VfGH vom 17.12.2009, B1778/07

VfGH vom 17.12.2009, B1778/07

Sammlungsnummer

18972

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Verhängung einer Verwaltungsstrafe über einen Arzt wegen Verstoßes gegen standesrechtliche Vorschriften nach dem Ärztegesetz durch aufdringliche bzw marktschreierische Werbung für Botox-Behandlungen; Verletzung des Doppelbestrafungsverbotes durch Verhängung einer Disziplinarstrafe nach den Disziplinarvorschriften wegen desselben Verhaltens

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer ist Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde sowie für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und betreibt seine Ordination in Wien. In dieser Eigenschaft führt der Beschwerdeführer auch Botox-Behandlungen durch. Auf Anregung der Firma

"Z GmbH & Co KG" führte der Beschwerdeführer eine Werbeaktion mittels Flugblättern, die für einen bestimmten Zeitraum anlässlich einer Eröffnung einer "Plus-Filiale" der Firma Z in Wien verteilt wurden, durch.

Aufgrund einer Anzeige des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 15, Gesundheitswesen und Soziales, vom wurde ein Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer gemäß §§53 Abs 1 iVm 199 Abs 3 Ärztegesetz 1998 eingeleitet. Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom wurde der Beschwerdeführer zu einer Geldstrafe von € 630,- (Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage 12 Stunden) verurteilt. Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit dem beschwerdegegenständlichen Bescheid - nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung - insofern Folge gegeben, als die verhängte Strafe auf € 510,-

(Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage 12 Stunden) herabgesetzt wurde. Hinsichtlich der Schuldfrage wurde das Straferkenntnis jedoch bestätigt.

Im angefochtenen Bescheid wird zunächst das Vorbringen des Berufungswerbers, dass eine Selbstanpreisung nicht vorliege und er selbst mit der Marketingaktion eigentlich nichts zu tun gehabt habe, geschildert.

Anschließend wird das Flugblatt, in welchem der Berufungswerber als "Plus-Partner" für eine Botox-Behandlung in seiner Praxis dargestellt wurde, folgendermaßen wiedergegeben:

"Das Flugblatt ist in großer Schrift mit 'Plus -

immer billig' und darunter mit 'Der unverschämt billige Lebensmittel-Diskonter' übertitelt. Darunter findet sich über vier Zeilen in großer Schrift die Formulierung: 'Wer schön sein will muss laufen! Botox(r)-Behandlung durch DDR. P zum Sensations-Preis für die ersten 100.' In einer farblich hervorgehobenen Druckspalte im rechten unteren Seitenviertel dieses Flugblattes findet sich die Formulierung: 'Fast zu schön um wahr zu sein! Manche Menschen leiden unter verstärkter Faltenbildung. Dadurch sind Krähenfüße, Zornes- und Sorgenfalten stärker ausgeprägt. Dies stellt oftmals auch eine psychische Belastung dar. Hier wollen wir helfen, zu einem Preis den sich jeder leisten kann. Die Sensation für Plus-Kunden. Holen Sie sich jetzt bei Plus weitere Informationen und erhalten Sie bei einem führenden Gesichtschirurgen eine Original Botox(r)-Behandlung um nur 149,-

Euro. (...)' Am unteren Rand des Flugblattes ist in kleiner Druckschrift vermerkt, dass das Angebot für die ersten 100 Interessenten gilt und die Behandlung nicht in den Plus-Filialen erhältlich ist, sondern über den 'ausgewählten Plus-Partner DDr. P unter Angabe seiner Ordinationsadresse erfolgt. Etwa ein Drittel der Vorderseite des Flugblattes nimmt die bildliche Darstellung des - faltenlosen - Gesichts einer jungen Frau mit zurückgekämmten Haaren ein, diesem Gesicht nähern sich von zwei Seiten mehrere Hände. Es hat den Anschein, als ob diese Hände das Gesicht der abgebildeten Frau an mehreren Stellen berühren.

