OGH vom 20.10.2004, 8ObA102/04i
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer und Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Peter Ammer und Gerhard Prochaska als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Evelyne M*****, vertreten durch Urbanek, Lind, Schmied, Reisch, Rechtsanwälte OEG in St. Pölten, wider die beklagte Partei G*****, vertreten durch Burgstaller & Preyer, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 11.894,72 brutto sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 53/04x-17, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Nach § 10a Abs 1 MSchG wird der Ablauf eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Dienstverhältnisses durch die Meldung der Schwangerschaft gehemmt, es sei denn, dass die Befristung aus sachlich gerechtfertigten Gründen erfolgte. Solche Gründe werden in § 10a Abs 2 MSchG angeführt. Als eine sachliche Rechtfertigung wird auch die Befristung zur Erprobung genannt, wenn auf Grund der in der vorgesehenen Verwendung erforderlichen Qualifikation eine längere Erprobung als die gesetzliche oder kollektivvertragliche Probezeit notwendig ist.
Im vorliegenden Fall wurde mit der Klägerin, die eine dreijährige Fachschule für wirtschaftliche Berufe 1999 abgeschlossen hatte, Anfang 2002 ein mit sechs Monaten befristetes Dienstverhältnis vereinbart. Es war vorgesehen, dass die Klägerin in der Abteilung Rechnungswesen, in der generell eine derartige Befristung vereinbart wird, vorwiegend in der Buchhaltung, bei der Provisionsabrechnung, bei der Schadensverrechnung und im allgemeinen Zahlungsverkehr zum Einsatz kommen wird. Sie wurde dann auch der Buchhaltungsabteilung zur Einschulung und Erprobung zugeteilt. Sie bekleidete die Stellung einer Sachbearbeiterin im Rechnungswesen, die im Rahmen der Richtlinien alle für die ordnungsgemäße Buchführung und transparente Kostenrechnung erforderlichen Buchungen, Kontrollen und Kontenabstimmung sowie die ordnungsgemäße Abwicklung des Bargeldverkehrs vorzunehmen hatte. Die umfangreichen Aufgaben der Klägerin dabei wurden im Einzelnen festgestellt. Bei der Einschulung der Klägerin kam es zu verschiedenen Problemen insbesondere, weil die Klägerin nicht über die erforderlichen Kenntnisse auf dem Datenverarbeitungssystem der Beklagten verfügte. Die Beurteilung des Berufungsgerichtes, dass im vorliegenden Fall die Befristung sachlich gerechtfertigt war, fußt auf den bereits vom Obersten Gerichtshof in mehreren Entscheidungen dargestellten Grundsätzen. Danach ist der Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses zur Erprobung dann sachlich gerechtfertigt, wenn die Zeit der Erprobung in einem ausgewogenen Verhältnis zur Ausbildung und der angestrebten Verwendung steht. Je höher die Qualifikation ist, desto länger kann die Befristung sein. Entscheidend ist dabei auch, ob eine höhere Qualifikation für die Ausübung der konkreten Tätigkeit erforderlich ist (vgl RIS-Justiz RS0113735 mwN etwa zuletzt 8 Ob 319/01x; Knöfler, MSchG/ElternkarenzurlaubsG, 215). So wurde bereits ausgesprochen, dass die Befristung von 3 Monaten bei einer Planungsassistentin für Büroeinrichtungen sachlich gerechtfertigt ist ( ; ähnlich zur Ordinationshilfe ); hingegen nicht eine Befristung von einem Jahr für eine Feinkostverkäuferin (; ähnlich zur Verkäuferin in der Textilbranche mit 4-Monatsbefristung ). Die Beurteilung kann im Wesentlichen nur anhand der konkreten Umstände im Einzelfall erfolgen. Sie stellt damit regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar (vgl Kodek in Rechberger ZPO2 § 502 Rz 3). Soweit die Klägerin diese darin sieht, dass zahlreiche Versicherungsangestellte erfasst seien, ist sie darauf zu verweisen, dass es ja jeweils auf die konkrete Tätigkeit der Versicherungsangestellten ankommt. Eine Fehlbeurteilung des Berufungsgerichtes, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifen wäre, vermag die Klägerin ausgehend von den detailliert festgestellten Berufsanforderungen insbesondere auch im Hinblick auf die erforderlichen Kenntnisse im komplexen EDV-Datenverarbeitungssystem und die Vielfalt der verschiedenen Buchhaltungsaufgaben nicht darzustellen.