VfGH vom 19.06.1989, B1874/88
Sammlungsnummer
12073
Leitsatz
Unterbringung eines Kindes auf einem Pflegeplatz im Rahmen der freiwilligen Erziehungshilfe; Maßnahme der Hoheitsverwaltung; kein Entzug des gesetzlichen Richters; kein Verstoß des § 26 Abs 2 Sbg. gegen den Grundsatz der Trennung der Gerichtsbarkeit von der Verwaltung; hinreichende Determinierung im Sinn des Art 18 B-VG
Spruch
Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Kosten werden nicht zugesprochen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Bezirkshauptmannschaft (BH) Weiz/Stmk. ist Amtsvormund der am geborenen Beschwerdeführerin. Den Aktenunterlagen zufolge wohnte die mj. Beschwerdeführerin bis zu ihrem dritten Lebensjahr bei ihrer Großmutter in Graz und in der Folge (seit Dezember 1987) bei ihrer Mutter in Thalgau/Bezirk Salzburg-Umgebung. Da sich die Mutter aufgrund ihrer Berufstätigkeit nicht in der Lage sah, die mj. Beschwerdeführerin selbst zu erziehen, ersuchte sie am die BH Salzburg-Umgebung (als Jugendamt), dem Kind "einen Pflegeplatz zu vermitteln".
Die BH Salzburg-Umgebung gewährte mit Bescheid vom der mj. Beschwerdeführerin gemäß § 26 Abs 1 der Salzburger Jugendwohlfahrtsordnung, LGBl. 39/1956, (Sbg. JWO) durch Unterbringung des Kindes auf einem Pflegeplatz freiwillige Erziehungshilfe.
Die BH Weiz als Amtsvormund war den Aktenunterlagen zufolge zwar zunächst nicht befaßt worden. Der erwähnte Bescheid wurde jedoch auch ihr zugestellt. Sie erhob "als Amtsvormund und gesetzlicher Vertreter" der mj. Beschwerdeführerin dagegen fristgerecht mit der Begründung Berufung, daß die Unterbringung auf einem Pflegeplatz im Rahmen der freiwilligen Erziehungshilfe nicht mit Bescheid, sondern mit Mitteln der Privatwirtschaftsverwaltung hätte erfolgen müssen. Der Amtsvormund stellte ausdrücklich fest, daß gegen die Maßnahme selbst, nämlich gegen die Unterbringung auf einem Pflegeplatz, keine Bedenken bestehen.
Die Salzburger Landesregierung wies mit Bescheid vom diese Berufung ab. Die freiwillige Erziehungshilfe nach § 26 Sbg. JWO sei als behördliche Maßnahme mit Bescheid zu verfügen.
2. Gegen den erwähnten Berufungsbescheid wendet sich die vorliegende, auf Art 144 (Abs1) B-VG gestützte Beschwerde der mj. Beschwerdeführerin, vertreten durch die BH Weiz als Amtsvormund, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, in eventu die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, nämlich des § 26 Abs 1 der Sbg. JWO, behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird (Begründung s.u. II.2.).
3. Die Salzburger Landesregierung als belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie begehrt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen (Begründung s.u. II.3.).
II. 1.a) aa) Das Jugendwohlfahrtsgesetz, BGBl. 99/1954, (JWG) enthält im ersten Teil (§§1 bis 15) Grundsätze für die Landesgesetzgebung auf dem Gebiet der Jugendfürsorge nach Art 12 Abs 1 Z 1 B-VG.
§ 9 JWG bestimmt:
"(1) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat auf Antrag der Erziehungsberechtigten (§39) oder von Amts wegen unter den folgenden Einschränkungen einem Minderjährigen unter 18 Jahren, dem es an der nötigen Erziehung fehlt, ohne daß die Voraussetzungen für die Erziehungsaufsicht oder die Fürsorgeerziehung vorliegen, Erziehungshilfe zu gewähren. Sie umfaßt alle Maßnahmen, die dem Ziel einer sachgemäßen und verantwortungsbewußten Erziehung dienen, wie Erziehungsberatung, anderweitige Unterbringung, Einweisung in einen Kindergarten, einen Hort, eine Tagesheimstätte, ein Jugendheim, ein Erholungsheim. Durch Einweisung in ein Fürsorgeerziehungsheim (§29) kann Erziehungshilfe nicht gewährt werden.
(2) Soll die Erziehungshilfe durch Unterbringung in einer fremden Familie gewährt werden, so ist bei Auswahl der Familie auf die Erfordernisse für eine gedeihliche Entwicklung (§2 Abs 1) des Minderjährigen Rücksicht zu nehmen. Bei Unterbringung des Minderjährigen in einer fremden Familie oder in einem Jugendheim ist auf das Religionsbekenntnis und die Sprachzugehörigkeit des Minderjährigen Bedacht zu nehmen.
