OGH vom 13.09.2019, 10Ob60/19z
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann, den Hofrat Mag. Ziegelbauer und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Pflegschaftssache des Kindes M*****, geboren ***** 2014, wegen Unterhaltsvorschuss, über den Revisionsrekurs des Bundes, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien (UV 126/011824) gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 43 R 270/19b-28, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Hernals vom , GZ 40 Pu 25/17v-16, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der am gestellte Antrag des Kindes auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen nach § 3, 4 Z 1 UVG abgewiesen wird.
Text
Begründung:
Das Kind brachte am einen Antrag auf Gewährung von Titelvorschüssen (§ 3 UVG) ein und behauptete unter anderem, am einen Exekutionsantrag nach § 294a EO gegen den Unterhaltsschuldner eingebracht zu haben.
Das Erstgericht gewährte mit Beschluss vom Titelvorschüsse vom bis .
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Bundes nicht Folge. Der Exekutionsantrag sei – wie das Kind in der Rekursbeantwortung (ON 25) zugestand – erst am , somit nach Beschlussfassung erster Instanz, beim Exekutionsgericht eingelangt. Hätte das Erstgericht den angefochtenen Beschluss einen Tag später gefasst, wäre der Antrag nach der zu diesem Entscheidungszeitpunkt gegebenen Sachlage zu bewilligen gewesen. Unterhaltsvorschüsse seien frühestens ab Beginn des Monats zu gewähren, in dem der nach § 3 Z 2 UVG erforderliche Exekutionsantrag bei Gericht eingebracht worden sei. Diese Monatsbezogenheit sei im vorliegenden Fall bereits dadurch gewahrt worden, dass das durch den Kinder- und Jugendhilfeträger (KJHT) vertretene Kind neuerlich, am 29. bzw einen identischen Antrag auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen unter Hinweis auf die bereits bewilligte Exekution eingebracht habe. Die Titelvorschüsse wären daher auch für den Fall, dass der vorliegende Antrag mangels Verwirklichung der Anspruchsvoraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz abzuweisen wäre, beginnend mit zu gewähren.
Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs zu, weil es aus verfahrensökonomischen Gründen von der ständigen Rechtsprechung abgewichen sei, wonach die tatsächlich erfolgte Einbringung des Exekutionsantrags zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt bescheinigt sein müsse.
Rechtliche Beurteilung
Der – nicht beantwortete – Revisionsrekurs des Bundes ist zulässig und berechtigt.
1. Vorschüsse sind gemäß § 3 UVG zu gewähren, wenn für den gesetzlichen Unterhaltsanspruch ein im Inland vollstreckbarer Unterhaltstitel besteht (§ 3 Z 1 UVG) und der Unterhaltsschuldner nach Eintritt der Vollstreckbarkeit den laufenden Unterhaltsbetrag nicht zur Gänze leistet sowie das Kind glaubhaft macht, einen Exekutionsantrag nach § 294a EO oder einen anderen, gemäß § 3 Z 2 UVG geeigneten Exekutionsantrag eingebracht zu haben. Die Rechtsprechung fordert das Einlangen des Exekutionsantrags beim (ex ante erkennbar) zuständigen Gericht (RIS-Justiz RS0129828).
2. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen vorliegen, ist – wie allgemein – der Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz (stRsp, RS0076052 [T5]; RS0076442). Dies gilt auch dann, wenn absehbar ist, dass die Voraussetzungen beispielsweise zum nächstfolgenden Monatsersten erfüllt sein könnten (RS0076442 [T2]). Auch die Rekursentscheidung hat auf Grundlage der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der erstgerichtlichen Entscheidung zu ergehen (10 Ob 45/18t mwN).
3. Die Voraussetzung für die Bewilligung, das Einlangen des Exekutionsantrags beim zuständigen Gericht, war zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Erstgerichts am unstrittig nicht verwirklicht. Der mit datierte Exekutionsantrag war zwar an das zuständige Exekutionsgericht gerichtet, langte dort aber erst am ein, was zur Abweisung des Antrags auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen führen muss. Der erkennende Senat sieht sich nicht veranlasst, aus verfahrensökonomischen Gründen von dem in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsatz abzugehen, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen zum Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz gegeben sein müssen. Ob das Kind noch rechtzeitig im selben Monat einen zweiten Antrag einbringt, der aufgrund der dann verwirklichten Voraussetzungen zu bewilligen ist, ist deshalb für die Entscheidung über den ersten Antrag irrelevant.
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2019:0100OB00060.19Z.0913.000 |
Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.