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VfGH vom 17.12.1999, B1819/98

VfGH vom 17.12.1999, B1819/98

Sammlungsnummer

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Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Abweisung des Antrags eines Arztes betreffend Honorarforderungen gegen die Gebietskrankenkasse aus einem Einzelvertrag; Zuständigkeit der Landesberufungskommission gegeben; keine Bedenken gegen die Zusammensetzung der Landesberufungskommission; keine Zweifel an Unparteilichkeit der Mitglieder; keine Einschränkung der Prüfungsbefugnis des Verfassungsgerichtshofs hinsichtlich der Zusammensetzung und Besetzung der belangten Behörde; keine Willkür

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Der Beschwerdeführer ist Arzt für Allgemeinmedizin in Tirol. Er hat am mit der Tiroler Gebietskrankenkasse einen Einzelvertrag abgeschlossen, den diese zum gekündigt hat. Unter Berufung darauf, daß die zwischen dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger für die Tiroler Gebietskrankenkasse einerseits und der Tiroler Ärztekammer andererseits abgeschlossene Honorarordnung wegen Verkürzung über die Hälfte nichtig und nach § 879 sittenwidrig sei, begehrte der Beschwerdeführer mit näherer Begründung nachträglich eine Honorarnachzahlung aus diesem Vertragsverhältnis in Höhe der von ihm errechneten Differenz zwischen der tatsächlich erfolgten und der seiner Meinung nach angemessenen Honorierung.

1.2.1. Die paritätische Schiedskommission wies den Antrag des Beschwerdeführers ab. Sie begründete dies im wesentlichen damit, daß die Bestimmungen der Honorarordnung, nach der die Honorierung der ärztlichen Tätigkeit des Beschwerdeführers erfolge, Limitierungen für jene Sonderleistungen vorsehe, für die der Beschwerdeführer die Honorarnachzahlung begehre. Diese Sonderleistungen fielen in die Fachgebiete der Inneren Medizin und der Kinder- und Jugendheilkunde und würden Ärzten für Allgemeinmedizin nur in pauschal limitierter Form zustehen.

1.3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Berufung an die Landesberufungskommission. Die Landesberufungskommission bejahte ihre Zuständigkeit zur Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers, wies diesen jedoch - mit ausführlicher Begründung - ab:

1.3.1. Ihre Zuständigkeit zur Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers leitet die Landesberufungskommission daraus ab, daß sie im Zuge der Entscheidung über Streitigkeiten aus dem Einzelvertrag auch die Gültigkeit von Bestimmungen des Gesamtvertrages zu beurteilen habe, die gemäß § 341 Abs 3 ASVG zugleich Inhalt des dem vor ihr auszutragenden Rechtsstreit zugrunde liegenden Einzelvertrages seien. Diese Zuständigkeit zur inzidenten Beurteilung der Gültigkeit solcher Vertragsbestimmungen entfalte freilich keine Bindungswirkung gegenüber den Parteien des jeweiligen Gesamtvertrages.

1.3.2. In der Sache selbst begründete die Landesberufungskommission ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß die angegriffene Honorarordnung weder sittenwidrig noch nach den Gesichtspunkten des Gleichheitssatzes nichtig, sondern bei Berücksichtigung der den Inhalt der Gesamtverträge determinierenden Bestimmung des § 342 ASVG durchaus sachlich und ausgewogen sei. Die Landesberufungskommission führte aus:

"Der ASt meint, daß deswegen Nichtigkeit vorliege, weil eine Honorarlimitierung bei den gegenständlichen Standarduntersuchungen kraß sachwidrig sei. Bei der Häufigkeit der in Frage stehenden Untersuchungen würden weder das Material noch die Leistung selbst kostendeckend bzw. angemessen honoriert.

