OGH vom 30.01.2018, 9Ob59/17t
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Dr. Stefula in der Rechtssache der klagenden Partei K***** O*****, vertreten durch Dr. Karl Krückl, Dr. Kurt Lichtl ua, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei M***** O*****, vertreten durch Dr. Josef Lindlbauer, Rechtsanwalt in Enns, wegen 19.192,66 EUR sA und Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 14 R 126/17y-18, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Beklagte hält dem Zahlungs- und Räumungsbegehren des Klägers auch in der außerordentlichen Revision entgegen, dass er ihr die streitgegenständliche Wohnung in dem ihm vererbten Haus im März 2009 durch Übergabe der Schlüssel mit den Worten „Behalte den Schlüssel gleich, du kannst auch sofort anfangen, die Wohnung zu renovieren“ geschenkt habe. Der im Jahr 2014 darüber abgeschlossene Mietvertrag sei deshalb und infolge Drohungen des Klägers unwirksam.
Richtig ist, dass die – auf Erbschaftsschenkungen analog anzuwendende (6 Ob 193/98w; Karner in KBB5§§ 1278–1281, Rz 8 mwN) – Formvorschrift des § 1278 Abs 2 ABGB hier nicht zur Anwendung kommt, weil nicht über das Erbrecht als solches, sondern einen Teil eines Nachlassobjekts verfügt wurde. Der Beklagten kann auch zugestanden werden, nicht die Schenkung eines Miteigentumsanteils an der Liegenschaft, verbunden mit einem Fruchtgenussrecht an jener Wohnung, behauptet zu haben, sondern – so die Revision – bloß „die Schenkung einer Wohnung als selbständige Räumlichkeit gemäß § 2 Abs 2 WEG“. Daraus ist für sie aber nichts zu gewinnen:
Wenngleich auch Eigentumswohnungen Gegenstand einer Übergabe iSd § 943 ABGB sein können (s Parapatits in Schwimann/Kodek, ABGB Bd 44 § 943 Rz 24 mwN), war an jener Wohnung kein Wohnungseigentum begründet. Die Beklagte erachtet es in diesem Zusammenhang als erhebliche Rechtsfrage, ob zwischen zwei rechtlich nicht gebildeten Teilnehmern des Rechtsgeschäftsverkehrs über eine Wohnung in einem Haus als sinnlich wahrnehmbar räumlich abgegrenzte und tatsächlich beherrschbare Wohnung ein Schenkungsvertrag als Konsensualvertrag abgeschlossen werden könne, der von der Geschenknehmerin sodann durchsetzbar sei. Das setzt allerdings einen entsprechenden Schenkungswillen voraus, dem die Frage der wirklichen Übergabe iSd § 943 ABGB, etwa durch Überlassung von Wohnungsschlüsseln oa, nachgelagert ist. Ein entsprechender Schenkungswille des Klägers lässt sich hier nach den Umständen des Falls nicht zweifelsfrei schon daraus ableiten, dass der Kläger der Beklagten die Schlüssel mit den eingangs wiedergegebenen Worten überließ, weil daraus ebenso auf die Einräumung eines bloßen Gebrauchsrechts geschlossen werden könnte (s § 915 ABGB). Andere Umstände, die in irgendeiner Weise auf einen Schenkungswillen des Klägers schließen ließen, wurden nicht vorgetragen.
Die weitere Frage, ob ein Vertrag durch List oder ungerechte und gegründete Furcht iSd § 870 ABGB zustande gekommen ist, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden (vgl RIS-Justiz RS0014821 [T7]). Wenn die Vorinstanzen die Androhung einer Räumungsklage mit anschließender Delogierung als von der Rechtsordnung gebilligten Zwang ansahen (s RIS-Justiz RS0014870), so ist dies vertretbar und nicht weiter korrekturbedürftig.
Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2018:0090OB00059.17T.0130.000 |
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