(3) Wird die Erziehungshilfe nicht von den Erziehungsberechtigten (§39) beantragt, so kann sie nur mit deren Zustimmung durchgeführt werden.
(4) Die Erziehungshilfe durch Unterbringung in einer anderen Familie oder in einem Heim endet mit dem Eintritt der Volljährigkeit des Minderjährigen. Sie ist früher aufzuheben, wenn ihr Zweck erreicht oder dessen Erreichung in anderer Weise sichergestellt ist oder wenn sich die Erreichung des Zweckes voraussichtlich als unmöglich erweist."
Der im § 9 Abs 3 zitierte § 39 JWG definiert den Erziehungsberechtigten wie folgt:
"Unter den Erziehungsberechtigten im Sinne dieses Bundesgesetzes sind die Eltern und Wahleltern sowie der Vormund des Minderjährigen zu verstehen, wenn diesen Personen im Einzelfall nach bürgerlichem Recht ein Erziehungsrecht zusteht, der Vater des unehelichen Kindes jedoch nur dann, wenn er die Sorge für den Minderjährigen tatsächlich ausübt."
bb) Der in Ausführung des § 9 JWG ergangene § 26 der Sbg. JWO lautet nahezu gleich:
"Abschnitt VII.
Erziehungshilfe und Erziehungsaufsicht.
§26.
Erziehungshilfe.
(1) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat auf Antrag der Erziehungsberechtigten oder von Amts wegen unter den folgenden Einschränkungen einem Minderjährigen unter 18 Jahren, dem es an der nötigen Erziehung fehlt, ohne daß die Voraussetzungen für die Erziehungsaufsicht oder die Fürsorgeerziehung vorliegen, Erziehungshilfe zu gewähren. Diese umfaßt alle Maßnahmen, die dem Ziele einer sachgemäßen und verantwortungsbewußten Erziehung dienen, wie Erziehungsberatung, anderweitige Unterbringung, Einweisung in einen Kindergarten, einen Hort, eine Tagesheimstätte, ein Jugendheim oder ein Erholungsheim. Durch Einweisung in ein Fürsorgeerziehungsheim darf Erziehungshilfe nicht gewährt werden.
(2) Bei der Gewährung der Erziehungshilfe ist jeweils das gelindeste, noch zur Bewahrung des Minderjährigen vor Verwahrlosung ausreichende Erziehungsmittel anzuwenden.
(3) Soll die Erziehungshilfe durch Unterbringung in einer fremden Familie gewährt werden, so ist bei Auswahl der Familie auf die Erfordernisse für eine gedeihliche Entwicklung (§1 Abs 1) des Minderjährigen Rücksicht zu nehmen. Bei Unterbringung des Minderjährigen in einer fremden Familie oder in einem Jugendheim ist auf das Religionsbekenntnis und die Sprachzugehörigkeit des Minderjährigen Bedacht zu nehmen.
(4) Wird die Erziehungshilfe nicht von den Erziehungsberechtigten beantragt, so kann sie nur mit deren Zustimmung durchgeführt werden.
(5) Die Erziehungshilfe durch Unterbringung in einer anderen Familie oder in einem Heim endet mit dem Eintritt der Volljährigkeit des Minderjährigen. Sie ist früher aufzuheben, wenn ihr Zweck erreicht oder dessen Erreichung in anderer Weise sichergestellt ist oder wenn sich die Erreichung des Zweckes voraussichtlich als unmöglich erweist.
(6) Die für den Minderjährigen verantwortlichen Personen haben es den mit der Erziehungshilfe betrauten Organen der Bezirksverwaltungsbehörde zu ermöglichen, den Minderjährigen an seinem Wohnort und seinem Lehr- und Arbeitsplatz aufzusuchen, die zu seinem Aufenthalt bestimmten Räumlichkeiten zu besichtigen und alle sonstigen maßgeblichen Verhältnisse festzustellen, sobald Umstände bekannt werden, die Maßnahmen der Erziehungshilfe gebieten."
b) Der zweite Teil des JWG hat unmittelbar anzuwendendes Bundesrecht zum Inhalt, nämlich Vorschriften über die Amtsvormundschaft (§§16 - 20), die sonstige Mitwirkung der Bezirksverwaltungsbehörde bei den Aufgaben des Vormundschaftsgerichts (§§21 - 24), die Anstalts- und Vereinsvormundschaft (§25), die gerichtliche Erziehungshilfe (§§26 und 27), die Erziehungsaufsicht und die Fürsorgeerziehung (§§28 - 33) und das dazu eingerichtete vormundschaftsgerichtliche Verfahren (§34) sowie die Jugendgerichts- und Jugendpolizeihilfe (§35).
