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OGH 08.10.2008, 9Ob58/08g

OGH 08.10.2008, 9Ob58/08g

Rechtssatz


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Normen
RS0124297
Die Aufforderung an die potentiellen Erben zur Abgabe der Erbantrittserklärung greift nicht in deren Rechtsstellung ein, weshalb ihnen das Rechtsschutzinteresse für die Bekämpfung einer derartigen Aufforderung fehlt.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Dr. Kuras als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am verstorbenen Dr. Robert ***** L*****, über den Revisionsrekurs der Mag. Elisabeth P*****, und der Erika K*****, beide vertreten durch Puschner Spernbauer Rosenauer Rechtsanwälte OG in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 43 R 290/08b-30, mit dem der Rekurs der Mag. Elisabeth P***** und der Erika K***** gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Favoriten vom , GZ 47 A 39/07k-23, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der Erblasser hinterließ eine letztwillige Verfügung, mit der er Erika K***** als Erbin seines Nachlasses einsetzte. Mag. Elisabeth P***** ist die Adoptivtochter des Erblassers. Beide haben bisher keine Erbantrittserklärung abgegeben.

Anlässlich der Todfallsaufnahme am erklärten die beiden Einschreiterinnen durch ihren (gemeinsamen) Vertreter, die Abhandlung auf schriftlichem Wege durchführen zu wollen.

Am beantragte die Adoptivtochter des Erblassers, ihr zur Vorlage der Vermögenserklärung und zur Stellung der Schlussanträge eine Frist bis einzuräumen. Offenbar seien Vermögenswerte des Erblassers verschwunden. Die Abgabe einer Vermögenserklärung sei vorerst nicht möglich.

Mit Beschluss vom forderte das Erstgericht die Testamentserbin auf, binnen 14 Tagen die Erbantrittserklärung abzugeben, andernfalls werde der Akt dem Gerichtskommissär übermittelt. Für den Fall der Abgabe der Erbantrittserklärung werde die Frist zur Abgabe der Vermögenserklärung und zur Stellung der Schlussanträge bis  erstreckt. Sollte diese Frist nicht eingehalten werden, werde der Akt dem Gerichtskommissär zur Durchführung des Verfahrens übermittelt.

Dieser Beschluss wurde von der Testamentserbin und der Adoptivtochter des Erblassers mit Rekurs bekämpft. Sie beantragten, den angefochtenen Beschluss iSd Erstreckung der Frist zur Abgabe der Erbantrittserklärung auf ein Jahr abzuändern.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Rekursgericht diesen Rekurs zurück. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Nach der ständigen Rechtsprechung zu den §§ 116, 120 AußStrG 1854 habe ein berufener Erbe, solange er noch keine Erbserklärung abgegeben habe, keine Parteistellung und daher keine Rekurslegitimation. Nur in Ausnahmefällen, in denen aus den Anträgen eines Erben zu erkennen sei, dass er sein gesetzliches Erbrecht geltend machen wolle und das Gericht noch nicht nach den §§ 116, 120 AußStrG 1854 vorgegangen sei, sei dem noch nicht erbserklärten Erben Parteistellung zuerkannt worden.

Hier sei jedoch dem Rekursvorbringen nicht zu entnehmen, ob die Rekurswerberinnen den Nachlass überhaupt in Anspruch nehmen. Derzeit komme ihnen daher keine Parteistellung im Verlassenschaftsverfahren zu, sodass ihr Rechtsmittel - sofern man nicht überhaupt davon ausgehe, es liege ein unanfechtbarer prozessleitender Beschluss vor - mangels Beschwer zurückzuweisen sei. Überdies sei zu § 75 AußStrG 1854 judiziert worden, dass ein Rekurs gegen die Aufforderung des Abhandlungsgerichts an eine bestimmte Person, die Erbserklärung abzugeben, unzulässig sei.

