OGH vom 28.10.2015, 9Ob62/15f

OGH vom 28.10.2015, 9Ob62/15f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer, Dr. Dehn, Dr. Hargassner und Mag. Korn in der Pflegschaftssache der minderjährigen Kinder P***** M*****, und T***** M*****, vertreten durch die Mutter M***** M*****, diese vertreten durch Mag. Martin Divitschek, Mag. Wolfgang Sieder ua, Rechtsanwälte in Deutschlandsberg, gegen den Antragsgegner F***** M*****, vertreten durch Peissl Partner Rechtsanwälte OG in Köflach, wegen Unterhalt, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 1 R 192/15k 47, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Die Antragsteller begehrten als Kinder des Antragsgegners, ihn zur Zahlung monatlicher Unterhaltsbeträge zu verpflichten, und zwar zuletzt (ON 40) für die Zeiträume

- von bis in Höhe von 606 EUR (Erstantragsteller) und 510 EUR (Zweitantragsteller),

- von bis in Höhe von 672 EUR bzw 512 EUR,

- von bis in Höhe von 642 EUR bzw 577 EUR sowie

- ab in Höhe von 607 EUR bzw 543 EUR.

Mit Beschluss vom (ON 43) verpflichtete das Erstgericht den Antragsgegner zur Zahlung monatlicher Unterhaltsbeträge für die Zeiträume

- von bis in Höhe von 520 EUR (Erstantragsteller) und 445 EUR (Zweitantragsteller),

- von bis in Höhe von 570 EUR bzw 445 EUR,

- von bis in Höhe von 545 EUR bzw 495 EUR sowie

- ab bis auf Weiteres, längstens jedoch bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit der Antragsteller in Höhe von 495 EUR bzw 445 EUR. Das jeweilige Mehrbegehren wurde abgewiesen.

Mit dem bekämpften Beschluss vom gab das Rekursgericht dem gegen die Abweisung der Unterhaltsmehrbegehren erhobenen Rekurs der Antragsteller nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs gemäß § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der „außerordentliche Revisionsrekurs“ der Antragsteller mit dem Antrag, den Beschluss des Rekursgerichts im Sinne einer gänzlichen Stattgabe ihrer Anträge abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Die Aktenvorlage ist verfrüht.

1. Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen binnen 14 Tagen nach Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichts beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde. Die „Zulassungsvorstellung“ ist mit der Ausführung des ordentlichen Revisionsrekurses zu verbinden.

2. Für die Bewertung des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts in Unterhaltsbemessungsverfahren ist der 36-fache Betrag jenes monatlichen Unterhaltsbeitrags maßgeblich, der zum Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz zwischen den Parteien noch strittig war. Unterhaltsansprüche, die vor diesem Zeitpunkt strittig waren, haben hingegen unberücksichtigt zu bleiben (RIS Justiz RS0122735 ua). Im Unterhaltsverfahren ist der Wert des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts für jedes Kind einzeln zu beurteilen (RIS Justiz RS0112656). Die Unterhaltsansprüche mehrerer Kinder beruhen nämlich nicht auf demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund, sondern stellen nur gleichartige, auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche dar; eine Zusammenrechnung findet daher nicht statt (RIS Justiz RS0112656 [T2]; RS0017257).

3. Die Antragsteller bekämpften den Beschluss des Erstgerichts hinsichtlich der Abweisung des jeweiligen Mehrbegehrens, das bezüglich des für die Bewertung hier maßgeblichen laufenden Unterhalts beim Erstantragsteller 112 EUR monatlich und beim Zweitantragsteller 98 EUR monatlich beträgt. Ausgehend vom jeweils 36-fachen dieser Beträge übersteigt der Wert des Entscheidungsgegenstands in keinem der beiden Fälle 30.000 EUR, sodass den Rechtsmittelwerbern nur der Rechtsbehelf der Zulassungsvorstellung nach § 63 AußStrG zur Verfügung steht.

4. Im Streitwertbereich des § 63 AußStrG sind Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch des § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen (§ 69 Abs 3 AußStrG). Dies gilt auch, wenn das Rechtsmittel als „außerordentliches“ bezeichnet wird und direkt an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist. Wird gegen eine Entscheidung, die nur mit Zulassungsvorstellung angefochten werden kann, ein ordentlicher oder ein außerordentlicher Revisionsrekurs erhoben, so hat daher - auch wenn das Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist - das Erstgericht dieses Rechtsmittel dem Rekursgericht vorzulegen, weil derartige Rechtsmittel als Anträge iSd § 63 AußStrG zu werten sind (RIS-Justiz RS0109623 [T13] ua).

Ob der dem Rekursgericht vorzulegende Schriftsatz den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RIS Justiz RS0109623 [T14]; zuletzt 8 Ob 49/15m).

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2015:0090OB00062.15F.1028.000