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OGH vom 20.10.2009, 10ObS146/09g

OGH vom 20.10.2009, 10ObS146/09g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Markus Kaspar (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Thomas Kallab (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Bernhard L*****, vertreten durch Mag. Christian Pilz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Steiermärkische Gebietskrankenkasse, 8011 Graz, Josef-Pongratz-Platz 1, vertreten durch Das Haus des Rechts Destaller-Mader, Rechtsanwälte in Graz, wegen Rückforderung von Kinderbetreuungsgeld (Streitwert 1.700,01 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Rs 32/09y-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 28 Cgs 54/09i-7, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

1.) Der Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom , AZ 10 ObS 146/09g, wird aufgehoben.

2.) Die Revision und der Antrag des Klägers, beim Verfassungsgerichtshof die Überprüfung der §§ 2 und 5 KBGG wegen Verfassungswidrigkeit zu beantragen, wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Zu 1.):

Mit diesem Beschluss wurde die am per Fax eingebrachte Revision des Klägers wegen Verspätung zurückgewiesen, weil ihm die Entscheidung des Berufungsgerichts (zu Handen seines Vertreters) laut Rückschein am zugestellt worden sei. Dieses Datum war auch in der Revision als Zustelldatum angeführt gewesen. Nunmehr hat sich jedoch herausgestellt, dass die angeführte Datumsangabe gar nicht zutreffen kann, weil die Berufungsentscheidung erst am abgefertigt wurde. Damit steht auch in Einklang, dass der Rückschein vom Aufgabepostamt am und vom Zustellpostamt (erst) am abgestempelt wurde. Es ist daher von einer Zustellung am auszugehen, sodass die am vom Kläger durch seinen Vertreter per Fax eingebrachte und am als Schriftsatz überreichte Revision rechtzeitig erhoben wurde.

Die Annahme der Verspätung hat sich somit nachträglich als unrichtig herausgestellt. Diesem Umstand ist in analoger Anwendung der §§ 430, 419 und 522 ZPO durch Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses Rechnung zu tragen (RIS-Justiz RS0062267; RS0041446; 3 Ob 225/06v; 3 Ob 25/05f).

Zu 2.):

Der Kläger ist Vater des am geborenen Simon S*****, der am geborenen Elena Lola R*****, des am geborenen Laurenz H***** und der am geborenen Clara Marianne Sch*****.

Für die unehelich geborene Elena Lola R***** bezog zunächst deren Mutter, Dr. Julia R*****, Kinderbetreuungsgeld. Nachdem sie sich mit dem Bezugswechsel zugunsten des Klägers einverstanden erklärt hatte, beantragte der Kläger am die Zuerkennung des Kinderbetreuungsgeldes für seine Tochter Elena Lola R***** für die Zeit ab .

Bei dieser Antragstellung gab der Kläger die Geburt seines unehelichen Sohnes Laurenz H***** am nicht bekannt. Dem Kläger wurde daraufhin von der beklagten Partei Kinderbetreuungsgeld für die mj Elena Lola R***** für die Zeit vom bis zuerkannt. Da er es jedoch verabsäumte, das Kinderbetreuungsgeld zeitgerecht von der Post zu beheben, wurde es mit Ausnahme der Zeiträume bis , bis und bis an die Beklagte rücküberwiesen. Nachdem sich auch die Mutter des mj Laurenz H*****, Mag. Klaudia H*****, mit einem Bezugswechsel zugunsten des Klägers ab einverstanden erklärt hatte, beantragte der Kläger am bei der beklagten Partei die Gewährung des Kinderbetreuungsgeldes für seinen am geborenen mj Sohn Laurenz H*****. Dadurch wurde der beklagten Partei die Tatsache der Geburt dieses Sohnes des Klägers bekannt.