Hier ist zunächst auf die Bestimmung des § 342 Abs 2 ASVG Bedacht zu nehmen. Der Gesetzgeber wollte bei der Erlassung dieser Bestimmung eine Abkehr vom früher üblichen Fallpauschale und mehr Leistungsgerechtigkeit bei der Vergütung ärztlicher Leistungen erreichen. Ein strikter Auftrag, die Honorierung ausschließlich nach Einzelleistungen vorzunehmen, kann in dieser gesetzlichen Anordnung nicht erblickt werden, was die Formulierung 'grundsätzlich' nahelegt. Auch zeigt die Bestimmung des § 131 Abs 1 letzter Satz ASVG, daß der Gesetzgeber nach wie vor mit pauschalen Vergütungsformen rechnet. Ein reines Einzelleistungssystem birgt die Gefahr einer weithin unkontrollierbaren Leistungs- und Kostenausweitung mit sich. Deswegen ist in § 342 Abs 2 ASVG für den Gesamtvertrag eine Begrenzung der Ausgaben der Krankenversicherungsträger für die vertragsärztlichen Leistungen einschließlich der Wahlarzthilfe vorgesehen. Die vom Gesetz als gesollt formulierte Gesamtausgabenbegrenzung läßt sich mit einem reinen Einzelleistungssystem nicht vereinbaren. Hiezu kommt, daß gemäß § 342 Abs 1 Z 3 ASVG der Gesamtvertrag für eine wirtschaftliche Behandlungs- und Verschreibweise zu sorgen hat. Damit ist klargestellt, daß der Krankenversicherungsträger nicht nur auf die Rolle eines reinen Zahlers beschränkt sein soll, sondern im Sinne des Wirtschaftlichkeitsgebotes auch auf die ärztliche Leistungserbringung Einfluß nehmen soll. Die Honorargestaltung gehört mit Sicherheit zu den Mitteln, mit denen die Kosten der ärztlichen Hilfe beeinflußt werden können. Damit ist ein Mischsystem zwischen Pauschalierung und Einzelleistung zulässig (vgl. Grillberger in Strasser, Arzt und gesetzliche Krankenversicherung, 357).

Unter diesem Blickwinkel sind auch die vom ASt kritisierten Limitierungsbestimmungen zu betrachten; sie sind nach Ansicht der Landesberufungskommission zulässig. Jede Gesamtausgabenbegrenzung führt dazu, daß die einzelnen Leistungen des Vertragsarztes umso geringer vergütet werden, je mehr Leistungen von der Ärzteschaft insgesamt erbracht werden, wobei degressive Honorargestaltungen und Limitierungsbestimmungen ein zulässiges Mittel darstellen. Der Vertragsarzt ist vor Überraschungen sicher, weil im vorhinein Punktewerte feststehen und die Limitierungen bekannt sind. Aus dem Vorrang des Einzelleistungssystems folgt auch nicht, daß jede Einzelleistung für sich betrachtet abgegolten sein muß, weil es sachliche Gründe gibt, gewisse Leistungen zu pauschalieren. Vor allem die Problematik der Überarztung läßt in gewissem Umfang Pauschalierungen zulässig erscheinen (Grillberger, a.a.O. 364).

Der Ast kann aus den dargestellten gesetzlichen Bestimmungen weder ein Recht auf ein sozialadäquates Einkommen ableiten, weil, wie Grillberger a.a.O. überzeugend aufzeigt, dadurch einer umfassenden Interessenabwägung nicht Rechnung getragen würde. Denn es sind auch die Beitragsverpflichtungen zu berücksichtigen, die Zugänglichkeit von Kassenarztstellen und auch der Aspekt der kostengünstigen Auslastung von Apparaten. In diesem Sinne ist den Parteien des Gesamtvertrages ein entsprechender Spielraum zuzubilligen, insbesondere auch im Hinblick auf Limitierungsbestimmungen, die als unbdenklich anzusehen sind, solange sie sich auf durchschnittliche Erfahrungswerte stützen können. Daß dieser Spielraum verlassen worden wäre, wird vom ASt nicht behauptet. Vor allem ist aber die vom ASt ins Spiel gebrachte (angeblich mangelnde) Kostendeckung der fraglichen Leistungen nicht bedenklich, weil aus dem Gesichtspunkt der auch vom Gesetzgeber geforderten Gesamtausgabenbegrenzung eine globale Betrachtungsweise angebracht ist. Dieser wird die Herausnahme einer einzigen Leistung aus einer Vielzahl von Leistungen, die der ASt nach dem Gesamtvertrag erbringen kann, nicht gerecht.

