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VfGH vom 17.06.1999, B1757/98

VfGH vom 17.06.1999, B1757/98

Sammlungsnummer

15533

Leitsatz

Verletzung des Gleichheitsrechtes durch Unterlassung von Ermittlungen zum realen Stand des Rundfunkwesens in und um Österreich bei Feststellung einer Verletzung des Rundfunkgesetzes seitens des ORF durch Ablehnung der Übernahme des Werbeauftrages der Antenne Wien im ORF; grundlegende Verkennung der im österreichischen Rundfunkrecht bewirkten Veränderungen

Spruch

Der beschwerdeführende Österreichische Rundfunk ist durch Punkt 1) des Spruches des angefochtenen Bescheides im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz verletzt worden.

Der Bescheid wird insoweit aufgehoben.

Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seiner Rechtsvertreter die mit S 27.000,-- bestimmten Kosten dieses verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Werbeagentur A GmbH ist sowohl für die TV-Media Verlags GmbH als auch für die Antenne Wien Privatradio Betriebs GmbH tätig. Sie bestellte beim Österreichischen Rundfunk (im folgenden: ORF) am für die TV-Media GmbH dreizehn TV-Spots für Dienstag ; am bestätigte der ORF die Buchung von elf Spots.

Am ersuchte die A GmbH den ORF, zehn der genannten elf Spots von TV-Media auf Antenne Wien umzubuchen. Dies lehnte der ORF unter Hinweis auf den grundsätzlichen Beschluß der ORF-Geschäftsleitung ab, "keine Werbung für Mitbewerber aus dem elektronischen Medienbereich zu spielen."

2. Dagegen wandte sich Antenne Wien mit einer auf § 27 Abs 1 Z 1 lita des Rundfunkgesetzes, BGBl. 379/1984, hier maßgeblich idF vor der Novelle BGBl. I 1/1999 (im folgenden: RFG), gestützten Beschwerde an die Rundfunkkommission (im folgenden: RFK), in welcher sie die Feststellung einer Verletzung des Rundfunkgesetzes und die Abstellung des "andauernden (rechtswidrigen) Zustandes" begehrte.

3. Mit Bescheid vom gab die RFK dieser Beschwerde teilweise Folge. Sie stellte in Punkt 1) fest, der ORF habe dadurch, daß er Antenne Wien für den keine Sendezeiten für kommerzielle Werbung eingeräumt habe, das RFG (in § 5 Abs 3) verletzt; im übrigen wurde der Beschwerde mit Punkt 2) nicht Folge gegeben.

4. Gegen Punkt 1) dieses Bescheides richtet sich die vorliegende, auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in welcher der ORF die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Freiheit der Meinungsäußerung gemäß Art 10 EMRK, auf Unversehrtheit des Eigentums sowie auf Gleichbehandlung behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides begehrt.

5. Die RFK als belangte Behörde dieses verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Möglichkeit der Erstattung einer Gegenschrift jedoch Abstand genommen.

6. Der beschwerdeführende ORF hat einen vorbereitenden Schriftsatz erstattet und der Klärung der in der Ladung zur mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof gestellten Fragen dienende Statistiken vorgelegt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - insoweit zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Die Feststellung der Verletzung des RFG durch den ORF, die in dessen Ablehnung der Vergabe von Werbezeiten erblickt wird, wird im angefochtenen Bescheid unter Berufung auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 10948/1986 damit begründet, seit Fällung dieses Erkenntnisses habe die relevante Gesetzeslage keine Änderung erfahren; insbesondere das Regionalradiogesetz, BGBl. 506/1993 (im folgenden: RRG), habe die Monopolstellung des ORF im Bereich des terrestrischen Fernsehens nicht "liquidiert". Dies bedeute, daß weiterhin zu prüfen sei, ob die Ablehnung der Übernahme des Werbeauftrages aus zulässigen Gründen erfolgt sei. Der vom ORF deklarierte Grund der Ablehnung, nämlich der Schutz der eigenen wirtschaftlichen Position, komme im Ergebnis einer parteilichen und einzelne Unternehmer ausschließenden Maßnahme gleich. Das terrestrische Fernsehmonopol des ORF solle nach dessen Vorstellungen dazu dienen, einen Wettbewerbsvorteil im Bereich des Hörfunks - hier bestehe die Monopolstellung des ORF durch das RRG nicht mehr - zu schaffen (oder zu verstärken). Darauf, ob der ORF allein die Beschwerdeführerin oder auch andere Bewerber benachteiligte, könne es nicht ankommen.

Daß die vom ORF für die Ablehnung angestellte wirtschaftliche Erwägung keinen zulässigen, sachlichen Grund für diese Maßnahme darstellen könne, lasse sich auch - "jedenfalls im Weg der Analogie" - aus § 3 RRG ableiten; danach könnten private Programmveranstalter von Hörfunksendungen an den ORF herantreten, um über dessen Sendeanlagen ihre Sendungen zu verbreiten. Nach den Gesetzesmaterialien habe sich der ORF bei der Zurverfügungstellung von Sendeanlagen an sachliche Kriterien zu halten.