Dem § 26 Abs 1 JWG zufolge kann gegen den Willen der Erziehungsberechtigten (d.h. ohne deren Antrag oder ohne deren Zustimmung) Erziehungshilfe (§9) nur durch Anordnung des Vormundschaftsgerichts gewährt und nur dann angeordnet werden, wenn sie deshalb geboten ist, weil die Erziehungsberechtigten ihre Erziehungsgewalt mißbrauchen oder die damit verbundenen Pflichten nicht erfüllen. Im vormundschaftsgerichtlichen Verfahren zwecks gerichtlicher Erziehungshilfe (wie der Erziehungsaufsicht und der Fürsorgeerziehung) hat die Bezirksverwaltungsbehörde, wenn sie nicht - wie schon kraft Gesetzes bei unehelichen Kindern (§17) oder sonst durch Bestellung (§20) - Vormund ist, die Stellung eines besonderen Kurators des Minderjährigen und ist als solcher berechtigt und verpflichtet, die Einleitung des Verfahrens zu beantragen, wenn sie die Voraussetzungen dieser Maßnahme für gegeben erachtet (§21).
In diesem Sinne bestimmt § 26 Abs 3 JWG, daß die Bezirksverwaltungsbehörde die Entscheidung des Vormundschaftsgerichtes zu beantragen hat, wenn sie als Vormund oder gesetzlicher Amtskurator Erziehungshilfe gegen den Willen der Erziehungsberechtigten für geboten hält oder eine mit Zustimmung der Erziehungsberechtigten eingeleitete Maßnahme der Erziehungshilfe gegen deren Willen fortgesetzt werden soll. Daneben sieht § 26 Abs 2 JWG aber vor:
"(2) Liegt Gefahr im Verzug vor, so kann die Bezirksverwaltungsbehörde als Vormund oder als gesetzlicher Amtskurator die erforderlichen Maßnahmen der Erziehungshilfe sofort treffen, sie hat jedoch unverzüglich, längstens binnen einer Woche nach Vollzug der getroffenen Maßnahmen, die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zu beantragen. Stellt die Bezirksverwaltungsbehörde den Antrag nicht binnen dieser Frist oder verweigert das Vormundschaftsgericht die Genehmigung, so gilt die Maßnahme als widerrufen."
2. Die Beschwerdeführerin begründet ihre Behauptung, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und in ihren Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes (nämlich des § 26 Abs 1 Sbg. JWO) verletzt worden zu sein, wie folgt:
"1. § 26 Abs 1 Sbg. JWO ist im wesentlichen eine inhaltliche Übernahme der Bestimmungen, welche im § 9 JWG festgelegt sind. Diese Gesetzesbestimmung regelt inhaltlich die Durchführung der Erziehungshilfe, ohne jedoch über das Verfahren etwas auszusagen. Aufgrund des § 27 Sbg. JWO gelten für die gerichtliche Erziehungshilfe die Bestimmungen des § 26 entsprechend. Auch daraus ist zu ersehen, daß es sich hier in erster Linie um eine materiellrechtliche Vorschrift handelt und nicht um eine verfahrensgesetzliche Bestimmung. Der Begriff Bezirksverwaltungsbehörde ist inhaltlich ebenso aufzufassen wie im § 16 JWG, in dem die Bezirksverwaltungsbehörde zum Vormund in gewissen Fällen berufen wird. Daß sie in dieser Funktion keine Behörde sondern im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung tätig wird, bedarf inzwischen keiner näheren Begründung mehr. Der Begriff Behörde sagt also auch in diesem Fall nichts über hoheitliches Handeln aus. Im vorliegenden Fall muß eindeutig festgestellt werden, daß durch den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung, welcher durch den Bescheid der Salzburger Landesregierung bestätigt wurde, die Unterbringung eines Kindes auf einem Pflegeplatz angeordnet wurde. Es handelt sich nicht darum, daß aufgrund fürsorgerechtlicher Bestimmungen eine Hilfeleistung erfolgte. Vielmehr wurde eine Maßnahme mit Bescheid angeordnet, welche eindeutig dem Privatrecht zuzuordnen ist und in die Zuständigkeit der Gerichte fällt.
Zur Unterstützung dieser Rechtsansicht wird insbesondere auf das Erkenntnis des Hohen Verfassungsgerichtshofes vom (G 47/87) verwiesen, wonach auch § 26 Abs 2 JWG die Bezirksverwaltungsbehörde ermächtigt, im Rahmen des Privatrechtes einzuschreiten und dieses Einschreiten nur vor dem Vormundschaftsgericht zu verantworten hat. § 26 Abs 2 JWG enthalte keine Ermächtigung zum hoheitlichen Einschreiten.