Den Parteien der Gesamtverträge steht ein Gestaltungsspielraum offen, der nicht in willkürlicher oder unverhältnismäßiger Weise ausgenützt werden darf (vgl. Tomandl, a. a.O.). Ebenso wie Art 8 EMRK richtet sich der Gleichheitsgrundsatz (Art7 B-VG, Art 2 StGG) auch an den Gesetzgeber- (VfSLG 13327/1993). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen(vgl. zB VfSLG 8457/1978, 10064/1984, 10084/1984 ua). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber, von der Verfassung durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (vgl. VfSLG 7864/1976, 7996/1977). Ob eine Regelung zweckmäßig ist, ob mit ihr der optimale Weg zur Zielerreichnung beschritten wird, sind Fragen, die nicht unter dem Blickwinkel des Gleichheitsgebotes zu prüfen sind. Es können auch mehrere, inhaltlich voneinander abweichende Bestimmungen gleichheitsgemäß sein. Ein Gesetz ist nicht schon dann gleichheitswidrig, wenn sein Ergebnis nicht in allen Fällen als befriedigend angesehen werden kann (vgl. Erkenntnis B154/93, G171/94 mwN).

Diese Überlegungen sind auch auf die hier zu beurteilenden Normenverträge zu übertragen und es ist insbesondere zu prüfen, welche Vorgaben vom Gesetzgeber den Vertragspartnern des Gesamtvertrages gemacht wurden. Dieser Gestaltungsspielraum - wie bereits dargestellt - wird als Vorgabe vom Gesetzgeber in § 342 Abs 2 letzter Satz ASVG dahingehend determiniert, daß die Gesamtverträge eine Begrenzung der Ausgaben der Träger der Krankenversicherung für die vertragsärztliche Tätigkeit enthalten sollen. Insoweit ist der Verhandlungsspielraum, der für die Honorarordnungen eine wesentliche Bedeutung hat, der abschließenden Parteien jedenfalls im Sinne eines wirtschaftlichen, jedoch an den Bedürfnissen der ausreichenden medizinischen Versorgung orientierten Ermessens zu verstehen. Dies bedeutet somit grundsätzlich einmal, daß jedenfalls nicht jeder Arzt (praktischer und Facharzt) uneingeschränkt alle Leistungen erbringen können muß, die in den Honorarordnungen enthalten sind. Zum einen rechtfertigt der Gesichtspunkt der Ausbildung eine Einschränkung, um eine solche Reduzierung vorzunehmen. Wenn für spezifische Leistungen eine besondere Qualifikation verlangt wird, kann dies nie unsachlich oder gar gleichheitswidrig sein.