Die bloße Tatsache der Mitbewerberposition könne einen tauglichen Ablehnungsgrund nicht bieten, insinuiere der Gesetzgeber doch mit der angesprochenen Regelung "unabweisbar eine solche Wettbewerbskonstellation als Ausgangssituation des Benützungsanspruchs."

2.1. Die Verletzung in dem durch Art 10 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung erblickt die Beschwerde in folgendem:

Die sogenannte "negative Äußerungsfreiheit" gemäß Art 10 EMRK gewähre dem ORF das Recht, nur bei Vorliegen der in Art 10 Abs 2 EMRK festgelegten Voraussetzungen gegen seinen Willen zu einer bestimmten Äußerung (Mitteilung) verpflichtet zu werden. Eine gesetzliche Pflicht des ORF, Werbesendungen von Mitbewerbern auszustrahlen, greife daher in die ihm durch Art 10 EMRK garantierte Freiheitssphäre ein. Eine solche Verpflichtung berühre das durch die genannte Verfassungsbestimmung gewährte Recht nicht bloß in einem Randbereich, sondern in seinem Kern. Denn die Verfassung gewährleiste "vor allem die Freiheit der Inhaltsbestimmung". Eine Pflicht, die jeweils von einem Mitbewerber gewünschten Werbesendungen auszustrahlen, verleihe dem jeweiligen Mitbewerber die Möglichkeit, den vom ORF auszustrahlenden Inhalt unmittelbar festzulegen. Auch wenn es sich um die Pflicht zur Ausstrahlung einer Werbesendung handle, könne dies an der Intensität des Eingriffs nichts ändern. Zwar dürfe Werbung nach der Rechtsprechung des VfGH und des EGMR allgemein stärkeren Beschränkungen unterworfen werden als andere Formen der Meinungsäußerung. Diese Wertung lasse sich jedoch nicht auf die hier vorliegende Konstellation übertragen. Hinter dem geringeren Schutz für Werbung stehe die Überlegung, daß derjenige, der Äußerungen vornehme, die der Förderung der wirtschaftlichen Interessen eines einzelnen oder eines Unternehmens dienten, weitergehende Beschränkungen seiner Freiheit hinzunehmen habe. Der geringere Schutz könne also nicht allein an den Inhalt der Äußerung anknüpfen, sondern müsse das Verhältnis des jeweiligen Grundrechtsträgers zu diesem Inhalt berücksichtigen.

Die von der RFK herangezogene Regelung des § 3 RRG scheide als gesetzliche Grundlage für den angefochtenen Bescheid aus. Da diese Bestimmung nur die auf Grund des RRG gestalteten Programme betreffe und Werbesendungen in den Programmen des ORF auf Grund des RFG und nicht des RRG ausgestrahlt würden, könne § 3 RRG den angefochtenen Bescheid nicht tragen. Der angefochtene Bescheid könne sich sohin nur auf § 5 Abs 3 RFG stützen.

Die RFK prüfe ausschließlich, ob der Schutz der eigenen wirtschaftlichen Position des ORF einen sachlichen Ablehnungsgrund darstellen könne und verneine dies. Ob diese Auffassung zutreffe, könne hier dahinstehen. Zwar sei durchaus zu hinterfragen, ob angesichts eines dualen Rundfunksystems, in dem der Gesetzgeber aus Gründen eines "Wettstreits der Meinungen" einen Wettbewerb zwischen privaten, insbesondere auch kommerziellen Rundfunkveranstaltern und dem öffentlichrechtlichen Rundfunk vorsehe, die Auffassung, daß ein Wettbewerbsteilnehmer keine, die Position der konkurrierenden Wettbewerbsteilnehmer fördernde Handlungen setzen wolle, nicht einen sachlichen Grund im Sinne des Erkenntnisses VfSlg. 10948/1986 darstelle. Dies insbesondere angesichts des Umstandes, daß der ORF auch auf dem Gebiet der Fernsehwerbung nur einer von mehreren Anbietern in Österreich sei. Privaten Rundfunkveranstaltern stünden verschiedene Möglichkeiten offen, Fernsehwerbung auszustrahlen, denn der ORF habe bei der Versorgung der österreichischen Haushalte mit Fernsehwerbung keineswegs mehr eine Monopolstellung inne. Der Anteil der mit Kabel- bzw. Satellitenfernsehen ausgestatteten Haushalte betrage bereits 74 %. Die Fernsehveranstalter RTL, SAT 1 und Pro 7 böten Werbefenster für Österreich an, was Antenne Wien die - auch genutzte - Möglichkeit biete, im Fernsehen für ihr Radioprogramm zu werben.

