger sei nach der Geburt seines Kindes bis voll erwerbstätig, und erst nach dem Ende des (fiktiven) Mutterschutzes der Kindesmutter in Karenz gewesen. Während der (fiktiven) Mutterschutzfrist sei ihm kein Einkommen entfallen, welches zu ersetzen wäre. Es sei nicht nachvollziehbar, warum er dennoch vermeine, es sollte in der Familie zusätzlich zu seinen vollen Bezügen aus der Erwerbstätigkeit noch ein 80%iger Einkommensersatz für ein de facto nicht entfallenes Einkommen, also ein „doppelter“ Einkommensersatz gewährt werden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Rechtlich führte es aus, gemäß § 102a Abs 1 GSVG gebühre den Anspruchsberechtigten nach § 102 Abs 5 GSVG für die Dauer der letzten acht Wochen vor der Entbindung, für den Tag der Entbindung und für die ersten acht Wochen nach der Entbindung ein Anspruch auf Betriebshilfe bzw ein Wochengeldanspruch (§ 102a Abs 2 und 3 GSVG). Nach § 6 Abs 1 KBGG ruhe der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld, sofern ein Anspruch auf Wochengeld nach § 102a GSVG bestehe. Da in § 6 Abs 1 KBGG auf den Anspruch auf Wochengeld abgestellt werde, sei es unerheblich, dass die Mutter teilweise auf die Auszahlung des Wochengelds verzichtet habe.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es legte dar, dass seit jeher der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld in der Höhe des Wochengelds ruhe. Bei einem Wochengeld, dessen Höhe unter dem des Kinderbetreuungsgelds liege, gebühre das Kinderbetreuungsgeld in der Höhe des Differenzbetrags. Das Ruhen des Anspruchs auf Kinderbetreuungsgeld gelte für jenes Kind, anlässlich dessen Geburt Anspruch auf Wochengeld bestand. Der Anspruch auf Wochengeld bis zur Geburt eines weiteren Kindes habe hingegen kein Ruhen des Kinderbetreuungsgeldanspruchs für das frühere Kind zur Folge. Dies sei mit der Novelle BGBl I 2002/20 in § 6 Abs 2 KBGG klargestellt worden. Mit der Novelle BGBl I 2009/116 sei schließlich aus budgetären Gründen die Ruhensbestimmung des § 6 KBGG dahin ausgeweitet worden, dass seither der Kinderbetreuungsgeldanspruch der neuerlich schwangeren Mutter für das frühere Kind auch schon bis zur Geburt des weiteren Kindes ruhe, sofern ein Anspruch auf Wochengeld für dieses weitere Kind bestehe. Anderes solle jedoch für einen Vater gelten, der für das frühere Kind Kinderbetreuungsgeld beziehe. Diesem gebühre bis zur Geburt des weiteren Kindes nach wie vor das volle Kinderbetreuungsgeld, ohne dass er sich den Wochengeldanspruch anrechnen lassen müsse, und zwar unabhängig davon, ob er mit der Mutter im selben Haushalt lebe oder nicht (§ 6 Abs 2 KBGG). Die Intention dieser durch die Novelle BGBl I 2009/116 geschaffenen (Ausnahme )Regelung gehe offenbar dahin, Väter zur Kinderbetreuung zu animieren. Jedenfalls seit dieser Änderung des § 6 Abs 2 KBGG durch die Novelle BGBl I 2009/116 komme eine Auslegung dahin, dass im vorliegenden Fall der Ruhenstatbestand beim Vater nicht gegeben sei, nicht mehr in Betracht. Zudem handle es sich beim Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld um einen einheitlichen Anspruch der Eltern, dem der partnerschaftliche Gedanke zugrunde liege. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage des Ruhens des Anspruchs auf Kinderbetreuungsgeld für den Vater bestehe, wenn die Mutter nach der Geburt des Kindes Anspruch auf Wochengeld hat.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern.
Die beklagte Partei beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.
Der Kläger wendet sich in seinen Revisionsausführungen nicht mehr gegen die zutreffende Rechtsansicht der Vorinstanzen, das Ruhen gemäß § 6 Abs 1 KBGG knüpfe nur an die Anspruchsberechtigung auf Wochengeld und nicht dessen Bezug an („...einen Anspruch auf Wochengeld ...hat“).
