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OGH vom 28.08.2012, 12Os28/12b

OGH vom 28.08.2012, 12Os28/12b

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden, durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lindenbauer als Schriftführer in der Strafsache gegen Karin K***** wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom , GZ 112 Hv 99/11s 54, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch unbekämpft gebliebene Freisprüche (sowie den Ausspruch eines Verfolgungsvorbehalts gemäß § 263 Abs 2 StPO) enthält, wurde die Angeklagte Karin K***** des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB (I./ und II./) schuldig erkannt.

Danach hat sie zusammengefasst wiedergegeben von 2004 bis 2008 in Wien die ihr in ihrer Eigenschaft als Wirtschafts- und Steuerberaterin der E***** Sp***** GmbH und der Eu***** Sp***** GmbH Co KG, somit durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht und den Genannten einen 50.000 Euro übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt, indem sie rechtsgrundlos Steuerguthaben in Höhe von insgesamt 257.771,20 Euro auf ihr eigenes Steuer- bzw Bankkonto überwies.

Diese Schuldsprüche bekämpft die Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 4 und 5a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die ihr Ziel verfehlt.

Rechtliche Beurteilung

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung (ON 53 S 53) des Antrags auf Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Bereich der Kriminologie zum Beweis dafür, dass „die Sendebestätigungen der Faxe in den Beilagen V./ bis VIII./ zu ON 41 echt sind, von der Angeklagten stammten und an die Unternehmen der Privatbeteiligten übersandt worden sind“ (ON 41 S 191), Verteidigungsrechte der Angeklagten nicht beeinträchtigt.

Denn einem Beweisantrag muss stets zu entnehmen sein, inwieweit das Beweisthema für Schuld- oder Subsumtionsfrage von Bedeutung ist; soweit dies nicht aus dem Sachzusammenhang ohne weiteres erkennbar ist, ist ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten (§ 55 Abs 1 und 2 StPO; RIS Justiz RS0118444; Ratz , WK StPO § 281 Rz 327 f mwN).

Daher wäre mit dem Beweisantrag darzulegen gewesen, welche entscheidenden Tatsachen der unter Beweis zu stellende Zugang der in Rede stehenden Telefax Mitteilungen an Verantwortliche der E***** Sp***** GmbH bzw der Eu***** Sp***** GmbH Co KG betreffen soll. Dies nicht nur in Ansehung der auf gänzlich sachfremde Themen (Mitteilung eines Überschusses bzw einer Vorauszahlung in Betreff von Umsatzsteuervoranmeldungen sowie Korrespondenz mit der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft) bezogenen Beilagen VI./ bis VIII./, sondern auch hinsichtlich einer in Beilage V./ gegenüber der Prokuristin der E***** Sp***** GmbH angekündigten „vorab telefonisch besprochenen“ Überrechnung einer Akontozahlung für erbrachte Leistungen vom Guthaben des Finanzamtskontos, weil sich daraus, vom Erstgericht übrigens zutreffend ausgeführt (US 23), selbst unter der Annahme eines tatsächlichen Zugangs des Schreibens, eine Zustimmung insbesondere auch zu den inkriminierten titellosen Verrechnungen durch Berechtigte der E***** Sp***** GmbH auch aus Gründen der Logik nicht ableiten lässt.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag auf der Aktengrundlage beim Obersten Gerichtshof keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der den Schuldsprüchen zu Grunde liegenden entscheidenden Tatsachen hervorzurufen.

Die prozessförmige Darstellung einer Tatsachenrüge verlangt, die ins Treffen geführten aktenkundigen Beweismittel in Hinsicht auf ihre Eignung, qualifizierte Bedenken hervorzurufen, an der Gesamtheit der beweiswürdigenden Erwägungen des Schöffengerichts zu messen (RIS Justiz RS0119583; Ratz , WK StPO § 281 Rz 487 mwN). Diesem Erfordernis wird die ohne Bezugnahme auf die Ausführungen des Erstgerichts (US 12 bis 25) und unter isolierter Hervorhebung einzelner Verfahrensergebnisse vorgenommene Argumentation der Angeklagten schon vom Ansatz her nicht gerecht.