§ 26 JWG und § 26 Sbg. JWO müssen als eine Einheit gesehen werden. Dies ergibt sich nicht nur daraus, daß im § 26 Sbg. JWO eine inhaltliche Gestaltung der Erziehungshilfe im allgemeinen enthalten ist, sondern auch daraus, daß § 26 Abs 3 JWG auch die Vorgangsweise vorgibt, die einzuhalten ist, wenn eine Maßnahme der freiwilligen Erziehungshilfe nicht mehr die Zustimmung der Erziehungsberechtigten findet. Daraus ist eindeutig zu sehen, daß in diesem Fall die Bezirksverwaltungsbehörde einen Antrag beim Vormundschaftsgericht stellen muß, wenn eine Erziehungsmaßnahme, die ursprünglich mit Zustimmung der Erziehungsberechtigten eingeleitet wurde, nunmehr gegen deren Willen fortgesetzt werden soll. Es ist hier klar ersichtlich, daß der Gesetzgeber nicht davon ausgeht, daß diese ursprünglich eingeleitete Maßnahme hoheitsrechtlich mit Bescheid angeordnet wurde. In diesem Fall läge ein rechtsgestaltender Akt einer Instanz vor, welcher so lange wirksam wäre, als nicht eine gegenteilige Entscheidung, und zwar die einer Verwaltungsbehörde, erfolgt. Die freiwillige Erziehungshilfe wäre durch hoheitlichen Verwaltungsakt in eine Zwangsmaßnahme umfunktioniert worden. § 26 Abs 3 JWG entzieht jedoch der Bezirksverwaltungsbehörde das Recht, die Maßnahme fortzusetzen, wenn sie nicht binnen 1 Woche nach Widerspruch den Antrag beim Pflegschaftsgericht stellt. Wäre die Ansicht der Salzburger Landesregierung in diesem Fall richtig, müßte § 26 Abs 3 notwendigerweise eine Bestimmung darüber enthalten, daß ein allenfalls ergangener Bescheid mit dem Anrufen des Gerichtes ex lege außer Kraft tritt. Da dies jedoch nicht der Fall ist, ist davon auszugehen, daß § 26 Sbg. JWO nur ein privatrechtliches Handeln der Bezirksverwaltungsbehörde im Einvernehmen mit den Erziehungsberechtigten vorsieht. Die nachträgliche Genehmigung von Maßnahmen einer Verwaltungsbehörde durch das Gericht ist verfassungsgesetzlich nur dann unbedenklich, wenn die Verwaltungsbehörde als Träger von Privatrechten aufgetreten ist. Nach der ständigen Judikatur des Hohen Verfassungsgerichtshofes wird das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt. Ebenso wird dieses Recht nach dieser Rechtssprechung verletzt, wenn ein Bescheid eine bürgerliche Rechtssache zu einer Verwaltungssache macht (VfSlg. 2373, 4717).
2. Sollte jedoch § 26 Abs 1 Sbg. JWO tatsächlich der Bezirksverwaltungsbehörde die Ermächtigung zum hoheitlichen Tätigwerden erteilen (aufgrund der Formulierungen 'auf Antrag der Erziehungsberechtigten oder von Amts wegen'), so wäre diese gesetzliche Bestimmung mit Verfassungswidrigkeit behaftet.
a) Wie bereits ausgeführt, ist § 26 Sbg. JWO und § 26 JWG als eine rechtliche Einheit zu sehen, was bereits dargelegt wurde.
Artikel 83 Abs 2 B-VG bindet nämlich auch die Gesetzgebung und hat daher der Gesetzgeber dafür zu sorgen, daß eine Sache nicht sowohl vom Gericht als auch von einer Verwaltungsbehörde behandelt werden kann. Das Gesetz hat objektiv erfaßbare Voraussetzungen anzugeben, wer für eine Sache zuständig ist. Dies wäre jedoch dann in diesem Fall nicht gegeben. Im übrigen führt die Salzburger Landesregierung in ihrem Bescheid sogar selbst an, daß bei der Erziehungshilfe die bescheidmäßige Feststellung nicht immer erforderlich sei, wobei sie sich auf den Kommentar zum Wiener Jugendwohlfahrtsrecht von Ourednik beruft.
b) Die Verfassungswidrigkeit würde sich jedoch insbesondere auch daraus ergeben, daß Art 94 B-VG dadurch verletzt wurde, wenn die Behörde zuerst hoheitsrechtlich mit Bescheid entschieden hätte und diese Maßnahme aufgrund eines Widerspruches der Erziehungsberechtigten gemäß den Bestimmungen des § 26 Abs 3 JWG von einem Gericht überprüft würde. Hiemit wären Justiz und Verwaltung nicht mehr in allen Instanzen getrennt. Wie bereits ausgeführt, müßte in einem solchen Fall eine Bestimmung vorsehen, daß durch ein Anrufen des Gerichtes ein vorangegangener Bescheid ex lege außer Kraft tritt. Zu dieser Frage hat der Hohe Verfassungsgerichtshof in mehreren Entscheidungen Stellung genommen (VfSlg. 2683, 2842, 3507, 4359). Eine Folge des Art 94 B-VG ist auch die gegenseitige Bindung an Entscheidungen.
c) Es wäre in diesem Fall auch eine Verletzung von Art 18 Abs 1 B-VG gegeben. Aufgrund dieser Bestimmung darf die gesamte staatliche Verwaltung nur aufgrund der Gesetze ausgeübt werden. Das Gesetz muß das Verhalten einer Verwaltungsbehörde so genau festlegen, daß es von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts nachprüfbar ist. Auch dieser Grundsatz wäre durch § 26 Sbg. JWO verletzt, da für das hoheitliche Verfahren fast keine Regelungen in dieser Bestimmung enthalten sind.
d) Weiters würde es auch eine Verletzung der Kompetenzbestimmungen des B-VG bedeuten, wenn ein Landesgesetzgeber in einem Ausführungsgesetz auf dem Gebiete des Zivilrechtes Regelungen trifft.