Darüberhinaus hat der Patient auch sicher keinen Anspruch darauf, bei jedem Arzt jede nur erdenkliche Behandlung (auch die nach den Gesamtverträgen von Fachärzten zu erbringende) geboten zu bekommen, weil hier im Sinne des § 342 Abs 1 Z. 1 ASVG die entsprechenden Vorgaben vorhanden sind und die ärztliche Versorgung der Bevölkerung (damit auch die Festsetzung der Zahl und Verteilung der Vertragsarztstellen) sicherzustellen ist. In diesem Sinne ist es ein durchaus sinnvoller, gleichfalls in der Honorarordnung zum Ausdruck kommender Gesichtspunkt, daß für entsprechende Leistungen auch entsprechende apparative Voraussetzungen gefordert werden. Gerade aus dem Gesichtspunkt einer ökonomischen Gesamtbetrachtung ist eine gewisse Steuerung des Geräteeinsatzes auch im Wege über die Honorierung durchaus sinnvoll und vom Sachlichkeitsgebot her nicht zu beanstanden. Hiezu führt Grillberger in SozSi 1991, 538 überzeugend aus, daß der hier auch eine Rolle spielende Verrechnungsvorbehalt gewisser Leistungen zugunsten gewisser Ärztegruppen den jeweiligen Gruppen eine genügende Anzahl von Patienten sichern soll, damit sich die Anschaffungen auch rentieren. Diese Vorbehalte verhindern und erschweren, daß sich jeder oder viele Ärzte teure Geräte anschaffen und dann gezwungen sind, Leistungen zu erbringen, die möglicherweise gar nicht notwendig sind und die Versichertengemeinschaft sogar belasten. Zu berücksichtigen sind nicht nur die Interessen des ASt als praktischer Arzt, sondern auch jene der gesamten Ärzteschaft und der Patienten, die durch die vorliegenden Verrechnungsvorbehalte/Limitierungsbestimmungen in der Regel einen spezialisierten und gerätemäßig optimal ausgestatteten Facharzt als Vertragsarzt in Anspruch nehmen können.

Der Versicherte hat, wie Schrammel es in seinem Aufsatz 'Veränderungen des Krankenbehandlungsanspruches durch Vertragspartnerrecht' ZAS 1986, 145 ff ausdrückt, keinen Anspruch auf Sachleistungsgewähr um jeden Preis wie im übrigen die Versicherungsträger kraft Gesetzes dazu verhalten sind, unter anderem darauf zu achten, daß teure Geräte möglichst ausgelastet werden; es liege wohl auch im Interesse des Versicherten, daß Spezialbehandlungen vom Spezialisten erbracht werden. Von einer Einschränkung der Sachleistungspflicht deswegen, weil der ASt nicht uneingeschränkt und voll honoriert alle Laborleistungen erbringen darf - auch wenn er es von der Ausbildung und der Ausstattung her könnte - kann keine Rede sein.

Dieser Interessenausgleich zwischen verschiedenen Ärztegruppen ist im übrigen nicht nur von der 'Willkür' der einen Gesamtvertrag abschließenden Parteien getragen, sondern ergibt sich wohl zwingend aus der Gestaltung des Ärzterechtes insgesamt. Durch das Ärztegesetz selbst ist die Unterscheidung in Arzt für Allgemeinmedizin und Facharzt vorgegeben und es kann wohl dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, daß er im Hinblick auf die fachspezifische Ausbildung den Allgemeinmediziner benachteiligen oder den Facharzt bevorzugen wollte, sondern im vorrangigen, Interesse der Patienten eine 'Arbeitsteilung' zwischen den einzelnen Ärztegruppen vornehmen wollte. Wenn diese Arbeitsteilung in de(n) Honorarordnungen ihren Ausdruck gefunden haben, kann dies nicht beanstandet werden, insbesondere bezogen auf die dargestellte Limitierungsbestimmung.

Der Arzt für Allgemeinmedizin soll die erste Anlaufstelle für den Patienten sein und es obliegt ihm die nicht zu unterschätzende schwierige Aufgabe zu beurteilen, ob der Patient von ihm selbst zielführend untersucht und behandelt werden kann oder ob es notwendig ist, zur zweckentsprechenden und notwendigen Untersuchung und Weiterbehandlung einen Facharzt beizuziehen. In diesem Sinne umfaßt die Bestimmung des § 133 Abs 2 ASVG eben auch die Pflicht zur Weiterüberweisung eines Patienten für den Fall, daß der Arzt für Allgemeinmedizin meint, mit seinen Mitteln und Kenntnissen nicht mehr das Auslangen zu finden. Es bedeutet aber nicht, daß der Arzt für Allgemeinmedizin sich, nur aller erdenklichen Hilfsmittel bedienen muß oder aber auch alle fachspezifischen Kenntnisse erwerben muß, um seiner Behandlungspflicht gegenüber dem Patienten ausreichend, auch im Sinne einer eine Haftung ausschließenden Behandlung nachzukommen. Es kann auch nicht so sein, daß allein die vorhandenen apparativen Möglichkeiten den Arzt für Allgemeinmedizin schlechthin berechtigen würden, ohne Beachtung der im Gesetz, Gesamtvertrag und den ROK enthaltenen ökonomischen Gesichtspunkte(n) seine Behandlungen durchzuführen.