Für den Radiobereich sei von vornherein klar, daß hier ein direktes Konkurrenzverhältnis vorliege, in welchem jeder Beteiligte die gleichen Werbemöglichkeiten habe. Der angefochtene Bescheid sei aber schon deswegen verfassungswidrig, weil es die RFK unterlassen habe, andere Gründe zu prüfen, die die Sachlichkeit der Ablehnung der Ausstrahlung von Werbesendungen für private Radioveranstalter durch den ORF rechtfertigen könnten. Sie habe es ausschließlich bei der Untersuchung des genannten Grundes bewenden lassen. Ein solcher sachlicher Grund sei aber in folgendem zu sehen:

Die von der RFK angenommene Verpflichtung des ORF, die Werbesendungen von Antenne Wien auszustrahlen, zöge die Verpflichtung des ORF nach sich, auch die Werbespots aller anderen Privatradiobetreiber auszustrahlen, um eine Bevorzugung oder Benachteiligung einzelner Wirtschaftssubjekte im Sinne der dargestellten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu vermeiden. Derzeit seien aber in Österreich

ca. 45 Lokalradioveranstalter und 10 Regionalradioveranstalter auf Grund des RRG tätig. Dazu komme eine nicht zu vernachlässigende Zahl von Kabelrundfunkbetreibern und einige wenige Satellitenrundfunkveranstalter. Betrachte man den Markt der Radioveranstalter, stünden ca. 45 Lokal- und 10 Regionalradioveranstalter sowohl miteinander in unterschiedlichster Weise als auch jeweils mit dem ORF in einer Konkurrenzsituation. In einer derartigen Marktsituation müsse also der ORF eine Gleichbehandlung aller dieser wirtschaftlichen Interessen der einzelnen Radiobetreiber gewährleisten können, wenn er den Auftrag zur Ausstrahlung einer Werbesendung von einem dieser Veranstalter annehme. Daraus erhelle, daß eine Vermeidung der Bevorzugung oder Benachteiligung einzelner Wirtschaftssubjekte und damit die Wahrung wettbewerbsneutraler Bedingungen dafür spreche, daß der ORF die Ausstrahlung von Werbesendungen durch Privatradiobetreiber nicht übernehme. Es sei nicht unsachlich, wenn der ORF sich in dieser Situation dafür entscheide, in die geschilderte komplizierte Konkurrenzsituation von vornherein nicht durch Ausstrahlung von Werbesendungen für private Radioveranstalter einzugreifen.

Angesichts der vielfältigen Werbemöglichkeiten, die einem privaten Radiobetreiber, insbesondere auch einem privaten kommerziellen Radiobetreiber zur Verfügung stünden, liege darin keine Ausnützung einer marktbeherrschenden Stellung durch den ORF. Dabei sei auch zu berücksichtigen, daß der ORF in seinen Fernsehprogrammen ORF 1 und ORF 2 Werbung stets nur bundesweit ausstrahle. Eine Regionalisierung des Werbefernsehens wäre auch nicht zulässig. Andernfalls hätte der Gesetzgeber auch in § 5 Abs 6 RFG auf Werbesendungen in Lokalprogrammen des Fernsehens Bedacht genommen. Auch vor diesem Hintergrund sei die Nichtentgegennahme von TV-Werbespots privater Hörfunkbetreiber sachlich gerechtfertigt. Denn das RRG regle die Vergabe von Lizenzen für Regional- und Lokalradio; regionales Radio solle dabei zumindest 70 % der Bevölkerungszahl eines Bundeslandes erreichen, lokales Radio höchstens eine Gemeinde oder 150.000 Einwohner (§2a RRG). Die "Privatradios" nach dem RRG seien daher entweder mit der Versorgung einer bestimmten Region (Bundesland oder Teile hievon) oder aber noch kleinerer Gebiete (Gemeinden) betraut. Regional- und Lokalradios könnten daher nur örtlich begrenzt empfangen werden, sodaß auch nur ein lokales Interesse an den von ihnen verbreiteten Inhalten bestehe und bestehen könne. Die bundesweite Ausstrahlung von TV-Werbespots eines bloß örtlich begrenzt angebotenen Produkts wäre aber ebenfalls sachwidrig, zumal das Produkt dann an Orten beworben werde, wo es nicht bezogen werden könne.

2.2. Die Verletzung des Rechts auf Unversehrtheit des Eigentums sieht die Beschwerde in einer unzutreffenden Interpretation des RFG; wenn die Ablehnung eines Werbeauftrages per se § 5 RFG verletze, unterstelle die belangte Behörde, daß § 5 RFG einen absoluten Kontrahierungszwang normiere; solches sei aber mit dem genannten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht nicht vereinbar.