Nichts anderes als das würde es jedoch bedeuten, wenn durch ein Ausführungsgesetz die Behörde in die Lage versetzt wird, mit Bescheid Unterbringungen auf einem Pflegeplatz anzuordnen."
3. Dem hält die Salzburger Landesregierung in ihrer Gegenschrift entgegen:
"Nach Auffassung der belangten Behörde verkennt die Beschwerdeführerin den Inhalt des § 26 Abs 1 Sbg. JWO. Diese Bestimmung regelt inhaltlich die Durchführung der Erziehungshilfe. Die Erziehungshilfe umfaßt alle Maßnahmen, die dem Ziel einer sachgemäßen und verantwortungsbewußten Erziehung dienen, wie Erziehungsberatung, anderweitige Unterbringung, Einweisung in einen Kindergarten, einen Hort, eine Tagesheimstätte, ein Jugendheim oder ein Erholungsheim.
Die Beschwerdeführerin ist nun nach Auffassung der belangten Behörde zu Unrecht der Meinung, daß die Erziehungshilfe in jedem Fall der gerichtlichen Anordnung bedarf. Dabei verkennt die Beschwerdeführerin, daß im übrigen auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VGH , G47/87; VfSlg. 9152/1981) die Anordnung der Erziehungshilfe immer nur dann Sache des Gerichtes ist, wenn die Anordnung der Erziehungshilfe strittig ist. Strittig aber kann nur bedeuten, daß der Erziehungsberechtigte der Erziehungsmaßnahme nicht zustimmt. Im Falle der Zustimmung des Erziehungsberechtigten ist die Anordnung der Erziehungshilfe aber nicht strittig und daher besteht in diesem Fall nach Auffassung der belangten Behörde auch keinerlei Zuständigkeit des ordentlichen Gerichtes. Stattdessen ist, wie dies in der Begründung des nunmehr durch Beschwerde bekämpften Bescheides festgehalten worden ist, im Falle des Konsenses zwischen Bezirksverwaltungsbehörde und Erziehungsberechtigtem die Erziehungshilfe bescheidmäßig anzuordnen. Von dieser grundlegenden Unterscheidung geht auch die Systematik sowohl der Sbg. JWO als auch des JWG aus (§§26,27 Sbg JWO; §§9, 26 JWG; Erläuterungen zur Regierungsvorlage der Sbg. JWO (Nr. 5 der Beilage zum stenographischen Protokoll des Salzburger Landtages, 2. Session der 3. Wahlperiode))".
III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1.a) Der Beschwerdeführerin ist zwar darin beizupflichten, daß sie im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden wäre, wenn die belangte Behörde zu Unrecht eine (bescheidmäßige) Sachentscheidung getroffen hätte. Sie ist aber nicht im Recht, wenn sie meint, das sei hier deshalb geschehen, weil die Bezirkshauptmannschaft nicht hoheitlich (mit Bescheid), sondern mit Mitteln der Privatwirtschaftsverwaltung hätte vorgehen müssen.
Der Verfassungsgerichtshof ist im Erkenntnis vom , G47/87 wohl zum Ergebnis gelangt, daß die Bezirksverwaltungsbehörde nach § 26 Abs 2 JWG auch ohne Deckung durch einen Gerichtsbeschluß als Vormund oder gesetzlicher Amtskurator im Bereich des Privatrechts einschreite und dieses Einschreiten nur vor dem Vormundschaftsgericht, nicht aber vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes zu verantworten habe. Der Verfassungsgerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, von dieser Rechtsprechung abzugehen.
Damit ist jedoch für die Beschwerdeführerin nichts gewonnen. Sie setzt nämlich die von der Bezirksverwaltungsbehörde als Amtsvormund gemäß § 26 Abs 2 JWG zu treffenden Maßnahme mit jener gleich, die die Bezirksverwaltungsbehörde nach dem (in Durchführung des § 9 JWG ergangenen) § 26 Abs 1 Sbg. JWO zu treffen hat. Diese Gleichsetzung ist verfehlt. Wie schon die systematische Einordnung des § 9 JWG in den ersten Teil des Gesetzes, der Grundsatzbestimmungen auf den Gebiet der Jugendfürsorge enthält, einerseits, und des § 26 JWG in den zweiten Teil, der unmittelbar anwendbares Bundesrecht auf dem Gebiet des Zivilrechtes enthält, andererseits beweist, ist zwischen diesen beiden Vorschriften streng zu unterscheiden.
