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OGH vom 08.03.2005, 10Ob6/05p

OGH vom 08.03.2005, 10Ob6/05p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Thomas B*****, Kaufmann, *****, vertreten durch Dr. Gernot Nachtnebel, Rechtsanwalt in Wien, gegen die (erst-)beklagte Partei Gerhard R*****, Angestellter, *****, vertreten durch Dr. Michael Peschl, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 4.393,96 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom , GZ 38 R 65/04x-27, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Leopoldstadt vom , GZ 11 C 63/02s-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der (erst-)beklagten Partei die mit 399,74 EUR (darin 66,62 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Gerhard und Andrea R***** haben bei der Schlichtungsstelle den Antrag gestellt, den nunmehrigen Kläger Mag. Thomas B***** (Erstantragsgegner), Evelyn P. S***** (Zweitantragsgegnerin) und Ing. Helmuth S***** (Drittantragsgegner) zur Rückzahlung von insgesamt ATS 1,020.000,-- (EUR 74.126,29) zu verpflichten, da der Zahlung dieses Ablösebetrages keine gleichwertige Gegenleistung gegenüber gestanden sei. Die Schlichtungsstelle hat am den Antrag auf Rückerstattung gegenüber den Erst- und Zweitantragsgegnern mit der Begründung abgewiesen, dass die Zahlung nur dem Drittantragsgegner Ing. Helmuth S***** zugeflossen sei; dieser wurde auch zur Rückzahlung an die Antragsteller verpflichtet. Das Kostenersatzbegehren des anwaltlich vertretenen Erstantragsgegners wurde mangels Kostenersatznorm abgewiesen.

Ing. Helmuth S***** hat daraufhin am gemäß § 40 Abs 1 MRG das Bezirksgericht F***** angerufen, das am eine Tagsatzung durchführte. Am zogen Gerhard und Andrea R***** ihren Antrag gegen den Erstantragsgegner Mag. Thomas B***** und die Zweitantragsgegnerin Evelyn P. S***** zurück.

Mit Beschluss vom bestimmte das Bezirksgericht F***** die Kosten des Erstantragsgegners für seine Vertretung im Verfahren vor der Schlichtungsstelle und bei Gericht mit insgesamt ATS 60.462,24 (EUR 4.393,96) und trug den beiden Antragstellern zur ungeteilten Hand die Zahlung an den Erstantragsgegner binnen 14 Tagen auf. Die Verfahrensführung gegen den Erstantragsgegner sei als mutwillig verursacht anzusehen, weshalb dieser Anspruch auf Kostenersatz nach § 37 Abs 3 Z 19 zweiter Halbsatz MRG habe.

Das Landesgericht ***** gab dem Rekurs der Antragsteller Folge und änderte am die angefochtene Entscheidung dahin ab, dass der Erstantragsgegner seine Kosten anwaltlicher Vertretung selbst zu tragen habe. Ungeachtet der späteren Antragsrückziehung sei die Inanspruchnahme des Erstantragsgegners als möglichen Empfängers einer Ablöse nicht mutwillig erfolgt.

Am brachte der seinerzeitige Erstantragsgegner gegen die beiden Antragsteller eine auf den Titel des Schadenersatzes gestützte Klage auf Ersatz der Verfahrenskosten von EUR 4.393,96 s.A. ein. Die seinerzeitige Antragstellung gegen den nunmehrigen Kläger sei wider besseres Wissen und damit schuldhaft erfolgt. Den nunmehrigen beklagten Parteien sei nämlich bekannt gewesen, dass der Kläger den Ablösebetrag weder begehrt noch ganz oder teilweise erhalten habe noch in einer sonstigen Form an den Vorgängen im Zusammenhang mit der Weitergabe der Mietrechte und der Leistung der Ablöse involviert gewesen sei bzw davon Kenntnis gehabt habe. Die beklagten Parteien hätten ihr Begehren gegenüber dem Kläger auch noch zu einem Zeitpunkt aufrecht gehalten, als Ing. S***** im Verfahren vor der Schlichtungsstelle den Erhalt des gesamten Ablösebetrages durch ihn bereits zugestanden habe. Dadurch seien dem Kläger an Kosten für die notwendige Vertretung durch einen Rechtsanwalt in Höhe von EUR 4.393,96 (ATS 60.462,24) entstanden.

Der die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges a limine zurückweisende Beschluss des Erstgerichts vom wurde vom Rekursgericht mit Beschluss vom ersatzlos aufgehoben; es wurde ausgesprochen, der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig. Dieser Beschluss des Rekursgerichts ist mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen.