Die Verletzung des Gleichheitssatzes schließlich liege in der Unterlassung jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt. Es sei im Verfahren vor der RFK darauf hingewiesen worden, daß der Zugang zu Werbesendungen im Fernsehen nicht mehr zwingend über den ORF erfolgen müsse, sondern allen Interessierten auch Werbefenster ausländischer Sender, ferner das Kabelfernsehen Wien 1 zur Verfügung stehe. Auch sei nicht untersucht worden, ob der ORF nur Aufträge der Antenne Wien oder aber auch Aufträge anderer Regionalradiobetreiber ablehne.

3. § 5 Abs 3 RFG in der hier maßgeblichen Fassung vor der Novelle BGBl. I 1/1999 lautet:

"Der Österreichische Rundfunk kann im Rahmen seiner Hörfunk- und Fersehprogramme Sendezeiten gegen Bezahlung für kommerzielle Werbung vergeben."

4.1. Sowohl der angefochtene Bescheid als auch die dagegen erhobene Beschwerde versuchen, ihre - zu kontroversiellen Ergebnissen führenden - Überlegungen auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 10948/1986 zu stützen.

In der Tat liegt im genannten Erkenntnis der Schlüssel auch für die Lösung des vorliegenden Rechtsstreites. Es scheint deshalb zweckmäßig, die für den vorliegenden Fall wesentlichen Aussagen des genannten Erkenntnisses, an denen grundsätzlich auch hier festzuhalten ist, in Erinnerung zu rufen. Im Erk. VfSlg. 10948/1986 heißt es ua.:

"II. ...

3. ...

b) Das in Art 10 MRK gewährleistete 'right to freedom of expression' oder 'droit a la liberte d'expression', das durch die deutsche Übersetzung 'Anspruch auf freie Meinungsäußerung' nur unzulänglich wiedergegeben wird (weil es - wie es im authentischen Text heißt - 'shall include freedom to hold opinions' oder 'comprend la liberte d'opinion') schließt die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden ein. Wie der Verfassungsgerichtshof schon im Erk. VfSlg. 9909/1983 (Wohnanlage-Kabelfernsehen) ausgesprochen hat, liegt im Schutzbereich dieser verfassungsgesetzlichen Gewährleistung auch die Freiheit zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen mit Hilfe von Fernseh-Rundfunkanlagen (sogenannte Rundfunkfreiheit). Zugleich hat der Gerichtshof aber dargelegt, daß das Rdf-BVG ein - von Art 10 MRK erlaubtes - Konzessionssystem für Hörfunk und Fernsehen vorsieht und gleichzeitig garantiert, daß Rundfunk - von wem immer - nach den Prinzipien der Objektivität und Meinungsvielfalt betrieben wird.

Diese Garantie umfaßt auch die Ausgewogenheit der Programme.

Das in Ausführung des Rdf-BVG ergangene Rundfunkgesetz hat den ORF eingerichtet und verpflichtet, für mindestens drei Programme des Hörfunks und mindestens zwei Programme des Fernsehens zu sorgen und eine gleichmäßige Versorgung aller Bewohner des Bundesgebietes anzustreben. In einem solchen System kann sich Rundfunkfreiheit nicht in der Freiheit des Rundfunkunternehmens erschöpfen, Rundfunk ohne staatliche Eingriffe zu betreiben. Nur dann ist die Rundfunkfreiheit gewährleistet, wenn die Möglichkeit zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen angesichts der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, der Berücksichtigung der Meinungsvielfalt und der Ausgewogenheit der Programme im Rahmen des ORF auch tatsächlich besteht. Es liegt in der Natur der Sache, daß diese Möglichkeit aus technischen Gründen und im Hinblick auf die Einhaltung der genannten Grundsätze äußerst beschränkt ist und regelmäßig nur dadurch verwirklicht werden kann, daß der ORF sich bei seiner Programmgestaltung eben an die genannten Grundsätze hält. Was das vom ORF selbst gestaltete Programm betrifft, verlangt die Rundfunkfreiheit in Verbindung mit dem Rdf-BVG also eine objektive, unparteiliche und ausgewogene Gestaltung. Soweit das Gesetz aber Programme möglich macht, die der einzelne Interessent gestalten kann, muß der Zugang unter den vom Rdf-BVG garantierten Bedingungen offen stehen. Wird jemandem der Zugang unter Verletzung dieser Garantien verwehrt, so verletzt die Behörde, die ein solches Verhalten billigt, das Grundrecht auf Freiheit der (Meinungs-)Äußerung. Es kann deshalb auch die bloße Ablehnung von Sendeaufträgen durch den ORF einen Eingriff in die so verstandene Rundfunkfreiheit darstellen.

