OGH vom 26.05.2010, 15Os42/10f
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Gotsmy als Schriftführer in der Strafsache gegen Zoran S***** wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1, Abs 2 und Abs 4 erster und zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom , GZ 22 Hv 38/09f 211, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
B e s c h l u s s
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
G r ü n d e :
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Teilfreispruch des Angeklagten enthält, wurde Zoran S***** des Vergehens des Verstrickungsbruchs nach § 271 Abs 1 StGB (A./), des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1, Abs 2 und Abs 4 erster und zweiter Fall StGB (B./), des Vergehens des Gebrauchs fremder Ausweise nach § 231 Abs 1 StGB (C./) und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (D./) schuldig erkannt.
Danach hat er
A./ in der Nacht vom auf den in München als Mitarbeiter der M***** GmbH nachfolgende vom Zollamt München behördlich in Beschlag genommene Sattelzugmaschinen durch deren Verbringung nach Brunn am Gebirge der Verstrickung entzogen und zwar
a./ eine Sattelzugmaschine der Marke MAN 18430 BLS mit der Fahrgestellnummer ***** der MAN Financial Service GmbH im Wert von ca 48.500 Euro;
b./ eine Sattelzugmaschine der Marke DAF XF 95480 mit der Fahrgestellendnummer 680 der B***** KG im Wert von 48.500 Euro;
B./ in Passau durch unbekannte Täter gestohlene Sattelanhänger in einem 50.000 Euro übersteigenden Gesamtwert, sohin Sachen, die ein anderer durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt hatte, durch Ankauf von einem Unbekannten („Dragan“) an sich gebracht, wobei er die Hehlerei gewerbsmäßig betrieben hat, nämlich
I./ nach dem folgende Sattelanhänger der T***** in drei Übergaben und zwar
a./ einen Sattelanhänger der Marke Zie Bijzonderheden im Wert von 25.675 Euro;
b./ einen Sattelanhänger der Marke SCHMITZ im Wert von 20.453 Euro;
c./ einen Sattelanhänger der Marke LAMBERET im Wert von 20.001 Euro;
2./ nach dem einen Sattelkühlanhänger der Marke SCHMITZ der Firma H***** GmbH im Wert von etwa 23.500 Euro;
C./ am in Wien den bosnischen Reisepass des Zoran T***** Nr *****, mithin einen amtlichen Ausweis, der für einen anderen ausgestellt war, gebraucht, als wäre er für ihn ausgestellt, indem er diesen bei einer Personenkontrolle durch Polizeibeamte zum Identitätsbeweis vorwies;
D./ am in Wien Ljiljana S*****, dadurch, dass er ihr einen Stoß versetzte und ihr die Unterarme verdrehte, wodurch die Genannte eine Schädelprellung, eine Brustkorbprellung rechts, einen Bluterguss und eine Prellung mit Hautabschürfungen der oberen Extremitäten erlitt, vorsätzlich am Körper verletzt.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 3, 5 und 9 lit b StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie schlägt fehl.
Die Verfahrensrüge (Z 3) orientiert sich mit der Behauptung, die Zweitangeklagte Ljiljana S***** sei in der auch gegen sie geführten Hauptverhandlung vom 19. (richtig: 13.) Oktober 2009 hinsichtlich des nur den Beschwerdeführer betreffenden Faktums D./ als Zeugin vernommen worden, nicht an der Aktenlage (S 103 in ON 182) und vernachlässigt, dass Zeuge immer nur eine vom Angeklagten verschiedene Person sein kann (§ 154 Abs 1 StPO; Kirchbacher , WK StPO § 247 Rz 4). Demnach geht aber die Behauptung, die Aussage der Ljiljana S***** sei mangels ausdrücklichen Verzichts auf ihre Befreiung von der Aussagepflicht nach § 156 Abs 1 Z 1 StPO nichtig, ins Leere, weil sich die genannte Bestimmung nicht auf die Vernehmung Angeklagter bezieht.
Die Mängelrüge (Z 5) behauptet unter Wiederholung der Verantwortung des Beschwerdeführers deren Vernachlässigung im Urteil, zeigt jedoch keine Unvollständigkeit auf, weil sich das Erstgericht mit den bezughabenden Depositionen hinreichend auseinandergesetzt hat (US 27 ff).
Die persönliche Einschätzung der Zeugin Z*****, wonach der Beschwerdeführer „sehr gutmütig und sehr gutgläubig“ sei, bedurfte schon deshalb keiner Erörterung, weil Gegenstand einer Zeugenaussage nur sinnliche Wahrnehmungen über Tatsachen sein können (vgl Ratz , WK StPO § 281 Rz 435, RIS Justiz RS0097545).
Soweit die Mängelrüge zu D./ die von den Tatrichtern als unglaubwürdig verworfene Verantwortung des Beschwerdeführers mit eigenständigen Beweiswerterwägungen für überzeugender erachtet als die Angaben der Ljiljana S*****, zeigt sie keinen Begründungsmangel auf, sondern kritisiert in einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Form die tatrichterliche Beweiswürdigung.
Die Rechtsrüge nach Z 9 lit b StPO behauptet zu A./ ein Fehlen der inländischen Gerichtsbarkeit infolge Vorliegens der Auslandstat eines Ausländers, vernachlässigt dabei aber die Feststellungen (US 37) zum Ersuchen der Oberstaatsanwaltschaft München I um Übernahme der Strafverfolgung (ON 88, 94), die einem konkludenten Verzicht Deutschlands als Tatortstaat auf Auslieferung entspricht (RIS Justiz RS0092398 [T5]), sodass die stellvertretende Strafgerichtsbarkeit gemäß § 65 Abs 1 Z 2 StGB zu Recht in Anspruch genommen werden durfte (RIS Justiz RS0124030).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher im Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der dazu erstatteten Äußerung der Verteidiger bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Wien zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.