Im weiteren Verfahren, in dem die beklagte Partei die Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges nicht aufgegriffen hat, brachte der Kläger unter anderem vor, dass seine Inanspruchnahme erkennbar zu Unrecht erfolgt sei. Obwohl der bei der Schlichtungsstelle erhobene Antrag unschlüssig gewesen sei, sei er (der Kläger) gezwungen gewesen, das wider besseres Wissen gegen ihn erhobene Zahlungsbegehren als unschlüssig und mutwillig zu bestreiten. Es habe nie ein Rechtsgrund zu seiner Inanspruchnahme bestanden. Die Prozessführung gegen ihn sei erkennbar von vornherein aussichtslos gewesen. Die Vertretung durch einen Rechtsanwalt sei jedenfalls als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw Rechtsverteidigung notwendig anzusehen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. § 37 Abs 3 Z 19 MRG sehe einen Anspruch auf Ersatz der Vertretungskosten nur dann vor, wenn diese mutwillig verursacht worden seien. Diese Voraussetzung sei, wie schon das Landesgericht ***** am ausgesprochen habe, zu verneinen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Ein aus mutwilliger Prozessführung abgeleiteter Schadenersatzanspruch könne grundsätzlich selbständig eingeklagt werden, darunter auch die Kosten anwaltlicher Vertretung in einem Außerstreitverfahren. Die Rechtskraft der im Vorprozess ergangenen Kostenentscheidung stehe der Geltendmachung des Schadenersatzanspruchs im Rechtsweg nicht entgegen, da die Voraussetzungen für einen Schadenersatzanspruch nach § 408 ZPO iVm § 1295 ABGB mit den Voraussetzungen des Zuspruches der Kosten anwaltlicher Vertretung nach § 37 Abs 3 Z 19 MRG nicht ident seien. Inhaltlich sei das Schadenersatzbegehren des Klägers aber nicht berechtigt, weil sich der erforderliche Rechtsmissbrauch aus dem Klagsvorbringen nicht ableiten lasse. Der Gesetzgeber des 2. WÄG habe die Geltendmachung von Ansprüchen auf Rückzahlung der nach § 27 MRG verbotenen Leistungen und Entgelte auch deshalb ins außerstreitige Verfahren verwiesen, um bei mehreren alternativ in Betracht kommenden Empfängern der verbotenen Ablöse das Risiko des antragstellenden Mieters zu verringern und ihn in die Lage zu versetzen, alle möglichen Empfänger der verbotenen Ablöse in Anspruch zu nehmen. Die Inanspruchnahme eines denkbaren Empfängers der Ablöse sei daher auch dann nicht rechtsmissbräuchlich, wenn sich letztlich herausstelle, dass der Anspruch ihm gegenüber nicht bestehe. Die Inanspruchnahme des Vermieters sei überdies gar nicht aussichtslos, wäre es doch denkbar, dass ein Teil der Ablöse an der Vermieter fließe (etwa für die Einräumung eines Weitergaberechts). Ein Vermieter, der durch eine unzulässige Vereinbarung entlastet werde, sei als passiv legitimiert anzusehen. Aussichtslosigkeit der Antragstellung sei dem Klagsvorbringen nicht zu entnehmen, abgesehen davon, dass Aussichtslosigkeit der Antragstellung die Mutwilligkeit nicht zu indizieren vermöge.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob ein Kostenersatzanspruch, der im Außerstreitverfahren nach § 37 Abs 3 Z 19 MRG (idF vor dem Wohnrechtlichen Außerstreitbegleitgesetz) verneint worden sei, als Schadenersatzanspruch im streitigen Verfahren geltend gemacht werden könne.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im klagsstattgebenden Sinn. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die (erst-)beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist jedoch im Ergebnis nicht berechtigt.

Der Kläger stützt sein Begehren darauf, dass die seinerzeitige Einleitung eines Verfahrens gegen ihn schuldhaft erfolgt sei, weshalb ihm auch der (Erst-)Beklagte zu Schadenersatz verpflichtet sei. Für die Beurteilung Zulässigkeit des Rechtsweges ist der Wortlaut des Begehrens und der behauptete Sachverhalt in der Klage maßgebend (RIS-Justiz RS0005896; RS0045584). Das Beklagtenvorbringen kann nur insoweit für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtsweges herangezogen werden, als dadurch das Klagsvorbringen verdeutlicht wird (SZ 50/70). Der vom Kläger erhobene Schadenersatzanspruch ist als bürgerlich-rechtlicher Anspruch iSd § 1 JN zu qualifizieren (stRsp, zuletzt etwa 9 ObA 32/03a). Es liegt auch bereits eine rechtskräftige Entscheidung vor, mit der die Zulässigkeit des Rechtsweges für die Geltendmachung des Schadenersatzanspruchs bejaht wurde. An diese Entscheidung des Rekursgerichts vom ist der Oberste Gerichtshof gemäß § 42 Abs 3 JN gebunden (zuletzt etwa 1 Ob 74/02t zur inländischen Gerichtsbarkeit; Ballon in Fasching I2 § 42 JN Rz 21; Mayr in Rechberger2 § 42 JN Rz 11 mwN).