Auf der Rückseite des Flugblattes findet sich

ebenfalls die genannte Übertitelung und darunter über vier Zeilen in großer Schrift die Formulierung: 'Wer schön sein will muss laufen! Botox(r)-Behandlung durch DDR. P zum Sensations-Preis für die ersten 100.'

Weiters ist mittig am linken Rand unter dem in Kleinschrift gehaltenen Zwischentitel 'Die Sensation für PLUS Kunden' vermerkt: 'Holen Sie sich jetzt bei Plus weitere Informationen und erhalten Sie bei Herrn DDr. W P, einem der führenden Gesichtschirurgen, eine Original Botox(r)-Behandlung um nur 149,- Euro und das mit fantastischem Ausblick auf den Stephansdom.' In der mittleren Spalte in der unteren Seitenhälfte findet sich die Formulierung: 'Dieses sensationelle Angebot gilt im Zeitraum von 6.12. bis für die ersten 100 Interessenten, die mit Herrn DDr. P einen Termin für ein persönliches Beratungsgespräch vereinbaren.' Zur Terminvereinbarung ist sodann eine Telefonnummer des Berufungswerbers angegeben. In der linken Spalte auf der unteren Hälfte der Rückseite des Flugblattes findet sich ein Foto, das DDr. P vor dem Hintergrund des Stephansdomes zeigt. Darunter ist ein kurzer 'Steckbrief' mit Angaben zu seinem beruflichen Werdegang veröffentlicht."

Nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften, nämlich des § 53 Ärztegesetz 1998 sowie der maßgeblichen Vorschriften der Richtlinie "Arzt und Öffentlichkeit", kundgemacht in der Österreichischen Ärztezeitung Nr. 5/2004, führt der Unabhängige Verwaltungssenat Wien zur vom Berufungswerber gerügten Unzuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörde wörtlich Folgendes aus:

"Zunächst liegt die vom Berufungswerber gerügte Unzuständigkeit nicht vor. Gemäß § 26 Abs 1 VStG steht den Bezirksverwaltungsbehörden in erster Instanz die Untersuchung und Bestrafung aller Übertretungen zu, deren Ahndung nicht anderen Verwaltungsbehörden oder den Gerichten zugewiesen ist. Gemäß Abs 2 leg. cit. kommt den Bundespolizeibehörden die Strafbefugnis in erster Instanz im Rahmen ihres Wirkungsbereiches zu. § 199 Abs 3 Ärztegesetz erklärt ein Zuwiderhandeln gegen u.a. die Bestimmung des § 53 Ärztegesetz zur Verwaltungsübertretung, die, zumal es sich bei der dem Berufungswerber angelasteten Tat um keine in die Zuständigkeit der Gerichte oder in den Wirkungsbereich der Bundespolizeibehörden fallende strafbare Handlung handelt, von der Bezirksverwaltungsbehörde, in Wien daher dem Magistrat als Bezirksverwaltungsbehörde, zu ahn[d]en ist."

In der Folge beschäftigt sich der angefochtene

Bescheid mit dem Verstoß gegen die standesrechtlichen Vorschriften durch den Berufungswerber sowie seiner diesbezüglichen Verantwortung und kommt abschließend zu dem Ergebnis, dass der Berufungswerber der Verwaltungsübertretung nach § 199 Abs 3 Ärztegesetz 1998 schuldig sei.

2. Gegen diesen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien wendet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und des Rechtes auf den gesetzlichen Richter, des Grundsatzes "ne bis in idem", des Gebots der Bestimmtheit von Strafgesetzen sowie die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes und einer gesetzwidrigen Verordnung behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides beantragt wird.

3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber abgesehen und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1. § 53,§ 136 und § 199 des Bundesgesetzes, mit dem ein Bundesgesetz über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 - ÄrzteG 1998) erlassen und das Ausbildungsvorbehaltsgesetz geändert wird, BGBl. I 169/1998 idF BGBl. I 156/2005, lauten auszugsweise:

"Werbebeschränkung und Provisionsverbot

§53. (1) Der Arzt hat sich jeder unsachlichen,

unwahren oder das Standesansehen beeinträchtigenden Information im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes zu enthalten.