Diese Überlegungen zeigen letztlich, daß von einer knebelnden oder existenzgefährdenen Regelung des Gesamtvertrages (vgl. ecolex 1993, 337 = RdW 1993, 330), die dem Gleichheitsgebot widersprechen würde, nicht die Rede sein (kann).

Abschließend ist noch zu bedenken, daß im Falle der vom ASt behaupteten und durch Interpretation nicht zu beseitigenden (Teil)Nichtigkeit des Gesamtvertrages samt Honorarordnung es weder Sache der Paritätischen Schiedskommission noch der Berufungsbehörde sein kann, an die Stelle der angeblich nichtigen Regelungen andere zu setzen und damit dem ASt die von ihm begehrten und ihm angemessen scheinenden Honoraransätze zuzuerkennen. Dies ist allein Aufgabe der vertragsschließenden Parteien und die Behörde würde sich mit einer solchen Entscheidung außerhalb des ihr zugebilligten Ermessens bewegen (vgl. hiezu allgemein Krejci, Über unerlaubte Honorarordnungen für Kassenärzte, VersRdSch 1991, 145 ff, in diesem Sinne auch die Landesberufungskommission für Niederösterreich in SSV-NF 8/B 3 und die Landesberufungskommission für Oberösterreich in SSV-NF 8/B 9)."

2.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit vor dem Gesetz behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.

2.2. Die Beschwerde wendet sich gegen die von der belangten Behörde vorgenommene rechtliche Beurteilung des Antrages des Beschwerdeführers und wirft ihr im wesentlichen eine gehäufte Verkennung der Rechtslage vor.

2.2.1. Wenn die belangte Behörde festhalte, den Parteien der Gesamtverträge stehe ein Gestaltungsspielraum offen, der nicht in willkürlicher oder unverhältnismäßiger Weise ausgenützt werden dürfe, so wäre sie auch verpflichtet gewesen, konkrete Nachforschungen darüber anzustellen, ob dieser Spielraum im konkreten Fall überschritten wurde. Die belangte Behörde hätte etwa "von amtswegen ein betriebswirtschaftliches Sachverständigengutachten zur Frage" einzuholen gehabt, "ob (limitierte) Honorarordnungen (z.B.) überhaupt aufwandskostendeckend erfolgen".

Eine Gesamtausgabenbegrenzung, die dazu führe, daß einzelne Leistungen eines Vertragsarztes umso geringer vergütet würden, je mehr Leistungen von der Ärzteschaft insgesamt erbracht würden, sei unzulässig. Klarer Gesetzesauftrag des ASVG sei es, medizinisch indizierte Leistungen durch Vertragsärzte zu finanzieren. Es dürfe dabei nicht übersehen werden, daß sowohl der Gesamtvertrag als auch die in Verordnungsrang stehenden Richtlinien über die ökonomische Verschreibweise (RÖK) die Vertragsärzte dazu verpflichteten, alle Leistungen selbst zu erbringen, die sie in ihrer Ordination erbringen könnten und zu deren Erbringung sie auch befugt seien. Es könne nicht angehen, den Beschwerdeführer zur Unterlassung solcher Leistungen und damit zu einem verordnungswidrigen Verhalten zu veranlassen.