Der Kläger macht aber geltend, die Auslegung des § 6 Abs 1 KBGG durch die Vorinstanzen führe zu einer Diskriminierung von Vätern, die die Betreuung ihres Kindes übernommen haben und nicht mit der Kindesmutter zusammenleben. Diesen komme kein Wochengeldanspruch oder dem Wochengeld vergleichbarer Anspruch zu. Sie hätten weder eine rechtliche Handhabe, die Kindesmutter zu zwingen, sich das Wochengeld ausbezahlen zu lassen und für die Betreuung des Kindes zu verwenden, noch sie zur Herausgabe des Wochengelds zu bewegen. § 6 Abs 1 und 2 KBGG entspreche aus diesem Grund nicht dem Gleichheitssatz und sei so auszulegen, dass sich Väter den Wochengeldanspruch nicht anrechnen lassen müssten. Bei der von den Vorinstanzen vorgenommenen Auslegung des § 6 Abs 1 KBGG werde vorausgesetzt, dass das Wochengeld oder eine allfällig gleichartige Leistung auch dem Kindesvater zu Gute komme, der das Kind betreue. Dies sei nur der Fall, wenn die Eltern im gleichen Haushalt lebten, nicht aber bei Paaren, bei denen wie im vorliegenden Fall das Kind beim Vater und nicht bei der Mutter lebe.
Dazu ist auszuführen:
1.1. Gemäß § 6 Abs 1 KBGG idF BGBl I 2009/116 ruht der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld, sofern ein Anspruch auf Wochengeld gemäß § 162 ASVG, oder gleichartige Leistungen nach anderen österreichischen oder ausländischen Rechtsvorschriften oder ein Anspruch auf Wochengeld gemäß § 102a GSVG oder § 98 BSVG besteht, in der Höhe des Wochengeldes. Gemäß § 6 Abs 2 KBGG in der im vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung BGBl I 2009/116 (siehe § 49 Abs 24 KBGG) ruht der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld für ein Kind für den Vater nicht, sofern für die Mutter ein Anspruch gemäß Abs 1 anlässlich der Geburt eines weiteren Kindes besteht.
1.2. Das Ziel der meisten Ruhensbestimmungen besteht darin, Leistungen dann nicht zu gewähren, wenn ein Sicherungsbedürfnis vorübergehend weggefallen ist. Dazu kommt es insbesondere dann, wenn eine andere funktionsgleiche Leistung bezogen wird. In diesen Fällen dienen die Ruhensregelungen der Vermeidung einer sozialpolitisch unerwünschten „Überversicherung“ durch einen Doppelbezug von Leistungen mit gleicher Zweckbestimmung (10 ObS 72/11b mwN).
1.3. Ein Ruhen des Anspruchs auf Kinderbetreuungsgeld tritt nach § 6 Abs 1 KBGG während des Bezugs von Wochengeld gemäß den §§ 162 ASVG, 102a GSVG oder 98 BSVG oder gleichartiger Leistungen nach anderen österreichischen oder ausländischen Rechtsvorschriften ein, um eine Mehrfachversorgung aus den Maßnahmen der sozialen Sicherheit hintanzuhalten. Nach der Wertung des Gesetzgebers sollen somit Mutterschaftsleistungen grundsätzlich nicht neben dem Kinderbetreuungsgeld bezogen werden. Nicht als Ruhensgrund angeführt ist der Bezug von Betriebshilfe gemäß § 102a GSVG bzw § 98 BSVG, welche in Form einer Sachleistung die Weiterführung des Betriebs ermöglichen soll.
1.4. Gegenstand bisheriger Entscheidungen war jeweils das Ruhen des Anspruchs der Mutter auf Kinderbetreuungsgeld in Höhe des Wochengeldanspruchs (10 ObS 72/11b; 10 ObS 34/07h, SSV-NF 21/18). Fraglich ist, ob das Ruhen nach § 6 Abs 1 KBGG auch dann eintritt, wenn der Vater des Kindes Kinderbetreungsgeld bezieht bzw beantragt hat und der Mutter ein Anspruch auf Wochengeld zukommt.