In den Schutzbereich des Art 10 MRK - und damit in jenen der Rundfunkfreiheit - fällt auch die sogenannte kommerzielle Werbung. Zwar hat der Verfassungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung zu Art 13 StGG die Einschaltung von Anzeigen in ein Presseerzeugnis als eine mit der Meinungsfreiheit nicht im Zusammenhang stehende besondere Form des Wirtschaftsverkehrs gewertet (VfSlg. 4087/1961). Die Garantie des Art 10 MRK umfaßt jedoch einen weiteren Bereich. Denn die Freiheit zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen geht offenkundig über die Äußerung von Meinungen im engeren Sinn hinaus. Nachrichten oder Ideen übermitteln und das Verhalten des angesprochenen Publikums beeinflussen wollen auch Werbeaussagen. Dieses Ziel von anderen beabsichtigten Wirkungen zu trennen, ist praktisch unmöglich. Dazu kommt, daß Art 10 MRK nicht auf einen bestimmten Zweck der Äußerung abstellt, sondern vielmehr 'offene Kommunikationsprozesse in allen gesellschaftlichen Teilbereichen garantieren will' (Berka, Die Kommunikationsfreiheit in Österreich, EuGRZ 1982, 413 ff, 417). Der Verfassungsgerichtshof teilt daher die Auffassung der Europäischen Kommission für Menschenrechte (vgl. Frowein-Peukert, EMRK-Kommentar, 1985, 228, Rz. 9 zu Art 10), wonach auch wirtschaftliche Werbung durch Anzeigen den Schutz von Art 10 Abs 1 genießt, allerdings schärferen Einschränkungen unterstellt werden kann als der Ausdruck politischer Ideen. ...

c) ...

Die Behörde nimmt also offenbar an, daß der ORF bei der Vergabe von Sendezeiten für Werbesendungen aufgrund des § 5 Abs 3 innerhalb des ihm nach Erfüllung der sonstigen Aufgaben verbleibenden zeitlichen Rahmens und der im § 5 Abs 4 geregelten Schranken schlechthin frei sei und daß ihn nur eine gewisse - nicht näher umschriebene - Verantwortung für die von ihm verbreiteten Werbesendungen treffe. Daran knüpft sie die mit der Bejahung der Antragslegitimation schwer zu vereinbarende Aussage, durch Ausschöpfen des (zu keinem Tun verpflichtenden) Ermessensspielraumes hätten die beschwerdeführenden Gesellschaften in keinem Recht verletzt werden können. Wie sich dann noch die unter dem Stichwort 'Kontrahierungszwang' (also einem von der Beschwerde ausdrücklich ausgeklammerten und wegen Zuständigkeit der Zivilgerichte im rundfunkrechtlichen Verfahren auch nicht zu erörternden Gesichtspunkt) behandelte Frage stellen soll, 'ob der ORF in allen Fällen zur Annahme von Werbeaufträgen verpflichtet ist', bleibt unerklärlich.

Auf all das ist allerdings hier nicht näher einzugehen. Insgesamt ist nämlich der Ausgangspunkt der belangten Behörde verfassungsrechtlich nicht haltbar. Rundfunk ist nach dem Rdf-BVG ausnahmslos 'eine öffentliche Aufgabe' (ArtI Abs 3), der Auftrag an den Gesetzgeber zur Gewährleistung der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, der Berücksichtigung der Meinungsvielfalt und der Ausgewogenheit der Programme (Abs2) umfassend. Wohl hatte der Verfassungsgeber in erster Linie die in § 2 RFG genannten Aufgaben vor Augen: Objektiv und unparteilich sein muß vor allem die Berichterstattung, berücksichtigt werden muß besonders die Vielfalt der im öffentlichen Leben vertretenen Meinungen, auszuwägen sind vornehmlich die vom ORF selbst verantworteten Programme. Nichts berechtigt aber zur Annahme, es gäbe eine zulässige Darbietung (ArtI Abs 1 Rdf-BVG), die dem grundsätzlichen Gebot der Objektivität, Unparteilichkeit, Pluralität und Ausgewogenheit nicht mit unterworfen wäre. Verschieden ist nur das diesen Grundsätzen in bezug auf die einzelnen Darbietungen zukommende Gewicht und die Art und Weise, wie den Grundsätzen Rechnung getragen werden muß (weshalb es insoweit geboten sein mag, zwischen 'Programm' im Sinne des § 2 RFG und 'Programm' im weiteren Sinn zu unterscheiden).