Mit Bescheid vom widerrief die beklagte Partei die Zuerkennung des Kinderbetreuungsgeldes für seine Tochter Elena Lola R***** für die Zeiträume bis , bis und bis und verpflichtete den Kläger zur Rückzahlung der für die genannten Zeiträume empfangenen Leistungen in Höhe von 1.700,01 EUR.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger rechtzeitig Klage mit dem sinngemäßen Begehren auf Abstandnahme von der Rückforderung. Der Kläger erfülle alle gesetzlichen Voraussetzungen für den Bezug des Kinderbetreuungsgeldes, weil er im selben Ausmaß wie die Mutter für seine im gemeinsamen Haushalt lebende Tochter Elena Lola R***** sorge. Auch die Bestimmung des § 5 Abs 5 KBGG stehe seinem Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld nicht entgegen, weil es sich bei der Mutter der Elena Lola R***** nicht um die Mutter des mj Laurenz H***** handle.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und die Verpflichtung des Klägers zur Rückzahlung der zu Unrecht empfangenen Leistung. Die Bestimmung des § 5 Abs 5 KBGG beziehe sich auf die jeweils Anspruchsberechtigten und lasse den Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld für Mütter enden, wenn sie ein weiteres Kind zur Welt brächten, und für Väter, wenn ihnen ein weiteres Kind geboren werde. Daher habe der Anspruch des Klägers auf Kinderbetreuungsgeld für seine Tochter Elena Lola R***** durch die Geburt seines leiblichen Sohnes Laurenz H***** am geendet. Das Erstgericht wies ausgehend vom eingangs wiedergegebenen Sachverhalt das Klagebegehren ab und verpflichtete den Kläger zur Rückzahlung des für die Zeiträume bis , bis und bis zu Unrecht bezogenen Kinderbetreuungsgeldes in Höhe von 1.700,01 EUR binnen 14 Tagen. In rechtlicher Hinsicht verwies es auf § 5 Abs 5 KBGG, wonach der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld spätestens mit einem neuen Anspruch für ein weiteres Kind ende. Bei nachfolgenden Geburten während des Kindesbetreuungsgeld-Bezugszeitraums ende der Anspruch für das zuerst geborene Kind demnach mit dem Tag, der der Geburt des nachfolgenden Kindes vorangehe. Ab dem Tag der Geburt des nachfolgenden Kindes beginne ein neuer Anspruch für dieses weitere Kind; es müsse ein neuer Antrag für dieses Kind gestellt werden. Daraus ergebe sich, dass - abgesehen von den in § 2 KBGG geregelten Voraussetzungen - Kinderbetreuungsgeld immer nur für das jüngste Kind gebühre. Werde in der Zeit des Bezugs ein weiteres Kind geboren, so ende der Anspruch für das ältere Kind.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es teilte im Wesentlichen die Rechtsansicht des Erstgerichts und verwies darüber hinaus darauf, dass der Leistungsbezieher gemäß § 31 Abs 1 KBGG zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen insbesondere dann zu verpflichten sei, wenn er im Falle der Einstellung, Herabsetzung, des Widerrufs oder der Berichtigung einer Leistung den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt habe.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil - soweit überblickbar - eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob ein Anspruch eines Vaters auf Kinderbetreuungsgeld auch dann wegfalle, wenn das „weitere Kind" von einer anderen Frau geboren werde, nicht vorliege.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die beklagte Partei hat keine Revisionsbeantwortung erstattet. Die Revision ist nicht zulässig, weil der Oberste Gerichtshof die angesprochene Frage in den Entscheidungen vom , 10 ObS 123/09z und 10 ObS 142/09v, die andere Kinder des gleichen Klägers betrafen, bereits abschließend beantwortet hat.

Der Kläger vertritt auch hier den Standpunkt, § 5 Abs 5 KBGG gehe von der Situation aus, dass bei Kindern einer Mutter Kinderbetreuungsgeld immer nur für das jüngste Kind gebühre. Er lebe jedoch in aufrechter Mehrfachbeziehung mit sechs Kindern von sechs Frauen, weshalb hier § 5 KBGG keine Anwendung finde. Das KBGG bezwecke das Wohl des Kindes und die Entlastung der Mutter, weshalb er Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld für seine Tochter Elena Lola R***** habe. Diesem Standpunkt hat sich der Oberste Gerichtshof in den zitierten Entscheidungen nicht angeschlossen und ausführlich begründet, weshalb der Rechtsansicht der Vorinstanzen beizupflichten ist, dass ein Anspruch des Klägers auf Kinderbetreuungsgeld für seine älteren leiblichen Töchter/Söhne jeweils mit dem der Geburt seiner jüngeren leiblichen Söhne/Töchter vorangehenden Tag endete. Da der Kläger das ihm von der beklagten Partei in Unkenntnis der Geburt seiner jüngeren für seine älteren Kinder gewährte Kinderbetreuungsgeld somit zu Unrecht bezogen hat, ist es nicht zu beanstanden, dass er gemäß § 31 Abs 1 KBGG zur Rückzahlung dieser Leistung verpflichtet wurde, wobei gegen dieses Ergebnis - wie der erkennende Senat ebenfalls bereits wiederholt ausgeführt hat - auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen.

Mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision daher zurückzuweisen. Da der Kläger die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens nur anregen kann, ist sein diesbezüglicher Antrag ebenfalls zurückzuweisen (vgl RIS-Justiz RS0054189 ua). Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Berücksichtigungswürdige Umstände, welche einen ausnahmsweisen Kostenzuspruch nach Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden nicht geltend gemacht und sind aus der Aktenlage nicht ersichtlich.