2.2.2. Es sei auch die Ansicht der belangten Behörde unrichtig, wonach "das Problem der Sittenwidrigkeit der Honorarordnung (...) nicht unter dem Blickwinkel des § 879 ABGB zu betrachten, sondern, weil der Gesamtvertrag ein Normenvertrag sei, unter dem Blickwinkel des verfassungsrechtlich gewährleisteten Gleichheitssatzes". In Lehre und Rechtsprechung sei längst anerkannt, daß Kollektivverträge an die Grundrechte gebunden seien. So habe auch der Verwaltungsgerichtshof in einem näher bezeichneten Erkenntnis ausgesprochen, daß die Kollektivvertragsparteien bei ihrer kollektiven Rechtsgestaltung an die Grundrechte, insbesondere an den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz mit der Konsequenz gebunden seien, daß ein Verstoß dagegen die im Einzelfall wahrzunehmende Nichtigkeit der Regelung nach § 879 ABGB zur Folge habe. Da für den Gesamtvertrag nichts anderes gelten könne, folge daraus, daß, "wenn Vertragsparteien von Gesamtverträgen den ihnen eingeräumten Gestaltungsspielraum in willkürlicher oder unverhältnismäßiger Weise ausnützen, die Nichtigkeit einer Regelung, hier der Honorarordnung, nach § 879 ABGB" eintrete. Daraus schließt die Beschwerde weiters, daß die belangte Behörde verpflichtet gewesen wäre, vom Beschwerdeführer angebotene Beweise aufzunehmen, "um eine tatsächliche Willkürlichkeit der inkriminierten Regelung der Honorarordnung auch beurteilen zu können".

2.2.3. Die Beschwerde hält der belangten Behörde weiters vor, es sei unrichtig, daß diese für den Fall der von ihr festgestellten Nichtigkeit der entsprechenden Bestimmungen der Honorarordnung dem Beschwerdeführer kein anderes als das in dieser Honorarordnung festgesetzte Entgelt zusprechen könne. Bei Wegfall der Honorarordnung stünde dem Beschwerdeführer vielmehr gemäß § 1152 ABGB ein angemessenes Entgelt zu, welches der Höhe nach sehr wohl von der Landesberufungskommission festzusetzen wäre, weil der Beschwerdeführer in diesem Punkt nicht von einem (neuerlichen) Zusammenwirken der Parteien des Gesamtvertrages abhängig gemacht werden könne.

2.2.4. Schließlich habe die belangte Behörde auch das von ihr zu beachtende Verfahrensrecht verkannt, indem sie ohne gesetzliche Grundlage und gegen den ausdrücklichen Willen des Beschwerdeführers dessen gesondert eingebrachte Anträge "quasi in Sammelverfahren abgehandelt und auch in Sammelbescheiden darüber abgesprochen" habe. Dem im gegenständlichen Fall anzuwendenden AVG sei eine Verbindung gleichartiger Sachen unbekannt. Gerade diese Verbindung habe aber dazu geführt, daß die belangte Behörde es unterlassen habe, konkrete Beweise aufzunehmen, die eine abschließende Beurteilung der behaupteten Sittenwidrigkeit zugelassen hätten.

2.2.5. Mit (weiterem) Schriftsatz vom ergänzt der Beschwerdeführer sein Vorbringen und bringt weitere Bedenken gegen den angefochtenen Bescheid und die ihn tragenden Rechtsvorschriften vor.

3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber abgesehen. Die Tiroler Gebietskrankenkasse hat als mitbeteiligte Partei eine Äußerung zum Gegenstand des Verfahrens erstattet, in der sie den Ausführungen des Beschwerdeführers entgegentritt und sinngemäß die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Die im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Rechtsvorschriften lauten:

1.1. § 341 ASVG lautet auszugsweise:

"(1) Die Beziehungen zwischen den Trägern der Krankenversicherung und den freiberuflich tätigen Ärzten werden durch Gesamtverträge geregelt, die für die Träger der Krankenversicherung durch den Hauptverband mit den örtlich zuständigen Ärztekammern abzuschließen sind. Die Gesamtverträge bedürfen der Zustimmung des Trägers der Krankenversicherung, für den der Gesamtvertrag abgeschlossen wird. Die Österreichische Ärztekammer kann mit Zustimmung der beteiligten Ärztekammer den Gesamtvertrag mit Wirkung für diese abschließen.