Die Inanspruchnahme prozessualer Möglichkeiten und Befugnisse stellt keinen Rechtfertigungsgrund dar, der ein ansonsten rechtswidriges Verhalten dieser Eigenschaft entkleiden könnte (7 Ob 115/97f = wobl 1998, 242/160, Iro; RIS-Justiz RS0022808; F. Bydlinski, Schadenersatz wegen materiell rechtswidriger Verfahrenshandlungen, JBl 1986, 626 [627]; Lovrek, Schadenersatz für Prozesshandlungen im Wohnrecht, wobl 2000, 281 [282]). Das Delikt unzulässiger Prozessführung wird durch Verfahrenshandlungen verwirklicht, die im Bewusstsein der Unrichtigkeit des eigenen Rechtsstandpunktes vorgenommen werden und den gegenbeteiligten Verfahrensteilnehmer bewusst schädigen. Dabei handelt es sich um eine Konkretisierung des Maßstabs der guten Sitten. Der Schuldvorwurf kann aus § 1295 Abs 2 ABGB begründet werden (F.Bydlinski, JBl 1986, 632 f).

Auch Prozesskosten, auf denen eine Partei „sitzen bleibt", können grundsätzlich Gegenstand eines Schadenersatzanspruches sein (RIS-Justiz RS0022827; Klicka, „Forum Shopping" mit US-amerikanischen Gerichten - Grenzen, Risiken und Abwehrstrategien, FS Kollhosser II [2004] 309 [322 ff]), aber nur dann, wenn zwischen den Verfahrensparteien nicht nach den öffentlich-rechtlichen Verfahrensvorschriften zu erkennen ist (JBl 1978, 32; eingehend zur Thematik des Vorrangs des prozessualen Kostenrechts gegenüber materiellrechtlichen Anspruchsgrundlagen M. Bydlinski, Der Kostenersatz im Zivilprozess [1992] 118 ff sowie M. Bydlinski in Fasching/Konecny2, II/1 § 40 ZPO Rz 10 ff). Die zivilprozessualen Vorschriften lassen nämlich in der Regel (vgl § 40 Abs 2 ZPO) Ansprüche auf privatrechtlicher - zB schadenersatzrechtlicher - Grundlage gar nicht zur Entstehung gelangen. Über den möglichen Ersatz von Kosten, die durch ein vor einem österreichischen Gericht eingeleitetes Verfahren entstanden sind, ist grundsätzlich in dem im Verfahrensrecht vorgesehenen Weg - unter Ausschluss des Rechtsweges zu entscheiden (M. Bydlinski in Fasching/Konecny, II/1 Vor §§ 40 ff ZPO Rz 4).

Für den vorliegenden Fall, in dem der nunmehrige (Erst-)Beklagte vom nunmehrigen Kläger die Rückzahlung eines Ablösebetrages forderte, sieht § 37 Abs 3 Z 19 MRG eine ausdrückliche verfahrensrechtliche Regelung vor, wonach die Kosten rechtsfreundlicher Vertretung grundsätzlich jede Partei selbst zu tragen hat; einer Partei ist jedoch der Ersatz solcher Kosten aufzutragen, die sie mutwillig durch die Stellung nicht gerechtfertigter Anträge verursacht hat. Auf der Grundlage dieser Norm wurde auch im seinerzeitigen Außerstreitverfahren rechtskräftig über den vom nunmehrigen Kläger gestellten Antrag auf Auferlegung eines Prozesskostenersatzes entschieden. Im Hinblick auf die verfahrensrechtliche Regelung konnte ein dem Kostenersatzanspruch entsprechender Anspruch auf schadenersatzrechtlicher Ebene gar nicht entstehen. Auch eine Möglichkeit, die seinerzeitige Kostenentscheidung im Rechtsweg durch Geltendmachung eines Schadenersatzanspruches zu überprüfen, besteht nicht (ebenso zuletzt 9 Ob 67/03y = RdW 2005/48).

Der Revision des Klägers ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 ZPO.