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OGH vom 30.10.2019, 9Ob63/19h

OGH vom 30.10.2019, 9Ob63/19h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Dr. Stefula in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dr. A***** H*****, 2. Dr. S***** U*****, und 3. Dr. E***** H*****, alle vertreten durch Mag. Rudolf Lind, Rechtsanwalt in Korneuburg, gegen die beklagte Partei G***** S*****, vertreten durch Dr. Friedrich Schulz, Rechtsanwalt in Wien, und dem Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei M***** U*****, vertreten durch Mag. Gerald Haas, Rechtsanwalt in Wien, wegen Herausgabe, über die Revision der erstklagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom , GZ 58 R 30/19p-35, mit dem der Berufung der erstklagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichts Mödling vom , GZ 14 C 319/18s-28, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision der erstklagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die erstklagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei und dem Nebenintervenienten je die mit 626,52 EUR (darin 104,42 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die ordentliche Revision wurde vom Berufungsgericht deshalb zugelassen, weil eine gesicherte Rechtsprechung zur Folge einer abweisenden Entscheidung hinsichtlich mehrerer Berechtigter eines unteilbaren Herausgabeanspruchs fehle.

Der Oberste Gerichtshof ist bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO). Trotz der Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht muss der Rechtsmittelwerber eine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzeigen. Macht er in seiner Revision hingegen keine solchen Gründe geltend, so ist das Rechtsmittel ungeachtet der Zulassung durch das Berufungsgericht zurückzuweisen (vgl 9 ObA 48/18a ua). Dies ist hier der Fall. Die Zurückweisung der ordentlichen Revision kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 Satz 4 ZPO):

Im erstinstanzlichen Verfahren traten alle drei Miterbinnen als Klägerinnen auf und begehrten von der Beklagten die Herausgabe einzeln aufgelisteter unteilbarer Sachen „an die Klägerinnen“. Das Erstgericht wies das Klagebegehren hinsichtlich der noch revisionsverfangenen Gegenstände ab, weil zum einen diese Gegenstände als Zubehör iSd § 294 ABGB zur Hauptsache, nämlich dem Wohnhaus des Erblassers, deren Nutzung er der Beklagten mit Legat eingeräumt habe, anzusehen seien und zum anderen diese Gegenstände nach dem Willen des Verstorbenen ohnehin vom Nutzungsrecht der Beklagten umfasst seien.

Gegen den klagsabweisenden Teil des Ersturteils erhob nur die Erstklägerin Berufung mit dem Abänderungsantrag, „die oben angeführten Sachen herauszugeben“. Die Ansprüche zur Einbringung der gegenständlichen Fahrnisse seien an sie rückabgetreten worden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Erstklägerin nicht Folge, weil sie die Herausgabe der unteilbaren Sachen nicht an sich alleine begehren könne. Die behauptete Rückabtretung verstoße gegen das Neuerungsverbot.

Rechtliche Beurteilung

1. Die vom Berufungsgericht als erheblich qualifizierte Rechtsfrage ist durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bereits geklärt: Forderungen einer Gemeinschaft sind in Verbindung mit § 848 ABGB Gesamthandforderungen im Sinne des § 890 Satz 2 ABGB (RS0013874). Bei Gesamthandgläubigerschaft muss ein Gestaltungsrecht von allen Gläubigern gemeinsam ausgeübt werden oder es muss der klagende Gläubiger den Nachweis erbringen, dass er aufgrund einer Übereinkunft mit den anderen allein zur Ausübung dieses Rechts befugt ist (RS0017312). Mangels einer gegenteiligen Vereinbarung kann bei Gesamthandforderungen die Leistung grundsätzlich nur an alle begehrt werden (RS0017321 [T1]; 6 Ob 32/11s Pkt 1.2.). Unteilbare Nachlassforderungen mehrerer Miterben sind Gesamthandforderungen (10 Ob 149/00k; 2 Ob 103/15h Pkt I.2.).

Zutreffend weist die Erstklägerin in ihrer Revision darauf hin, dass aus dem Wortlaut des Berufungsantrags im Zusammenhang mit ihrer (bloßen) Bekanntgabe, dass sie von den Zweit- und Drittklägerinnen mit der weiteren Einbringlichmachung im Sinn einer Inkassozession ermächtigt worden sei, noch nicht zwingend geschlossen werden kann, dass sie das auf Herausgabe an die Klägerinnen gerichtete erstinstanzliche Klagebegehren ändern wollte, zumal sie im Berufungsverfahren zu einer derartigen Änderung des Klagebegehrens gar nicht berechtigt gewesen wäre. Soweit die Revisionswerberin weiters darauf hinweist, dass auf Klagsseite eine einheitliche Streitpartei (iSd § 14 Satz 1 ZPO) vorliege, zufolge derer ihre allein erhobene Berufung auch für die Zweit- und Drittklägerin wirke (vgl § 14 Satz 2 ZPO), steht auch dies mit der herrschenden Judikatur in Einklang (6 Ob 67/02z; 10 Ob 76/07k Pkt 2.; 6 Ob 167/17b Pkt 1.8.).

2. Dennoch muss die Revision der Erstklägerin erfolglos bleiben. Nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen des Erstgerichts über den Inhalt des Testaments und insbesondere die Äußerungen des Erblassers soll die Beklagte, seine langjährige Lebensgefährtin, im gewohnten Umfeld verbleiben und das Haus weiter so verwenden können, wie sie es gemeinsam mit ihm getan habe. Es ist daher davon auszugehen, dass der im Eigentum des Erblassers gestandene (und hier verfahrensgegenständliche) Hausrat nach dessen Willen (vgl RS0012340) vom testamentarisch der Beklagten eingeräumten Nutzungsrecht umfasst ist. Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zeigt die Revision der Erstklägerin in diesem Zusammenhang nicht auf. Die in der Revision relevierte Frage der Zubehöreigenschaft nach § 294 ABGB stellt sich nicht mehr.

Die Kostenentscheidung beruht auf den § 41, 50 ZPO. Die Beklagte und der Nebenintervenient haben auf die Unzulässigkeit der Revision in ihren Revisionsbeantwortungen hingewiesen (RS0035979 [T16]). Dem Nebenintervenienten steht allerdings kein Streitgenossenzuschlag zu, weil ihm im Revisionsverfahren nicht mehrere Personen gegenüberstehen (§ 15 RATG).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2019:0090OB00063.19H.1030.000

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