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VfGH vom 12.12.2001, B1796/00

VfGH vom 12.12.2001, B1796/00

Sammlungsnummer

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Leitsatz

Anlaßfallwirkung der Feststellung der Verfassungswidrigkeit des Ausdrucks "und 28" in Z 2, der Z 3, der Z 4 und des Ausdrucks "25 Abs 2 Z 2, 28," in Z 16 der ZivildienstG-Nov 2000, BGBl I 28/2000, mit E v , G212/01.

Spruch

Die Beschwerdeführer sind durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.

Die Bescheide werden aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, den Beschwerdeführern zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit je € 1962,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Gegenstand der vorliegenden, auf Art 144 B-VG gestützten Beschwerden sind Bescheide des Bundesministers für Inneres, mit denen über Antrag der nunmehrigen Beschwerdeführer jeweils festgestellt wurde, daß die ihnen während der Leistung des ordentlichen Zivildienstes gebührende monatliche Grundvergütung (ab )

S 3648,-- beträgt. Das Mehrbegehren der Einschreiter auf Feststellung, inwieweit sie einen Anspruch auf unentgeltliche Verpflegung haben, wurde zurückgewiesen.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässigen - Beschwerden erwogen:

1. Mit Erkenntnis vom , G212/01, hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, daß der Ausdruck "und 28" in Z 2, die Z 3, die Z 4 und der Ausdruck "25 Abs 2 Z 2, 28," in Z 16 des Bundesgesetzes, mit dem das Zivildienstgesetz geändert wird, BGBl. I Nr. 28/2000, verfassungswidrig waren.

2. Gemäß Art 140 Abs 7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlaßfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlaßfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundegelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.

Dem in Art 140 Abs 7 B-VG genannten Anlaßfall (im engeren Sinn), anläßlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, stehen all jene Beschwerdefälle gleich, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren - bzw. bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung: zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung - beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (s. zB. VfSlg. 10.616/1985, 11.711/1988).

Die nichtöffentliche Beratung in dem zu G212/01 geführten Gesetzesprüfungsverfahren begann am . Sämtliche vorliegende Beschwerden sind beim Verfassungsgerichtshof vor diesem Zeitpunkt eingelangt, waren also zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig. Die ihnen zugrundeliegenden Fälle sind somit einem Anlaßfall (des genannten Gesetzesprüfungsverfahrens) gleichzuhalten.

3. Die belangte Behörde wendete bei Erlassung der angefochtenen Bescheide die als verfassungswidrig erkannten Gesetzesstellen an (s. dazu auch den das erwähnte Normprüfungsverfahren einleitenden Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom , B1920/00-8, Pkt. III.1.a). Es ist nach Lage des Falles nicht ausgeschlossen, daß diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführer nachteilig war. Die Beschwerdeführer wurden somit wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt.

Die Bescheide sind daher aufzuheben.

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von je €

327,-- enthalten.

5. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 Z 3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Fundstelle(n):
AAAAD-87421