Von dieser Auffassung gehen auch die Erläuternden Bemerkungen zur das nachmalige JWG betreffenden Regierungsvorlage (140 BlgNR 7. GP) aus. So heißt es im Allgemeinen Teil:
"Es gilt daher, einen goldenen Mittelweg zu finden. Dieser muß zur Erkenntnis führen, daß dort, wo die Verwaltung ihre Aufgabe in der Jugendfürsorge einvernehmlich mit den Erziehungsberechtigten, also auf freiwilliger Basis erfüllt, dem Zivilrecht kein Abbruch geschieht, daher insoweit die Machtsphäre des öffentlichen Rechtes anzuerkennen ist. Dort aber, wo gegen den Willen der nach bürgerlichem Recht Erziehungsberechtigten gehandelt werden soll oder doch der familienrechtliche Erziehungsanspruch und die Erziehungspflicht infolge der Schwere der zu ergreifenden Maßnahmen stärker berührt werden, wird man es als richtig erachten können, daß die Jugendwohlfahrtspflege aus dem Rahmen des Zivilrechts nicht heraustritt und daher auch durch unmittelbar anwendbare bundesrechtliche Vorschriften geregelt werden muß. Aber auch dort, wo dem öffentlichen Recht ein Machtbereich zuerkannt wird, ist im Auge zu behalten, daß die Rechte und Pflichten der Eltern zur Erziehung vorangehen und durch das Jugendwohlfahrtsgesetz nicht ohne Not geschmälert werden dürfen.
. . . . .
Die Zusammenfassung der öffentlichrechtlichen und der zivilrechtlichen Bestimmungen gestattet es auch, die gradmäßige Steigerung der in der Jugendwohlfahrtspflege zu treffenden Maßnahmen systematisch darzustellen. Die leichteren Formen eines behördlichen Eingriffs gehören dem Kreise des öffentlichen Rechtes an; dies vom Gedanken ausgehend, daß die Maßnahmen dieses Rechtes mehr überwachender und helfender, als fürsorgerischer Natur sind. Dazu gehören, ebenfalls in gradueller Steigerung, die behördliche Bewilligung der Übernahme von Kindern in fremde Pflege (Pflegekinder), die Pflegeaufsicht und die Erziehungshilfe. Das unmittelbar anschließende, bereits dem Zivilrecht angehörige Glied in der Kette ist sodann die gerichtliche
Erziehungshilfe. . . . .".
Zu den einzelnen Bestimmungen wird in den Erläuternden Bemerkungen ausgeführt:
Zu § 8 des Entwurfes (§9 JWG):
". . . Der Abs 3 des § 8 spricht aus, daß die Erziehungshilfe in jenen Fällen, in denen sie nicht von den Erziehungsberechtigten beantragt wird, nur mit deren Zustimmung durchgeführt werden kann. Es ist damit in unmißverständlicher Weise ausgedrückt, daß es sich um Maßnahmen auf freiwilliger Basis handelt. Dies allein schließt die Möglichkeit eines behördlichen Mißbrauchs von vornherein aus."
Zu § 25 des Entwurfes (§26 JWG):
"Was unter Erziehungshilfe zu verstehen ist, wurde bereits zu § 8 erläutert. Hiebei wurde erkannt, daß die Erziehungshilfe, solange sie im Einvernehmen mit den Erziehungsberechtigten angewendet wird, eine Angelegenheit der Jugendfüsorge, also des öffentlichen Rechtes ist. Dies ist im Sinne der Ausführungen im Eingang dieser Erläuterungen dann nicht mehr der Fall, wenn die Erziehungshilfe gegen den Willen der Erziehungsberechtigten des bürgerlichen Rechtes gewährt werden soll. Dann liegt ein Eingriff in das Zivilrecht vor. Es ist daher die dennoch notwendige Erziehungshilfe vom Zivilrecht zu regeln und den Gerichten zu übertragen. Um auch bereits sprachlich deutlich zum Ausdruck zu bringen, daß diese Erziehungshilfe dem Zivilrecht angehört, während die im § 8' (d.i. § 9 JWG) 'geregelten, auf freiwilliger Basis beruhenden Maßnahmen eine Angelegenheit des öffentlichen Rechtes sind, soll die von den Gerichten zu verwaltende Erziehungshilfe 'gerichtliche Erziehungshilfe' genannt werden. . . ."
Diese aus den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage hervorgehende Absicht des Gesetzgebers steht - wie schon dargetan - mit der Systematik des Gesetzes in Einklang und findet in dessen Wortlaut ihren Ausdruck (vgl. auch = ÖJZ 1988/306).