So zeigt § 5 Abs 1 RFG, daß Belangsendungen, deren Programm der Rundfunk nicht selbst gestalten darf (sondern äußerstenfalls auf seine Zulässigkeit zu kontrollieren hat), unter den Bewerbern entsprechend ihrer Bedeutung im öffentlichen Leben - also objektiv und unparteilich, die Meinungsvielfalt beachtend, aber auch ausgewogene Programme gestaltend - aufzuteilen sind. Welche Rolle die verfassungsrechtlichen Grundsätze bei Aufrufen im Sinne des § 5 Abs 2 RFG spielen, kann hier dahingestellt bleiben. Daß sie bei der Vergabe von Werbesendungen nach § 5 Abs 3 erst nach der zunächst kaufmännischen Zielsetzung (arg. 'gegen Bezahlung') Berücksichtigung finden sollen, liegt nahe und ist verfassungsrechtlich unbedenklich, weil ein Anspruch auf unentgeltliche Verbreitung im Wege des Rundfunks aus Art 10 MRK ernstlich nicht abgeleitet werden kann. Die in diesem Punkt vergleichsweise dürftige Regelung des Gesetzes darf aber keineswegs so verstanden werden, daß es dem ORF freistünde, Sendezeiten für kommerzielle Werbung an die Interessenten nach Willkür, parteilich, unter einseitiger Bevorzugung bestimmter Richtungen oder mit Ausschluß einzelner Unternehmer zu vergeben (vgl. dazu Funk, Rechtsprobleme der Rundfunkwerbung, in Aicher, Das Recht der Werbung, 1984, 55 ff., 64). Im Lichte des Art 10 MRK und des Rdf-BVG - und also verfassungskonform gesehen - ist der ORF vielmehr verpflichtet, dann, wenn er sich in Handhabung des Gesetzes zur Vergabe von Werbesendungen veranlaßt sieht, jedermann zu denselben objektiv-sachlichen, der Vielfalt der Interessen von Bewerbern und Öffentlichkeit verpflichteten (wettbewerbs-)neutralen und ausgewogenen Bedingungen für gesetzlich zulässige Werbesendungen zur Verfügung zu stehen und eine Bevorzugung oder Benachteiligung einzelner Wirtschaftssubjekte zu vermeiden."

Das durch Art 10 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf "Freiheit der Meinungsäußerung", wie dieser Art 10 nunmehr auf Grund des 11. Zusatzprotokolls zur EMRK, BGBl. III 30/1998, übertitelt ist, schließt also auch die Freiheit zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriff öffentlicher Behörden ein und unter den Schutzbereich des genannten Artikels fällt auch die sogenannte kommerzielle Werbung. Dem ORF steht es nicht frei, Sendezeiten für kommerzielle Werbung an die Interessenten "nach Willkür, parteilich, unter einseitiger Bevorzugung bestimmter Richtungen oder mit Ausschluß einzelner Unternehmen zu vergeben", vielmehr ist, wie es im genannten Erkenntnis an späterer Stelle (S 847 der amtlichen Sammlung) heißt, die Frage entscheidungswesentlich, "ob die Ablehnung der Übernahme des Werbeauftrages aus zulässigen Gründen erfolgte."

Aufgabe der Rundfunkkommission ist es dabei nach § 27 RFG, über Verletzungen eben dieses RFG zu erkennen. Die zivilrechtliche Frage des Kontrahierungszwanges etwa ist also nicht im Rahmen von Beschwerden nach § 27 RFG zu beurteilen, sondern von den Zivilgerichten.

4.2. Zum einen kann dem genannten Erkenntnis nicht entnommen werden, es sei unzulässig, die Ablehnung der Übernahme von Werbeaufträgen auf die Gleichbehandlung aller interessierten Rundfunk-Unternehmen und das Bemühen, sich aus deren Wettbewerb herauszuhalten bzw. auf legitime wirtschaftliche Interessen des ORF selbst zu stützen. Das genannte Erkenntnis hat vielmehr die dem damals bekämpften Bescheid zugrundeliegende Auffassung als verfassungswidrig erachtet, es stehe im freien Belieben des ORF, Werbeaufträge anzunehmen oder nicht. Zum anderen unterließ die belangte Behörde zur Frage, ob der ORF die Übernahme des Werbeauftrages aus zulässigen Gründen verweigert hat, entsprechende Ermittlungen, und zwar deshalb, weil sie von einem grundsätzlich verfehlten Ansatz ausgegangen ist. Der angefochtene Bescheid meint nämlich in Anknüpfung an das mehrfach zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 10948/1986, die relevante Gesetzeslage habe seit Ergehen dieses Erkenntnisses keine Änderung erfahren; insbesondere habe das RRG die Monopolstellung des ORF im Bereich des terrestrischen Fernsehens nicht beseitigt. Es sei also weiterhin zu prüfen, ob die Ablehnung der Übernahme des Werbeauftrages aus zulässigen Gründen erfolgt sei. Die vom ORF für die Ablehnung angestellte wirtschaftliche Erwägung könne keinen zulässigen, sachlichen Grund für die Ablehnung der Übernahme des Werbeauftrages darstellen; dies lasse sich auch - "jedenfalls im Wege der Analogie" - aus § 3 RRG ableiten, wonach "private Programmveranstalter von Hörfunksendungen" (das Wort "Programmveranstalter" war durch Z 1 der Novelle BGBl. I 41/1997 durch das Wort "Hörfunkveranstalter" ersetzt worden; laut Z 7 der Novelle BGBl. I 2/1999 wird nunmehr auf den "Rundfunkveranstalter" abgestellt) an den ORF herantreten könnten, um über seine Sendeanlagen ihre Sendungen zu verbreiten. Damit wird dem - hier im übrigen gar nicht anzuwendenden - § 3 RRG nicht nur ein völlig untaugliches Argumentationselement entnommen, sondern es wird am Umstand vorbeigegangen, daß sich seit Erfließen des mehrfach zitierten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes im Jahre 1986 das österreichische Rundfunkrecht, das österreichische Rundfunkwesen und die dafür maßgeblichen, über Österreich hinausgehenden Gegebenheiten in wesentlichen Belangen weiterentwickelt und erheblich verändert haben.