2.1. Wie die beklagte Partei aufzeigt, ist diese Frage in jenen Fällen, in denen ein Vater das Kinderbetreungsgeld erst ab dem Beginn der (Väter )Karenz beantragt, ohne praktische Bedeutung. Nach § 2 Abs 2 VKG beginnt im Falle eines Anspruchs der Mutter auf Karenz die Karenz des Arbeitnehmers frühestens mit dem Ablauf eines Beschäftigungsverbots der Mutter nach der Geburt des Kindes. Hat die Mutter keinen Anspruch auf Karenz, so kann der Arbeitnehmer gemäß § 2 Abs 3 VKG die Karenz frühestens mit dem Ablauf von acht bzw bei Früh-, Mehrlings- oder Kaiserschnittgeburten zwölf Wochen nach der Geburt antreten („fiktive Schutzfrist“; Wolfsgruber in Zeller Kommentar, § 2 VKG Rz 7). Beginnt die Karenz des Arbeitnehmers nach dem Ende der (fiktiven) Schutzfrist und beantragt er das Kinderbetreuungsgeld ab diesem Zeitpunkt stellt sich die Frage des Ruhens des Kinderbetreungsgelds im Umfang des Anspruchs auf Wochengeld nicht; die Ruhensbestimmung des § 6 Abs 1 KBGG hat dann keinen Anwendungsbereich.
2.2. Im vorliegenden Fall hat der Kläger aber das Kinderbetreuungsgeld bereits ab dem Tag der Geburt des Kindes in Anspruch genommen (§ 4 Abs 1 KBGG).
Zur Frage, ob unter diesen Voraussetzungen für den Vater das Ruhen im Umfang des Wochengeldanspruchs eintritt, lässt sich aus den Gesetzesmaterialien ( ErläutRV 620 BlgNR 21. GP 61 f) nichts ableiten. Es wird nur darauf Bezug genommen, dass das Kinderbetreuungsgeld während eines Anspruchs auf Wochengeld oder gleichartige Leistungen (zB Gehaltsfortzahlung einer Beamtin während der Schutzfrist) in der Höhe dieser Leistung ruht. Ist das Wochengeld niedriger als der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld, so gebührt Kinderbetreuungsgeld in der Höhe des Differenzbetrags, der sich aus Wochengeld und Kinderbetreuungsgeld ergibt.
2.3. Nach § 6 des Durchführungserlasses zum Kinderbetreuungsgeldgesetz (GZ 52 4450/0038-II/3/07) ruht das Kinderbetreuungsgeld auch für den Vater während eines Wochengeldbezugs oder eines Bezugs einer gleichartigen ausländischen Leistung der Mutter nach der Geburt; dem Vater gebührt der Differenzbetrag, falls das Wochengeld niedriger ist, als das Kinderbetreuungsgeld.
2.3.1. Ehmer/Lamplmayr/Mayr/Nöstlinger/Reiter/ Stummer, Kinderbetreuungsgeldgesetz 2, 112 f führen zu § 6 KBGG (noch idF BGBl I 2007/76) aus, es sei fraglich, ob sich das Ruhen des Anspruchs des Vaters auf Kinderbetreuungsgeld während eines Wochengeldbezugs der Mutter nach der Geburt tatsächlich aus dem Gesetzestext ergebe. Der Gesetzgeber spreche nur von einem Ruhen des Anspruchs auf Kinderbetreuungsgeld, sofern ein Anspruch auf Wochengeld bestehe. Da den Anspruch auf Wochengeld die Mutter und nicht der Vater des Kindes habe, müsse eine grammatikalische Interpretation des § 6 Abs 1 KBGG zu dem Ergebnis führen, dass dieser Ruhenstatbestand beim Vater nicht gegeben sei. Da gegen die Ruhensbestimmungen auch verfassungsrechtliche Bedenken geäußert wurden, führe eine verfassungskonforme Interpretation zur Bejahung des Anspruchs des Vaters. Die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 6 Abs 1 KBGG sehen die genannten Autoren in der Diskriminierung von ASVG-versicherten Bezieherinnen von Wochengeld dadurch, dass die Mutterschaftsleistung der Betriebshilfe gem. § 102a GSVG bzw § 98 BSVG ohne nähere Begründung keinen Ruhensgrund darstelle und es zweifelhaft sei, ob als Rechtfertigungsgrund für diese unterschiedliche Behandlung die Ermöglichung der Weiterführung des Betriebs anerkannt werden könne.
2.3.2. Rosenmayr, Kinderbetreuungsgeld 2010 Die wichtigsten Neuerungen im Überblick, ZAS 2010/2, 4 (9), Stadler , Aktuelle Änderungen im KBGG, Sozialversicherungsrecht, Jahrbuch 2010, 151 ff und auch Thomasberger , Änderungen im Kinderbetreungsgeldgesetz, DRdA 2008, 79 ff nehmen auf die hier strittige Frage nicht Bezug.