...

(3) Der Inhalt des Gesamtvertrages ist auch Inhalt des zwischen dem Träger der Krankenversicherung und dem Arzt abzuschließenden Einzelvertrages. Vereinbarungen zwischen dem Träger der Krankenversicherung und dem Arzt im Einzelvertrag sind rechtsunwirksam, insoweit sie gegen den Inhalt eines für den Niederlassungsort des Arztes geltenden Gesamtvertrages verstoßen.

..."

1.2. §§344 bis 345 ASVG lauten auszugsweise:

"Paritätische Schiedskommission

§344. (1) Zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten, die in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang mit dem Einzelvertrag stehen, ist im Einzelfall in jedem Land eine paritätische Schiedskommission zu errichten. Antragsberechtigt im Verfahren vor dieser Behörde sind die Parteien des Einzelvertrages.

(...)

(3) Die paritätische Schiedskommission ist verpflichtet, über einen Antrag ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach dessen Einlangen, mit Bescheid zu entscheiden. Wird der Bescheid dem Antragsteller innerhalb dieser Frist nicht zugestellt oder wird dem Antragsteller schriftlich mitgeteilt, daß wegen Stimmengleichheit keine Entscheidung zustande kommt, geht auf schriftliches Verlangen einer der Parteien die Zuständigkeit zur Entscheidung an die Landesberufungskommission über. Ein solches Verlangen ist unmittelbar bei der Landesberufungskommission einzubringen. Das Verlangen ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf Stimmengleichheit oder nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde (§73 AVG 1950) zurückzuführen ist.

(4) Gegen einen Bescheid der paritätischen Schiedskommission kann Berufung an die Landesberufungskommission erhoben werden.

Landesberufungskommission

§345. (1) Für jedes Land ist auf Dauer eine Landesberufungskommission zu errichten. (...)

(2) Die Landesberufungskommission ist zuständig:

1. zur Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide der paritätischen Schiedskommission und

2. zur Entscheidung auf Grund von Devolutionsanträgen gemäß § 344 Abs 3.

(...)"

2.1. Die belangte Behörde hat zurecht ihre Zuständigkeit zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreites in Anspruch genommen:

Zwar ist zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten zwischen den Parteien eines Gesamtvertrages über die Auslegung oder die Anwendung eines bestehenden Gesamtvertrages die Landesschiedskommission zuständig, gegen deren Entscheidungen Berufung bei der Bundesschiedskommission erhoben werden kann (§345a i.V.m. § 346 ASVG). Die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Entscheidung von Streitigkeiten, die in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang mit dem Einzelvertrag stehen, umfaßt aber auch die Kompetenz, im Zuge der Feststellung des Inhaltes des Einzelvertrages vorfrageweise die Gültigkeit von Bestimmungen des Gesamtvertrages zu beurteilen, die sie - ihre Gültigkeit vorausgesetzt - als Inhalt des jeweils in Rede stehenden Einzelvertrages ihrer Entscheidung zugrunde zu legen hätte.

Soweit sie also als notwendiges Element ihrer rechtlichen Beurteilung auch Fragen der Gültigkeit (und damit insoweit auch des "ob" der Einwirkung der betreffenden Bestimmungen des Gesamtvertrages auf den Einzelvertrag) zu prüfen hat, gleicht der Gegenstand ihrer rechtlichen Beurteilung zwar jenem der Landesschiedskommission (bzw. der Bundesschiedskommission) bei der Entscheidung von Streitigkeiten über die Auslegung und Anwendung eines bestehenden Gesamtvertrages (in diesem Sinne, wenngleich von Kompetenzüberschneidung sprechend: Mosler in:

Strasser (Hrsg.), Arzt und gesetzliche Krankenversicherung, 1995, 403), freilich ohne hinsichtlich der bloß vorfrageweisen Beurteilung der Gültigkeit des Gesamtvertrages für die zur Entscheidung über die Gültigkeit des Gesamtvertrages zuständige Landesschiedskommission irgendeine Bindungswirkung zu entfalten (s. ; weiters die Erkenntnisse des , sowie , B2425/96 und , B1121/97).