(2) bis (3) ...

(4) Die Österreichische Ärztekammer kann nähere

Vorschriften über die Art und Form der im Abs 1 genannten Informationen erlassen.

...

2. Abschnitt

Disziplinarvergehen

§136. (1) Ärzte machen sich eines

Disziplinarvergehens schuldig, wenn sie im Inland oder im Ausland

1. das Ansehen der in Österreich tätigen Ärzteschaft

durch ihr Verhalten der Gemeinschaft, den Patienten

oder den Kollegen gegenüber beeinträchtigen oder

2. die Berufspflichten verletzen, zu deren Einhaltung

sie sich anlässlich der Promotion zum Doctor

medicinae universae verpflichtet haben oder zu deren

Einhaltung sie nach diesem Bundesgesetz oder nach

anderen Vorschriften verpflichtet sind.

(2) bis (8) ...

...

6. Hauptstück

Strafbestimmungen

§199. (1) bis (2) ...

(3) Wer den im § 3 Abs 1 oder 3,§ 12 Abs 3,§ 12a Abs 4,

§27 Abs 2 oder Abs 7 zweiter Satz, § 29 Abs 1,§ 31 Abs 3,§ 32 Abs 3,

§35 Abs 7, § 36,§ 37 Abs 1 letzter Satz oder 2,§ 43 Abs 2, 3, 4

oder 6, § 44,§ 45 Abs 3 oder 4,§ 46,§ 47 Abs 1,§ 48,§ 49,§ 50 Abs 1 oder 3,§ 50a,§ 51,§ 52 Abs 2,§ 53 Abs 1 bis 3,§ 54 Abs 1,§ 55,§ 56 Abs 1,§ 57 Abs 1,§ 63,§ 89 oder § 194 erster Satz enthaltenen Anordnungen oder Verboten zuwiderhandelt, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 2 180 Euro zu bestrafen. Der Versuch ist strafbar.

(4)..."

2. Gemäß § 53 Abs 4 ÄrzteG 1998 hat die Vollversammlung der Österreichischen Ärztekammer am im Rahmen des 108. Österreichischen Ärztekammertages die Richtlinie "Arzt und Öffentlichkeit" beschlossen, kundgemacht in der Österreichischen Ärztezeitung Nr. 5/2004 vom , welche wie folgt lautet:

"Artikel 1

Dem Arzt ist jede unsachliche, unwahre oder das Ansehen der Ärzteschaft beeinträchtigende Information untersagt.

Artikel 2

Unsachlich ist eine medizinische Information, wenn sie wissenschaftlichen Erkenntnissen oder medizinischen Erfahrungen widerspricht.

Unwahr ist eine Information, wenn sie den Tatsachen nicht entspricht.

Artikel 3

Eine das Ansehen der Ärzteschaft beeinträchtigende Information liegt vor bei


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a)
herabsetzenden Äußerungen über ÄrztInnen, ihre
Tätigkeit und ihre medizinischen Methoden;


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b)
Darstellen einer wahrheitswidrigen medizinischen
Exklusivität;


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c) Selbstanpreisung der eigenen Person oder
Leistungen
durch aufdringliche bzw. marktschreierische
Darstellung;


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d)
Werbung für Arzneimittel, Heilbehelfe und sonstige
medizinische Produkte sowie für deren Hersteller
und
Vertreiber.

Artikel 4

Im Zusammenhang mit der Ausübung des ärztlichen

Berufes sind dem Arzt - unter Beachtung der Art 1 bis 3 - insbesondere gestattet:


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a)
die Information über die eigenen medizinischen

Tätigkeitsgebiete, die der Arzt aufgrund seiner

Aus-

und Fortbildung beherrscht;


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b)
die Einladung eigener Patienten zu Vorsorge- und
Kontrolluntersuchungen, Impfungen und dergleichen
(Recall-System);


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c) die Information über die Ordinationsnachfolge;


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d)
die Einrichtung einer eigenen Homepage oder die
Beteiligung an einer fremden Homepage.