Läßt man die hier nicht wesentliche Frage der Rechtsnatur der Durchführung der Erziehungshilfe (etwa der einzelnen Erziehungsmaßnahmen in einem Heim oder bei einer Pflegefamilie) außer Betracht, so ergibt sich zusammenfassend, daß Akte, mit denen bewilligt oder verfügt wird, daß Erziehungshilfe durchzuführen ist, stets Hoheitsakte sind; sie sind allerdings rechtlich unterschiedlich zu beurteilen: Wird gemäß § 26 Sbg. JWO (§9 JWG) die Durchführung von Erziehungshilfe über Antrag des Erziehungsberechtigten oder zwar von amtswegen, aber mit Zustimmung des Erziehungsberechtigten (mithin im Einvernehmen mit dem Erziehungsberechtigten - also sogenannte freiwillige Erziehungshilfe) gewährt, so handelt die Bezirksverwaltungsbehörde als Jugendfürsorge-Behörde; das Verfahren ist daher mit Bescheid abzuschließen. Erfolgt hingegen die Erziehungshilfe gegen den Willen des Erziehungsberechtigten, so ordnet dies das Gericht an (gerichtliche Erziehungshilfe); hier wird die Bezirksverwaltungsbehörde, auch wenn sie bei Gefahr im Verzug ohne behördliche oder gerichtliche Verfügung als Amtsvormund oder als gesetzlicher Amtskurator einschreitet und gemäß § 26 Abs 2 JWG provisorische Anordnungen trifft, im Bereich der Privatwirtschaft tätig (so auch schon Waschgler, Sind Erziehungsmaßnahmen nach §§9 und 26 Abs 2 JWG bescheidmäßig zu erledigen?, Der Österreichische Amtsvormund 1987, 104 f.; vgl. auch Edlbacher, Kommentar zum Verfahren außer Streitsachen, 2. Aufl., 1984, 673 f., 689 ff.).
b) Im vorliegenden Fall erfolgt die Maßnahme auf Antrag der Kindesmutter. In der Folge stimmte ihr auch die die Amtsvormundschaft führende BH Weiz als gesetzlicher Vertreter des beschwerdeführenden Kindes zu. Daher schritten die BH Salzburg-Umgebung und im Instanzenzug die Sbg. Landesregierung nicht als Amtsvormund nach § 26 JWG ein; vielmehr trafen sie als Jugendfürsorge-Behörden eine Maßnahme der Erziehungshilfe gemäß § 26 Sbg. JWO (§9 JWG). Sie wurden dabei zu Recht hoheitlich tätig und waren daher zuständig, die Erziehungshilfe bescheidmäßig zu gewähren.
Die Beschwerdeführerin wurde also durch den angefochtenen Bescheid nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt. Die Behörde hat auch keinen sonstigen in die Verfassungssphäre reichenden Fehler begangen; insbesondere ist ihr keine Willkür vorzuwerfen; es hat auch nicht die Verletzung eines anderen, verfassungsgesetzlich garantierten Rechtes stattgefunden.
2. Die Beschwerdeführerin erachtet § 26 Abs 2 Sbg. JWO unter der Voraussetzung als verfassungswidrig, daß er zur hoheitlichen Gewährung der Erziehungshilfe ermächtigt.
Wie soeben dargetan, hat § 26 Abs 2 Sbg. JWO tatsächlich diesen Inhalt. Dennoch hegt der Verfassungsgerichtshof unter dem Blickwinkel dieses Beschwerdefalles gegen diese - hier präjudizielle - Vorschrift keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
a) Der Hauptvorwurf der Beschwerdeführerin geht dahin, daß diese Bestimmung gegen Art 94 B-VG verstoße.
Diese Verfassungsnorm enthält den Grundsatz der Trennung der Justiz von der Verwaltung; er bedeutet einerseits das Verbot an den einfachen Gesetzgeber, ein und dieselbe Behörde gleichzeitig als Gerichts- und als Verwaltungsbehörde einzurichten, andererseits das Gebot, eine Angelegenheit, und zwar zur Gänze, zur Vollziehung entweder den Gerichten oder den Verwaltungsbehörden zuzuweisen (vgl. zB VfSlg. 10452/1985; u.a. Zlen.).
Die erwähnte Gesetzesbestimmung enthält nun aber keine Regelung, die dem Trennungsgrundsatz widerstreitet. Daß der mit ihm in gewissen Zusammenhang stehende § 26 Abs 2 JWG nicht gegen Art 94 B-VG verstößt, hat der Verfassungsgerichtshof im bereits zitierten Erkenntnis vom G47/87 dargetan. Daß § 26 Abs 2 Sbg. JWO nicht den Trennungsgrundsatz verletzt, ergibt sich aus den obigen Ausführungen zu III.1. Die Gewährung der freiwilligen Erziehungshilfe iS dieser Gesetzesbestimmung obliegt ausschließlich den Verwaltungsbehörden; es ist auch keine nachträgliche Kontrolle der Gewährung der Erziehungshilfe durch die ordentlichen Gerichte vorgesehen.