Im Übrigen wurde eine von der Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt behaupteter mangelnder Sachkunde des dazu Stellung nehmenden Sachverständigen aus dem Fachgebiet des Steuer- und Rechnungswesens sowie Controllings relevierte nachträgliche Erstellung von Telefax Benachrichtigungen durch die Angeklagte von den Tatrichtern gar nicht in Betracht gezogen, weil diesen Unterlagen ungeachtet der Frage deren zeitlicher Erstellung schon mangels Beweiswerts für die Frage einer Verrechnungszustimmung durch Berechtigte der E***** Sp***** GmbH für die Schuldfrage keine Relevanz zugemessen wurde (US 23). Der angesprochene Themenbereich betrifft im Übrigen nicht die weiters kritisierten Urteilsausführungen zu einer nachträglich vorgenommenen Honorarnotenerstellung (US 18), weshalb das auch darauf gerichtete Beschwerdevorbringen auf sich beruhen kann.

Auch mit der Behauptung einer mangels Sachkunde des zuvor genannten Sachverständigen nicht statthaften Verwertung von gutachterlichen Ausführungen zur Frage des elektronischen Erstellungsdatums von Dateien über Honorarnoten macht die Beschwerdeführerin keine sie entlastenden Feststellungen über entscheidende Tatsachen in Frage stellenden Beweisergebnisse geltend.

Sie übersieht im Übrigen, dass auch diesfalls die beweiswürdigenden Erwägungen der Tatrichter zur nachträglichen, lediglich zur Verschleierung der Malversationen vorgenommenen Honorarnotenerstellung gar nicht auf die gutachterlichen Ausführungen gestützt wurden (US 18 f).

Des Weiteren bleibt der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, dass der Einwand, der Sachverständige habe aus Journalbuchungen „keine eindeutigen Erkenntnisse und Schlussfolgerungen ziehen können“, in Anbetracht der dezidierten Aussage desselben, wonach Eintragungen im Journal nicht den richtigen zeitlichen Ablauf der Buchungen zeigen (ON 53 S 31 f), gänzlich aktenfremd ist. Weshalb weiters vereinzelte nach den Ausführungen des Sachverständigen (ON 53 S 37) richtige Verbuchungen von (nicht gegenständlichen) Honorarforderungen der Urteilsannahme einer zur Verschleierung inkriminierter Vermögensverfügungen erfolgten Falschbuchung auf Aufwandskonten (US 13 f) entgegenstehen soll, bleibt unerfindlich.

Ebenso nicht offengelegt wird die Relevanz der als unerörtert gerügten Beweisergebnisse zu einem Unvermögen der Angeklagten zur Bilanzerstellung sowie dazu, „wer welche Buchungssätze konkret erstellt hat“.

Im Übrigen kommt ohne konkreten Sachbezug allgemein gehaltenen Depositionen des Sachverständigen zur (Un )Vollständigkeit händisch geführter Leistungsverzeichnisse („Alles kann unvollständig sein“; ON 53 S 45) schon an sich kein Beweiswert zu. Mit der Rüge einer unterbliebenen Verwertung von (vermeintlichen Entlastungs-)Beweisergebnissen „im Sinne der Angeklagten“ (vgl dazu US 22) wird kein Begründungsmangel (der Sache nach Z 5 zweiter Fall) geltend gemacht.

Mit isolierter Kritik an einzelnen Begründungserwägungen des Schöffengerichts wird ein Begründungsmangel (der Sache nach Z 5 vierter Fall) nicht gesetzeskonform zur Darstellung gebracht ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 394 mwN). Es bleibt daher dem gegen das Argument der zufolge Verjährungsrisikos bei überdies unterlassener Erwirkung einer Verjährungsverzichtserklärung mangelnden Nachvollziehbarkeit der unterbliebenen Legung von (zeitnahen) Honorarnoten für behauptete Leistungen gerichteten, auf § 1502 ABGB (Unwirksamkeit eines Verjährungsverzichts vor Eintritt der Verjährung) gestützten Beschwerde nur der Vollständigkeit halber zu erwidern, dass die Erwägungen des Erstgerichts keineswegs auf noch nicht verjährte Forderungen (siehe die dreijährige Verjährungsfrist nach § 1486 Z 1 ABGB [vgl RIS Justiz RS0021915]) eingeschränkt waren (US 23 f).

Soweit die Tatsachenrüge schließlich im Übrigen behauptet, das Erstgericht habe seine Pflicht zu amtswegiger Wahrheitsforschung vernachlässigt, macht sie nicht deutlich, wodurch die Angeklagte an der Ausübung ihres Rechts, vermisste Beweisaufnahmen in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen, gehindert war (RIS Justiz RS0115823; Ratz , WK StPO § 281 Rz 480 mwN).

Der Rechtsmittelantrag, „nach § 288a StPO die Hauptverhandlung zu vernichten“, ist nicht nachvollziehbar, weil kein Oberlandesgericht die Rechtswirksamkeit der Anklageschrift festgestellt hat (§ 281a StPO).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.