Artikel 5


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a)
Der Arzt hat in zumutbarer Weise dafür zu sorgen,
dass standeswidrige Information gemäß Artikel 1
durch
Dritte, insbesondere durch Medien, unterbleibt.


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b) Die Erwähnung des Namens des Arztes und der nach dem
Ärztegesetz zulässigen Bezeichnungen ist erlaubt,
hingegen bleibt die wiederholte betonte,
auffällige
und reklamehafte Nennung des Namens in Verbindung
mit
einem gleichzeitig geschalteten Inserat im selben
Medium untersagt.


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c)
Auf Anfrage abgegebene individuelle
DiagnosestelLungen und Therapieanweisungen
(Fernbehandlung) sind unzulässig.


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d)
Veröffentlichungen mit Namen und/oder Bildern von
bzw. mit Patienten sind nur mit deren gegenüber
dem
Arzt erklärten Zustimmung zulässig."

III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die gemäß § 187 ZPO iVm § 35 Abs 1 VfGG zur gemeinsamen Beratung mit der Beschwerde zu B446/09 verbundene, zulässige, aber im Ergebnis nicht begründete Beschwerde erwogen:

1. Der Verfassungsgerichtshof hegt keine Bedenken, dass der Unabhängige Verwaltungssenat Wien für die Erlassung des angefochtenen Bescheides zuständig war, da es sich bei einer Übertretung der in § 53 Ärztegesetz 1998 vorgesehenen Werbebeschränkung um eine Verwaltungsübertretung handelt.

2. In der Beschwerde werden die Bedenken des Beschwerdeführers unter dem Titel der Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz wie folgt ausgeführt (Hervorhebungen wie im Original):

"Ein solches willkürliches Verhalten der belangten Behörde ist hier gegeben. Der Beschwerdeführer hat in der Berufungsverhandlung vorgebracht, dass - selbst wenn der objektive Tatbestand der ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretung vorliegen sollte - ihn kein Verschulden treffe, da entgegen § 185 ÄrzteG in der Praxis rechtswesentliche Erkenntnisse der Disziplinarkommission der Ärztekammer nicht in Rechtssatzform veröffentlicht würden und weiters habe er - nachdem die Z GmbH & Co KG an ihn herangetreten war - über das gegenständliche Flugblatt mit seinem Anwalt gesprochen und habe dieser das Flugblatt nach entsprechender Prüfung als in Ordnung befunden (Protokoll Seite 4). Die belangte Behörde hat das Vorbringen hinsichtlich der vom Beschwerdeführer veranlassten rechtlichen Prüfung durch seinen Anwalt in der Bescheidbegründung völlig übergangen. Die Frage, ob der Beschwerdeführer sich aber vor der ihm zur Last gelegten Flugblattaktion von einem Fachmann rechtlichen Rat geholt und von diesem die Auskunft erhalten hat, dass die geplante Aktion rechtlich unbedenklich ist, ist für die Beurteilung eines allfälligen Verschulden[s] des Beschwerdeführers entscheidungswesentlich.

...