2.3.3. Pacic, Problembereiche des Kinderbetreuungsgeldes in Mazal , Die Familie im Sozialrecht, 163, geht davon aus, dass die Ruhensbestimmungen Anwendung zu finden haben, wenn der Vater Kinderbetreuungsgeld bezieht bzw beantragt hat und die Mutter Wochengeld erhält. Der Autor lehnt die gegenteilige Ansicht Ehmers ua (siehe oben Pkt 2.3.1.) unter Hinweis auf den partnerschaftlichen Gedanken bei den KBGG Bestimmungen und die vom Gesetzgeber favorisierte Einheitlichkeit des Anspruchs ab.
2.4. Dieser Argumentation ist zu folgen:
2.4.1. Dem möglichen abwechselnden Bezug des Kinderbetreuungsgelds durch beide Elternteile liegt eine im Rahmen der partnerschaftlichen Erziehung zu treffende Vereinbarung über den abwechselnden Bezug durch beide Elternteile zugrunde. Sie enthält den (zeitlich befristeten) Verzicht des beziehenden Elternteils zu Gunsten des anderen Elternteils (10 ObS 99/06s, SSV-NF 20/42; vgl Ehmer ua, Kindergeldbetreuungsgesetz 2, 105). Nach der Judikatur handelt es sich beim Kinderbetreuungsgeld demnach um einen von der Betreuung eines Kindes im gemeinsamen Haushalt abhängigen, einheitlichen Anspruch, den die Eltern wahlweise ausüben können, und nicht um getrennte Ansprüche des Vaters und der Mutter (10 ObS 9/07g, SSV-NF 21/4).
2.4.2. Die Einheitlichkeit des Anspruchs auf Kinderbetreuungsgeld im Zusammenhang mit dessen Ruhen fand auch in den Gesetzesmaterialien zu § 6 KBGG Niederschlag. Zu § 6 Abs 2 idF der Novelle BGBl I 2009/116 (ErlRV 340 BlgNR 24. GP 12) wird ausgeführt, dass aus Gründen der Treffsicherheit und zur Vermeidung von ungerechtfertigten Leistungskumulierungen „in der Familie“ das Kinderbetreuungsgeld nicht nur nach der Geburt des Kindes, sondern auch vor der Geburt eines weiteren Kindes für jene Zeiträume ruhen soll, während deren Anspruch auf Wochengeld (bzw andere wochengeldähnliche in- und ausländische Leistungen) besteht.
3. Es entspricht demnach den Intentionen des Gesetzgebers, (auch) bei Anwendung der Ruhensbestimmung des § 6 KBGG nicht eine getrennte Betrachtung der Einkünfte der Mutter und des Vaters vorzunehmen, sondern darauf abzustellen, ob es „in der Familie“ zu Leistungskumulierungen kommt. Im vorliegenden Fall hätte der Bezug des Wochengelds und des Kinderbetreuungsgelds gerade eine solche Leistungskumulierung „in der Familie“ zur Folge, die zu einer Überversorgung führen würde. Eine solche ist unerwünscht und soll durch § 6 KBGG verhindert werden. Die auf einer strikt getrennten Betrachtungsweise der Einkünfte der Mutter und des Vaters beruhenden gegenteiligen Ansicht des Revisisonswerbers ist schon im Hinblick auf die Einheitlichkeit des Kinderbetreuungsgeldanspruchs nicht zu folgen. Das erstmals in der Revision erstattete Vorbringen, der Kläger würde nicht mit der Mutter des Kindes in einem gemeinsamen Haushalt leben, widerspricht im Übrigen dem auch im Sozialrechtsverfahren geltenden Neuerungsverbot (RIS-Justiz RS0042049).
4. Dass der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld im Umfang des Wochengeldanspruchs nicht nur für Mütter, sondern auch für Väter ruht, lässt sich darüber hinaus auch aus § 6 Abs 2 KBGG idF der Novelle BGBl I 2009/116 ableiten:
4.1. Bis zur Novelle BGBl I 2009/116 galt das Ruhen des Anspruchs auf Kinderbetreuungsgeld nur für jenes Kind, anlässlich dessen Geburt Anspruch auf Wochengeld bestand. Entstand während des Kinderbetreuungsgeldbezugs für ein älteres Kind ein Anspruch auf Wochengeld anlässlich der Geburt eines weiteren Kindes, trat kein Ruhen ein.