2.2. Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn sie den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber, wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 10337/1985, 11436/1987).

Einer Behörde kann aber auch dann, wenn sie unrichtig entschieden hat, nicht Willkür zur Last gelegt werden, sofern sie nur bemüht war, richtig zu entscheiden, indem sie Gründe und Gegengründe gegeneinander abgewogen hat. Dies bedeutet, daß es unter dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes in der Regel nicht ausreichen würde, wenn die Behörde nur die für die Abweisung eines Anspruches maßgeblichen Gründe aufzählt, es jedoch unterläßt, sich mit den Gründen auseinanderzusetzen, die für die Bejahung der Anspruchsberechtigung zu sprechen scheinen, so daß sie gar nicht in die Lage kommen könnte, Gründe und Gegengründe einander gegenüberzustellen und dem größeren Gewicht der Argumente den Ausschlag geben zu lassen (zB VfSlg. 9665/1983, 12102/1989, 12477/1990).

Die belangte Behörde hat sich nicht nur mit der Argumentation des Beschwerdeführers einerseits und seiner Antragsgegnerin andererseits, sondern auch mit in der Literatur und der Rechtsprechung vertretenen Auffassungen zum Gegenstand ihrer Entscheidung ausführlich auseinandergesetzt. Sie hat umfassend Gründe und Gegengründe gegeneinander abgewogen und alle notwendigen rechtlichen Elemente ihrer Entscheidung erörtert.

Es kann aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalls auch dahinstehen, ob die Nichtigkeit gesamtvertraglicher Bestimmungen unmittelbar aus den Grundrechten und insbesondere dem Gleichheitssatz herrühren, oder ob ein Widerspruch zu diesen Grundrechten (bloß) ihre Sittenwidrigkeit im Sinne des § 879 ABGB herbeiführen kann bzw. ob zusätzlich zu den Maßstäben, die sich aus den Grundrechten ergeben, auch andere Überlegungen über die Sittenwidrigkeit von Verträgen auf Gesamtverträge angewendet werden können, wie die Beschwerde meint.

Entgegen der Beschwerdeauffassung hätte die belangten Behörde auch nicht ein "angemessenes Entgelt im Sinne des § 1152 ABGB" zu bestimmen: Die in der Honorarordnung vereinbarten Honorare stellen als Ergebnis des Aushandelns zwischen Ärztekammer und Hauptverband und das darin zum Ausdruck kommenden Ausgleiches der widerstreitenden Interessen im Zweifel ein angemessenes Entgelt dar (vgl. das Erkenntnis vom , B3077/97).

Die belangte Behörde hat demnach gegenüber dem Beschwerdeführer keine Willkür geübt. Ob aber der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu beurteilen. Dies auch dann nicht, wenn die belangte Behörde nach der Vorschrift des Art 133 Z 4 B-VG eingerichtet und die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Überprüfung ihrer Entscheidung ausgeschlossen ist (vgl. VfSlg. 13762/1994 mit Hinweisen auf die Vorjudikatur).

3.1. Die vom Beschwerdeführer behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat somit nicht stattgefunden. Auf das weitere, mit Schriftsatz vom beim Verfassungsgerichtshof eingebrachte Vorbringen des Beschwerdeführers ist angesichts des zu diesem Zeitpunkt bereits erfolgten Ablaufes der sechswöchigen Beschwerdefrist, innerhalb derer eine Beschwerde auch ausgetauscht oder ergänzt werden kann, nicht gesondert einzugehen.

3.2. Das Verfahren hat aber auch nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in sonstigen, insbesondere den vom Beschwerdeführer in diesem Schriftsatz ins Treffen geführten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde (vgl. bereits VfSlg. 14909/1997).

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

4. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.