Auch die Regelung für den Fall, daß die Erziehungsberechtigten ihre zunächst erteilte Zustimmung zur (freiwilligen) Erziehungshilfe in der Folge widerrufen, bewirkt keine verfassungsrechtlich verpönte Verschmelzung von Verwaltungsbehörde und Gericht. § 26 Abs 3 JWG bestimmt nämlich:
"(3) Liegt Gefahr im Verzug nicht vor, hält aber die Bezirksverwaltungsbehörde als Vormund oder als gesetzlicher Amtskurator Erziehungshilfe gegen den Willen der im Abs 1 genannten Personen für geboten, so hat sie die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts zu beantragen (§21 zweiter Satz). Das gleiche gilt, wenn eine mit Zustimmung der Erziehungsberechtigten (§39) eingeleitete Maßnahme der Erziehungshilfe gegen den Willen dieser Erziehungsberechtigten fortgesetzt werden soll; wenn in diesem Falle der Antrag unverzüglich, längstens binnen einer Woche nach dem Widerspruch der Erziehungsberechtigten gestellt wird, bleibt die Maßnahme der Erziehungshilfe bis zur Entscheidung des Vormundschaftsgerichts aufrecht, andernfalls gilt sie insolange als widerrufen."
Die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (140 BlgNR 7. GP) besagen hiezu (S. 22):
"Der Entwurf mußte überdies auf den Fall Bedacht nehmen, daß der Erziehungsberechtigte zwar einer von der Bezirksverwaltungsbehörde eingeleiteten Maßnahme der Erziehungshilfe seiner Zustimmung erteilt hat, diese aber später, noch vor Vollendung der Maßregel, widerruft. Durch das Verlangen der Bezirksverwaltungsbehörde nach der von ihr für notwendig gehaltenen Fortsetzung der Maßnahme - jetzt gegen den Willen der Erziehungsberechtigten - wird in gleicher Weise das Privatrecht berührt, wie wenn die Zustimmung von vornherein versagt worden wäre. Es war daher auch hier das Vormundschaftsgericht einzuschalten. Um ein Kind nicht sofort bei Erhebung eines Vetos gegen die Fortsetzung der Erziehungshilfe, einer vielleicht begründeten Maßnahme wieder entreißen zu müssen, wird diese so lange aufrecht bleiben können, bis das Vormundschaftsgericht entschieden hat. Es ereignet sich sehr häufig, daß Eltern, die ihre Erziehungspflichten vernachlässigen und die sich etwa zur Abgabe des Kindes in ein Heim leicht überreden lassen, kurze Zeit später ihren Entschluß aus reiner Rechthaberei oder aus Mutwillen widerrufen und so jeden planvollen Erziehungsgedanken zerstören könnten, wenn nicht das vorläufige Aufrechtbleiben der getroffenen Maßregel verfügt würde."
Widerruft der Erziehungsberechtigte seine Zustimmung zu einer Maßnahme der (freiwilligen) Erziehungshilfe, so obliegt es (nach dieser Änderung des Sachverhaltes) dem Gericht zu verfügen, ob diese Maßnahme fortgesetzt werden soll oder nicht. Allerdings verliert der die Maßnahme seinerzeit gewährende Bescheid seine Wirksamkeit erst mit Entscheidung durch das Gericht. Der Bescheid scheidet aber unmittelbar kraft Gesetzes aus der Rechtsordnung aus, mithin nicht etwa dadurch, daß dies ein Gerichtsbeschluß anordnet. Die Regelung dient nur dem lückenlosen Anschluß der gerichtlichen an die verwaltungsbehördliche Maßnahme und bewirkt keine verfassungsrechtlich unzulässige Verknüpfung zwischen Gericht und Verwaltungsbehörde.
b) Der Verfassungsgerichtshof teilt auch nicht die weiteren Bedenken der Beschwerdeführerin, daß § 26 Sbg. JWO nicht ausreichend determiniert sei. Diese Bestimmung ist - dem Art 18 B-VG entsprechend - durchaus einer Auslegung zugänglich (vgl. hiezu im allgemeinen zB VfSlg. 8395/1978, 10 296/1984).
§ 26 Sbg. JWO regelt - wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt - nicht (wie die Beschwerdeführerin meint) eine Angelegenheit des Zivilrechtes, sondern eine solche der Jugendfürsorge. Daher sind die diesbezüglichen Bedenken schon vom Ansatz her verfehlt.
c) Da der Verfassungsgerichtshof auch gegen die sonstigen, bei Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendeten Rechtsvorschriften keine verfassungsrechtlichen Bedenken hegt, ist die Beschwerdeführerin durch den Bescheid auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde war infolgedessen abzuweisen.
3. Der obsiegenden belangten Behörde waren die begehrten Kosten nicht zuzusprechen, da ihr nach § 88 VerfGG ersatzfähige Kosten (etwa Reisekosten) nicht erwachsen sind.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.