... Es muss daher einem Arzt möglich sein den

einzigen allgemein sowie auch in Fachkreisen verständlichen Begriff für eine Behandlungsmethode verwenden zu dürfen. Würde man der RL 'Arzt und Öffentlichkeit' unterstellen wollen, dass selbst dies nicht erlaubt sein soll, käme dies - zumindest für die hier gegenständlichen Faltenbehandlungen - einem kompletten Werbeverbot gleich und gibt es keine Anhaltspunkte in der RL oder im ÄrzteG[,] die diese extensive Auslegung rechtfertigen könnten. Diese einfache, logisch leicht nachvollziehbare Regel der semantischen Interpretation eines allgemeinen Begriffs führt dazu, dass der Bescheid auch wegen 'gehäufter Verkennung der Rechtslage' aufzuheben sein wird. Dazu kommt, dass Art 4 der Richtlinie ausdrücklich 'die Information über die eigenen medizinischen Tätigkeitsgebiete', gestattet, sodass dort, wo die Bezeichnung für das 'Heilmittel' semantisch gleich der 'Bezeichnung für die Behandlung und das Tätigkeitsgebiet eines Arztes' ist, auch in Österreich gelten muss, dass der Arzt für diese seine Tätigkeit werben können muss. Dass dem so ist ergibt sich auch daraus, dass das Disziplinarverfahren (wegen desselben Sachverhalts) nur in Richtung Verstoß gegen litc (Selbstanpreisung, marktschreierisch etc.) von der Ärztekammer geführt wurde, nie aber auch nur ansatzweise nach litd, woraus folgt, dass dies auch dort so gesehen wird. Es bleibt daher unerfindlich, wie die belangte Behörde zu ihrer Subsumtion kommt.

...

Der Vollständigkeit halber seien die inhaltlichen Argumente des Beschwerdeführers zusammengefasst, wie folgt:

Nach § 53 Ärztegesetz ist eine 'unsachliche'

Information unzulässig. Nach der Richtlinie ist dies NUR dann der Fall, wenn sie wissenschaftlichen Erkenntnissen oder medizinischen Erfahrungen widerspricht. Unwahr ist eine Information - Art 2 - wenn sie den Tatsachen nicht entspricht. Art 3 litc sagt, dass eine 'beeinträchtigende Information' vorliege, wenn eine Selbstanpreisung der eigenen Person oder Leistung durch aufdringliche bzw. marktschreierische Darstellung vorliege.

Auszugehen ist von diesen Definitionen (die vom zivilrechtlichen Verständnis des OGH in Wettbewerbssachen teilweise abweichen, insofern als diese enger gefasst sind).

Laut der inkriminierten Werbeaussage habe ich eine Botoxbehandlung um EUR 149 angeboten und eine professionelle und fundierte medizinische Behandlung stipuliert.

Das ist weder unsachlich, noch unwahr, noch

widerspricht dies wissenschaftliche[n] Erkenntnissen oder Erfahrungen.

Bleibt zu prüfen, ob meine Werbung 'marktschreierisch bzw. aufdringlich' war.

Marktschreierisch ist eine Behauptung dann, wenn sie von jedermann unschwer auf ihren tatsächlichen Gehalt zurückgeführt werden kann, der deutlich erkennbar nicht in einer ernst zu nehmenden Tatsachenbehauptung liegt (Koppensteiner, Wettbewerbsrecht § 24 Rz 19 mwN. M. a. W.). Ist Werbung wahr, kann sie nicht marktschreierisch sein!

Das gilt ebenso für die Abbildung des Stephansdoms. Die Ordination des Beschwerdeführers liegt nun einmal unmittelbar neben dem Wiener Wahrzeichen. Es ist daher wahr und sachlich richtig, dass diese dort liegt und tatsächlich kann der Patient (ja er muss - wegen der Situierung der Behandlungseinrichtungen - sogar zwangsläufig) diesen während der Beratung und Behandlung betrachten. Es ist sohin richtig, dass die Ordination tatsächlich genau neben dem Dom liegt.

Auch der Satz: 'Wer schön sein will muss laufen', ist nicht marktschreierisch, wie sich aus der noch zur viel strengeren Rechtslage ergangenen Entscheidung 'Zahnschmerzen enden am Grazer Hauptbahnhof - Öbl 1997, 129' ableiten lässt. Humoristische Formulierungen sind nach der Judikatur der Zivilgerichte nicht zu beanstanden.

