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OGH vom 22.11.2007, 8Ob100/07z

OGH vom 22.11.2007, 8Ob100/07z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Michael M*****, vertreten durch Mag. Michael Lang, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Anastasia Z*****, vertreten durch Mag. Wolfgang Kleinhappel, Rechtsanwalt in Wien, 2. Josef S*****, vertreten durch Mag. Johannes Marchtrenker, Rechtsanwalt in Zistersdorf, wegen 12.580 EUR sA (Rekursinteresse: 8.741,68 EUR sA), über den Rekurs des Klägers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 32/07s-29, womit über Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landes- als Handelsgericht Korneuburg vom , GZ 5 Cg 62/05y-23, aufgehoben wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Der Kläger ist schuldig, der Erstbeklagten die mit 665,66 EUR bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin enthalten 110,94 EUR USt) und dem Zweitbeklagten die mit 665,66 EUR bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin enthalten 110,94 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die ursprüngliche Erstbeklagte, die S***** OEG, wurde am im Firmenbuch gelöscht. Die nunmehrige Erstbeklagte übernahm das Vermögen der OEG gemäß § 142 HGB. Der Zweitbeklagte war persönlich haftender Gesellschafter der OEG. Gegenüber einem weiteren Beklagten (ursprünglicher Zweitbeklagter) hatte der Kläger die Klage unter Anspruchsverzicht zurückgezogen.

Die OEG führte über Auftrag des Klägers Steinverlegungs- und Nebenarbeiten durch. Als Werklohn wurde ein Betrag von 13.400 EUR pauschal vereinbart. Im Werkvertrag ist die Klausel enthalten: „Der Abschluss der Arbeiten erfolgt spätestens am . Bei Nichteinhaltung verpflichtet sich die .... OEG zu einer Zahlung von 500 EUR pro Woche Zeitüberschreitung."

Das Bauvorhaben war am fertig gestellt. Die vom Kläger beauftragten Zusatzarbeiten verursachten die Zeitüberschreitung nicht.

Der Kläger begehrt 12.580 EUR an Vertragsstrafe wegen der Überschreitung des Fertigstellungstermins für das Bauvorhaben um 37 Wochen.

Die Beklagten wendeten Gegenforderungen von insgesamt 17.621,92 EUR (restlicher Werklohn; Restwerklohn für Zusatzarbeiten) ein und brachten vor, die vom Kläger geltend gemachte Konventionalstrafe sei sittenwidrig, jedenfalls aber zu mäßigen.

Das Erstgericht stellte fest, dass die Klagsforderung mit 12.580 EUR und die Gegenforderung mit 3.838,32 EUR (restlicher Werklohn) zu Recht bestehe. Es verpflichtete die Beklagten zur Zahlung von 8.741,68 EUR sA. Das Klagemehrbegehren von 3.838,32 EUR wies das Erstgericht ab.

Das Erstgericht meinte, dass die vom Kläger geltend gemachte Vertragsstrafe weder überhöht noch sittenwidrig sei. Über Berufung der Beklagten hob das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichtes auf und sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil zur Frage des Anwachsens der Pönale auch während witterungsbedingter Stehzeiten nach Verzugseintritt höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle. Inhaltlich ging das Berufungsgericht davon aus, dass die ursprünglich Erstbeklagte eine OEG gewesen sei, der der Betrieb eines vollkaufmännischen Unternehmens verwehrt sei. Das richterliche Mäßigungsrecht nach § 1336 Abs 2 ABGB sei aber nur Vollkaufleuten verwehrt. Der Verspätungsschaden, den die Konventionalstrafendrohung steuern solle, wachse auch im Winter an. Winterstehzeiten seien daher nicht in Abzug zu bringen. Es komme lediglich eine Berücksichtigung im Rahmen des Mäßigungsrechtes in Betracht. Die Frage des Ausmaßes der gerechtfertigten Mäßigung des eingeklagten Vergütungsbetrages erachtete das Berufungsgericht als noch nicht abschließend beurteilbar. Nach Erörterung mit den Parteien seien vom Erstgericht die für eine Mäßigung sprechenden Kriterien zu prüfen und entsprechende Feststellungen zu treffen.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen ausschließlich vom Kläger erhobene Rekurs ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruches des Berufungsgerichtes unzulässig:

Zu der vom Berufungsgericht als erheblich bezeichneten Rechtsfrage des Anwachsens des Vergütungsbetrages während der Winterstehzeiten erstattet der Kläger in seinem Rekurs keinerlei Vorbringen. In seinem Rekurs bezieht sich der Kläger ausschließlich darauf, dass seiner Auffassung nach das Mäßigungsrecht des § 1336 Abs 2 ABGB nicht Anwendung zu finden habe, weil die ursprünglich erstbeklagte OEG Vollkaufmann gewesen sei.

Richtig ist, dass die Eigenschaft des Minderkaufmannes derjenige zu behaupten und zu beweisen hat, der sich darauf beruft (RIS-Justiz RS0032318). Damit ist allerdings für den Kläger deshalb nichts gewonnen, weil die Auftragnehmerin und ursprünglich erstbeklagte OEG bereits dem ersten Anschein nach Minderkaufmann war: Ihr Geschäftszweig war laut Firmenbuchauszug „Natursteinhandel und -verlegung". Nach den auf den vorliegenden Fall noch anzuwendenden Vorschriften des EGG war sie eine Gesellschaft, die kein Vollhandelsgewerbe nach § 1 HGB bzw ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des § 2 HGB betreiben durfte. Der im Firmenbuch der OEG aufscheinende Geschäftszweck „Natursteinhandel und -verlegung" fiel unter § 1 Abs 2 Z 1 und 2 HGB. Die OEG konnte daher - da eine EEG zum Betrieb eines Vollhandelsgewerbes im Sinne des § 1 HGB nicht gegründet werden durfte - ihr Unternehmen zulässigerweise nur im Umfang des § 4 Abs 1 HGB betreiben (Krejci, Erwerbsgesellschaftengesetz, § 1 Rz 35, 44, 62 ff). Wie bereits das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, galt § 348 HGB, wonach eine Vertragsstrafe, die von einem Kaufmann im Betrieb seines Handelsgewerbes versprochen wurde, nicht aufgrund der Vorschriften des § 1336 Abs 2 ABGB herabgesetzt werden kann, nicht für die im § 4 HGB bezeichneten Gewerbetreibenden (§ 351 HGB). Anhaltspunkte dafür oder ein konkretes Vorbringen des Klägers dahin, dass die ursprünglich erstbeklagte OEG (unzulässigerweise) ein Vollhandelsgewerbe betrieb, bestehen nicht: Der Kläger brachte zwar in erster Instanz (ON 17) vor, dass die ursprünglich erstbeklagte OEG über eine Gewerbeberechtigung verfüge und Vollkaufmann sei, leitete aber - was insbesondere der dazu gestellte Beweisantrag, der sich ausschließlich auf den Gewerberegisterauszug bezog, zeigt - die behauptete Vollkaufmannseigenschaft der OEG ausschließlich aus deren Gewerbeberechtigung ab. Das Bestehen einer Gewerbeberechtigung, selbst wenn man unterstellt, dass die ursprünglich erstbeklagte OEG über eine solche verfügte, sagt aber noch nichts über Art und Umfang des Geschäftsbetriebs aus. Da somit auch ausgehend vom eigenen Vorbringen des Klägers in erster Instanz kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die ursprünglich erstbeklagte OEG (unzulässig) ein Vollhandelsgewerbe betrieb, bedarf es auch keines Eingehens darauf, wie sich ein unzulässiger Betrieb eines Vollhandelsgewerbes durch eine OEG auf die Anwendbarkeit des § 1336 Abs 2 ABGB auswirkt. Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Beide Beklagten haben in ihren Rekursbeantwortungen auf die Unzulässigkeit des Rekurses hingewiesen.

Für einen Kostenvorbehalt besteht kein Anlass: Durch die Zurückweisung des Rekurses des Klägers wegen Unzulässigkeit konnte eine abschließende und vom Ergebnis der Hauptsachenentscheidung unabhängige Erledigung des Rechtsmittels erfolgen (2 Ob 155/06t; 8 Ob 57/07a).

Fundstelle(n):
QAAAD-87326