4.2. Wie bereits das Berufungsgericht ausgeführt hat, wurde zwecks Erzielung einer Einsparung mit der Novelle BGBl I 2009/116 das Ruhen des Kinderbetreuungsgelds vor der Geburt des weiteren Kindes neu eingeführt; gleichzeitig wurde in § 6 Abs 2 KBGG aber für Väter eine Ausnahme von dieser Neuerung dahin geschaffen, dass für diese das Wochengeld vor der Geburt des weiteren Kindes (doch) nicht ruhen soll. Wenngleich sich aus den Gesetzesmaterialien zum Regelungszweck nichts ableiten lässt (ErläutRV 340 BlgNR 24. GP 12), liegt der Schluss nahe, dass der Gesetzgeber bei der bevorstehenden Geburt eines weiteren Kindes für Väter einen speziellen Anreiz zur (Weiter )Betreuung des älteren Kindes schaffen wollte.
4.3. Würde man nun der Ansicht des Revisionswerbers folgen und § 6 Abs 1 KBGG so interpretieren, dass für Väter das Ruhen des Anspruchs auf Kinderbetreuungsgeld trotz Wochengeldanspruchs der Mutter generell nicht einzutreten habe, wäre die Bestimmung des § 6 Abs 2 KBGG idF der Novelle BGBl I 2009/116 überflüssig; es verbliebe ihr kein Anwendungsbereich. Dass der Gesetzgeber mit dieser Regelung eine inhaltslose und überflüssige Bestimmung geschaffen habe, darf ihm aber nicht unterstellt werden (RIS-Justiz RS0008792). Auch aus § 6 Abs 2 KBGG idF der Novelle BGBl I 2009/116 ergibt sich demnach, dass der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld für ein Kind, für das die Mutter Wochengeldanspruch hat, nicht nur für diese, sondern auch für den Vater im Umfang dieses Anspruchs ruht. Die von Ehmer/Lamplmayr/Mayr/Nöstlinger/Reiter/Stummer, Kinderbetreuungsgeldgesetz 2 , 112 f noch zu § 6 Abs 2 KBGG idF BGBl I 2007/76 vertretene, gegenteilige Ansicht erscheint nicht mehr aktuell.
Das vom Kläger für seinen Sohn bezogene Kinderbetreuungsgeld ruht nach zutreffender Ansicht der Vorinstanzen somit im Umfang des der Mutter des Kindes zukommenden Anspruchs auf Wochengeld für den Zeitraum bis .
5. Gegen die Anwendung der Ruhensbestimmung in Fällen wie im vorliegenden bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken, insbesondere auch nicht im Hinblick auf den Gleichheitssatz. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs der Gesetzgeber bei der Verfolgung familienpolitischer Ziele weitgehend frei ist und der ihm zustehende Gestaltungsspielraum durch das Gleichheitsgebot nur insofern beschränkt ist, als ihm verwehrt ist, Regelungen zu treffen, für die eine sachliche Rechtfertigung fehlt (VfSlg 16.542 mwN). So hat der Verfassungsgerichtshof auch in seinem Erkenntnis vom , G 43/06 ua ausgeführt, dass das Kinderbetreuungsgeld an die näher umschriebene Voraussetzung der Notwendigkeit von Kinderbetreuung geknüpft sei und es dem Gesetzgeber frei stehe, Kinderbetreuungsgeld zu gewähren oder nicht. Vor diesem Hintergrund und dem Umstand, dass die Lage kinderbetreuender Eltern aus den verschiedensten Blickwinkeln unterschiedlich sein könne, verpflichte der Gleichheitssatz den Gesetzgeber weder auf den Grad der Belastung durch die Kinderbetreuung abzustellen -, noch etwa dazu, auf die Vermögens- und Einkommenslage der Eltern Bedacht zu nehmen. Auf die ihn treffenden Belastungen (Aufwendungen) durch die Kinderbetreuung und die Berücksichtigung seiner sowie der Einkommenslage der Mutter des Kindes zielt aber die Argumentation des Revisionswerbers ab, wenn er meint, er sei der Mutter gegenüber diskriminiert, weil nur ihr der Wochengeldanspruch zukomme und er keinen derartigen Anspruch habe bzw ihm keine rechtliche Handhabe zur Verfügung stehe, die Mutter zur Inanspruchnahme und Herausgabe des Wochengelds an ihn zu veranlassen.
Der Oberste Gerichtshof sieht sich aus diesen Gründen zu einer entsprechenden Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof nicht veranlasst.
Die Revision musste somit erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Wenngleich der Revisionswerber in der Revision zutreffend auf die rechtlichen Schwierigkeiten des Falls hingewiesen hat, hat er für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit kumulativ erforderliche berücksichtigungswürdige Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht behauptet. Solche Gründe sind auch aus der Aktenlage nicht ersichtlich.