Was die Bezugnahme des angefochtenen Bescheides auf § 3 RRG betrifft, ist gewiß zuzugestehen, daß sich der ORF bei der Zulassung der Verbreitung von Hörfunksendungen durch andere Hörfunkveranstalter (nunmehr: Rundfunkveranstalter) als den ORF an, wie es im angefochtenen Bescheid unter Berufung auf die parlamentarischen Materialien heißt, "sachliche Kriterien" zu halten hat. Der angefochtene Bescheid übersieht und übergeht aber den entscheidungswesentlichen Umstand, daß zum einen durch das Inkrafttreten des RRG das vordem bestandene Rundfunkmonopol des ORF auf einem wesentlichen Sektor beseitigt wurde (vgl. dazu gleich im folgenden: Weiterentwicklung des österreichischen Rundfunkrechts); dies im gegebenen Zusammenhang durch die auch auf anderen Sektoren im Rahmen der EU vorgegebene "Öffnung der Netze" (vgl. insbesondere Art 129b EGV, nunmehr Art 154 EGV idF des Vertrages von Amsterdam, BGBl. III 83/1999). Zum anderen besteht ein ganz wesentlicher Unterschied zwischen der Übernahme eines Werbeauftrages und dessen Sendung auf den dem ORF zugeordneten Frequenzen und der bloß technischen Inanspruchnahme der Sendeanlagen des ORF durch andere Hörfunk(Rundfunk)veranstalter im Sinne des § 3 RRG, welche die nach diesem Bundesgesetz gestalteten Programme auf der jeweils eigenen, in der Begründung der Sendelizenz genannten Frequenz ausstrahlen. Denn dabei handelt es sich - anders als im vorliegenden Fall - nicht um die Ausstrahlung von Werbung im Rahmen der Programme des ORF, sondern um die Sendung von Programmen von vom ORF verschiedenen Hörfunk(Rundfunk)veranstaltern auf den ihnen zugeordneten Frequenzen unter Zuhilfenahme technischer Einrichtungen des ORF.

Insgesamt blieb aber im angefochtenen Bescheid die mittlerweile weitergegangene Entwicklung im gesamten Rundfunkbereich - und zwar was die gesamte Entwicklung in Österreich und in dessen Umfeld betrifft ebenso wie namentlich die Weiterentwicklung des Rundfunkrechtes - völlig unberücksichtigt. Diese ist - wie insbesondere auch im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof im einzelnen erörtert wurde - insgesamt durch die Beseitigung des seinerzeit bestandenen Rundfunkmonopols des ORF gekennzeichnet, was nicht ohne Rückwirkungen auf den Bedeutungsgehalt des § 5 Abs 3 RFG geblieben ist. Insoweit verkennt der angefochtene Bescheid nicht nur den Inhalt des § 3 RRG, sondern die Relevanz der Erlassung des gemäß seinem § 26 Abs 1 im wesentlichen mit in Kraft getretenen RRG für den gegebenen Zusammenhang insgesamt. Denn die Verwirklichung des dualen Systems im Bereich des Hörfunks läßt die Sachlichkeit der Weigerung der Vergabe von Werbezeiten durch den ORF unter anderen Aspekten erscheinen als bei Bestand der seinerzeitigen Monopolstellung.

Ferner ist auf die durch das aufhebende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 14258/1995 (s. die Kundmachung des Bundeskanzlers BGBl. 701/1995) bewirkten Veränderungen des österreichischen Rundfunkrechts hinzuweisen. Mit diesem Erkenntnis hatte der Verfassungsgerichtshof die den sogenannten "Integralgrundsatz" anordnenden Teile in § 20 Abs 1 und § 24a der (gemäß ArtI Abs 1 Z 7 des BG BGBl. 267/1972 als Bundesgesetz geltenden) Rundfunkverordnung als verfassungswidrig aufgehoben, weil das Verbot der Veranstaltung von aktivem Kabelrundfunk einen unverhältnismäßigen Eingriff in die durch Art 10 Abs 1 EMRK gewährleistete Rundfunkfreiheit darstelle. Diese Aufhebung ist mit Ablauf des in Kraft getreten. Ab ist als Konsequenz dieses aufhebenden Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes nicht nur die Verbreitung von Kabeltext, sondern auch darüber hinausgehender programmschöpferischer (aktiver) Kabelrundfunk zulässig.