Der Revisionsrekurs sei zuzulassen, weil zur Parteistellung des Erben vor Abgabe der Erbantrittserklärung und zu § 2 AußStrG in Bezug auf Erben im Verlassenschaftsverfahren bislang Rechtsprechung fehle. Dies gelte auch für die Frage, ob hier ein unanfechtbarer prozessleitender Beschluss vorliege.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Testamentserbin und der Adoptivtochter des Erblassers mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass den Revisionsrekurswerberinnen die Frist zur Abgabe einer Erbantrittserklärung auf ein Jahr erstreckt werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Sowohl in ihrem Rekurs als auch in ihrem Revisionsrekurs haben die Rechtsmittelwerberinnen die Abänderung des angefochtenen erstrichterlichen Beschlusses dahin beantragt, dass ihnen die Frist zur Abgabe einer Erbantrittserklärung auf ein Jahr erstreckt wird. Sie haben dies mit § 157 Abs 2 AußStrG begründet, nach dem aus erheblichen Gründen zur Abgabe der Erbantrittserklärung eine Bedenkzeit von bis zu einem Jahr eingeräumt werden kann. Einen darauf abzielenden Antrag haben die Rechtsmittelwerberinnen aber in erster Instanz nicht gestellt. Lediglich die Adoptivtochter des Erblassers hat eine Fristerstreckung beantragt. Allerdings bezog sich ihr Antrag nicht auf die Frist zur Abgabe der Erbantrittserklärung. Vielmehr beantragte sie, die Frist zur Vorlage der Vermögenserklärung und der Schlussanträge bis zum zu erstrecken (diese Frist wäre im Übrigen mittlerweile bereits abgelaufen). Da somit die Rechtsmittelwerber in erster Instanz bislang die Einräumung einer Bedenkzeit für die Abgabe der Erbsantrittserklärung iSd § 157 Abs 2 AußStrG gar nicht beantragt haben, ist es ihnen verwehrt, im Rechtsmittelweg die Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses in diesem Sinne anzustreben. Schon deshalb erweist sich die Rechtsauffassung des Rekursgerichts, der Rekurs der Rechtsmittelwerberinnen sei unzulässig, als zutreffend.

Im Übrigen ist auf die schon vom Rekursgericht zitierte Rechtsprechung zum AußStrG 1854 (Rspr 1924, 247 [zust Wahle]; ebenso 8 Ob 60/69) zu verweisen, nach der die Aufforderung an die potentiellen Erben zur Abgabe der Erbserklärung (nunmehr: Erbantrittserklärung) in deren Rechtsstellung nicht eingreift, weil sie damit nicht zur Abgabe einer Erbserklärung verpflichtet oder an der Abgabe einer solchen gehindert werden. Eine solche Aufforderung greift dem weiteren Verfahren nicht vor. Der potentielle Erbe kann auch nach Ablauf der Frist eine Erbantrittserklärung abgeben (vgl § 164 AußStrG). Ebenso bleibt es den Revisionsrekurswerberinnen unbenommen, auch noch nach der Übermittlung des Aktes an den Gerichtskommissär (neuerlich) die Durchführung der schriftlichen Abhandlungspflege zu beantragen (9 Ob 128/99k).

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Hon.-Prof. Dr. Kuras als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am verstorbenen Dr. Robert ***** L*****, infolge der Erklärung der Mag. Elisabeth P*****, und der Erika K*****, beide vertreten durch Puschner Spernbauer Rosenauer Rechtsanwälte OG in Wien, ihren Revisionsrekurs gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 43 R 290/08b-30, zurückzuziehen, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Rückziehung des Revisionsrekurses wird zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Über den im Rubrum genannten Revisionsrekurs der Einschreiterinnen hat der Oberste Gerichtshof bereits am entschieden. Eine Rückziehung dieses Revisionsrekurses ist daher nicht mehr möglich.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2008:0090OB00058.08G.1008.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
UAAAD-87303