Aufdringlich ist die streitgegenständliche Werbung auch nicht, zumal das Wort der RL: 'bzw' nicht klar erkennen lässt, ob 'aufdringlich' und 'marktschreierisch' kumulativ oder alternativ vorliegen müssen, sodass bei strafrechtlichen Normen von einer Gleichsetzung der Begriffe auszugehen ist (Berka, Grundrechte Rz 856). Dass die vorliegende Werbung von potentiellen Patienten als aufdringlich empfunden wurde, ist aus dem Sachverhalt nicht abzuleiten, landen doch die meisten Handzettelwerbungen schlichtweg unbeachtet im Müll."

3.1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

3.2. Bedenken gegen die den angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Vorschriften des § 53 ÄrzteG sowie Artikel 3 und 5 der Richtlinie "Arzt und Öffentlichkeit" sind beim Verfassungsgerichtshof nicht entstanden (vgl. zur diesbezüglichen Vorgängerbestimmung VfSlg. 17.382/2004 mwH).

Der Verfassungsgerichtshof bleibt bei der Auffassung, dass es im öffentlichen Interesse gerechtfertigt sein kann, dass die Werbung von bestimmten Berufsgruppen zur Wahrung der Standesinteressen Beschränkungen unterworfen wird. So ist auch das Verbot unsachlicher oder marktschreierischer Werbung für ärztliche Leistungen stets als im öffentlichen Interesse gelegen beurteilt worden (vgl. zuletzt etwa die Entscheidung VfSlg. 18.278/2007).

3.3. Wenn der Beschwerdeführer meint, die Bestrafung bewirke im Endeffekt ein gänzliches Werbeverbot für Behandlungen mit Botox, übersieht er, dass er deshalb bestraft wurde, weil die Information über seine Botox-Behandlungen auf eine den Tatbestand des § 53 Abs 1 ÄrzteG 1998 erfüllende Art und Weise erfolgte. Das diesbezügliche Vorbringen geht somit schon deshalb ins Leere.

3.4. Auch ist der belangten Behörde nicht

vorzuwerfen, sie habe die Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet oder ihr einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt:

Der belangten Behörde, die nach ausführlicher

Darlegung des Sachverhalts und der Rechtslage unter Hinweis auf Formulierungen wie "Wer schön sein will muss laufen", "Sensationspreis für die ersten 100!", "Fast zu schön um wahr zu sein", "Die Sensation für Plus-Kunden" und die Darstellung des Beschwerdeführers als einen "führenden Gesichtschirurgen" sowie des Behandlungsortes als einen mit "fantastischem Ausblick auf den Stephansdom", letztlich zum Ergebnis kommt, dass die gewählte Form der Darstellung in ihrer textlichen und bildlichen Aufmachung unter Verwendung der zitierten Schlagwörter eindeutig alle Charakteristika einer aufdringlichen und marktschreierischen Werbung aufweist, ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegenzutreten. Dies untermauert auch die von der belangten Behörde ergänzend ins Treffen geführte Judikatur des Obersten Gerichtshofes (vgl. ), aus welcher hervorgeht, dass "es mit dem Standesansehen unvereinbar ist, wenn der Arzt durch Übertreibungen die Aufmerksamkeit auf seine Ordination lenken will".

3.5. Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften und des Umstandes, dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die Behörde diesen Vorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, könnte der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn die Behörde Willkür geübt hätte.

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB

VfSlg. 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).

Solches ist der belangten Behörde im vorliegenden

Fall nicht vorzuwerfen. Das Ermittlungsverfahren ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden; die Behörde hat sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und ihre Entscheidung hinreichend begründet.

Die behauptete Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz hat sohin nicht stattgefunden. Gleiches gilt für die behauptete Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung durch Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes oder einer gesetzwidrigen Verordnung.

4. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde.

Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Zur Beurteilung der Frage, ob von der belangten

Behörde innerstaatliche einfachgesetzliche Normen oder gemeinschaftsrechtliche Normen anzuwenden waren, sind spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht anzustellen (vgl. VfSlg. 14.886/1997).

5. Die Beschwerde ist daher abzuweisen und gemäß

Art144 Abs 3 B-VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.

6. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.