Auch ist die Erlassung des Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetzes, BGBl. I 42/1997, welches gemäß seinem § 51 mit in Kraft getreten ist, mit zu bedenken. Nach § 1 Abs 1 dieses Bundesgesetzes regelt dieses die Veranstaltung von Hörfunk und Fernsehen in Kabelnetzen (Kabel-Rundfunk) sowie über Satellit (Satelliten-Rundfunk). Die Veranstaltung von Fernsehen auf drahtlosem terrestrischem Weg bleibt - allerdings - eigenen, bisher nicht ergangen bundesgesetzlichen Regelungen vorbehalten.

Wenn danach also auch eine gesetzliche Ermächtigung für die Verbreitung von terrestrischem Fernsehen nur für den ORF auf Grundlage des RFG besteht (so auch VfSlg. 14453/1996), wurden doch, wie insoferne der beschwerdeführende ORF in seiner Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zutreffend vorträgt, im Rahmen dieser stark veränderten Rechtslage auch zum Zeitpunkt des von der RFK beanstandeten Verhaltens des ORF - das war Ende März 1998 - von anderen Rundfunkveranstaltern als dem ORF in nicht unerheblichem Maße nicht nur Hörfunk-, sondern auch Fernsehprogramme veranstaltet, das heißt unter anderem auch ausgesendet, in deren Rahmen es der beteiligten Partei möglich war, ihre Werbung an das Publikum heranzutragen.

Schließlich ist, wie die Beschwerde nicht ohne Grund moniert, in der bekämpften Entscheidung der RFK auch völlig unberücksichtigt geblieben, daß ausländische Programmveranstalter nunmehr in erheblichem Maße sowohl auf dem Sektor des Hörfunks, insbesondere aber auch auf dem Fernsehsektor an das österreichische Rundfunkpublikum herantreten und dieses die Angebote offensichtlich auch annimmt. Insofern ist im gegebenen Zusammenhang angesichts der grenzüberschreitenden Wirkungen von Hörfunk und Fernsehen auch auf die dort eröffneten Werbemöglichkeiten Bedacht zu nehmen.

Im Rahmen dieses verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens bedarf es keiner Vertiefung dieser Überlegungen, denn es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes als Kontrollorgan gemäß Art 144 B-VG, jene Erhebungen zu pflegen und auf deren Grundlage eine rechtliche Würdigung vorzunehmen, die zu betreiben die belangte Behörde unterlassen hat. Vielmehr reicht es hin, auf den im angefochtenen Bescheid erheblich verkannten Inhalt des mehrfach zitierten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes aus dem Jahre 1986 und auf die grundlegenden inhaltlichen Änderungen des österreichischen Rundfunkrechtes hinzuweisen, die sich seit dessen Fällung ebenso ergeben haben wie auf die inzwischen eingetretenen tatsächlichen Veränderungen, welche nicht näher erhoben wurden. All dies hat auch den Inhalt des - bis zum hier maßgeblichen Zeitpunkt formell unverändert gebliebenen - § 5 Abs 3 RFG erfaßt. Dabei ist beachtlich, daß der Verfassungsgerichtshof in dem vielfach zitierten Erkenntnis auch ausgeführt hatte, daß die verfassungsrechtlichen Grundsätze bei der Vergabe von Werbesendungen nach § 5 Abs 3 RFG "erst nach der zunächst ökonomischen Zielsetzung (arg. 'gegen Bezahlung') Berücksichtigung finden sollen." Inwieweit diese kaufmännische Zielsetzung seitens des ORF bei der Vergabe von Werbezeiten berücksichtigt werden darf, hat aber im Hinblick auf die durch Art 10 EMRK gewährleistete Rundfunkfreiheit ersichtlicherweise je nach dem eine andere Bedeutung, ob bzw. inwieweit dem ORF eine Monopolstellung zukommt oder nicht (mehr).

Indem die belangte Behörde in grundlegender Verkennung der im österreichischen Rundfunkrecht bewirkten Veränderungen sowie der tatsächlichen Veränderungen der wesentlichen Fakten jegliche Ermittlungstätigkeit zum realen Stand des Rundfunkwesens in und um Österreich unterlassen hat, die für die Beurteilung der Frage wesentlich sind, ob die Ablehnung der Übernahme des Werbeauftrages der mitbeteiligten Partei aus zulässigen Gründen erfolgte, verletzte sie den beschwerdeführenden ORF im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz (VfSlg. 7328/1974, 8309/1978, 9005/1981, 9824/1983, 10948/1986, 12867/1991, 13054/1992, 13514/1993, 13821/1994, 14218/1995, 14424/1996, ).

Der bekämpfte Bescheid war deshalb hinsichtlich des Spruchpunktes 1) aufzuheben.

III. Der Kostenzuspruch stützt

sich auf § 88 VerfGG 1953. Im zugesprochenen Betrag sind S 4.500,- an Umsatzsteuer enthalten.